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»Du kannst nicht mit! Hör' an, ich bitt',
Hör' an und laß es seyn. Was ist der Wald für Aufenthalt Für Dich, du Mädchen fein! In Frost und Schnee, in Durst und Weh, In Hunger, Furcht und Schmerz; Nein, Mädchen, nein! es kann nicht seyn, Bleib' hier und still' dein Herz. Was wird die Stadt, die Zungen hat, So scharf wie Spieß und Schwert, Für bittre Schmach dir reden nach Wenn sie die Flucht erfährt?« |
Das nußbraune Mädchen (nach Herder's Bearbeitung.) |
Der noch übrige Tag ward ein sehr melancholischer, obgleich es nicht an lebhafter Thätigkeit fehlte. Die Soldaten, welche vor Kurzem beschäftigt gewesen, ihre Opfer zu beerdigen, hatten jetzt die Aufgabe, ihre eigenen Todten zu bestatten. Die Scene des Morgens hatte einen trüben Eindruck bei all' den Gentlemen der Truppe zurückgelassen; und die Uebrigen empfanden den Einfluß einer ähnlichen Stimmung in verschiedener Weise, und in Folge verschiedener Ursachen. Stunde um Stunde schleppte sich hin bis der Abend anbrach, und dann kamen die letzten traurigen Pflichten zu Ehren der armen Hetty Hutter. Ihr Leichnam ward in den See versenkt, neben dem der Mutter, die sie so geliebt und geehrt hatte; und der Wundarzt, obwohl in der That ein völliger Ungläubiger, bequemte sich so weit dem hergebrachten Anstand und Brauch, daß er über ihrem Grabe das Leichengebet las, wie er früher schon über dem Grabe der andern gefallenen Christen gethan hatte. Es war gleichgültig, – das allsehende Auge, das in den Herzen liest, wußte dennoch wohl zu unterscheiden zwischen den Lebendigen und den Todten, und die sanfte Seele des unglücklichen Mädchens war schon weit erhaben und entrückt über die Irrthümer oder Täuschungen irgend eines menschlichen Rituals. Es fehlte jedoch diesen einfachen Bräuchen nicht ganz an geziemender Begleitung und Zuthat. Die Thränen Judiths und Hists flossen ungehemmt, und Wildtödter starrte in das klare Wasser, das jetzt über Einer wogte, deren Geist noch reiner sogar war, als seine eignen Gebirgsquellen, mit glänzenden Augen. Selbst der Delaware wandte sich ab, seine Rührung zu verbergen, während die gemeinen Soldaten der Ceremonie mit staunenden Augen und ernsteren Empfindungen zusahen.
Mit dieser frommen Pflichterfüllung schloß sich das Geschäft des Tages. Auf Befehl des kommandirenden Officiers begaben sich Alle früh zur Ruhe, denn es war der Plan, mit Tagesanbruch den Rückmarsch wieder anzutreten. Eine Abtheilung, welche die Verwundeten, die Gefangnen und die Trophäen mit sich führte, hatte wirklich schon im Laufe des Tags, unter Hurrys Führung, das Castell verlassen, mit der Absicht, in kürzern Märschen das Fort zu erreichen. Sie war auf dem oft erwähnten Vorsprung, den wir auf den ersten Blättern beschrieben haben, ans Land gesetzt worden; und als die Sonne unterging, lagerte sie schon auf der Höhe der langhingestreckten, unterbrochnen, unebnen Hügel, die gegen das Thal des Mohawk hin abfielen. Der Abmarsch dieser Abtheilung hatte die Pflichten des folgenden Tages sehr vereinfacht, indem er den Marsch um das Gepäck und die Verwundeten erleichterte, und überhaupt dem Befehlshaber größere Freiheit in seinen Bewegungen ließ.
Judith sprach nach dem Tode ihrer Schwester mit Niemand als mit Hist, bis sie sich für diese Nacht zur Ruhe begab. Man hatte ihren Kummer geachtet, und die beiden Mädchen mit dem Leichnam, bis auf den letzten Augenblick, ungestört allein gelassen. Das Rasseln der Trommeln unterbrach die Stille dieses friedlichen Wassers, und man vernahm sobald nach dem Schluß der Ceremonie das Echo des Zapfenstreichs in den Bergen, daß man keine Störung zu besorgen hatte. Der Stern, welcher Hists Führer gewesen war, stieg über einer so stillen Scene auf, als ob die Ruhe der Natur nie durch das Treiben oder die Leidenschaften der Menschen wäre gestört worden. Eine einfache Schildwache, zu Zeiten abgelöst, schritt die Nacht über auf der Plattform hin und her; und der Morgen ward, wie gewöhnlich, durch das kriegerische Schlagen der Reveille eingeleitet.
