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Erste Gruppe

1

Aller Ausgänge, ehe du eintrittst,
Suche dich sorgsam erst zu versichern;
Denn du weißt nicht gewiß, ob nicht Widersacher
Irgendwo im Gebäude verborgen sitzen.

2

Seid gegrüßt, ihr Geber! Ein Gast ist gekommen.
Wo soll er sitzen? Gar sehr ermüdet's,
Auf Reisen rasch sein Geschäft zu beschicken.

3

Da wünscht man ein Feuer, die Füße zu wärmen,
Die kalt geworden, auch Kost zur Erholung
Vom Bergeklettern und andere Kleidung.

4

Den Waschnapf erwartet er vor der Bewirtung,
Das Tuch zum Trocknen, dann traulichen Zuspruch.
Dem gastlich Gesinnten wird es vergolten
Mit gutem Ruf und Gegengaben.

5

Wer weithin wandert, bedarf des Witzes;
Was der Laune beliebt, ist daheim nur erlaubt.
Wer bei Sittigen sitzt und weiß nichts zu sagen,
Den blicken sie an mit verblüfften Augen.

6

Doch mit Proben seiner Klugheit prahle niemand;
Mit gemessener Milde sag' deine Meinung.
Wer weise wortkarg in seine Wirte
Zu schicken sich weiß, kommt selten zu Schaden.
Den besten, Wohlfahrt bürgenden Beistand
Leistet dem Manne Menschenkenntnis.

7

Kommt zum Mahle der Mann von Umsicht,
So lauscht er lieber, statt laut zu schwatzen,
Mit achtsamen Ohren, mit offenen Augen
Und erforscht, was sein Vorhaben fördern könne.
Danach benimmt sich jeder Vernünft'ge.

8

Den besten Erwerb zur Wohlfahrt nenn' ich
Beliebtheit, löbliches Urteil der Leute.
Du verlierst nur zu leicht, was zum glücklichen Leben
Du nötig brauchst in der Brust der andern;

9

Doch das Beste besitzt zum Glück, wer selber
Lebensklug und löblich gesinnt ist;
Denn schlimme Gesinnung schleicht nicht selten
Aus der anderen Brust sich ein in die eigene.

10

Als Reisegerät gereicht uns zum Vorteil
Bei weitem am meisten mannhafter Witz.
Er fördert besser als Beutelfülle
In fremdem Lande und fristet das Leben
Dem Dürftigen selbst als dessen Besitz.

11

Verräterisch aber als Reisegenosse
Ist maßloser Durst. Nicht so dienlich den Menschen,
Als mancher es meint, ist berauschender Met.

12

Das Allerunratsamste ist es, auf Reisen
Zu bechern bei Tische, bis du betäubt bist;
Je stärker du trinkst – desto trüber dein Verstand.

13

Den Berauschten besessen hält Reiger Vergessen;
Er stiehlt ganz allmählich des Menschen Verstand.
Von des Vogels Federn in Fesseln gefächelt
War auch ich einst als Gast im Hause der Gunlad.

14

Vom vielen Schlemmen beim schlauen Fialar
Ward ich berauscht, berauschter, als recht ist.
Nur dann ist gedeihlich Durstes Stillung,
Wenn auch nach dem Trunk die Vernunft nicht getrübt ist.

15

Der Herrnsohn sei behutsam im Reden,
Im Kriege beherzt, so kräftig als heiter,
Bis zum Tage des Todes tüchtig und froh.

16

Die feige Memme vermeidet die Feldschlacht,
Um ewig lange leben zu bleiben.
Was spart sich auf der vom Speer Verschonte?
Daß ihn einst abtut des Alters Elend.

17

Aufs Gaffen verlegt sich der Gauch beim Gastmahl;
Ihm stockt die Stimme; er stammelt höchstens.
Was der kümmerliche Kerl von Geist im Kopf hat,
Offenbart sich bald, nachdem er gebechert.

18

Nur wer viel erfahren auf fernen Reisen
Und von Mutterwitz ein reichliches Maß hat,
Dem allein gelingt es, der Leute Gaben,
Der Menschen Gemüt und Art zu merken.

19

Laß dir munden den Met, doch trinke mäßig;
Geziemendes sprich oder zügle die Zunge.
Auch wird es dir niemand übelnehmen,
Wenn du dich bald zu Bette begibst.

20

Wer sein Maß nicht kennt und einhält beim Mahle,
Der schlingt sich schlemmend schlimmes Gebrest an.
Auch wird er zur Buße des gierigen Bauches
Von den sittig Speisenden oft verspottet.

