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An einem Nachmittag war es, in der Schulstunde bei Signor Salvani. Die Zwillinge hatten die braunen Köpfe über ein italienisches Kinderbuch gebeugt, das sie mit dem Lehrer lasen. Es war ein allerliebstes Buch, die drollige Geschichte von »Pinocchio«, der aus einem Stück Holz geschnitzt war und die ulkigsten Abenteuer erlebte.
Herbert oder, wie er in der italienischen Stunde hieß, »Erberto« las die italienische Erzählung schon recht fließend. Nur ab und zu stolperte er noch mal über ein schwieriges, ihm unbekanntes Wort. Auch mußte sich Signor Salvani manchmal die Ohren zuhalten, wenn die kleinen Deutschen die weiche, melodische Sprache gar so hart aussprachen.
»Oh, nicht, nicht – ihr sprecht, als wenn man Holz hackt«, sagte er auf italienisch. Das belustigte die Kinder sehr.
Es durfte während des Schulunterrichts nur Italienisch gesprochen werden. Suse, die darin noch nicht so weit vorgeschritten war wie der Bruder, nahm ihre Zuflucht öfters mal zu einem deutschen Ausdruck. Aber ihr Zwilling, ihr lebendiges Lexikon, übersetzte ihn ihr sofort ins Italienische. Auf diese Weise lernte auch Suse allmählich die fremde Sprache.
Heute war nicht die richtige Aufmerksamkeit in der italienischen Lesestunde. Dabei war man gerade an einer besonders schönen Stelle angelangt. Pinocchio war von einem großen Fisch verschluckt worden. Er versuchte durch List aus dem dunklen Fischbauch wieder ans helle Tageslicht zu gelangen. Ob es ihm wohl gelingen würde?
Herbert, der sonst so lebhafte Teilnahme für die Irrfahrten des armen Pinocchio gehabt hatte, war heute gar nicht recht bei der Sache. Und Suse, die als Zwilling Herberts getreues Ebenbild war, merkte seine Zerstreutheit und wurde dadurch auch abgelenkt.
War die wochenlange Gluthitze, die über den Straßen von Neapel brütete, schuld an der mangelnden Aufmerksamkeit in der Schulstunde? Waren die Kinder des Nordens durch die ungewohnte südländische Wärme schlaff und arbeitsunlustig?
Nein, die Schwüle allein war es nicht, welche die Zwillinge lähmte und Signor Salvani dadurch Grund zur Unzufriedenheit gab. Ein winziges Silberwölkchen, das über einem hohen Palmenwipfel stand, trug ganz allein die Schuld daran.
Die erste Wolke seit Wochen am tiefblauen italienischen Himmel. Jeden Tag hatte Herbert darauf gewartet, von morgens bis abends – seitdem der Vater gesagt hatte, daß er nur bei Regenwetter mit ihnen ins Aquarium gehen würde.
Und nun war es da – endlich. Zwar noch klein, winzig klein, zart und luftig. Aber von Minute zu Minute wuchs es. Wirklich, man konnte es ganz deutlich beobachten, wie es festere Formen annahm und sich verdichtete.
»Ich glaube bestimmt, wir kriegen heute noch Regen, Suse«, stellte Herbert, statt in das Buch in den Himmel starrend, fest.
»Bloß kein Gewitter!« Davor hatte Suse, wie vor manchem andern, Angst.
» Non parlare tedesco – nicht deutsch sprechen!« Signor Salvani runzelte seine schwarzen, buschigen Augenbrauen. »Susa, wovor hatte Pinocchio Furcht?«
»Daß es ein Gewitter geben könnte«, antwortete Suse, die nicht verstanden hatte, daß es sich um Pinocchio handelte.
»Ein Gewitter – im Bauch des Fisches? Oh, wie dumm sind kleine Mädchen manchmal.« Der Lehrer lachte, und Herbert stimmte mit ein.
Suse machte ein gekränktes Gesicht. Von Herbert war es wirklich gar nicht nett, daß er sie auslachte. Dem Lehrer nahm sie das weniger übel. Der war ja nicht ihr Zwilling.