Militärische Genauigkeit war jetzt an die Stelle des unsteten, fahrigen Treibens der Grenzmänner getreten, und als ein hastiges und frugales Frühstück eingenommen war, begann die Truppe nach der Küste aufzubrechen mit einer Regelmäßigkeit und Ordnung, welche weder Lärm noch Verwirrung aufkommen ließ. Von allen Officieren blieb nur Warley. Craig führte die vorangegangne Abtheilung; Thornton war bei den Verwundeten, und Graham hatte natürlich seine Kranken begleitet. Auch Hutter's Schrank, nebst allen seinen werthvolleren Habseligkeiten, war weggebracht worden, und Nichts zurückgeblieben, was sich der Mühe des Transports verlohnte. Judith war froh, zu bemerken, daß der Capitän ihre Gefühle achtete, und sich ganz mit den Pflichten seines Commando's beschäftigte, während er sie ihren Empfindungen und ihrer eignen Einsicht und Klugheit überließ. Es war die allgemeine Voraussetzung, daß der Platz ganz verlassen werden solle; aber außer diesem wurden keine Aufklärungen weder verlangt noch gegeben.
Die Soldaten schifften sich auf der Arche ein, ihren Capitän an ihrer Spitze. Er hatte Judith befragt, in welcher Weise sie zu reisen wünschte, und als er ihren Wunsch vernahm, mit Hist bis zum letzten Augenblick zu bleiben, belästigte er sie weder mit Bitten, noch verletzte er sie durch Ertheilung von Rath. Es war nur Ein sichrer und bekannter Weg an den Mohawk; und dort zweifelte er nicht, daß sie sich zur geeigneten Stunde in guter Freundschaft, wo nicht in erneuertem vertrauterem Verkehr wieder begegnen würden.
Als Alle an Bord waren, wurden die Ruder besetzt, und die Arche bewegte sich in ihrer schwerfälligen Weise dem fernen Landvorsprung zu. Wildtödter und Chingachgook zogen jetzt zwei der Canoe's aus dem Wasser und brachten sie in das Castell. Thüren und Fenster wurden dann verriegelt, und das Haus wurde mittelst der Fallthüre auf die schon beschriebene Weise verlassen. Beim Verlassen der Palisaden sah man Hist in dem übrigen Canoe, wo der Delaware alsbald sich zu ihr gesellte und fortruderte, so daß Judith allein auf der Plattform stehen blieb. In Folge dieser raschen Bewegungen fand sich Wildtödter allein mit der schönen, und noch immer weinenden Leidtragenden. Zu unbefangen, um irgend einen Verdacht zu hegen, ruderte der junge Mann sein leichtes Boot herum, und nahm darin seine Herrin auf, worauf er dieselbe Richtung wie sein Freund einschlug.
Die Fahrt nach dem Vorsprung führte schräg, und zwar in nicht großer Entfernung an den Gräbern der Todten vorbei. Als das Canoe dort vorüber glitt, redete Judith, zum ersten Mal diesen Morgen, mit ihrem Begleiter. Sie sprach nur Wenig, – sie that nur die einfache Bitte an ihn, ein paar Minuten zu halten, ehe er die Stelle verließe.
»Ich sehe diesen Platz vielleicht nie wieder, Wildtödter,« sagte sie, »und er enthält die Leichen meiner Mutter und meiner Schwester! Ist es nicht möglich, was meint Ihr, daß die Unschuld des Einen dieser beiden Wesen in den Augen Gottes für das Heil Beider gutspreche?«
»Ich verstehe es nicht so, Judith; aber ich bin kein Missionär und nur dürftig unterrichtet. Jeder Geist steht ein für seine eignen Fehltritte; obwohl eine herzliche Reue Gottes Gesetzen genügen kann.«
»Dann muß meine arme, arme Mutter im Himmel seyn! – Bitter – bitter hat sie ihre Sünden bereut; und gewiß, es sollten ihre Leiden in diesem Leben Etwas von ihren Leiden im andern abziehen!«
»Alles das geht über meine Einsicht, Judith, – Ich bestrebe mich, hier recht zu handeln, als das sicherste Mittel, im künftigen Leben Alles recht und tröstlich zu finden. Hetty war ein ungewöhnliches Wesen, wie Alle gestehen müssen, die sie kannten, und ihre Seele war in der Stunde, wo sie ihren Körper verließ, so geeignet mit Engeln zu verkehren, als die irgend eines Heiligen in der Bibel!«
»Ich glaube, Ihr laßt ihr nur Gerechtigkeit widerfahren! – Ach! ach ! daß es so große Unterschiede geben soll zwischen Solchen, die an derselben Brust genährt wurden, in demselben Bett schliefen, unter demselben Dache wohnten! Doch lassen wir das – führt das Canoe etwas weiter östlich, Wildtödter; die Sonne blendet meine Augen so, daß ich die Gräber nicht sehen kann. Das ist Hetty, zur rechten Seite meiner Mutter?«
»Gewiß – Ihr verlangtet das von uns; und Alle freuen sich, Eure Wünsche zu erfüllen, Judith, wenn Ihr wünscht was recht ist.«
Das Mädchen starrte ihn beinahe eine Minute in schweigender Aufmerksamkeit an, dann wandte sie ihre Augen rückwärts nach dem Castell.
