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März bis Juni 1566
Gefahr ist im menschlichen Sinne für Maria Stuart immer ein Glück. Denn nur in den entscheidenden Augenblicken, da sie zum letzten Einsatz ihres Wesens genötigt ist, wird man gewahr, welche außerordentlichen Fähigkeiten in dieser Frau verborgen sind: eine unbedingte, eherne Entschlossenheit, ein rascher, wacher Überblick, ein wilder und sogar heldischer Mut. Um diese ihre äußersten Kräfte ins Spiel zu bringen, muß jedoch zuvor der unterste, der empfindlichste Grund ihres Wesens hart berührt werden. Erst dann sammeln sich diese sonst spielerisch zerstreuten Seelenkräfte zu wirklicher Energie. Wer sie zu demütigen sucht, der richtet sie in Wahrheit auf; jede Prüfung des Schicksals wird ihr im tieferen Sinn Gewinn und Geschenk.
Diese Nacht der ersten Erniedrigung verwandelt Maria Stuarts Charakter und verwandelt ihn für immer. In der feurigen Schmiede dieser furchtbarsten Erfahrung, da sich ihr allzu fahrlässiges Vertrauen im selben Augenblick von ihrem Gatten, ihrem Bruder, ihren Freunden, ihren Untertanen betrogen sieht, wird alles in dieser sonst weiblichen und weichen Frau hart wie Stahl und zugleich von der biegsamen Geschmeidigkeit eines im Feuer gut gehämmerten Metalls. Aber wie ein rechtes Schwert zweischneidig, so wird ihr Charakter auch zweideutig seit jener einen Nacht, in der alles spätere Unheil seinen Anfang nimmt. Die große blutige Tragödie hat begonnen.
Nur der eine Gedanke an Vergeltung erfüllt jetzt ihre Sinne, da sie, eingeschlossen in ihrem Zimmer, eine Gefangene verräterischer Untertanen, rastlos auf und nieder geht, immer nur das eine denkend, das eine erwägend: wie diesen Ring ihrer Feinde zersprengen, wie das Blut ihres getreuen Dieners rächen, das noch warm von den Dielen tropft, wie alle jene wieder in die Knie beugen oder vor den Richtblock, die eben unbotmäßig sich aufgereckt und die Hand an sie, die gesalbte Königin, gelegt? Jedes Mittel scheint dieser bislang ritterlichen Kämpferin angesichts des erlittenen Unrechts von nun an erlaubt und gerecht. Eine innere Wandlung geschieht: die bisher unvorsichtig gewesen, wird vorsichtig und hinterhältig, die bisher zu ehrlich empfunden, um irgend jemanden anzulügen, lernt sich verstellen, die bisher fair play mit allen Menschen gespielt, wird nun alle ihre außerordentlichen geistigen Fähigkeiten daransetzen, Verräter mit ihren eigenen Finten zu schlagen. Oft lernt ein Mensch an einem einzigen Tag mehr als sonst in Monaten und Jahren; eine solche entscheidende Lektion hat Maria Stuart jetzt für ihr ganzes Leben empfangen: die Dolche der Verschwörer haben nicht nur vor ihren Augen den treuen Diener Rizzio ermordet, sondern tief innen die sorglose Vertrauensbereitschaft und Unbefangenheit ihres Wesens. Welcher Fehler, leichtgläubig zu sein gegen Verräter, ehrlich zu Lügnern, welche Torheit, offen sein Herz den Herzlosen zu zeigen! Nein, jetzt sich verstellen, sein Gefühl verleugnen, seinen Ingrimm verstecken, freundlich tun zu jenen, denen man feind ist auf immerdar, und mit verdecktem Haß auf die Stunde warten, da man den ermordeten Freund rächen kann, auf die Stunde der Vergeltung! Alle Kraft jetzt einsetzen, um seine wahren Gedanken zu verschleiern, die Feinde einzuwiegen, solange sie noch trunken sind im Triumph ihres Erfolges, lieber vor Schurken einen Tag oder zwei Tage demütig tun, um sie dann endgültig zu demütigen! Einen solchen ungeheuren Verrat kann man nur rächen, indem man noch kühner, noch verwegener, noch zynischer die Verräter verrät.
Mit jener blitzhaften Genialität, wie sie Todesgefahr oft auch matten und lässigen Naturen verleiht, faßt Maria Stuart ihren Plan. Ihre Lage ist, das übersieht sie mit einem einzigen Blick, völlig aussichtslos, solange Darnley und die Verschworenen zusammenhalten. Nur eines kann sie retten: wenn es ihr gelingt, rechtzeitig einen Keil in den Block der Verschworenen zu treiben. Da sie die würgende Kette nicht mit einem Ruck zerreißen kann, muß sie versuchen, sie mit List an der schwächsten Stelle durchzufeilen: sie muß einen der Verräter zum Verräter an den andern machen. Und wer der Seelenschwächste von all diesen harten Betrügern ist, weiß sie verhängnisvoll gut: Darnley, dies »heart of wax«, dies wächserne Herz, das von jedem starken Fingerdruck willig sich formen läßt.