21

Die Herde weiß die Zeit zum Heimgang
Von der grünen Weide und grast nicht länger;
Nur der lüsterne Mensch verlernt es, zu merken,
Ob der Magen nicht längst sein Maß bekommen.

22

Der zuchtlose Bube mit böser Zunge
Läßt nichts ungeschoren und schimpft auf alles.
Was er wissen müßte, das merkt er niemals:
Daß er selbst zusammengesetzt ist aus Fehlern.

23

Der Nichtsnutzschwätzer durchschwärmt die Nächte
Und urteilt ab über alles und jedes.
Wann der Morgen sich meldet, fühlt sich ermattet
Und trostlos der Tropf; doch weiter so treibt es
Der traurige Tor wie am Tage zuvor.

24

Der Witzlose wähnt, ihm wohlgesinnt seien
Die Leute alle, die über ihn lachen.
Das spürt er nie, daß es nichts als Spott ist,
Was man sagt, wann er sitzt bei klugen Gesellen.

25

Der Tropf betrachtet als treue Freunde,
Die seinen Worten nicht widersprechen;
Doch ruft er sie an vor Gericht, so erkennt er,
Wie geringe die Zahl seiner redlichen Gönner.

26

Der Tropf vertraut, stets Recht zu ertrotzen,
Wenn's ihm einmal gelang, sich durchzulügen;
Doch bekommt er zu tun mit tüchtigen Männern,
So weiß er kein Wort zur Widerrede.

27

In der Umgebung begabter Leute
Ist für den Schwachkopf Schweigen das Beste;
Denn solang' er's vermeidet, den Mund zu öffnen,
Merkt es niemand, daß er nichts weiß.
Undenkbar freilich dem Dummen bleibt es,
Daß ein Wort zu verschlucken schlauer wäre.

28

Wer zu fragen versteht und die fremde Weisheit
Genau wie vernommen nachzusprechen,
Der dünkt sich gelehrt; doch keinem gelingt es,
Im Umgang mit andern des eigenen Kopfes
Leidige Leere lang zu verleugnen.

29

Der geschwätzige Mann, der das Schweigen verlernt hat,
Beschädigt sich selbst mit schalem Geplapper;
Denn wem kein Zügel die Zunge bändigt,
Dem schlägt sie selbst oft die schlimmste Wunde.

30

Wenn ein Unbekannter um Obdach bittet,
Dann schau' ihn nicht an mit scheelen Augen.
Doch fälschlich vornehm fühlt sich so mancher,
Weil er traulich daheim mit trockener Haut sitzt,
Nicht Bescheid von Geschäft und Herkunft schuldet.

31

Hat ein Gast die Gäste mit Spott gegeißelt,
So dünkt er sich schlau, wenn er flüchtend entschlüpft.
Das erwog er nicht, daß er witzelnd und neckend
Sich gefährliche Feinde mit Rachsucht gerüstet.

32

Auch einander sonst genehme Leute
Sind bei Tische geneigt, sich streitend zu necken.
Die alte Unart wird ewig dauern,
Daß ein Gast den andern als Gegner angreift.

33

Selbst Freunde besuchend, frommt es nicht selten,
Dich zuvor zu erfrischen mit einem Frühstück.
Den auf Speise Verspitzten spürt man dir an sonst,
Der mit schmatzenden Lippen nach Labung schmachtet
Und zu nüchtern ist zu vernünftigem Plaudern.

34

Der Weg der dich führt zum falschen Freunde,
Ist immer Umweg und übler Irrweg,
Ob auch dicht am Pfad seine Pforte läge;
Der zum Redlichen bleibt der geradeste Richtweg,
Ob auch noch so weit seine Wohnung entfernt sei.

35

Zu schicklicher Zeit zu scheiden wisse,
Anstatt beim Bewirter wohnen zu bleiben;
Denn zu leidiger Last wird der liebreich Gepflegte,
Der sich seßhaft macht im besuchten Hause.

36

Zu 36 und 37. Letztere Strophe ist nur Variante ihrer Vorgängerin, zu welcher ihre Verse 5 und 6 auch gehören.

Sei dein eigenes Haus auch die engste Hütte,
Da wohnst du am besten, da bist du Gebieter.
Dich unter dem Rohrdach redlich zu nähren
Von zweien Geißen ist besser als Gastbrot;

37

Denn es schneidet ins Herz und schnürt den Hals zu,
Um ein Mahl allmorgendlich bitten zu müssen.


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