»Dieser See wird bald ganz verlassen seyn,« sagte sie – »und das in einem Zeitpunkt, wo er ein sichrerer Aufenthaltsort seyn wird als je. Was ganz kürzlich vorgefallen ist, wird die Irokesen auf lange Zeit hinaus von einem neuen Besuch abschrecken!«
»Das wird es! – ja, das kann man als ausgemachte Sache behaupten. Ich gedenke nicht wieder des Weges zu kommen, so lange der Krieg dauert; denn nach meiner Meinung wird kein Huronen-Moccasin seine Spuren den Blättern dieses Waldes mehr eindrücken, bis ihre Ueberlieferungen vergessen haben, ihren jungen Männern von ihrer Schande und Vernichtung zu erzählen.«
»Und habt Ihr eine solche Freude an Gewaltthat und Blutvergießen? Ich hatte besser von Euch gedacht, Wildtödter – hatte Euch für einen Mann gehalten, der sein Glück finden könnte in einer ruhigen, heimlichen Häuslichkeit, mit einem ergebenen, liebenden Weib, das bereit wäre, auf alle Eure Wünsche zu achten, und gesunden, pflichtmäßigen Kindern, bestrebt in Eure Fußtapfen zu treten, und so redlich und gerecht wie Ihr selbst.«
»Herr Gott, Judith, was für eine Zunge wißt Ihr zu führen! Sprache und Schönheit gehen Hand in Hand, gleichsam; und was die eine nicht kann, das leistet desto gewisser die andere! Ein solches Mädchen könnte in einem Monat den mannhaftesten Krieger in der Colonie verderben!«
»Und irre ich mich denn so sehr? Liebt Ihr wirklich den Krieg mehr, Wildtödter, als den häuslichen Heerd und die zärtlichen Gefühle?«
»Ich verstehe Eure Meinung, Mädchen – ja, ich verstehe, glaube ich, was Ihr meint, obwohl Ihr mich, so denke ich, nicht ganz versteht. Einen Krieger darf ich mich jetzt nennen, denke ich, denn ich habe gekämpft nicht nur, sondern auch gesiegt, und das ist genug, um diesen Namen zu führen; auch will ich nicht läugnen, daß ich eine Neigung für den Beruf habe, der männlich sowohl als ehrenvoll ist, wenn man ihn übt nach natürlichen Gaben; aber ich habe kein Verlangen nach Blut. Indeß, Jugend ist Jugend, und ein Mingo ist ein Mingo. Wenn die jungen Männer dieser Gegend müssig ständen, und die Vagabunden das Land überschwemmen ließen, ha! so könnten wir eben so gut Alle auf einmal Franzmänner werden, und Land und Leute preisgeben. Ich bin kein Feueresser, Judith, oder Einer, der den Kampf um des Kampfs willen liebt; aber ich kann keinen großen Unterschied sehen zwischen dem, daß man das Land abtritt vor einem Krieg, aus Furcht vor einem Krieg, und dem, daß man es abtritt, nach einem Krieg, weil man nicht anders kann – wenn nicht der, daß letzteres das Mannhaftere und Ehrenhaftere ist.«
»Kein Weib würde je wünschen, zu sehen, daß ihr Gatte oder Bruder ruhig hinstände und sich Schimpf und Hohn gefallen ließe, Wildtödter, wie sehr sie auch darüber trauerte, wenn er in die Gefahren der Schlacht sich stürzte. Aber Ihr habt schon genug gethan, diese Gegend von den Huronen zu säubern; denn Euch vornämlich verdankt man den Ruhm unsers letzten Sieges. Jetzt hört mich geduldig an, und antwortet mir mit der angeborenen Redlichkeit, welche bei Einem von Eurem Geschlecht zu sehen eben so erfreulich als selten ist.«
Judith hielt inne; denn jetzt, wo sie gerade auf dem Punkte stand, sich zu erklären, behauptete natürliche Sittsamkeit ihre Macht, trotz der ermuthigenden Zuversicht, welche die große Unbefangenheit und Treuherzigkeit von ihres Gesellschafters Charakter ihr einflößte. Ihre Wangen, die erst noch so bleich gewesen, flammten, und ihre Augen leuchteten fast wieder mit ihrem frühern Glanze. Ihre Gemüthsbewegung gab ihrem Angesicht Ausdruck und ihrer Stimme Weichheit, und machte sie, die immer so schön war, dreifach einnehmend und verführerisch.