Gleich die erste Maßnahme, die Maria Stuart ersinnt, ist psychologisch meisterhaft. Sie erklärt, von heftigen Kindswehen befallen zu sein. Die Aufregung der vergangenen Nacht, ein brutaler Mord vor den Augen einer im fünften Monat schwangeren Frau muß ja die Möglichkeit einer Frühgeburt tatsächlich glaubhaft machen. Maria Stuart heuchelt furchtbare Krämpfe, legt sich zugleich zu Bett, und nun kann niemand, ohne den Vorwurf brutalster Grausamkeit auf sich zu nehmen, der Schwangeren die Hilfe ihrer Dienerinnen und den Arzt verweigern. Mehr hat Maria Stuart fürs erste nicht gewollt, denn damit ist die strenge Klausur durchbrochen. Jetzt hat sie endlich die Möglichkeit, durch ihre verläßlichen Dienerinnen Botschaft an Bothwell und Huntly zu senden und alles für ihr beabsichtigtes Entkommen vorbereiten zu lassen. Außerdem versetzt sie durch die Drohung einer Frühgeburt die Verschwörer und besonders Darnley in arge moralische Bedrängnis. Denn das Kind, das sie im Schoße trägt, ist der Thronerbe Schottlands, der Thronerbe Englands; eine ungeheure Verantwortung würde vor den Augen der ganzen Welt auf den eigenen Vater fallen, wenn er durch den Sadismus, die Mordtat vor den Augen einer Schwangeren zu vollbringen, auch das Kind in ihrem Schoße getötet hätte. Voll Besorgnis erscheint Darnley in dem Gemach seiner Gattin.
Und nun beginnt eine Szene shakespearischen Maßes, vergleichbar in ihrer großartigen Unwahrscheinlichkeit vielleicht nur jener, da Richard III. vor dem Sarge des von ihm gemordeten Gatten um die Witwe wirbt und sie gewinnt. Auch hier liegt der Gemordete noch unbegraben über der Erde, auch hier steht der Mörder und Mitmörder vor einem Menschen, an dem er den denkbar tiefsten Verrat begangen, auch hier gewinnt die Kunst der Verstellung dämonische Beredsamkeit. Niemand ist Zeuge jener Szene gewesen; man kennt nur ihren Beginn und ihren Ausgang. Darnley begibt sich in das Zimmer seiner Frau, die er gestern tödlich erniedrigt und die in der ersten und wahrsten Aufrichtigkeit ihrer Entrüstung ihm gleichfalls tödliche Rache angekündigt. Wie Kriemhild an Siegfrieds Leiche hat sie gestern noch die Fäuste gegen den Mörder geballt, aber wie Kriemhild hat sie auch um der Rache willen in dieser einen Nacht gelernt, ihren Haß zu verdecken. Darnley findet nicht die Maria Stuart von gestern mehr, die stolz aufgebäumte Gegnerin und Rächerin, sondern ein armes, geknicktes Weib, sterbensmüde, nachgiebig, krank, eine Frau, die untertänig und zärtlich aufblickt zu ihm, dem starken tyrannischen Manne, der ihr den Herrn gezeigt. Der eitle Narr findet all den Triumph, den er gestern so herrlich erträumte: endlich wirbt wieder Maria Stuart um ihn. Seit sie seine eiserne Hand gefühlt, ist sie kirre geworden, die Stolze, die Hochmütige. Seit er diesen italienischen Schurken zur Seite geschafft, dient sie wieder ihrem wahren Herrn und Meister.