»Susa, fahre fort.« Signor Salvani ließ ihr nicht lange Zeit zum Schmollen.
O weh, holperte und stolperte das über die italienischen Sätze. Der arme Herr Salvani erlitt entsetzliche Qualen. Er machte ein Gesicht, als ob er Zahnschmerzen habe.
» Allora – Pinocchio traf einen guten Bekannten, ein Glühwürmchen, im Bauch des Fisches. Beide beschlossen zu fliehen und – – –«
»Suse, sieh bloß mal, wie die Wolke wächst. Jetzt reicht sie schon drüben über den Pinienhain!« unterbrach Herbert aufgeregt die Worte des Lehrers.
»Kümmere dich um Pinocchio, Erberto, und nicht um Wolken.« Der Lehrer fuhr sich ärgerlich durch seinen schwarzen Haarwald. »Lies weiter – avanti!«
Für ein Weilchen herrschte jetzt Ruhe und Aufmerksamkeit in der Schulstunde. Herbert las gut und fließend, was für einen Plan Pinocchio ausheckte, um seinem finsteren Gefängnis zu entkommen. Dazwischen aber warf er manchen heimlichen Blick zum Himmel empor. Die Wolke wuchs – kein Zweifel.
Auch Suse schielte durch das Fenster zu der sich allmählich gelblich färbenden Wolke empor. O Gott, wenn es ein Gewitter gäbe. Und Mutti war nicht mal zu Hause, an deren Schulter man den Kopf vor den Blitzen bergen konnte.
Bis zur Kehle war Pinocchio in Gesellschaft des ihm leuchtenden Glühwürmchens bereits im Innern des schlafenden Fisches emporgeklettert, jetzt mußte er die gefährliche Wanderung durch den Engpaß des Schlundes antreten, da – fuhr ein Wirbelwindstoß durch die weitgeöffnete Terrassentür in die Schulstube und riß dem lesenden Jungen beinahe das Buch aus der Hand. Die Hefte auf dem Schultisch, in welche die unbekannten Vokabeln eingetragen wurden, flatterten ebenfalls erschreckt auf.
»Wir wollen die Tür schließen. Es gibt ein Unwetter«, ordnete der Lehrer an.
»Morgen können wir ins Aquarium gehen, Suse – hurra!« Herbert brach, ohne Rücksicht auf die Schulstunde, in ein Triumphgeschrei aus.
Aber die Schwester teilte seine Freude nicht. Bang schauten Suses Braunaugen hinaus in die sich unter den ersten Windstößen, den Vorboten des Unwetters, beugenden Baumwipfel. Wenn doch wenigstens Mutti zu Hause gewesen wäre! Sie machte mit dem Vater einen Besuch bei einem Kollegen des Observatoriums.
Herbert ließ Pinocchio mit seinem Glühwürmchen ruhig im Schlund des Fisches stecken. Er hatte kein Interesse mehr dafür, ob der Ärmste wieder das Tageslicht erblickte. An der geschlossenen Glastür stand er und blickte mit strahlenden Augen in den sich mit schwefelgelben Wolken rasch verhängenden Himmel. Wo waren sie plötzlich bloß alle hergekommen, diese dicken, unheilgeschwollenen, gelben und schwärzlichen Wolkensäcke? Von allen Seiten wälzten sie sich heran, jedes Stückchen Himmelsblau verschluckend. Auch die Sonne, die wochenlang geschienen, stand nicht mehr mit ihrem fahlen Schein am Himmel. Düstere Wolkenungetüme hatten sie verschlungen.
Suse lehnte neben ihrem Zwilling und hatte den Arm um ihn gelegt – weniger um ihn zu schützen, als um selbst eine Stütze an ihm zu haben. Bei jedem Windstoß duckte sie sich, trotzdem Tür und Fenster fest geschlossen waren. Hu, wie der Sturm die Palmen an ihren langen, grünen Blätterhaaren zauste. Wie die Blüten draußen alle angstvoll vor dem drohenden Wetter bis in die Kelche erschauerten. Mit ihrem warmen Herzen, das in jeder Blume ein lebendes Wesen erblickte, empfand Suse diese zitternde Erwartung der Natur vor dem Unwetter mit.
