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Der Wagen des Dr. Blackburn stand bereits vor der Thür. Die drei Verbündeten stiegen ein und gelangten innerhalb einer kleinen halben Stunde über die weite Steppe zu den Zeiten, die das Lazareth für die Gelbfieber-Kranken bildeten.
Blackburn ließ vor dem einen dieser Zelte halten und stieg mit seinen Begleitern aus. In diesem Zelt war eine Militärwache stationirt, welche vornehmlich die Aufgabe hatte, jeden nicht dringend nothwendigen Verkehr mit der Nachbarschaft zu verhindern, und über die eingegangenen Kranken, sowie über die Verstorbenen und Genesenen Buch zu führen.
Der Wachthabende, ein Unterlieutenant, trat dem Arzt respectvoll entgegen.
»Nichts Neues?« fragte ihn Blackburn.
Der Lieutenant verneinte.
»Viel Zugang?« fuhr der Arzt fort.
»Seit gestern Mittag sind 261 Erkrankte eingebracht;« berichtete der Offizier.
»Wieviel sind Abgang?«
»Leider bedeutend weniger. Wir haben seit derselben Zeit 187 Todte und 23 Genesene.«
»Die Zahl der Behandelten ist also wieder gestiegen. – Sorgen Sie dafür, daß noch ein Zelt errichtet wird. Wenn täglich mehr eingeliefert werden als hinausgehen, so wird voraussichtlich der Raum, der schon jetzt überfällt ist, selbst nothdürftig nicht mehr ausreichen.«
»Wir haben schon, um für die Hinzugekommenen Platz zu schaffen, diejenigen im letzten Stadium mit nach dem Zelt No. 11 bringen müssen.« –
Die Zelte, welche das Lazareth bildeten, etwa 16 an der Zahl, umschlossen ein großes Viereck, in dessen Mitte eben das Wachtzelt liegt, das auch zugleich den Aufsehern und Aerzten zum Aufenthalt diente. Eben, als Blackburn mit seinen Gästen hinaustrat, um sich in die übrigen Zelte zu begeben, hielten in dem Quarré wieder einige Wagen, welche Kranke brachten. Geschäftsmäßig trat ein Unteroffizier an den ersten Wagen mit einem Notizbuch und Bleifeder in der Hand.
»Wieviel?«
»Vierzehn,« war die Antwort.
»Leben Alle noch?«
»Ei, ich habe mich nicht darum gekümmert, aber ich werde nachsehen,« sagte der Fuhrmann und stieg auf die Vorderachse des Wagens, um über den hohen Kasten hinwegsetzen zu können.
Dort lagen auf Stroh immer drei und drei nebeneinander, ächzend und stöhnend, oder matt, kraftlos, regungslos, oder an fürchterlichen Krämpfen arg verzerrt, die Patienten. Der Fuhrmann zählte:
»Eins – zwei – drei. – Heda, Sir, lebst Du, oder bist Du todt?« – er berührte ihn mit dem Ende seines Peitschenstockes – »Nein, der lebt noch; also vier – fünf – na Ihr beide seid todt, das ist keine Frage.« –
In dieser Weise zählte er weiter, bis er endlich entdeckte, daß drei unterwegs gestorben seien, worauf der Unteroffizier 11 Mann Zugang notirte.
Eben so wurde beim zweiten und dritten Wagen verfahren. Dann fuhren diese Wagen vor eines der ihnen angewiesenen Zelte, luden ihre Ladung ab, so viel nämlich noch lebten, die anderen blieben drin und wurden mit den übrigen Todten, die man mit zurücknahm, in die Kalkgruben geworfen.
Atzerott machte die Bemerkung, daß er sich wundere, hier als Krankenwärter und beim Transport der Kranken und Todten nicht bloß Neger, sondern auch Weiße beschäftigt zu sehen.
»Die Weißen, die Sie hier sehen« erwiderte Blackburn, »das sind Kriegsgefangene, denen man nach einem sechsmonatlichen Dienst in dieser Anstalt die Freilassung garantirt.«
»Diesen Lohn für ihre Dienste erhalten aber wohl die Wenigsten?« fragte Atzerott.
Blackburn nickte bejahend.
»Nur einige Schwächlinge bleiben verschont vom gelben Fieber, die Gesundesten und Stärksten werden meistens angesteckt.« –
Sie waren inzwischen in eins der Krankenzelte eingetreten. Dasselbe mochte etwa sechzig Fuß lang und halb so breit sein. Rings herum an den Wänden war eine Streu gelegt, auf welcher fast Mann an Mann die Kranken lagen, die zu ihrer Bedeckung nichts als eine wollene Decke hatten.