»Wildtödter,« begann sie wieder nach einer ansehnlichen Pause, »dieß ist nicht ein Augenblick für Verstellung, Täuschung oder Unoffenherzigkeit irgend einer Art. Hier, über meiner Mutter Grab, und über dem Grabe der wahrheitsliebenden, wahrheitredenden Hetty scheint alles versteckte, unredliche Verfahren nicht am Platze. Ich will daher ohne Zurückhaltung, und ohne alle Furcht, mißverstanden zu werden, zu Euch sprechen. Ihr seyd mir nicht ein Bekannter von einer Woche her, sondern es ist mir, als kennte ich Euch seit Jahren. So Viel, und so viel Wichtiges ist in dieser kurzen Zeit vorgefallen, daß die Bekümmernisse und Gefahren und Rettungen eines ganzen Lebens in wenige Tage sich zusammengedrängt haben; und die miteinander bei solchen Scenen gelitten und gehandelt haben, dürfen sich nicht als einander fremd fühlen. Ich weiß, daß, was ich zu sagen im Begriff bin, von den meisten Männern mißverstanden werden würde; aber von Euch hoffe ich eine großmüthige Auslegung meiner Handlungsweise. Wir befinden uns hier nicht inmitten der Künste und Täuschungen der Ansiedlungen, sondern wir sind junge Leute, welche keine Gelegenheit haben, einander in irgend einer Weise oder Form zu betrügen. Ich hoffe, ich rede verständlich.«
»Gewiß, Judith; Wenige konversiren besser als Ihr, und wohl Keine angenehmer. Eure Worte sind so gefällig wie Euer Aussehen.«
»Die Art und Weise, wie Ihr dieß Aussehen so oft gerühmt habt, ist es, was mir Muth gibt fortzufahren. Dennoch, Wildtödter, ist es nichts Leichtes für Eine von meinem Geschlecht und meinen Jahren, alle Lehren ihrer Kindheit, all' ihre Angewöhnungen und ihre natürliche Schüchternheit zu vergessen, und offen herauszusagen, was ihr Herz fühlt!«
»Warum nicht, Judith? Warum sollten nicht Frauen so gut wie ein Mann offen und redlich mit ihren Mitmenschen verkehren? Ich sehe keinen Grund, warum Ihr nicht so geradeheraus sprechen solltet, wie ich, wenn Ihr Etwas wirklich Wichtiges zu sagen habt.«
Die unüberwindliche Bescheidenheit, welche den jungen Mann noch immer die Wahrheit nicht ahnen ließ, würde das Mädchen ganz entmuthigt haben, wäre nicht ihre Seele, wie ihr ganzes Herz entschlossen und begierig gewesen, einen verzweifelten Versuch zu wagen, um sich vor einer Zukunft zu retten, welche sie mit einem Abscheu fürchtete, der nicht minder lebhaft war, als die deutliche Sicherheit, womit sie dieselbe vorherzusehen wähnte. Dieser Beweggrund nun erhob sie über alle gewöhnlichen Rücksichten, und sie blieb bei ihrem Vorhaben, zu ihrem eigenen Erstaunen, wo nicht zu ihrer großen Beschämung.
»Ich will – ich muß so offen mit Euch sprechen, wie ich es mit der armen, lieben Hetty thäte, wäre das süße Kind noch am Leben,« fuhr sie fort, und wurde blaß, statt roth. Denn die kühne Entschlossenheit, von der sie getrieben wurde, hielt die sichtbare Wirkung, welche ein solcher Schritt in der Regel bei Einer ihres Geschlechts hätte hervorbringen müssen, zurück, »ja, ich will alle anderen Gefühle in dem Einen ersticken, das jetzt das mächtigste in mir ist. Ihr liebt die Wälder und das Leben, das wir hier in der Wildniß führen, fern von den Wohnungen und Städten der Weißen?«
»Wie ich meine Eltern liebte, Judith, als sie noch lebten! Dieser Platz wäre mir wie die ganze Schöpfung, wäre nur einmal dieser Krieg ordentlich vorüber, und hielten sich die Ansiedler entfernt!«
»Warum dann ihn verlassen? Er hat keinen Eigentümer – wenigstens keinen, der ein besseres Recht als das meinige geltend machen kann, und das trete ich Euch freiwillig ab. Wäre es ein Königreich, Wildtödter, ich glaube, ich würde mit Freuden dasselbe sagen. Laßt uns dann dahin zurückkehren, nachdem wir erst den Priester im Fort aufgesucht haben, und ihn nie wieder verlassen, bis Gott uns abruft in jene Welt, wo wir die Geister meiner armen Mutter und Schwester finden werden.«
Eine lange nachdenkliche Pause trat nun ein; Judith hatte sich das Gesicht mit beiden Händen bedeckt, nachdem sie sich gezwungen, einen so offenen Antrag auszusprechen, und Wildtödter sann eben so bekümmert als erstaunt nach über die Meinung der Sprache, die er so eben gehört. Endlich brach der Jäger das Schweigen, und sprach in einem Tone, der bis zur Zartheit gedämpft war durch seinen Wunsch nicht zu beleidigen.