»Erberto und Susa, wir wollen weiter hören, wie es Signor Pinocchio erging«, ließ sich der Lehrer vernehmen. »Wenn ihr auch dort an der Glastür steht, deshalb kommt das Gewitter nicht schneller. Vielleicht gewittert es überhaupt erst zur Nacht. Oder es verzieht sich ganz. Der Sturm hat sich schon wieder gelegt. Subito – subito – rasch, rasch an die Arbeit!«
Unlustig kam Herbert der Aufforderung nach. »In einer Viertelstunde gießt es bestimmt«, stellte er vorher noch fest. »Sei ruhig, Suse, wir können morgen bestimmt ins Aquarium gehen.«
Ach, Suse lag ganz und gar nichts am Aquarium. Nur daran, daß Vater und Mutter sobald wie möglich heimkamen, daß sie nicht im Freien von dem Unwetter überrascht wurden und bei ihnen zu Hause waren.
Der große Fisch hatte im Traum geschluckt, und der arme Pinocchio nebst dem Glühwürmchen, die schon bis zur Kehle des Fisches emporgeklettert waren, befanden sich plötzlich wieder in seinem Magen. Ganz finster war es darin. Es war gut, daß das Glühwürmchen mit seinem Laternchen leuchtete, um festzustellen, wo man sich eigentlich befände.
Immer finsterer wurde es, immer dunkler – auch in der Schulstube. Kaum konnte man noch die Buchstaben beim Lesen erkennen.
Suse hatte die Augen mit den Händen bedeckt, um den gefürchteten Blitz, der jeden Augenblick herunterzucken mußte, nicht zu sehen.
»Habe keine Angst, Suse, ich bin ja bei dir«, tröstete Herbert. Aber es war ihm auch merkwürdig beklommen zumute.
Da – ein Dröhnen ohne Blitz – noch einmal – stärker – der Tisch erschütterte, das Tintenfaß fiel um, die Stühle, auf denen die Kinder und der Lehrer saßen, erzitterten, bewegten sich. Himmel, nicht nur Tisch und Stühle, der Schrank, die Wände, alles ringsum wankte, schwankte bei dem fürchterlichen Dröhnen – Türen und Fenster sprangen von selbst auf.
»Mutti – Mutti – – –!« Suse schrie es, wie am Spieß, trotzdem die Mutter weit fort war.
»Das Haus wackelt!« rief Herbert entsetzt und schlang schützend den Arm um die weinende Schwester.
»Madonna – ein Erdbeben!« Auch Signor Salvani war bis zu den schwarzen Haaren erbleicht.
Durch die weitgeöffnete Tür kam es winselnd, miauend und meckernd in die Schulstube. Voran Bubi, wie besessen heulend im Zimmer umherrasend. Teresinas Ziegen scharten sich ängstlich meckernd in eine Ecke. Mija, das Kätzchen, sprang mauzend auf den Schoß ihrer kleinen, weinenden Herrin, als ob es dort Schutz suche.
Durch die offenen Fenster jagte der Sturm herein, wirbelte Hefte und Bücher, auch den armen Pinocchio, in den schwarzen Tintensee, der sich auf den Tisch ergossen.
»Wir müssen fort, Kinder – ins Freie – subito – rasch! Es kann ein neuer Erdstoß erfolgen. Hier sind wir nicht sicher. Das Haus kann zusammenstürzen.« Der Lehrer zog die verängstigten Kinder hinaus, die Marmortreppe hinab.
»Suse, Suse – sieh bloß mal, wie die Säulen wackeln!« In der Tat, die von blauen Blumen umkletterten Steinsäulen schwankten, als ob sie tanzen wollten.
Unten kamen ihnen schon Teresina und Pietro mit verstörten Gesichtern entgegen.