Man mußte gegen menschliche Leiden so abgestumpft sein, wie Mr. Blackburn es war, um den Anblick, den die hier liegenden etwa hundert Kranken mit ihren Qualen, darboten, mit seiner Ruhe und Kaltblütigkeit anzusehen. Einige von den Aufsehern und zwei Unterärzte begleiteten ihn.
Da lagen mit dem gerötheten und aufgedunsenen Gesicht und den thränenden Augen, die den Kranken ein widerliches Aussehen gaben, diejenigen, die sich noch im ersten Stadium der Krankheit befanden. Ihr Stöhnen und Winseln, über unsägliche Schmerzen in der Weichen- und Magengegend war oft so heftig, daß Blackburn seine Lunge anstrengen mußte, um sich seinen Kollegen verständlich zu machen. – Dann lagen da mit intensiv gelber Färbung der Haut die Kranken des zweiten Stadiums, die bereits zu matt und kraftlos waren, um äußerlich ihre Schmerzen bemerkbar zu machen. Sie streckten zum Theil die Zunge weit zum Halse heraus, da brennender Durst sie quälte, in welchem Fall die Wärter, die beständig mit einer Kanne Essigwasser umhergingen, ihnen einige Tropfen in den offnen Mund gossen. – Den entsetzlichsten Anblick aber boten diejenigen, die sich bereits im letzten Stadium der Krankheit befanden und nur noch einige Stunden oder Minuten zu leben hatten. In gräßlichen Convulsionen schlugen sie um sich und warfen sich und bissen mit den Zähnen in das Stroh ihres Lagers, oder erfaßten das Gesicht ihrer apathisch neben ihnen liegenden Leidensgenossen und zerfleischten es mit den Nägeln, ohne daß der Entkräftete vermocht hätte, Widerstand zu leisten. Ja, es geschah sogar, daß der Verendende in seiner Angst die Gurgel seines Nachbars packte und ihn erwürgte.
Die Gestorbenen wurden sogleich entfernt und zwar in das von dem Wachthaben bezeichnete Zelt No. 11 gebracht. Wie Blackburn seinen Freunden auseinandersetzte, ist der Tödtlichkeit dieser Seuche nichts so förderlich als die Anwesenheit von Leichen, deren Ausdünstung bei weitem gefährlicher sei, als irgend eine Berührung mit den Kranken.
»Wenn es Ihnen recht ist, Mr. Blackburn,« unterbrach ihn Atzerott »so beeilen Sie sich mit Ihrem Experiment ein wenig, denn offen gestanden, ich finde diesen Ihren Wirkungskreis nicht sehr anziehend; und glaube auch nicht, daß Mr. Booth Sehnsucht haben wird, länger hier zu verweilen.«
»Wir werden sofort mit dem Experiment beginnen,« antwortete Blackburn, nachdem er die Unterärzte und die Aufseher bis auf einen Neger fortgeschickt hatte.
In der Mitte des Zeltes in dem breiten Gange zwischen den Lagerreihen der Kranken standen mehrere Tische und Bänke zur Benutzung des Krankenwärterpersonals Auf einer dieser Bänke lagen die sämmtlichen Oberkleider der Wärter, diese pflegten sich derselben stets zu entledigen, wenn sie Todte zu berühren gezwungen waren, damit sie nicht von dem Giftstoff inficirt würden.
Blackburn wandte sich an den Neger der hinter ihm stand, indem er auf eine über einer Stuhllehne hängende Jacke deutete:
»Wem gehört das da?«
»Die Jacke gehört Silas Brewer, Massah.
»Ist das ein Kriegsgefangener?«
»Ja, Massah.«
»Gehe hinaus, und hole aus dem Mittelzelt noch die Flasche mit Kreosot, die ich mitgebracht habe.«
Der Neger entfernte sich.
»Sie werden bemerkt haben,« wandte sich der Arzt an seine Gäste, »daß die Leichname alle mit den Kleidern begraben werden. Das ist sehr nöthig, denn durch Benutzung der Kleidungsstücke dieser Kranken wird die Krankheit am leichtesten verschleppt. Es scheint nun also ganz einfach, daß man die Krankheit dadurch in eine andere Stadt trägt, daß man die Kleider der Gestorbenen dorthin einschmuggelt.«
»Das scheint allerdings so,« bestätigte Booth.
