Clemens Brentano
Gedichte
Clemens Brentano

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Phantasie

(Für Flöte, Klarinette, Waldhorn und Fagott)

Flöte
                        Stille Blumen,
In der Liebe Heiligtumen
Nicht entsprossen,
Welken nieder.
Süße Lieder,
Ohne Echo hingeflossen,
Kehren nimmer wieder.
 
Klarinette
Doch zeiget der Spiegel im Quelle,
So freundlich und helle,
Das eigne Gebild;
Wie's flüchtig in rastloser Schnelle
Sich eilend geselle,
Und Welle an Welle
Dem Leben entquillt.
 
Fagott
Wohnen nicht klar in mir
Des Geistes Gestalten;
Leben, so will ich Dir
Den Busen entfalten;
Wer den eignen Ton nicht hört,
Lausche, bis er wiederkehrt –
Widerschein
Blickt ins dunkle Herz herein.
 
Waldhorn
Des Vorhangs leises Beben
Erschreckt mich nicht,
Und kann ich nicht erstreben
Das eigne Licht:
So wandl' ich schön und stille
Ein Kind dahin:
Mich grüßt durch fromme Hülle
Ein heilger Sinn.
 
Alle
Es eilet jed' Leben die eigene Bahn;
Es schauet der Spiegel den Menschen nicht an;
Es küsset die Welle die Welle so gerne,
Und reißet vom Ganzen nicht Einer sich los;
Doch blüht einem jeden das Ganze im Schoß,
Und tief durch den Schleier, da weht es von ferne.
 
Flöte
Helle Sterne
Blinken aus der weiten Ferne
Fremdes Licht –
Und die Tränen,
Die sich nach dem Freunde sehnen,
Siehst Du nicht.
 
Waldhorn
Es wandelt voll Liebe im Leben
Die Sonn und das Mondlicht herauf;
Doch, wenn wir das eigne nicht geben,
Schließt nimmer der Schatz sich uns auf.
 
Fagott
Was wir suchen, ach, das wohnet,
Unerkannt
Uns im Herzen, unbelohnet;
Und die Hand
Haschet stets nach äußerm Schimmer.
Was wir nicht umfassen,
Das müssen wir lassen;
Denn wir fassen's sicher nimmer.
 
Klarinette
Die ganze Welt
Umwölbet ein Zelt,
Über jeglicher Pforte
Stehn goldne Worte.
Das Aug der Sonne glühet
Zur Blume, die aufsteht,
Den heißen Gruß;
Auf Mondeslippen blühet
Der Blume, die heimgeht,
Der stille Kuß.
Und wer mit beiden
Nicht kindlich spricht,
Dem leuchtet kein Licht,
Der findet den Ein- und den Ausgang nicht,
Der kann nicht kommen, nicht scheiden.
 
Alle
Und wer sich mit Liebe nicht selber umarmt,
Für den ist das Leben zum Bettler verarmt.
In eigenem Busen muß alles erklingen,
Und daß der Sinn leicht finden es kann,
Hat's viele buntfarbige Kleider an,
Und Hülle und Geist sich zum Leben verschlingen.

 


 


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