»O Madonna – o Madonna, steh uns bei!« – jammerte Teresina, die Kinder schützend umschlingend. »Kommt, Engelchen, kommt – auf der Piazza sind wir geborgen.« Sie eilte mit ihnen hinaus in das sich jetzt entladende Unwetter. Der Lehrer, Pietro, Bubi, Mija, die Ziegen, ja auch die Karnickel, alle hinterdrein. Selbst die Tiere ahnten die Gefahr. Nur Suses Schwarzwald-Lotti blieb mit angstvoll aufgerissenen Glasaugen zurück und streckte vergeblich ihre Zelluloidarme hinter ihrer davoneilenden Puppenmutter aus.
Aus allen Häusern stürzten entsetzte Menschen, Todesfurcht in den Augen, schreiend, mit lebhaften, angstvollen Gebärden. Überall erschallte das schreckliche Wort: » Terremoto – terremoto – Erdbeben – Erdbeben!«
Auf der Piazza, einem großen mit Palmen bestandenen Platz scharten sie sich zusammen, Mensch und Tier, ein armselig zitterndes Häuflein. In Strömen ging jetzt der Regen herab. Er peitschte die Bäume, die Menschen, die Straße. Der Sturm heulte.
»Oh, nicht unter einen Baum stellen, der Baum kann umfallen, Erberto«, jammerte Teresina. Sie riß ihr großes schwarzes Fransentuch von den Schultern und hüllte die heulende Suse, den trotz seiner Jungenwürde mit den Tränen kämpfenden Herbert schützend hinein.
Da standen sie nun, mitten in dem Unwetter, eng aneinandergeschmiegt, Professors Zwillinge. Das schwarze Tuch hatten sie bis über die Augen gezogen, um nur nichts mehr zu sehen und zu hören. Auch Bubi verkroch sich zitternd unter einem Tuchzipfel.
»Weine nicht, Suse. Wir sterben ja zusammen«, brachte Herbert schließlich hervor. Auch er zitterte wie Espenlaub.
»Du sollst aber nicht sterben! Und Vati und Mutti auch nicht!« Suse schluchzte herzbrechend.
Banges Schweigen folgte. Beide Zwillinge dachten dasselbe. Wenn nur dem Vater, der Mutter nichts passiert war! Wenn nur kein Haus eingestürzt war und sie unter den Trümmern begraben hatte.
O Gott, wie der Regen herunterrauschte. Wie ein Gießbach. Herbert dachte nicht mehr daran, daß nun sein Wunsch erfüllt wurde, daß man ins Aquarium gehen konnte. Morgen oder übermorgen, wenn man dann überhaupt noch am Leben war.
Trotz Teresinas schützenden Tuches waren die Kinder bis auf die Haut durchnäßt. Suse erschauerte vor innerer Kälte, obgleich immer noch schwüle Glut über dem Platz hing.
Zu den Füßen des kleinen Mädchens schmiegte es sich mauzend. Auch das Kätzchen suchte unter dem Tuch Schutz. Suse beugte sich ungeachtet der eigenen Angst und Not mitleidig herab und nahm das triefende Tierchen in den Arm. Bubi, Mijas Feind, sollte ihm nichts tun. Ach, der arme Köter dachte augenblicklich nicht daran. Der war froh, wenn ihm nichts geschah. Todesfurcht hatte selbst die Feindschaft zwischen Hund und Katze begraben.
Allmählich, als kein neuer Erdstoß dem ersten mehr folgte, wurden die Menschen wieder mutiger. Der Italiener sieht ja alles rosig an. Hoffnung und Lebensfreude sind die Grundzüge seiner leichten Natur. Zwar knieten noch überall Frauen auf dem nassen Steinpflaster, sich bekreuzigend und zur Madonna um Rettung flehend. Aber die Männer besprachen doch schon miteinander das Erdbeben. Wieviel Sekunden die Erdstöße gedauert hätten, daß es diesmal noch glimpflich abgegangen sei. Daß es nur eine kleine vulkanische Erderschütterung gewesen wäre, wie sie ja im Süden öfters mal vorkomme.
