Kaiser Franz Josef von Österreich
Tagebücher
Kaiser Franz Josef von Österreich

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1. November. Allerheiligen. Zum ersten Male im Winter Kirchendienst. Die Mama blieb Abends zu Hause.

2. Speisete Grf. Ledochowsky bey uns. Ich darf wegen Schnupfen nicht ausgehen. Wir beichteten. Wie nahm ich mir vor, brav und besonders wahr, rein und nicht ängstlich zu seyn. Mit der Ängstlich- und Kleinlichkeit ging es in der letzten Zeit schlecht.

3. Kommunizierte ich in der Josephikapelle, und zwar um halb 8 Uhr. Abends exerzirten wir in dem rothen Saale.

4. Karlstag. Karl (Ludwig) erhielt von Papa und Mama eine Vorrichtung, um die sogenannten Disolwing Vius, nähmlich Bilder auf eine Leinwand zu bringen. Wir speiseten beym Kaiser, wo Albert, Hildegarde, Karl Ferd. und Dando, die gestern gekommen waren, mitaßen. Abends kamen die Knaben zu uns; es wurden zuerst die Dissolwing Vius gemacht, die recht hübsch sind.

5. Hatte ich meine erste praktische Taktik-Stunde, die mich sehr intereßirte. Ich lerne das Abrichtungsreglement, welches noch nicht heraus ist. Heute lernte ich die Stellung des Mannes. Der Oberst Gutjahr, der vorgestern hierherkam und gestern schon bey mir war, speiste heute bey uns.

6. Ich ging schon aus, da mein Husten fast vorbey ist.

7. Ritt ich zum ersten Male wieder, und zwar war der Oberst Gutjahr auf der Schule.

8. Stephan, der gestern angekommen war, war bey uns. Ich exerzierte alle diese Tage mit dem Hauptmann Ertl und kam bis zum marschiren, welches mir ziemlich viel Mühe kostet.

9. Waren wir vor dem Reiten bey Stephan und Onkel Johann, welcher auch vorgestern kam. Morgen aber weggeht. Ich wurde auf der Reitschule in Uniform zu Pferde für ein Bild gemahlt, welches der Mahler Ebersberg von dem Defiliren in Proßnitz mahlt ; er war auf seine Faust mit den Pferden hingereiset. Es speiste der Oberst Gutjahr zum Abschied bey uns, denn er reiset Morgen nach Brünn.

10. Sonntag. Speiseten wir beym Kaiser. Die größeren Knaben, unter ihnen auch ich, exerzirten nicht, da man behauptet, daß ich mir bey diesem Exerziren das marschiren für die Taktik verdorben habe. Wir turnten also, während die Kleinen exerzirten. Abends war bey der Mama Tombola und Thee mit allen Gliedern der Familie, außer Kaiser und Kaiserinn und Onkel Karl, welcher gestern auf dem Dampfschiffe nach Preßburg ist, um den Landtag zu schließen.

15. Feyertag, nämlich Leopold. Da die Mama in ein Concert für die barmherzigen Schwestern ging, blieben wir allein zu Hause und spielten Tombola.

16. Nahmen mich Papa und Mama in ein neues Stück von Kuranda mit, welches im Burgtheater zum ersten Male gegeben wurde und die letzte weiße Rose heißt. Es intereßirte mich sehr und gefiel sehr.

17. Sonntag. Mußte der arme kleine Ludwig im Bett bleiben, da er in der Nacht und beym Tage viel und bellend hustete und man die Bräune fürchtet. Wir speiseten beym Kaiser. Abends kamen die Kameraden, mit welchen wir nach dem Turnen und Exerzieren Tombola spielten.

18. Geht es dem kleinen Ludwig schon beßer; deßenungeachtet muß er liegen bleiben. Abends waren die Grfin. Koudenhoven und die Grfin. Meerfeld bey der Mama.

19. Ging es dem kleinen Ludwig beßer. Abends spielten wir Tombola, da die Mama im Theater.

20. Der kleine Ludwig hatte eine schlechte Nacht und (er)brach in Folge der Menge von Medizinen, die ihm Dr. Zangerl einstopfte, mehreremal.

