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Nun war alles gesagt und getan und der Chevalier begab sich zu Venus, ihr seinen Morgengruß darzubieten. Er traf sie in einem entzückenden weißen Musselinkleide auf der Wiese lustwandelnd und den Schmuck für ihren kleinen Frühstückstisch zum Strauße pflückend. Wie ein mutwilliger Junge küßte er sie in den Nacken.
»Ich bin gerade unterwegs, Adolphe das Futter zu bringen,« sagte die Göttin und hob leicht an ihrem Arm einen mit Pfeffernüssen gefülltes Retikül. »Adolphe ist so süß,« sagte sie weiter, »weiß wie Milch bis auf die schwarzen Augen und die rosenfarbnen Nüstern und den scharlachroten Schweif.« Das Einhorn Adolphe bewohnte ein eigenes reizendes Palais aus grünem Blattwerk und goldnem Gitter, eine Behausung höchst passend für das entzückende weiße Geschöpf, das stolz und einsam, nur Venus als Kameraden kennend und anerkennend, in seinem kunstvollen Käfig spazierte. Als Venus und Tannhäuser an die Tür traten, bäumte sich Adolphe und kurbettierte, schlug den weichen Rasen mit seinen Elfenbeinhufen und stellte seinen Schweif wie eine Kirchenfahne. Venus schob den Riegel. »Du mußt draußen bleiben,« sagte Venus zum Chevalier, »Adolphe ist so eifersüchtig, aber du darfst vor dem Gitter zusehen; Adolphe hat gern Publikum.« Dann brach sie mit ihren köstlichen Fingern die würzigen Kuchen und reichte dem feurigen Liebling sein Frühstück. Das letzte Stückchen war verzehrt; Venus wischte die Hände und tat als ob sie nun, ohne sich weiter um Adolphe zu kümmern, den Käfig verlassen wollte. Sie spielte jeden Morgen diese kleine Komödie, und jeden Morgen erlag der verliebte Adolphe dem Betruge in Angst und Qual, es könnte dieser Tag wirklich der letzte sein, den Venus ihn liebe. Doch ließ sie ihn nicht lange in dieser Verzweiflung. Sie lief gerührt zurück zu ihm und tat verehrungswürdige Buße für ihren lieblosen Scherz.
Wie glücklich war der arme Adolphe, als es ihm nun verstattet war, die königlichen Brüste mit feinster Zungenspitze zu streicheln! Der intensive Geruchsinn zieht Tiere zweifellos stärker zu Frauen als zu Männern, und der herrliche Geruch der Frau, der betäubend unsere Nüstern füllt, muß von der rohen Kreatur in noch göttlicherer Fülle geschmeckt werden. Doch sei dies auch anders zu begründen, jedenfalls schnupperte Adolphe um die Röcke der Venus wie es kaum je ein Mann tat mit solchem raschen Effekte; denn alsbald legte sich das Einhorn auf eine Seite zu Boden und bot geschlossenen Auges der Göttin erregt seinen Bauch mit dem Zeichen seiner Mannheit. Venus aber griff das Gewaltige und drückte es zärtlich an ihre Wangen; ganz wenige Berührungen genügten, um die Wonne des Tieres auf den Gipfel zu bringen. Venus stützte ihren linken Arm auf den Ellenbogen und bewegte ganz entzückend den weichen Unterarm auf und ab an dem straff gespannten Instrumente Adolphe's. Da sprang der Strom der Melodie auch schon empor im Bogen und das Einhorn gab erstaunlichen Gesang dazu aus seiner Kehle. Tannhäuser war amüsiert über die strenge Etikette im Venusberg, die jeden Bewohner zwang, den Gesang Adolphe's abzuwarten, bevor es gestattet war, sich zum Frühstück zu setzen.
Adolphe war an diesem Morgen sehr verschwenderisch gewesen. Venus kniete hin, wo immer es zu Boden gefallen war, und leckte ihr kleines Apéritif auf.