»Geht aber dennoch nicht,« versetzte der Arzt. »Diese Kranken hier tragen alle, wie Sie sehen, die Uniform der Conföderirten Soldaten. Die würde in New-York z. B. Niemand kaufen.«
Booth mußte die Richtigkeit dieses Einwandes zugeben. Allein, meinte er, man könne ja den Kranken, wenn sie hierher kommen, Civilkleider anziehen und diese dann in die Städte der Union einzuschmuggeln suchen.
»Das ginge allerdings,« sagte Blackburn. »Aber wer kauft alte getragene Kleidungsstücke? – Nur der niedrigste Pöbel. Was nutzt es aber, wenn Sie die Pest in die Vorstädte und Stadtviertel der Armen bringen, ehe sie sich von da bis in die Stadtheile der Reichen und bis in den Palast Lincoln's verbreitet, ist es Winter, und der Winter macht, wie Sie wissen, der Seuche schnell ein Ende.«
»So rathen Sie etwas Anderes,« entgegnete Booth verdrießlich und ungeduldig.
»Das will ich eben,« antwortete Blackburn, ohne sich aus seiner Ruhe bringen zu lassen. »Soll die Pest die Wohnstätten der Höchsten und Vornehmen ergreifen, so müssen wir in die Städte neue und sehr elegante Kleidungsstücke, die mit dem Ansteckungsstoff inficirt sind, einschmuggeln. Ob es nun möglich ist, die Kleider zu vergiften, ohne daß ein Kranker sie angehabt hat, das weiß ich nicht, ich werde aber sofort einen Versuch machen.«
Sein Auge schweifte über die Reihen der Kranken und richtete sich namentlich aus diejenigen, die eben noch in den gräßlichsten Convulsionen mit dem Tode gekämpft hatten.
»Wonach suchen Sie?« fragte Atzerott.
»Ich suche einen Todten,« war die Antwort – »ah, da ist eben einer gestorben!«
Er trat auf die Streu neben die Leiche und machte mit einer Lanzette einen Schnitt in den entblößten Arm derselben. Ein Gemisch von Wasser und Blut quoll hervor.
»Haben Sie die Güte, mir jene Jacke dort herzureichen,« sagte er zu Atzerott.
Mit Widerwillen that er es.
Blackburn nahm die Jacke und wischte mit der innern Seite des Aermels, in der Nähe der Achselhöhlen die Flüssigkeit auf, die aus der Wunde des Todten floß, dann legte er das Kleidungstück wieder über die Stuhllehne.
»Wir werden sehen, welche Wirkung diese Infection des Kleidungsstückes auf den Mann hat, der dasselbe anzieht,« sagte er darauf.«
Jetzt trat der Neger ein und brachte die Flasche, die er auf den Tisch stellte.
»Es ist gut,« sagte Mr. Blackburn und, als ob ihm eben noch etwas einfiele, fügte er, an dem Ausgang sich noch einmal nach dem Neger umwendend, hinzu: »Sage Silas Brewer, daß er nach etwa einer halben Stunde, wenn ich die Runde durch das Lazareth gemacht habe, zu mir nach dem Wachtzelt kommen soll, um einen Austrag auszurichten.«
Darauf wandte er sich um und ging mit seinen Begleitern hinaus.
»Wenn es Ihnen nicht weiter gefallen sollte, mich auf meiner Tour durch die übrigen Zelte zu begleiten,« sagte er zu ihnen, »so bitte ich Sie, mich im Wachtzelt zu erwarten, in einer halben Stunde werde ich bei Ihnen sein.«
Atzerott zog ohne Bedenken das Letztere vor, Booth dagegen erklärte, daß er es für nöthig hielte, zum besseren Gelingen seines Planes, gründliche Studien in Bezug auf das gelbe Fieber zu machen, und daß er deshalb den Arzt begleiten wolle. In diesem Augenblick sahen sie eine Equipage in den Hof rollen, den die Zelte umschlossen; der Offizier trat aus dem Wachtzelt heraus und empfing den Aussteigenden mit äußerster Höflichkeit. Sie waren noch zweifelhaft, wer der Herr sein könne, der soeben angekommen, als ein Soldat zu Blackburn herantrat und ihm meldete, daß Mr. Sanders ihn um eine kurze Unterredung bitten lasse.
»Ah, Mr. Sanders,« brummte er. »Ich glaube, der will weiter nichts als Fehler und Mängel hier suchen, um sie gelegentlich zu seinen Intriguen gegen Breckenridge zu gebrauchen. – Mr. Sanders soll auf mich warten,« sagte er dem Soldaten, »bis ich meine Runde gemacht habe. – Sie, Mr. Atzerott, können ihn derweile von dem, was Ihnen hier interessant scheint, unterhalten.«
Damit gingen Blackburn und Booth in das nächste Zelt, Atzerott begab sich in das Wachtzelt, um Mr. Sanders zu begrüßen. –
Als nach einer halben Stunde die ersteren Beiden auch dahin kamen, hatte Mr. Sanders bereits von Atzerott gehört, was im Werke sei, und hatte den Anschlag mit einem wahren Entzücken gebilligt.