»Ich glaube, wir können ins Haus zu unserm Pinocchio zurückkehren«, sagte Signor Salvani zu seinen vermummten Schülern. Denn er war ein gewissenhafter Lehrer. Auch war es ihm da draußen im triefenden Regennaß recht ungemütlich.
Herbert schielte aus seinem Tuche heraus und – lachte, lachte trotz der Schreckensstunde. Signor Salvani sah aber auch zu komisch aus. Der schwarze, buschige Haarwald klebte ihm wie düstere Schlangen, aus denen Wasserbächlein flössen, an dem Kopf.
Auch Suse äugte aus ihrer Haulemännchen-Vermummung heraus – sie konnte nicht lachen. Die Angst um die Eltern schnürte ihr noch immer die Kehle zusammen.
»Pinocchio ist ja im Tintensee ertrunken«, sagte Herbert, allmählich seine Munterkeit zurückerlangend. »Und beim Erdbeben brauchen wir keine Schule zu haben. Das verlangen Vater und Mutter sicher nicht.«
Vater – Mutter – da war er wieder, der Druck, der die Kinderherzen einengte. Wenn man auch vergnügt und dankbar sein wollte, daß alles noch gut abgelaufen war, man konnte es nicht. Wenn nur die Eltern erst gesund daheim wären!
Die Menge zerstreute sich. Die Italiener waren es ja gewöhnt, daß der vulkanische Boden, auf dem Neapel gebaut war, sich mal bemerkbar machte. Nun der Schreck vorüber, lachte und sang man wieder.
»Kommt, Kinderchen, wir wollen zurück ins Haus. Ihr erkältet euch hier in dem garstigen Regen. Teresina soll euch heiße Ziegenmilch geben. Das ist gut gegen Erkältung«, sagte Pietro fürsorglich.
» A letto – subito a letto – ins Bett, rasch ins Bett! – Wenn nur erst la padrona wieder daheim wäre!« rief Teresina aufgeregt. La padrona war die Herrin. Es gab den Kindern wieder einen Stich ins Herz.
Die Straße war wie ein See. Pietro nahm eins – zwei – drei – die leichte Suse auf den Arm und trug sie durch das Regenmeer hindurch in das weiße Säulenhaus. Herbert pantschte hinterdrein, daß es nur so spritzte. Bubi schwamm die Straße entlang. Das sah so komisch aus, daß selbst Suse lachen mußte. Gleich darauf aber empfand sie die Sorge um die Eltern doppelt. Wie unrecht, daß sie lachte, wo sie nicht wußte, ob den Eltern nicht durch das Erdbeben Unheil geschehen. Um Pietros braunen Hals faltete sie ihre Hände und bat den lieben Gott aus tiefstem Herzen, ihren Vati und ihre Mutti zu beschützen.
Da wurde sie ruhiger. Feste Zuversicht erfüllte sie. Der liebe Gott war ja so gut. Er hatte sicher die Eltern in seinen Schutz genommen. Trotzdem war das kleine, durchnäßte Mädchen nicht zu bewegen, ins Haus zurückzukehren und sich im Bett zu erwärmen. Teresina bot all ihre Schmeicheleien auf. Aber nicht einmal den Worten des Lehrers, noch den Überredungskünsten ihres Zwillings gelang es. Es war nicht die Angst, daß sich das Erdbeben wiederholen könnte. Sie mußte nach Vater und Mutter ausschauen.
So kauerten die Zwillinge beide Hand in Hand auf den Marmorstufen, während Pietro ihnen trockene Sachen brachte und Teresina sie mit heißer Ziegenmilch erwärmte.
»Ein Auto – das sind sie!« Herbert fuhr empor.
Ja, das waren sie, die sehnlichst Erwarteten. Heil und unversehrt, nur etwas bleich von Schrecken und Sorge, was sie daheim vorfinden würden.
Glückselig schlossen die Eltern ihre Kinder in die Arme.
»Vater, morgen gehen wir ins Aquarium!« Das war das erste, was Herbert sagte.
Suse aber sagte gar nichts. Aus reiner Kindesseele zog ein stummes Dankgebet zum Allvater empor.