Einem klugen, einem überlegenen Mann müßte eine derart rapide Verwandlung immerhin verdächtig erscheinen. Ihm müßte noch der grelle Schrei in den Ohren nachklingen, mit dem gestern diese Frau, die Augen blitzend wie mörderischer Stahl, ihn Verräter und Sohn eines Verräters genannt. Er müßte sich erinnern, daß diese Stuartstochter für Schmach keine Vergebung kennt und für Beleidigung kein Vergessen. Aber Darnley ist leichtgläubig wie alle Eitlen, wenn man ihnen schmeichelt, und vergeßlich wie alle Dummköpfe. Und dann – merkwürdige Verstrickung – dieser hitzige Knabe ist von allen Männern, denen Maria Stuart je begegnete, derjenige, der sie sinnlich am leidenschaftlichsten geliebt; dieser gierige Junge hängt mit einer hündischen Hörigkeit an ihrem Leib, und nichts hat ihn so sehr gereizt und erbittert, als daß sie in letzter Zeit seinen Umarmungen sich plötzlich verwehrte. Und nun – unverhofftes Wunder – verspricht die Begehrte sich ihm wieder ganz. Er möge doch bei ihr bleiben diese Nacht, drängt die sonst Abwehrende, und sofort schmilzt seine Kraft hin, sofort wird er wieder zärtlich und hörig, ihr Seelensklave, ihr Diener, ihr getreuer Knecht. Niemand weiß, durch welche raffinierte Täuschung Maria Stuart schließlich das Pauluswunder der Umkehr vollbracht. Aber noch nicht vierundzwanzig Stunden nach dem Mord ist Darnley, der eben noch Maria Stuart mit den Lords betrogen, schon willenlos zu allem bereit und wird sein Bestes tun, die Spießgesellen von gestern zu betrügen: noch leichter, als jene ihn an sich gezogen, lockt die Frau den Hörigen wieder zu sich zurück. Er liefert ihr alle Namen der Beteiligten aus, er zeigt sich willig, Maria Stuart die Flucht zu ermöglichen, er gibt sich schwachmütig her, Werkzeug einer Rache zu werden, die ihn als den Hauptverräter der Verräter schließlich selber erreichen muß. Als gefügiges Werkzeug verläßt er das Zimmer, das er als Herr und Gebieter zu betreten glaubte. Mit einem einzigen Riß hat Maria Stuart, wenige Stunden nach der tiefsten Erniedrigung, schon die Kette gesprengt; der wichtigste Mann der Verschwörer ist, ohne daß sie es ahnen, gegen die Verschworenen verschworen, geniale Verstellung hat über die gemeine der andern gesiegt.
Die halbe Arbeit der Befreiung ist bereits geleistet, als Moray mit den andern geächteten Lords in Edinburgh einreitet; gemäß seiner taktisch berechnenden Art war er während des Mordes nicht anwesend und an der Tat nicht nachweisbar beteiligt gewesen – niemals wird es gelingen, diesen Geschickten auf gefährlichem Pfad zu ertappen. Aber wie immer, wenn andere das Peinliche erledigten, ist er jetzt mit reinen, säubern Händen zur Stelle, ruhig, stolz, selbstbewußt, um die Früchte einzuheimsen. Gerade an diesem 11. März hätte er nach den Maßnahmen Maria Stuarts öffentlich im Parlament als Verräter erklärt werden sollen, aber siehe, die gefangene Schwester hat mit einmal allen Haß vergessen. Sie wirft sich, treffliche Schauspielerin aus Verzweiflung, in seine Arme und gibt ihm den gleichen Judaskuß, den sie gestern von ihrem Gatten empfangen. Dringlich und zärtlich erbittet sie von dem Manne, den sie eben noch in die Acht getan, jetzt brüderlichen Ratschlag und Hilfe.
Moray, ein guter Psychologe, übersieht klar die Situation. Er hat, darüber kann kein Zweifel bestehen, die Ermordung Rizzios gewünscht und gebilligt, um die katholische Geheimpolitik Maria Stuarts zu durchkreuzen; für ihn war dieser dunkle Intrigant ein Schädling der protestantischen, der schottischen Sache gewesen und außerdem ein lästiger Hemmschuh für seine eigene Herrschlust. Nun aber, da Rizzio glücklich aus dem Wege geräumt ist, möchte Moray die ganze trübe Angelegenheit rasch bereinigt wissen, und deshalb schlägt er einen Ausgleich vor: die schmähliche Bewachung der Königin durch die aufständischen Lords solle sofort aufgehoben und Maria Stuart ihre unbeschränkte königliche Würde wiedergegeben werden. Sie dagegen möge ihrerseits alles Geschehene als vergessen betrachten und den patriotischen Mördern verzeihen.
Maria Stuart, die längst schon im Verein mit ihrem verräterischen Gatten die Flucht bis in die kleinste Einzelheit vorbereitet hat, denkt natürlich nicht daran, den Mördern zu vergeben. Aber um die Wachsamkeit der Rebellen einzuschläfern, erklärt sie sich großmütig. Achtundvierzig Stunden nach der Ermordung scheint mit Rizzios zerfleischtem Leib der ganze Vorfall schon in die Erde geschaufelt; man wird tun, als sei nichts geschehen. Ein kleiner Musikant ist umgebracht worden, was weiter? Man wird diesen fremden Habenichts vergessen, und es wird wieder Friede in Schottland sein.