»Ihr habt das nicht wohl bedacht, Judith,« sagte er – »nein, Eure Gefühle sind aufgeregt durch Alles was sich jüngst zugetragen, und weil Ihr Euch ohne Verwandte und Freunde in der Welt glaubt, seyd Ihr allzu hastig, Jemand zu finden, der die Stellen der Verlorenen ausfülle.«
»Lebte ich in einem ganzen Schwarm von Freunden und Verwandten, Wildtödter, ich würde dennoch denken wie ich jetzt denke – sagen was ich jetzt sage,« erwiederte Judith, die noch immer mit den Händen ihr liebliches Angesicht verhüllte.
»Dank Euch, Mädchen, Dank Euch von Grund meines Herzens. Indessen ich bin nicht der Mann, der den Vortheil eines schwachen Augenblicks benützen sollte, wo Ihr Eure eigenen großen Vorteile vergeßt, und meint, die Erde mit Allem, was sie enthält, sey in diesem kleinen Canoe. Nein – nein – Judith, es wäre ungroßmüthig von mir; was Ihr mir angeboten habt, kann nie in Erfüllung gehen!«
»Es kann wohl, und das ohne daß Eines Ursache zur Reue hätte,« versetzte Judith mit einer Heftigkeit des Gefühls und Benehmens, die sie auf einmal die Hände von den Augen wegziehen machte. » Wir können die Soldaten veranlassen, unsere Habseligkeiten auf dem Weg zurückzulassen, bis wir zurückkehren, wo wir sie dann leicht in's Haus schaffen können; der See wird nicht mehr vom Feind heimgesucht werden, während dieses Krieges wenigstens; alle Eure Häute könnt Ihr leicht bei der Garnison verkaufen. Dort könnt Ihr die wenigen uns nothwendigen Lebensbedürfnisse einkaufen, denn ich wünsche jenen Ort nie wieder zu betreten; und, Wildtödter,« fuhr das Mädchen fort, und lächelte mit einer Holdseligkeit und Natürlichkeit, daß es dem jungen Mann schwer wurde, ihr zu widerstehen, – »zum Beweis, wie gänzlich ich die Eurige bin und zu seyn wünsche, wie gänzlich ich wünsche, Nichts zu seyn als Euer Weib, soll gleich das erste Feuer, das wir nach unsrer Rückkehr aufmachen, angezündet werden mit dem Brokatkleid, und unterhalten werden mit allen Sachen, die ich besitze, und die Ihr für das Weib, mit dem Ihr zu leben wünscht, nicht passend findet!«
»Ach, weh! – Ihr seyd ein einnehmendes und liebliches Geschöpf, Judith; ja, das Alles seyd Ihr, und Niemand kann das läugnen, der Wahrheit unbeschadet. Diese Bilder sind den Gedanken gefällig, aber sie möchten nicht so glücklich ausfallen, als Ihr jetzt meint. Vergeßt daher Alles, und laßt uns Schlange und Hist nachrudern, als ob von der Sache gar nicht die Rede gewesen wäre.«
Judith war tief gekränkt, und was Mehr ist, tief betrübt. Es lag eine Ruhe und Festigkeit in Wildtödters Benehmen, welche ihre Hoffnungen gänzlich erstickte, und ihr zeigte, daß dießmal ihre außerordentliche Schönheit doch verfehlt hatte, die Bewunderung und Huldigung zu erwecken, die ihr sonst immer entgegenkamen. Man sagt, Frauen vergeben denen selten, die ihr Entgegenkommen mißachten; aber dieß hochsinnige und heftige Mädchen hegte nie, weder damals noch später, auch nur einen Schatten von Erbitterung gegen den offenen und freimüthigen Jäger. Im Augenblick war das vorwiegende Gefühl der Wunsch, sich zu vergewissern, ob kein Mißverständniß obwalte. Nach einer weitern, peinlichen Pause brachte sie daher die Sache zu einem Ende durch eine Frage, die zu einfach war, um eine Mißdeutung zuzulassen.
