Karl Gjellerup
Die Weltwanderer
Karl Gjellerup

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Siebentes Kapitel

Die Inschrift Naradas

Sobald die Tauben zurückgekehrt waren und sich über das reichlich auf dem Boden der Arena ausgestreute Futter hergemacht hatten, erhob Kala Rama sich und gab dadurch zu erkennen, daß die Vorstellung vorüber sei.

Er teilte Sir Edmund mit, daß sein Herr, der Raja, ihn in einer Stunde auf der obersten Terrasse – der Gandharven-Terrasse – im Pfauenpavillon erwarte, und bat ihn, sich mittlerweile diesen Teil des Parkes ansehen zu wollen. Chandra Singh sei damit beauftragt, ihn überall herumzuführen, während der Professor in der Gesellschaft seines gelehrten indischen Kollegen am besten aufgehoben sei.

– Ich selber will der Memsahib, die mir heute die Ehre macht, meinen gelben Diamanten – den Zwilling Ihres Schlangensteins – zu tragen und ihm somit eine edlere Einfassung zu geben, als er jemals gehabt, eine Sehenswürdigkeit zeigen, die für sie ein ganz besonderes Interesse bietet.

Edmund ergriff diese Gelegenheit, um mit einer tiefen Verbeugung zu sagen:

– Mit großer Genugtuung und zu meinem nicht geringen Trost, Exzellenz, habe ich gesehen, daß ich nicht der einzige bin, an den Sie unschätzbare Edelsteine verschenken, – daß ich vielmehr die Ehre mit einer Dame teile, die ihrer weit würdiger ist, als ich es bin. Ich kann jedoch, was mich betrifft, den Schlangenstein nur als ein Darlehen betrachten, mit dem Sie mich so freundlich bedacht haben, damit ich nicht gar zu ärmlich in dieser edelsteintragenden Gesellschaft erscheinen sollte, und werde mir also gestatten, Ihnen, Exzellenz, nach dem Fest den kostbaren Stein mit Dank zurückzugeben.

– Wir werden später davon sprechen, edler Sahib, antwortete Kala Rama. Sollten Sie dann noch der Meinung sein, daß es einen Sinn habe, mir den Schlangenstein zurückzugeben, dann werde ich mich auch nicht länger weigern, ihn zurückzunehmen; doch glaube ich, Sie werden mir dann selber recht geben und ihn nicht als Darlehen, sondern als Geschenk betrachten.

Edmund wußte nicht, was er auf diese, seiner Meinung nach ziemlich sinnlosen Worte antworten sollte; denn wie in aller Welt könnte er dahin kommen, ein solches Geschenk als etwas Gebührliches anzusehen? Er blieb aber nicht lange in dieser Verlegenheit, denn Kala Rama, der offenbar keine Antwort erwartete, verabschiedete sich schon mit der ihm eigenen feierlichen und doch herzlichen Höflichkeit und entfernte sich, Amanda mit sich fortführend.

Daß diese sein erklärter Liebling sei, war allen bekannt, und schon hatten auch die meisten gehört, daß der Minister ihr zum heutigen Fest seinen berühmten Edelstein zum Geschenk gemacht habe, ein Zeichen seiner Gunst, das nicht leicht überboten werden konnte. So erweckte es denn kein Aufsehen oder besondere Neugierde, geschweige denn Beunruhigung, daß die beiden sich zusammen fortbegaben.

Zu beiden Seiten des alten Amphitheaters führten breite Freitreppen hinan zur Höhe der ersten Terrasse. Kala Rama wählte die zur linken Hand: die Garuda-Treppe. Die Absätze von je zehn Stufen, deren Vorderseite ein zierliches Wellenmuster zeigte, waren rechts und links von Garuda-Gestalten bewacht – mächtige, in harten Sandstein ausgehauene Greifen mit ungeheuren Schnäbeln und mantelartigen Flügeln, jeder auf einer im Todeskampf sich windenden Schlange thronend. Der lebendige, andersgestaltete Garuda hüpfte zwischen dieser Doppelreihe seiner Namensvettern treppauf, ohne sie weiter zu beachten, aber sehr darauf bedacht, ob irgendwo zwischen den Stufen im verwitterten Gestein ein verdächtiges Loch sich befände, wo vielleicht einer seiner Erbfeinde sich hätte einnisten können.

Die erste Terrasse lag schon vollständig im Schatten. Das Sonnenlicht bronzierte nur die obersten Stufen der nächsten Freitreppe, die von ihr zur zweiten – der Naga-Terrasse – emporführte, deren schwerfällige Ballustrade, auf der die gigantischen Schlangenbeine der Wasserdämonen sich buchteten, während hier und dort ihre verstümmelten Torsos sich emporreckten, in ihrer ganzen Länge aufglühte. Hier unten aber, wo unter den dunklen, mit weißen Blütensternchen übersäten Kronen eines Orangenhaines der Schatten am tiefsten war, winkte ihnen ein erleuchteter Kiosk. Nach diesem führte Kala Rama das Mädchen.