Der mündliche Pakt ist geschlossen. Aber trotzdem wollen sich die Verschworenen nicht recht entschließen, ihre Wachtposten von den Türen vor Maria Stuarts Gemächern zurückzuziehen. Irgendein unbehagliches Gefühl beunruhigt sie. Die Klügsten unter ihnen kennen den Stuartstolz zu gut, um trotz allen schönen Versöhnungsgesten zu glauben, Maria Stuart werde wirklich den niederträchtigen Mord an ihrem Diener gutmütig vergessen und verzeihen. Ihnen scheint es sicherer, diese unbändige Frau dauernd festzuhalten und ihr alle Möglichkeit zur Rache zu nehmen: solange man ihr Freiheit läßt, das spüren sie, wird sie gefährlich bleiben. Und noch etwas gefällt ihnen nicht, nämlich, daß Darnley immer wieder und wieder in ihr Gemach hinaufgeht und dort lange geheime Besprechungen mit der angeblich Kranken abhält. Aus eigener Erfahrung wissen sie, mit wie leichtem Druck man diesen elenden Schwächling weich bekommt. Offen beginnen sie den Verdacht zu äußern, daß Maria Stuart ihn zu sich hinüberziehen wolle. Ausdrücklich warnen sie Darnley, nur einer ihrer Versprechungen zu trauen, sie beschwören ihn, treu zu ihnen zu halten, denn sonst – prophetisches Wort – würden sie beide die Sache zu bedauern haben. Und obwohl der Lügner ihnen zusichert, alles sei vergeben und vergessen, wollen sie sich nicht bereitfinden, die Wachen von den Gemächern der Königin früher abzuziehen, ehe ihnen Maria Stuart die Zusage der Straflosigkeit nicht schriftlich eingehändigt habe. Wie für den Mord wollen diese sonderbaren Freunde des Rechts auch für die Absolution vom Mord ein geschriebenes Blatt, einen »bond«.
Man sieht, die gelernten und geübten Eidbrecher wissen um die Windigkeit und Wertlosigkeit eines bloß gesprochenen Wortes, sie fordern dokumentarische Sicherheit. Maria Stuart aber ist viel zu stolz und zu vorsichtig, um sich mit ihrer Unterschrift an Mörder zu binden. Niemand von diesen Schurken soll sich rühmen dürfen, einen »bond« von ihrer Hand zu besitzen. Aber eben weil sie entschlossen ist, den Verschwörern den Freibrief nicht zu gewähren, heuchelt sie freudige Bereitschaft – es gilt doch nur, Zeit bis zum Abend zu gewinnen! Darnley, der ganz wieder Wachs in ihren Händen ist, wird mit der schäbigen Aufgabe betraut, seine Spießgesellen von gestern mit falscher Herzlichkeit in Schach zu halten und um die Unterschrift zu prellen. Er erscheint als Treuhänder bei den Rebellen, er arbeitet mit ihnen den feierlichen Freibrief ganz nach ihren Wünschen aus, schließlich fehlt nichts mehr als Maria Stuarts Unterschrift. Ach, die könne er jetzt am späten Abend nicht mehr beibringen, erklärt Darnley, die Königin sei, tief erschöpft, in Schlaf gesunken. Aber er verpflichte sich was liegt dem Lügner noch an einer Lüge mehr? –, ihnen morgen früh das Schriftstück unterschrieben einzuhändigen. Wenn ein König derart sein Wort verpfändet, wäre weiteres Mißtrauen Beleidigung. So ziehen die Verschworenen, um den Pakt zu besiegeln, die Wachen von den Schlafgemächern Maria Stuarts zurück. Mehr hatte die Königin nicht gewollt. Nun ist der Weg zur Flucht offen.
Kaum ist ihre Tür nicht mehr von Wächtern umstellt, so steht Maria Stuart hastig von ihrem vorgetäuschten Krankenbette auf und trifft mit Energie alle Vorbereitungen. Bothwell und die andern Freunde außerhalb des Schlosses sind längst verständigt, um Mitternacht werden gesattelte Pferde im Schatten der Kirchhofmauer warten. Jetzt gilt es noch, die Wachsamkeit der Verschworenen einzuschläfern, und abermals fällt die schmähliche Rolle, sie dumm und dumpf zu machen durch Wein und Vertraulichkeit, wie alle anderen verächtlichen Geschäfte, Darnley zu. Auf der Königin Befehl lädt er seine Spießgesellen von gestern zu einem mächtigen Abendschmause, es wird kräftig gebechert und die Versöhnung bis zu später Stunde brüderlich gefeiert, und wie endlich die Kumpane mit schweren Köpfen und Füßen sich zur Ruhe begeben, vermeidet es Darnley geflissentlich, um nur keinen Verdacht zu erwecken, sich in das Zimmer Maria Stuarts zu begeben. Aber die Lords fühlen sich zu sicher, um noch vorsichtig zu sein. Die Königin hat ihnen Vergebung versprochen, der König sie gewährleistet, Rizzio liegt unter der Erde und Moray ist wieder im Land: was weiter da denken und spähen? Man wirft sich in sein Bett und schläft nach einem so anstrengenden Tage die Trunkenheit des Weines und des Triumphes gründlich aus.
