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In Jenisseisk

Den größten Teil des Weges legten wir per Eisenbahn und teilweise auch in einer Barke oder auf einem Dampfer zurück, und ungefähr nach einem Monat, Anfang September, langten wir in Jenisseisk an. Dort trat in dieser Jahreszeit die Kälte ein, und die Dampfer, mit denen man sonst die Verschickten flußabwärts beförderte, hatten ihre Tätigkeit bereits eingestellt. Es stand uns also bevor, den weiten Weg von 1100 Werst bis Turuchansk in kleinen Booten zurückzulegen; im besten Falle brauchten wir dazu 15 bis 20 Tage. Man muß in Betracht ziehen, daß wir uns nach Norden bewegen mußten, und die Fahrt in offenen Booten während der kalten Herbsttage mit Schnee und Frühreif war nichts Anziehendes. Aber dafür mußten uns von Jenisseisk laut Order nicht Soldaten, wie früher, sondern Bauern mit zwei bis drei Polizisten bis Turuchansk begleiten. Zum Übernachten mußten wir auch nicht mehr in Gefängnissen und Etappen, die es in dieser wenig bevölkerten Gegend überhaupt nicht gab, bleiben, sondern in einfachen Dorfhütten. Dies alles machte bei einiger Hilfe von außen unser Vorhaben vollständig ausführbar. Genosse Jakob mußte auf einer der Stationen, die am Flusse in der Nähe der Stadt Jenisseisk lag, alles Nötige vorbereiten und sich selbst, unserer Verabredung gemäß, dorthin begeben.

Als ich zwei Tage nach unserer Ankunft Jakob zum zweitenmal sah, teilte er mir mit, daß es ihm wirklich gelungen sei, alles aufs beste einzurichten. Der Punkt, wo wir die uns begleitende Wache verlassen mußten, war das erste Dörfchen, welches 15 Werst von Jenisseisk in der Nähe des Stromes lag. Aber dort war weder Nachtrast noch Landung vorgesehen. Wir mußten daher irgend einen Vorwand finden, um die Wache zu veranlassen, anzulegen und in diesem Dorfe einen kurzen Aufenthalt zu machen. Wir berieten das ganze Projekt mit Jakob und überließen die Einzelheiten ganz den gegebenen Umständen.

Wie sehr ich auch überzeugt war, daß dieser wohlvorbereitete Fluchtplan Erfolg haben könne, richtete ich mich dennoch nach der bekannten Regel, daß man immer mit dem Schlimmsten rechnen müsse, und hielt es deshalb für nötig, alle Vorkehrungen zu dem langen und sehr beschwerlichen Wege per Boot, wie auch zu dem Endziel unserer Reise, Turuchansk, zu treffen. Da die Gegend, welche wir zu durchfahren hatten, fast unbevölkert war und in Anbetracht der späten Jahreszeit, mußten wir vor unserer Abreise aus Jenisseisk einen beträchtlichen Vorrat, wie Kleider, Schuhe, Geschirr usw., einkaufen. Wir wandten uns deshalb an den dortigen Isprawnik (Landpolizist) mit der Bitte, zweien von uns zu erlauben, wie es in solchen Fällen in Sibirien üblich ist, die nötigen Einkäufe in der Stadt, natürlich in Begleitung einer Wache, zu machen. Nach langen Unterhandlungen erhielten wir schließlich die Erlaubnis.

Zur Erledigung der Einkäufe wurde ich als Ältester unseres Artels und der Genosse Skripnikow als mein Gehilfe ausersehen. Obwohl ich an einen Erfolg des von dem Genossen Jakob vorbereiteten Fluchtplans glaubte, so wollte ich doch an der von uns getroffenen Entscheidung festhalten und falls sich eine Gelegenheit zur Flucht bieten sollte, sie benutzen. Ich teilte den Genossen meine Absicht mit, und sie erklärten sich vollständig mit mir einverstanden.

Der nächste Tag war ein Feiertag. Die Einkäufe konnten daher erst am dritten Tage, einige Stunden vor der Weiterreise unserer Partie besorgt werden. Zwei Nächte lang bereitete ich mich geistig auf meine Flucht vor. Ich konnte selbstverständlich einen bestimmten Plan nicht ausarbeiten, da ich weder die Stadt noch ihre Bevölkerung kannte. Eines stand für mich aber fest, daß es mir möglich sein würde, den Augen der Wache zu entgehen, ohne die Genossen zu kompromittieren, denn die Flucht der anderen Genossen durfte nicht vereitelt werden.

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