Es war ein kleiner Rundbau von reich ornamentierten, vieleckigen Marmorpfeilern, deren trägerförmige Kapitale so weit ausgriffen, daß sie sich fast gegenseitig berührten, und eine niedrige Kuppel trugen von der echt indischen Konstruktion, die in alle Ewigkeit zusammenhalten würde, wenn nicht die tödliche Kraft der tropischen Vegetation dem Bestande ein Ende machte – was aber hier nicht der Fall war. Offenbar waltete eine schützende Hand über dieser Stelle. Zwischen den Säulen waren Sitzplätze angebracht, und von oben hingen kleine, hell leuchtende Lampen herab. In der Mitte aber stand ein kleiner Bau im Bau: eine genaue Nachahmung der Stupa Bakus, wie Amanda beim ersten, flüchtigen Blick erkannte; nur fehlten die Nischen, an deren Stelle eine lange Inschrift in ornamentalen Sanskrit-Zeichen den Zylinder in mehreren Reihen umgürtete.

Kala Rama ließ Amanda Platz nehmen, setzte sich neben sie und ergriff ihre Hand.

– Und nun sagen Sie mir, liebes Kind, alles frei heraus, was Sie auf dem Herzen haben, ohne alle Furcht, denn dadurch würden Sie mir großes Unrecht tun, und das, weiß ich, wollen Sie nicht. Sprechen Sie zu mir, als wenn ich Ihr Vater wäre. Amanda drückte die Hand des Greises mit wortlosem Dank für diese Aufmunterung, deren sie so sehr bedürftig war.

– Ich muß Sie warnen, Exzellenz, vor einem Komplott, an dessen Spitze leider Sir Trevelyan steht und in das auch Chandra Singh verwickelt ist. Es geht darauf aus, den Raja und Sie selbst abzusetzen und Sir Trevelyan, der von der Rani geliebt wird, auf den Thron zu setzen. Das Komplott soll hier bei dem Fest zur Ausführung kommen. Ich beschwöre Sie, zweifeln Sie nicht an der Richtigkeit meiner Angabe, sondern handeln Sie schleunigst! Es ist keine Minute mehr zu verlieren.

– Nun, einige Minuten will ich doch riskieren, meine liebe Memsahib, antwortete Kala Rama. Ich danke Ihnen, daß Sie mir dies gesagt haben, aber nun müssen Sie mir auch sagen, woher Sie das wissen.

– Ach, ich fürchte, Sie werden in meinen Angaben nur die Ausgeburt einer erregten Phantasie sehen, klagte Amanda. Doch nein, ich habe ja so gut wie das Geständnis Herrn Steels.

Und sie berichtete ausführlich von ihrem Gespräch mit Arthur, und wie sie mit dem Boot hätten hinüberfahren wollen, um ihn in seinem Palast aufzusuchen; wie sie aber dann vorgezogen hätte, bei dem Fest mit ihm zu sprechen. Wenn es nur dadurch nicht zu spät geworden wäre!

– O nein, wir haben Zelt, ängstigen Sie sich nicht, tröstete Kala Rama sie. Sie haben das Richtige gewählt, denn in meinem Hause hätten Sie mich zu der Zeit nicht mehr angetroffen. In der Tat, Sie haben ebenso klug und vorsichtig wie loyal gehandelt, und diesen jungen Schotten haben Sie gar geschickt in seinen eigenen Worten gefangen.

– Aber Sie werden ihm verzeihen, Exzellenz, Sie werden ihn nicht bestrafen? Er ist nicht aus bösem Willen mitgegangen, nicht um sich Vorteile oder Reichtümer zu erwerben, dessen bin ich gewiß. Er ist von seinem Vetter überredet worden. Ein mißverstandenes kameradschaftliches Gefühl muß ihn verleitet haben.

– Nun, ich denke, wir können mit ihm recht nachsichtig verfahren und ihm alle denkbaren mildernden Umstände zuerkennen. Wie aber mit Sir Edmund? Bei ihm scheinen keine solchen aufzufinden zu sein, die ganze Gehässigkeit des Verrats ruht auf seinen Schultern.

Amanda erhob sich und stand eine Weile schweigend vor dem Minister, dessen Gesichtsausdruck trotz der strengen Worte nicht sehr drohend war. Dann sank sie vor ihm nieder und umfaßte seine Knie mit den Händen.

– Gnade für ihn, Kala Rama – meinetwegen – weil ich – weil ich es – übers Herz brachte – –

Ihre Stimme versagte, ein plötzlich hervorbrechendes Schluchzen erschütterte ihre zarte Gestalt, und den Kopf in den Schoß des alten Inders legend, weinte das Mädchen, als ob ihr das Herz brechen wollte.