Um Mitternacht, längst ist es still geworden in den Gängen des schlafenden Schlosses, geht leise oben eine Tür. Durch die Dienergemächer und dann die Treppe herab tastet sich Maria Stuart bis in die Kellergewölbe, von denen ein unterirdischer Gang zu den Katakomben des Kirchhofes führt – ein grausiger Weg im eiskalten, von Nässe tropfenden Gewölbe. Die Fackel wirft zuckendes Licht auf die nachtschwarzen Wände, vorbei an Särgen und aufgehäuften Totengebeinen. Endlich freie, offene Luft, der Ausgang ist gewonnen! Jetzt nur noch quer durch den Kirchhof zur Mauer, wo außen die Freunde warten mit den gesattelten Pferden! Plötzlich stockt Darnley und stolpert beinahe, die Königin tritt zu ihm hin, und mit Schauer erkennen sie, es ist ein frisch aufgeworfener Hügel, das Grab David Rizzios.
Das ist ein letzter Hammerschlag, um das schon eherne Herz dieser beleidigten Frau noch einmal zu härten. Sie weiß, nur zwei Dinge hat sie zu vollbringen: ihre Königsehre zu retten durch diese Flucht und ein Kind der Welt zu schenken, einen Erben der Krone – dann aber Rache an allen, die mitgeholfen, sie zu erniedrigen! Rache auch an dem, der jetzt aus Torheit ihr den Helfer macht! Ohne einen Augenblick zu zögern, schwingt sich die im fünften Monat schwangere Frau in den Männersattel hinter Arthur Erskine, den getreuen Hauptmann der Leibwache: bei diesem Fremden fühlt sie sich sicherer als bei ihrem Gemahl, der auch wirklich, ohne auf sie zu warten, nur um sich selber zu sichern, voraussprengt. Zu zweit auf einem Pferd, so reiten Erskine und, an ihn geklammert, Maria Stuart in scharfem Galopp einundzwanzig Meilen bis zum Schloß Lord Setons. Dort erhält sie endlich ein eigenes Pferd und eine Eskorte von zweihundert Reitern; aus der Flüchtigen ist mit dem hellen Tag wieder die Gebieterin geworden. Vormittags erreicht sie ihr Schloß Dunbar. Aber statt der Ruhe zu pflegen, statt sich Rast zu gönnen, beginnt sie sofort mit der Arbeit: es genügt nicht, sich Königin zu nennen, in solchen Stunden muß man kämpfen, um es wirklich zu sein. Nach allen Seiten schreibt und diktiert sie Briefe, um die treugebliebenen Adeligen zusammenzurufen, um ein Heer zu sammeln gegen die Rebellen, die Holyrood besetzt halten. Das Leben ist gerettet, jetzt gilt es die Krone, die Ehre! Immer wenn es um ihre Rache geht, immer wenn Leidenschaft ihre Adern anglüht, hat diese Frau alle Schwäche, alle Müdigkeit zu besiegen gewußt; immer erst in diesen großen und entscheidenden Sekunden ist ihr Herz auf der Höhe ihrer Kraft.
Schlimmes Erwachen am nächsten Morgen im Schlosse Holyrood für die Verschworenen: die Zimmer leer, die Königin entflohen, ihr Bondsbruder und Schutzherr Darnley gleichfalls fort. Im ersten Augenblick erfassen sie noch nicht die ganze Tiefe ihres Falls, sie glauben noch immer, im Vertrauen auf Darnleys Königswort, der Generalpardon, den sie gestern abend mit ihm gemeinsam ausgefertigt, bestünde zu Recht. Und in der Tat, es gehört viel dazu, eine solche Verräterei für möglich zu halten. Nein, sie glauben noch nicht an Betrug. Sie schicken demütig einen Abgesandten, Lord Sempill, nach Dunbar, um die Ausfolgung jenes Schriftstückes zu erbitten. Aber drei Tage läßt Maria Stuart den Friedensboten vor dem Tore wie vor Canossa stehen: mit Rebellen verhandelt sie nicht, nun um so weniger, da Bothwell seine Truppen bereits gesammelt hat.
Jetzt fährt den Verrätern die Angst kalt über den Nacken, rasch lichten sich ihre Reihen. Einer nach dem andern schleicht leise heran, um flehentlich Verzeihung zu bitten, die Rädelsführer aber, wie Ruthven, der als erster Rizzio gepackt, und jener Fawdonside, der die Pistole gegen die Königin angeschlagen, wissen, daß für sie ein Pardon nie zu erhoffen sein wird. Eiligst fliehen sie aus dem Land; mit ihnen verschwindet diesmal auch John Knox, der zu früh und zu laut diesen Mord als wohlgefällige Tat gebilligt.