21. Waren wir bey der Marie Carl, da ihr Namenstag ist. Mama ging Abends in das Theater.

22. Gingen wir bey sehr schlechtem Wetter in den Prater. Graf Ledochowsky speisete bey uns. Abends waren wir bey der Mama.

23. Da Morgen das Fest des goldenen Vließes ist, bey welchem Dando und ich zum Ritter geschlagen werden, so hielten wir heute um 12 Uhr mit den Beamten des Ordens im Rittersaale eine Probe in Costüm. Dando zog sich bey uns an und aus und wird dieses auch Morgen thun. Ich speisete um 3 Uhr bey der Mama, wo auch Onkel Ludwig aß. Er hat einen starken Husten, der ihn verhindert, heute Abends und Morgen den Festlichkeiten beyzuwohnen. Um 5 Uhr gingen Dando und ich, nur in der scharlachrothen Tunika, in ein Nebenzimmer, wurden dann vom Landgrafen Fürstenberg in den Ballsaal geführt und warteten dort, bis der Graf Kollowrath als Doyen des Ordens und der Wappenkönig uns in das Kapitel führten, welches in der geheimen Rathsstube gehalten wurde. Hier empfingen wir knieend das Statutenbuch vom Kaiser, und darauf ging man im Zug, Dando und ich vor allen Beamten und Rittern des Ordens, das Statutenbuch unter dem Arm, in die Vesper, aus welcher man wieder im Zuge zurückkehrte. Abends war für die Familie Thee und Lotto Dauphin. Albert hatte das Fieber bekommen und erschien nicht bey der Vesper, ebenso Onkel Ludwig und Onkel Karl nicht.

24. Gingen wir Candidaten in vollem Costume in das gestrige Nebenzimmer; wurden dann wieder in den Ballsaal geführt, wo uns wieder die gestrigen Herren abholten und in den Rittersaal führten. Hier las ich vor dem Throne die Antrittsrede; darauf empfingen wir nach und nach den Ritterschlag, schwörten und empfingen die Kolane, wobey ich vergaß, dem Kaiser die Hand zu küssen.

Wir gaben nun allen Rittern die Accolade. Es wurde vom Rittersaale im Zuge ins Hochamt gegangen, wobey ich schon in meinem Range neben dem Papa ging. Nach der ganzen Funktion fuhren wir zwey in Uniform zu den Rittern, welche nicht gegenwärtig waren, nehmlich: Onkel Ludwig, Onkel Karl, Albert, Grf. (Heinrich) Bellegarde, Grf. Czernin und Fürst Metternich. Beym Diner beym Kaiser waren wir in weißer Cravatte und goldenen Vließ um den Hals. Die Funktion freute mich sehr. Auch daß ich heute zu den Visiten wieder einmahl habe können Uniform anziehen.

Um ¼ auf 7 Uhr war die Trauung der Gabriele Fürstenberg mit dem Marquis Alphons Palavicini. Nach der Trauung kamen sie zu der Mama, und da nahmen wir Abschied von Gabriele.

25. Kamen Abends Marie (Karolina), Dando und Hildegarde zur Mama. Später kamen auch Papa und Onkel Ludwig. Albert war Gestern nach Brünn und Stephan und Karl (Ferdinand) heute nach Prag gereiset. Dando geht Morgen nach Ollmütz.

27. Führten mich Papa und Mama in das Theater. Man gab die Indianer in England, in welchen die junge Rosa Anschütz in der Rolle der Gurli einen Versuch wagte, welcher sehr gut ausfiel.

28. Ging Mama Abends in ein Concert bey der Kaiserinn.

29. Waren wir mit Grfn. Bombelies vor dem Ausgehen bey Hildegarde, um Abschied von ihr zu nehmen, da sie Morgen nach Brünn geht. Abends waren Großmama, Onkel Ludwig, Hildegarde und Banco bey der Mama. Heute war es zum ersten Male kalt.

30. War es recht kalt. Es fror ziemlich stark. Max war mit Papa und Mama in der letzten weißen Rose.


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