»Gott verhüte, daß wir uns für's spätere Leben Reue bereiten durch einen Mangel an Offenheit jetzt,« sagte sie. »Ich hoffe, wir verstehen einander wenigstens. Ihr wollt mich nicht zum Weib nehmen, Wildtödter?«
»Es ist besser für Beide, wenn ich Eure unüberlegte Hast mir nicht zu Nutze mache, Judith. Wir können uns nimmermehr heirathen.«
»Ihr liebt mich nicht, – Euer Herz ist vielleicht nicht im Stande mich zu achten, Wildtödter!«
»Alles und Jedes in guter Freundschaft, Judith – Alles, meine Dienste und mein Leben selbst. Ja, ich wollte so Viel für Euch wagen, in diesem Augenblick, als für Hist selbst; und das ist so Viel gesagt, als ich nur zu Gunsten einer Tochter des Weibes sagen kann. Ich glaube, ich fühle mich gegen Keine von Beiden so gesinnt – merkt es, Judith, ich sage Keine! – als möchte ich Vater und Mutter verlassen – wenn Vater und Mutter noch lebten, was jedoch nicht der Fall ist – oder wenn Beide noch lebten, so fühle ich mich gegen kein Weib so gesinnt, daß ich Jene verlassen möchte, um ihr anzuhängen.«
»Das ist genug,« antwortete Judith mit beschämter und erstickter Stimme. »Ich verstehe ganz, was Ihr meint. Heirathen könnt Ihr nicht ohne Liebe; und diese Liebe fühlt Ihr für mich nicht. Antwortet nicht, wenn ich Recht habe, denn ich verstehe Euer Schweigen. Dieß schon für sich wird peinlich genug seyn.«
Wildtödter gehorchte und antwortete nicht. Länger als eine Minute hielt das Mädchen ihre glänzenden Augen auf ihn geheftet, als wollte sie in seiner Seele lesen; während er im Wasser spielend da saß, wie ein gestrafter Schulknabe. Dann senkte Judith selbst ihre Ruderschaufel in's Wasser, und trieb das Canoe von der Stelle weg, mit einer so widerstrebenden Bewegung, als die Gefühle, welche sie dazu veranlaßten. Wildtödter jedoch unterstützte ruhig ihre Anstrengung und bald waren sie auf der spurlosen Bahn, die der Delaware eingeschlagen.
Auf der Fahrt nach dem Vorsprung ward kein Wort mehr zwischen Wildtödter und seiner schönen Begleiterin gewechselt. Da Judith im Vordertheil des Canoe's saß, wandte sie ihm den Rücken zu, sonst hätte vermuthlich der Ausdruck ihres Gesichts ihn veranlaßt, einige begütigende, tröstende Worte der Freundschaft und Achtung gegen sie zu wagen. Was man kaum hatte erwarten sollen – sie empfand noch immer keine Bitterkeit gegen ihn, obwohl ihre Farbe häufig von der flammenden Röthe der kränkenden Beschämung zur Blässe der getäuschten Erwartung überging. Kummer, tiefer herzinniger Kummer jedoch war das vorwaltende Gefühl, und dieser verrieth sich auch in einer nicht zu mißdeutenden Weise.
Da Keines von Beiden sich sehr anstrengte mit Rudern, war die Arche schon angekommen und die Mannschaft ausgeschifft; ehe das Canoe mit den zwei Nachzüglern den Vorsprung erreichte. Chingachgook war ihr vorgekommen und befand sich schon in einiger Entfernung waldeinwärts auf einer Stelle, wo die beiden Pfade, der nach der Garnison und der zu den Dörfern der Delawaren führende, sich trennten. Auch die Soldaten hatten sich schon in Marschlinie gestellt, nachdem sie zuvor die Arche hatten wegtreiben lassen, gänzlich gleichgültig gegen ihr Schicksal. Alles das sah Judith, aber sie beachtete es nicht. Der Glimmerglas hatte keine Reize mehr für sie; und als sie den Fuß an's Land gesetzt, schlug sie sogleich den Pfad der Soldaten ein, ohne einen einzigen Blick hinter sich zu werfen. Selbst an Hist ging sie vorbei, ohne von ihr Kunde zu nehmen; und dieß bescheidene junge Geschöpf scheute vor Judiths abgewandtem Gesicht zurück, wie wenn sie selbst eines Unrechts sich schuldig wüßte.
»Wartet Ihr hier, Schlange,« sagte Wildtödter, der dem Schatten der niedergeschlagenen Schönheit folgte, als er an seinem Freund vorbeikam. Ich will nur Judith zu ihrer Gesellschaft geleiten, und dann Euch wieder treffen.«
Hundert Schritte hatten das Paar dem Auge sowohl der Voranziehenden als der Nachkommenden entzogen, als Judith sich umwandte und sprach.
»Das wird genügen, Wildtödter,« sagte sie traurig. »Ich verstehe Eure Güte und Freundlichkeit, werde ihrer aber nicht bedürfen. In wenigen Minuten werde ich die Soldaten erreichen. Da Ihr nicht mit mir die Reise des Lebens antreten wollt, wünsche ich nicht, daß Ihr mich auf dieser weiter begleitet. Doch halt! ehe wir scheiden, möchte ich Euch noch Eine Frage vorlegen. Und ich verlange von Euch, wie Ihr Gott fürchtet und die Wahrheit ehrt, daß Ihr mich mit Eurer Antwort nicht täuschet. Ich weiß, Ihr liebt keine Andere: und ich sehe nur Einen Grund ab, warum Ihr mich nicht lieben könnt, nicht lieben wollt. Sagt mir den, Wildtödter,« das Mädchen stockte, und die Worte, die sie im Begriff war zu sagen, schienen sie ersticken zu wollen. Dann all ihre Entschlossenheit aufbietend, fuhr sie mit einem Angesicht, in welchem flammende Röthe und Blässe mit jedem Athemzuge wechselten, fort: »sagt mir denn, Wildtödter, ob nicht vielleicht etwas Leichtfertiges, was Henry March von mir gesagt, Einfluß auf Eure Gefühle gehabt haben mag?«
Die Wahrheit war Wildtödters Polarstern, den er immer im Auge behielt; und es war ihm beinahe unmöglich, das Aussprechen derselben zu vermeiden, selbst wenn die Klugheit Schweigen gebot. Judith las seine Antwort in seinem Angesicht; und mit einem Herzen, das beinahe brach durch das Bewußtseyn unverdienten Unrechts, winkte sie ihm ein Lebewohl zu, und begrub sich in den Wäldern. Einige Zeit war Wildtödter unschlüssig, was er thun solle, am Ende aber wandte er seine Schritte rückwärts, und schloß sich an die Delawaren wieder an. In dieser Nacht kampirten die drei an den obern Wassern ihres Stromes, und am folgenden Abend langten sie in dem Dorfe des Stammes an; Chingachgook und seine Verlobte im Triumph, ihr Begleiter geehrt und bewundert, aber mit einem Kummer, welchen zu vertilgen es Monate der rüstigsten Thätigkeit brauchte.