Ihrem starken Rachegefühl gemäß würde jetzt Maria Stuart am liebsten ein Exempel statuieren und der ewig aufrührerischen Adelsbande zeigen, daß man nicht ungestraft gegen sie konspiriert. Aber die Lage ist gefährlich genug gewesen, um sie zu lehren, in Hinkunft besonnener und hinterhältiger zu handeln. Moray, ihr Stiefbruder, hat zwar um die Verschwörung gewußt, das zeigt sein pünktliches Kommen, aber er hat nicht tätig mitgewirkt; Maria Stuart sieht ein, daß es klüger ist, diesen stärksten Mann zu schonen. »Um nicht allzu viele zugleich gegen mich zu haben«, drückt sie lieber ein Auge zu. Denn wolle sie ernstlich zu Gericht gehen, wäre nicht der erste, den sie anklagen müßte, Darnley, ihr eigener Gatte, er, der die Mörder in ihr Gemach geführt, der ihr während des Mordes die Hände gehalten? Aber bereits einmal durch den Skandal mit Chastelard in ihrem Ruf schwer geschädigt, hat Maria Stuart allen Grund, ihren Gatten nicht als argwöhnischen und eifersüchtigen Rächer seiner Ehre erscheinen zu lassen. Semper aliquid haeret; lieber soll der ganze Vorgang jetzt so umgefälscht werden, als hätte er, der Hauptanstifter des ganzen Unheils, an der Ermordung keinerlei Anteil gehabt. Das ist zwar schwer glaubhaft zu machen bei einem, der zwei »bonds« unterzeichnet, der einen regelrechten Kontrakt abgeschlossen, in dem er im voraus den Mördern völlige Straffreiheit zugesichert, der seinen eigenen Dolch – man fand ihn im zerfetzten Leibe Rizzios – einem der Schlächter freundlich geliehen. Aber Marionetten haben keinen Willen und haben keine Ehre, gehorsam tanzt Darnley, sobald Maria Stuart die Fäden zieht. Feierlich läßt er die frechste Lüge des Jahrhunderts »auf Ehre und sein Wort als Prinz« auf dem Marktplatz von Edinburgh verkünden, daß er nie an dieser »treasonable conspiracy«, an dieser verräterischen Verschwörung, teilgehabt, daß es Lüge und Verleumdung sei, ihn zu beschuldigen, er hätte sie »geraten, anbefohlen, ihr zugestimmt oder sie gebilligt«, während doch in Stadt und Land jeder weiß, daß er sie nicht nur »counseled, commanded, consented, assisted«, sondern auch mit Siegel und Brief »approved« hat. Wenn die Erbärmlichkeit, die dieser willensschwache Betrüger während der Mordtat bewiesen, noch zu überbieten war, durch diese Erklärung ist es gelungen; mit diesem Meineid vor Volk und Land auf dem Marktplatz von Edinburgh hat er sich selber gerichtet. Von allen, an denen sie Rache zu nehmen geschworen, hat sich Maria Stuart an keinem furchtbarer gerächt als an Darnley, indem sie ihn, den sie längst heimlich verachtete, dazu nötigt, sich nun auch vor aller Welt für ewig verächtlich zu machen.
Ein schneeweißes Leichentuch von Lüge ist jetzt über den Mord gebreitet. In demonstrativem Triumph und mit lauten Fanfaren zieht das neuerdings wundersam einige Königspaar in Edinburgh ein. Alles scheint beruhigt und beschwichtigt. Um einen kümmerlichen Schein von Justiz zu wahren und doch niemanden zu verängstigen, hängt man ein paar arme Teufel auf, kleine ahnungslose Hörige und Soldaten, die auf Befehl ihrer Clansherren, während diese mit den Dolchen oben zustießen, an den Toren Wache gestanden: die hohen Herren selber gehen straflos aus. Rizzio erhält, dünner Trost für einen Toten, eine anständige Grabstätte auf dem königlichen Kirchhof, sein Bruder rückt im Hofstaat der Königin an seine Stelle; damit soll die ganze tragische Episode vergeben und vergessen sein.
Nun hat Maria Stuart nach all den Fährnissen und Erregungen nur noch eines zu tun, um ihre stark erschütterte Stellung zu festigen: den Thronerben heil und glücklich zur Welt zu bringen. Erst als Mutter eines Königs wird sie unantastbar sein und nicht als Gattin einer solchen jämmerlichen Königspuppe. Unruhig erwartet sie ihre schwere Stunde. Eine merkwürdige Düsternis und Verzagtheit bemächtigt sich ihrer in den letzten Wochen. Schattet noch vom Tode Rizzios ein drückendes Gefühl in ihrer Seele? Spürt sie mit der gesteigerten Kraft der Ahnung nahendes Mißgeschick? Jedenfalls, sie macht ein Testament, in dem sie Darnley den Ring hinterläßt, den er ihr bei der Heirat an den Finger gesteckt, aber auch Josef Rizzio, der Bruder des Ermordeten, Bothwell und die vier Marys werden nicht vergessen; zum erstenmal fürchtet diese sonst sorglose und kühne Frau den Tod oder sonst eine Gefahr. Sie verläßt Holyrood, das, wie jene tragische Nacht gezeigt hat, nicht genug Sicherheit bietet, und begibt sich in das unbequemere, aber hochauftrotzende und uneinnehmbare Kastell von Edinburgh, um dort dem künftigen Erben der schottischen und englischen Krone, selbst um den Preis ihres eigenen Lebens, das Leben zu schenken.