»Ich sehe,« sagte er zu Booth, »daß Mr. Breckenridge sich in Ihnen nicht getäuscht hat, denn ein Mann, der so großartige Plane zu fassen und zu verfolgen im Stande ist, verdient mit dem Vertrauen geehrt zu werden, das der Orden Ihnen zugewandt hat, und Sie Mr. Blackburn, sein Sie versichert, daß Ihnen Ihre Mithilfe, falls meine Stimme einmal mehr Gewicht haben sollte als jetzt, so belohnt werden wird, wie sie belohnt zu werden verdient.«
Blackburn dankte in ziemlich kalten Worten.
»Wahrhaftig,« fuhr Mr. Sanders fort, »es gäbe nichts Praktischeres, als die Seuche in das Gefängniß bei Millen zu verpflanzen, nur stände zu befürchten, daß unsere Bataillone, die dort zur Bewachung kommandirt sind, ebenfalls aufgerieben würden; deshalb würde ein solcher Schritt immer noch näherer Ueberlegung bedürfen – aber, das gelbe Fieber nach Washington und New-York – das ist ein titanenhafter Gedanke! – ich beneide Sie förmlich um den Vorzug dieser Erfindung, Mr. Booth, ich wollte, daß ich ihn erfunden hätte, und wäre es auch nur um Breckenridge vollends in den Schatten stellen zu können; denn einem Manne wie Ihnen muß es so gut wie uns klar sein, daß Breckenridge mit seinen halben Maßregeln nicht am Platze ist.«
»Ich wollte,« entgegnete Blackburn nicht sehr höflich, »Sie thäten es Mr. Breckenridge nicht in der Ausübung solcher Anschläge, sondern in der Sorge für unsere Kranken zuvor. Ich habe hier weder Raum noch Leute, um durch meine Wirksamkeit auch nur ein einigermaßen günstiges Resultat zu erzielen.«
»Ah, so bin ich nicht vergebens gekommen,« sagte Mr. Sanders erfreut. »Der Zweck meines Kommens betraf eben die von Ihnen angeregte. Sache. Ich beabsichtige nämlich, Ihnen eine Anzahl Nigger zu Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen. Wieviel können Sie gebrauchen, Mr. Blackburn?«
»Bei der jetzigen Zunahme der Kranken mindestens 30 Stück.«
»Gut, Sie sollen 30 Nigger haben, ein Opfer, das ich gern dem Gemeinwesen bringe, denn ich bin der Meinung, daß man nicht geizen darf, wenn es das Wohl des Vaterlandes gilt.«
Obgleich der mächtige Bart von den Zügen des Arztes nichts erkennen ließ, so konnte man doch merken, daß ein spöttisches Lächeln über sein Antlitz flog, als er erwiderte:
»Namentlich ist man mit Niggern nicht geizig, wenn sie Empörungen und Meutereien vorbereiten und ihre Genossen zur Theilnahme anreizen. Mr. Breckenridge ist dadurch zu derselben Opferwilligkeit getrieben wie Sie, Mr. Sanders; denn er schickt die Nigger, die ihm gefährlich scheinen, nach Millen, wie Sie sie nach Leesburg schicken.«
Mr. Sanders empfand für den Arzt in diesem Augenblick, wo der Eindruck der »großen Idee« noch lebhaft auf ihn wirkte, eine zu große Hochachtung, als daß er nicht die hochmüthige Entgegnung, die die beißende Bemerkung Blackburn's unter anderen Umständen hervorgerufen haben würde, unterdrückt hätte, außerdem aber wurde die Unterredung in diesem Augenblick unterbrochen, da sie draußen einen Menschen sagen hörten, daß der Doktor ihm befohlen habe, hierherzukommen.
»Es ist Silas Brewer,« flüsterte der Arzt Mr. Booth zu.
Der Mann trat ein. Es war eine hohe baumstarke Gestalt. Booth erinnerte sich, den Mann vorher unter den Wärtern bemerkt zu haben; aber wie verändert sah er jetzt aus. – Er zitterte am ganzen Körper und hatte die Jacke – dieselbe, die dem Doctor zum Experiment gedient hatte – trotz der brennenden Hitze dicht zugeknöpft. Sein Gesicht war dunkelroth und seine Augen thränten.