Der Krieg, der damals begonnen, war heftig und blutig. Der Delawarenhäuptling stieg in seinem Volke so hoch empor, daß sein Name nie ohne Lob und Ruhm genannt wurde; während ein neuer Unkas, der letzte seines Stammes, der langen Linie von Kriegern sich anschloß, welche diesen ausgezeichneten Namen trugen. Wildtödter seinerseits, unter dem sobriquet »Falkenauge,« machte seinen Ruf weit und breit bekannt, bis das Krachen seiner Büchse den Ohren der Mingo's so furchtbar wurde, wie die Donner Manitou's. Seine Dienste wurden bald von den Officieren der Armee in Anspruch genommen und er schloß sich im Feld insbesondere an Einen an, mit dessen späterem Leben er in einem engen und wichtigen Verhältnis stand.
Fünfzehn Jahre waren verstrichen, ehe Wildtödter wieder Gelegenheit fand, den Glimmerglas zu besuchen. Friede hatte inzwischen geherrscht, und es war am Vorabend eines neuen, noch wichtigeren Krieges, als er und sein beständiger Freund Chingachgook nach den Forts eilten, um sich ihren Verbündeten anzuschließen. Ein junges Bürschchen begleitete sie, denn Hist schlummerte schon unter den Fichten der Delawaren, und die drei Ueberlebenden waren jetzt unzertrennlich geworden. Sie erreichten den See gerade als die Sonne unterging. Hier war Alles unverändert, der Fluß rauschte noch durch sein Gewölbe von Bäumen dahin; der kleine Fels verwitterte allmählig unter dem langsam wirkenden Einfluß des Wassers, das ihn seit Jahrhunderten bespülte; die Berge standen in ihrem natürlichen dunkeln, reichen und geheimnißvollen Gewande da, während der See in seiner Einsamkeit schimmerte, ein schöner Edelstein des Waldes.
Am folgenden Morgen entdeckte der Jüngling eines von den Canoe's, das an's Ufer getrieben und im Zustand des Verfalls war. Einige Arbeit stellte es in dienstfähigen Stand her, und Alle schifften sich ein, um den Platz in Augenschein zu nehmen. An allen Vorsprüngen fuhren sie vorbei, und Chingachgook bezeichnete seinem Sohn die Stelle, wo die Huronen zuerst sich gelagert hatten, und den Punkt, von wo es Ihm gelungen war, seine Braut wieder zu entführen. Hier landeten sie auch; aber alle Spuren des frühern Besuchs waren verschwunden. Sodann begaben sie sich nach dem Schauplatz der Schlacht, und hier fanden sie einige der Spuren, welche längere Zeit an solchen Lokalitäten zu treffen sind. Wilde Thiere hatten viele Leichname ausgewühlt, und Menschenknochen bleichten in den Sommerregen. Unkas betrachtete sich Alles mit Ehrfurcht und Rührung, obwohl schon die Ueberlieferungen seinen jungen Geist mit dem Ehrgeiz und Trotz des Kriegers aufregend erfüllten.
Von dem Vorsprung aus nahm das Canoe seinen Weg nach der Sandbank, wo die Ueberreste des Castells noch sichtbar waren, eine malerische Ruine. Die Winterstürme hatten längst das Haus seines Daches beraubt, und Fäulniß hatte die Stämme angefressen. Alle Bande und Riegel waren unversehrt, aber die Jahreszeiten trieben ihr Spiel in dem Hause, des Versuchs, sie auszuschließen, gleichsam spottend. Die Palisaden verfaulten, wie auch die Pfeiler; und es war augenscheinlich, daß noch ein paar Winter, noch einige Stürme und Gewitter Alles in den See fegen und das Gebäude von der Oberfläche dieser prächtigen Einsamkeit wegwischen würden. Die Gräber waren nicht zu finden. Entweder hatten die Elemente ihre Spuren verwischt, oder hatten die Suchenden die genauere Lage derselben in der langen Zeit vergessen.