Am Morgen des 9. Juni donnern die Kanonen der Festung frohe Nachricht hinab in die Stadt. Ein Sohn ist geboren, ein Stuart, ein König von Schottland; zu Ende ist in Hinkunft die gefährliche Herrschaft der Frauen. Der sehnlichste Traum der Mutter, der Wunsch des Landes nach einem männlichen Stuartserben ist herrlich erfüllt. Aber kaum hat sie diesem Kinde das Leben gegeben, so fühlt Maria Stuart die Pflicht, ihm auch die Ehre zu sichern. Allzu deutlich muß sie wohl erfahren haben, daß die giftigen Gerüchte, die jene Verschwörer Darnleys ins Ohr geträufelt, daß die Verdächtigungen, sie hätte sich Rizzio ehebrecherisch hingegeben, längst durch die Mauern des Schlosses gesickert sind. Sie weiß, wie froh man in London jedes Vorwands wäre, diesem Erben die rechtmäßige Abkunft bestreiten zu können und vielleicht später damit die Thronfolge; darum will sie rechtzeitig und vor aller Welt diese freche Lüge ein für allemal in Grund und Boden schlagen. Sie läßt Darnley in die Wochenstube rufen und zeigt ihm vor allen Versammelten das Kind mit den Worten: »Gott hat dir und mir einen Sohn geschenkt, der von niemandem andern als von dir gezeugt ist.«
Darnley ist verlegen, denn gerade er selbst hat durch seine geschwätzige Eifersucht das ehrabschneiderische Gerücht verbreiten geholfen. Was soll er auf eine derart feierliche Erklärung antworten? Um seine Beschämung zu verbergen, beugt er sich über das Kind und küßt es.
Aber Maria Stuart nimmt das Kind in ihre Arme und wiederholt noch einmal laut: »Ich bezeuge vor Gott, als stünde ich hier vor dem Jüngsten Gericht, daß es dein Sohn ist und keines andern Sohn, und ich wünsche, daß alle hier anwesenden Frauen und Männer Zeugen seien, daß er so sehr dein eigener Sohn ist, daß ich beinahe fürchte, es werde später einmal vielleicht für ihn schlimm ausgehen.«
Das ist ein großer Eid und gleichzeitig eine sonderbare Befürchtung: selbst in so feierlicher Stunde kann die gekränkte Frau ihr Mißtrauen gegen Darnley nicht verbergen. Auch jetzt vermag sie nicht zu vergessen, wie tief dieser Mann sie enttäuscht und verwundet hat. Nach diesen schon andeutungsvollen Worten reicht sie das Kind einem der Lords, Sir William Standon: »Dies ist der Sohn, von dem ich hoffe, daß er als erster die beiden Königreiche von Schottland und England vereinigen wird.«
Etwas betroffen antwortete darauf Standon: »Warum denn er, Madame? Warum sollte er Eurer Majestät und seinem Vater zuvorkommen?«
Und abermals vorwurfsvoll sagt Maria Stuart: »Weil sein Vater unsere Verbindung zerstört hat.«
Darnley, vor allen beschämt, versucht die Erregte zu beschwichtigen. Beunruhigt fragt er: »Ist das nicht gegen dein gegebenes Versprechen, alles zu vergeben und zu vergessen?«
»Ich will alles vergeben«, antwortet die Königin, »aber ich werde es nie vergessen. Wenn damals Fawdonside die Pistole abgedrückt hätte, was wäre aus ihm und mir geworden? Weiß Gott, was sie dann mit dir gemacht hätten.«
»Madame«, mahnt jetzt Darnley, »diese Dinge sind doch längst abgetan.«
»Gut, reden wir nicht davon«, antwortet die Königin, und damit ist dieses wetterleuchtende Gespräch zu Ende, das ein aufsteigendes Unwetter gefährlich ankündigt. Maria Stuart hat selbst in ihrer schweren Stunde nur die halbe Wahrheit gesagt, wenn sie erklärte, sie hätte nicht vergessen, aber sie würde vergeben; denn es wird nie mehr Friede sein in diesem Schloß, in diesem Land, solange nicht Blut mit Blut gesühnt ist und Gewalt mit Gewalt vergolten.
Kaum ist die Mutter erlöst, kaum das Kind geboren, um zwölf Uhr mittags, springt Sir James Melville, immer Maria Stuarts verläßlichster Bote, in den Sattel. Abends hat er schon Schottland bis zur Grenze durchritten, die Nacht rastet er in Berwick, am nächsten Morgen geht es weiter in scharfem Galopp. Am 12. Juni abends – großartige sportliche Leistung – reitet er auf überschäumtem Pferde in London ein. Dort erfährt er, daß Elisabeth in ihrem Schloß zu Greenwich einen Ball veranstaltet; also abermals, aller Müdigkeit spottend, auf ein anderes Roß und vorwärts, um die Nachricht noch in dieser Nacht zu überbringen!