Mr. Blackburn warf nur einen Blick auf ihn, dann rief er:
»Hinaus mit Dir, Du hast das gelbe Fieber!« –
Der Unglückliche brach vor Schreck fast zusammen, vom Fieber geschüttelt schlich er zurück, aber schon nach einigen Schritten warfen ihn gräßliche Schmerzen zu Boden. Einige Wärter trugen ihn auf das Strohlager in einem der Zelte.
»Das Experiment ist geglückt,« sagte Blackburn zu Booth. »So wird es uns möglich sein das gelbe Fieber in die Städte der Union zu importiren. – Sie, Mr. Sanders können es übernehmen, eine Partie eleganter feiner Kleidungsstücke hierherzuschaffen, wir werden dieselben mit dem Gelbenfieber-Gifte tränken und Mr. Atzerott wird es übernehmen, sie denjenigen Personen in die Hände zu spielen, deren Beseitigung uns am wünschenswerthesten ist. Sind nur erst einige Erkrankungen vorgekommen, so brauchen wir gar nichts weiter zu thun, dann verbreitet sich diese Pest von selber weiter.«
»Herrlich! Vortrefflich!« rief Mr. Sanders, und Booth und Atzerott stimmten von Herzen in seine Freude ein.
Mr. Blackburn aber machte kein besonders zufriedenes Gesicht.
»Frohlocken Sie nicht zu früh, meine Herren,« sagte er, »denn es wäre möglich, daß das Gift in den Kleidern während des Transports nach dem Norden und innerhalb der Zeit, die vergeht, bis eine Person die Kleider erhält und anzieht, unwirksam wird. Silas Brewers Fall beweist noch nichts, denn da war das Gift frisch. Man muß also erst einen Versuch machen, wie lange Zeit das Gift in den Kleidern wirksam bleibt.«
»Diesen Versuch zu machen, wird nicht schwer sein,« nahm Booth das Wort, »ich beabsichtige einen Besuch im Gefängniß der Kriegsgefangenen im Staate New-York zu machen, und werde einige von den ificirten Kleidern mitnehmen. Mr. Atzerott wird sich damit nach New-York begeben und die Wirkung beobachten.«
»Das will ich schon thun,« sagte Atzerott, »aber ich muß Garantie haben, daß meine Bemühung dem Erfolge entsprechend belohnt wird.«
»Dafür lassen Sie mich sorgen,« fiel Sanders ein. »Ich werde Sr. Excellenz den Präsidenten Davis von Ihrem Unternehmen Mittheilung machen. Sie wissen, der Präsident ist in der Belohnung wahrer Verdienste nicht geizig, ich glaube Ihnen die Summe von hunderttausend Dollars für den Fall des Gelingens garantiren zu können. Machen Sie also immerhin den Versuch.«
»Wenn das ist, so bin ich dazu bereit,« erwiderte Atzerott. »Präpariren Sie also immerhin einige Kleidungsstücke, Mr. Blackburn. – Ich habe für den Versuch eine Familie im Sinne, die aus einer Frau und drei Kindern besteht, wählen Sie demnach einige Kinderkleider und Frauenkleider dazu.«
»Warum sollen aber Frauen und Kinder die Opfer sein?« warf Booth ein. »Männer kämpfen gegen Männer. Frauen und Kinder sind nicht die Feinde, die wir verderben müssen.«
»Es ist auch nur des Versuchs halber,« erklärte Atzerott. »Ueberdem thun wir noch ein gutes Werk damit, denn der Ernährer dieser Familie ist im Gefängniß, die Frau arbeitsunfähig; der Familie also geschieht eine Wohlthat, wenn man sie aus dem Elend, in dem sie lebt, befreit; wählen Sie also immerhin solche Kleider, wie ich sie verlange, und machen Sie sich weiter kein Gewissen daraus.« – –
Mr. Sanders verließ die drei Herren mit dem Ausdrucke der größten Zufriedenheit und dem Versprechen, eine Quantität der elegantesten Kleidungsstücke zu senden, sobald er die Nachricht habe, daß der von Atzerott angestellte Versuch geglückt sei.
Mr. Blackburn begab sich mit seinen beiden Gästen nach Leesburg zurück. Als sie an dem Hause vorüberfuhren, wo Booth und Atzerott bei ihrer Ankunft das schöne Mädchen gesehen hatten, grins'te Atzerott tückisch:
»Ich muß es herausbringen, und ist sie's, – ja, dann steht es bei mir, mir die Entdeckung bezahlen zu lassen, so hoch ich will.« –