Die Arche ward entdeckt, gestrandet an der östlichen Küste, wohin sie längst von den vorherrschenden Nordwestwinden getrieben war. Sie lag auf dem sandigen Endpunkte eines langen, niedern Landvorsprungs, etwa zwei Meilen von der Ausströmung gelegen, der selbst durch die Wirkung der Elemente rasch verschwindet. Die Fähre war mit Wasser angefüllt, die Kajüte ohne Dach, und das Holz in Verfall. Einiges von dem roheren Geräthe war noch vorhanden, und Wildtödters Herz pochte höher, als er ein Band Judiths an einem Holzblock flattern sah. Es erinnerte ihn an alle ihre Schönheit, und, dürfen wir hinzusetzen, an alle ihre Fehler. Obwohl das Mädchen sein Herz nie eigentlich gerührt hatte, war doch dem Falkenauge, denn so müssen wir ihn jetzt nennen, ein aufrichtiges und inniges Interesse an ihrem Schicksal geblieben. Er riß das Band weg und machte daraus eine Schleife am Schaft seiner Büchse, Killdeer, welche ihm das Mädchen selbst geschenkt hatte.
Einige Meilen weiter aufwärts am See entdeckten sie ein weiteres Canoe; und auf dem Ausläufer, wo die Gesellschaft am Ende landete, fand man die hier an der Küste zurückgelassenen. Das, in welchem die gegenwärtige Fahrt gemacht wurde, und das an der östlichen Küste gefundene waren durch den zerstörten Boden des Castells durchgebrochen, waren an den zusammenfallenden Palisaden vorbei getrieben und als herrenlose Sachen an den Strand geworfen worden.
Aus allen diesen Anzeichen wurde wahrscheinlich, daß der See seit den Vorfällen der letzten Scene unsrer Erzählung nicht mehr besucht worden war. Zufall oder Ueberlieferung hatten ihn wieder zu einem der Natur geheiligten Platz gemacht, und die häufigen Kriege und die schwache Bevölkerung der Colonieen beschränkten noch die Ansiedlungen auf enge Grenzen. Chingachgook und sein Freund verließen den Platz mit schwermüthigen Gefühlen. Es war die Gegend ihres ersten Kriegspfades gewesen, und rief den Seelen Beider das Bild zärtlicher rührender Scenen und Stunden des Triumphes zurück. Sie setzten jedoch schweigend ihren Weg nach dem Mohawk fort, um sich in neue Abenteuer zu stürzen, so merkwürdig und aufregend, wie diejenigen, welche den Anfang ihrer Laufbahn an diesem lieblichen See begleitet hatten.
Zeit und Umstände haben einen undurchdringlichen Schleier über Alles geworfen, was mit dem Schicksal der Familie Hutter zusammenhängt. Sie lebten, irrten, starben und sind vergessen. Keine der mit ihnen in Berührung Gekommenen haben so viel Antheil an den mit Unehre Bezeichneten genommen, um den Schleier zu lüften, und ein Jahrhundert verwischt bald das Gedächtniß selbst ihrer Namen. Die Geschichte des Verbrechens ist immer empörend, und es ist ein Glück, daß Wenige gerne bei ihren einzelnen Begebenheiten länger verweilen. Die Sünden der Familie sind längstens vor den Richterstuhl Gottes gezogen worden, oder sind eingetragen für die furchtbare Abrechnung des letzten großen Tages.
Dasselbe Schicksal erwartete Judith. Als Falkenauge die Garnison am Mohawk erreichte, erkundigte er sich angelegentlich nach diesem lieblichen aber irregeleiteten Geschöpf. Niemand wußte von ihr – selbst einer Person ihres Namens erinnerte man sich nicht mehr. Andere Officiere waren zu wiederholten Malen an die Stelle der Warley's, Craigs und Grahams gerückt, aber ein alter Sergeant der Garnison, der kürzlich von England gekommen, war im Stand, unserm Helden die Nachricht zu geben, daß Sir Robert Warley auf seinen väterlichen Gütern lebe, und daß eine Dame von seltner Schönheit in dem Landhaus sich befinde, welche großen Einfluß auf ihn ausübe, obwohl sie nicht seinen Namen trage. Ob dieß Judith war, zurückgefallen in ihre frühere Verirrung, oder ein andres Opfer des Soldaten, erfuhr Falkenauge nie, auch wäre eine Nachforschung weder angenehm noch ersprießlich gewesen. Wir leben in einer Welt der Uebertretungen und der Selbstsucht, und keine Gemälde, die sie uns anders darstellen, sind wahr, obwohl zum Glück für die menschliche Natur, Strahlen jenes reinen Geistes, nach dessen Bilde der Mensch erschaffen ist, sichtbar sind, welche ihre Mißgestaltungen verhüllen und mindern, und ihre Verbrechen mildern, wenn nicht entschuldigen.
- Ende -