Elisabeth hat auf diesem festlichen Balle selbst getanzt, nach langer, lebensgefährlicher Krankheit freut sie sich wieder der rückgewonnenen Kraft. Heiter, animiert, geschminkt und gepudert steht sie in ihrer breiten, pompösen Glockenrobe wie eine exotische Riesentulpe im Kreise ihrer getreuen Kavaliere. Da drängt sich eilig, von James Melville gefolgt, Cecil, ihr Staatssekretär, durch die Reihen der Tanzenden. Er geht auf die Königin zu und flüstert ihr ins Ohr, Maria Stuart sei ein Sohn, ein Erbe geboren.
Elisabeth ist sonst als Staatslenkerin eine diplomatische Natur, Meisterin der Selbstbeherrschung und wohlgeübt in der Kunst, ihre wahren Gefühle zu verbergen. Aber diese Nachricht trifft die Frau in ihr. Mitten ins Menschliche stößt sie wie ein Dolch hinein. Und als Frau empfindet Elisabeth zu leidenschaftlich, um immer Herrin ihrer rebellischen Nerven zu bleiben. So elementar ist die Überraschung, daß ihre zornigen Augen, ihre verpreßten Lippen vergessen, zu lügen. Einen Augenblick wird ihr Ausdruck völlig starr, das Blut weicht unter der Schminke, hart verkrampft sich die Hand. Sofort gebietet sie der Musik, zu schweigen, mit einem Schlage erstarrt der Tanz, und überstürzt verläßt die Königin den Festsaal, weil sie fühlt, daß sie ihre Nerven nicht länger bemeistern kann. Im Schlafgemach aber, umringt von ihren aufgeregten Frauen, verliert sie die harte Haltung. Stöhnend und hingeschmettert von ihrem eigenen Schmerz, wirft sie sich in einen Stuhl und schluchzt auf: »Die Königin von Schottland hat einem Sohn das Leben gegeben, ich aber bin nichts als ein abgestorbener Strunk.«
In keinem Augenblick ihrer siebzig Jahre hat sich die tiefste Tragödie dieser unglücklichen Frau deutlicher geoffenbart als in dieser Sekunde; nie enthüllt sich so sehr ihr Geheimnis, wie schwer diese durch ihre Liebesunfähigkeit verkümmerte, die ihrer Unfruchtbarkeit grausam bewußte Frau gelitten haben muß, als in diesem einen Aufschrei, der aus dem Weiblichsten, dem Tiefsten, dem Ehrlichsten ihres Herzens wie ein Blutsturz vorbricht. Alle Königreiche dieser Erde, man fühlt es, hätte diese Frau für das ganz einfache, klare, natürliche Glück gegeben, ganz Frau, ganz Liebende und Mutter sein zu dürfen; jede Macht und jeden anderen Erfolg hätte sie Maria Stuart trotz aller Eifersucht vielleicht verzeihen können. Dies eine aber neidet sie ihr tödlich mit einem verzweifelten Aufbäumen des innersten Gefühls, dies eine: Mutter zu sein.
Aber am nächsten Morgen ist Elisabeth schon wieder ganz Königin, ganz politische, diplomatische Frau. Vorbildlich meistert sie die so oft bewährte Kunst, ihren Groll, ihren Unmut, ihr tiefstes Leiden hinter kühlen und majestätischen Worten zu verstecken. Ein freundliches Lächeln trefflich aufgeschminkt, empfängt sie Melville mit großen Ehren, und man müßte nach ihren Worten meinen, selten habe sie freudigere Botschaft erfahren. Sie bittet ihn, ihre herzlichsten Glückwünsche Maria Stuart zu übermitteln, sie erneuert ihr Versprechen, die Patenschaft des Kindes zu übernehmen und womöglich selbst zur Taufe zu kommen. Gerade weil sie ihrer Schicksalsschwester im Innersten ihr Glück mißgönnt, wünscht sie – ewige Schauspielerin der eigenen Größe – vor der Welt als die Gönnerin und Großmütige zu gelten.
Abermals hat sich das Blatt zugunsten der Mutigen gewendet, alle Gefährdungen scheinen überstanden und alle Schwierigkeiten auf das wunderbarste gelöst. Noch einmal hat sich das Gewölk, das von Anbeginn tragisch über Maria Stuarts Schicksal hing, gnädig verzogen; aber den Verwegenen macht überstandene Gefahr niemals weiser, sondern immer nur noch tollkühner. Maria Stuart ist nicht zur Ruhe und nicht für Glück geboren, mächtig treibt sie von innen verhängnisvolle Gewalt. Und niemals erschafft sich nach den Geschehnissen und Zufällen der äußeren Welt ein Schicksal Sinn und Form. Immer sind es die eingeborenen, ureigensten Gesetze, die ein Leben gestalten oder zerstören.