Das war nicht mehr eine Bittsuchende vor dem Minister, das war ein Kind bei seinem Vater. Mit diesen unterbrochenen Worten, mit dieser so beredten Sprache der Tränen, denen sie freien Lauf gab, hatte das Mädchen das ganze Geheimnis ihres jungen, schwergeprüften Herzens ihm vertrauensvoll bloßgelegt.

Wo sie aber als einzige Aussicht für sich selbst nur noch ein trostloses Beharren in der toten Wüste des Selbstopfertums sehen konnte, da erblickte Kala Rama verheißungsvolles Aufkeimen eines neuen Lebens. Wie dies sich auf sein Gesicht malte, konnte Amanda zwar nicht sehen; aber ein sanft wallender Strom von Nervenkraft schien sich durch seine Fingerspitzen zu ergießen, während seine Hand leise über ihren Kopf strich, bis das Schluchzen ausgerast hatte und endlich auch das Weinen sich fast ganz beruhigte.

– So, nun haben Sie sich ausgeweint, liebe Memsahib, und das war nötig; nun aber keine Träne mehr! Sie haben das Ihrige getan; nun überlassen Sie mir auch vertrauensvoll das Meinige zu tun.

– O, das tu ich ja so vertrauensvoll. Wie soll ich Ihnen nur danken?

– Still, still – sprechen Sie nicht davon. Am Ende bringen Sie es noch so weit, daß ich alter Mann auch weine, und das würde sich doch nicht schicken. Würde es? Für einen alten Minister, denken Sie sich! Nein, nein, sprechen Sie nicht von Dank! Wie viel mehr habe ich Ihnen zu danken. Sie können sich nicht vorstellen, wie schön in dieser Stunde das Leben von mir Abschied nimmt und wie wohltuend es ist, so aus ihm zu scheiden.

– Scheiden? – Aus dem Leben? – rief Amanda bestürzt. Aber Sie sind doch noch so rüstig. Es droht Ihnen doch keine Gefahr?

– Nein, nein, gewiß nicht. Es war nicht so gemeint... ich rede unklares Zeug. Sehen Sie, so schwach haben Sie mich durch Ihre süßen Tränen gemacht. Aber nicht wahr, Sie sind jetzt beruhigt?

– O ja, weit mehr beruhigt, als wozu ich rechten Grund sehe, wenn ich auch auf Ihre Milde vertraue. Denn ich wußte ja schon, daß Sie nicht mit Beil und Strick dreinfahren würden.

– Freilich will ich das nicht – und das wird auch nicht nötig sein. Es wird alles anders kommen, als Sie gefürchtet haben, obwohl Sie mit gutem Grunde fürchteten... Und nun wollen wir nicht mehr von diesen leidigen Staatsgeschäften sprechen, setzte er in einem milden, heiteren Tone fort. Die müssen Sie ganz aus ihrem Sinne verbannen. Ich habe nur einige Minuten übrig, denn der Fürst erwartet mich, und die will ich benutzen, um Ihnen etwas zu zeigen, um dessenwillen ich Sie gerade an diesen Ort geführt habe.

Er berührte mit der ausgestreckten Hand die Basis des kleinen Stupabaues in der Mitte des Kiosk.

– Haben Sie schon diesen kleinen Bau im Bau bemerkt?

– O ja, Exzellenz. Es fiel mir sofort auf, daß er eine Nachbildung der großen Stupa ist, die wir gestern im Mondschein sahen.

– Das ist er, und statt der Nischenreihen mit den Heiligenbildern ist er, wie Sie sehen, mit einer mehrzeiligen Inschrift umgürtet. Kommen Sie, wir wollen diese bei dem Lichte der Lampen deuten, die ich eben zu diesem Zweck habe anbringen lassen, da es wohl bei allem sonstigen Aufwand von Beleuchtungsmitteln und Illuminationskünsten leicht hätte geschehen können, daß dieses kleine, versteckte Heiligtum übersehen worden wäre. Dieser Ort war in der Tat von mir ausersehen als der passendste und ruhigste Aufenthalt für Sie, bis Ihr Vater Sie aufsucht, um Sie nach der Gandharven-Terrasse zu führen, wo der Fürst seine Gäste erwartet. Der alte Pandit wird es nicht versäumen, ihm zuletzt dies zierliche Bauwerk zu zeigen. Sie sehen, ich hätte Sie jedenfalls hierher gebracht, auch wenn Sie sich kein Gespräch mit mir ausgebeten hätten.

– Sie sorgen für mich wie ein Vater, sagte Amanda mit einem gerührten Blick.

– Warum denn nicht? Und jetzt wollen wir die Inschrift lesen. Kala Rama erhob sich und nahm sie an der Hand und sie umschritten langsam die kleine Stupa, die schönen alten Sanskritzeichen entziffernd. Diese waren an einigen Stellen offenbar verwittert gewesen und hatten vor nicht gar zu langer Zeit durch den Meißel wieder aufgefrischt werden müssen; besonders war dies der Fall mit dem Schlußsatz.

Die Inschrift lautete:

»Der Fürst Narada hat an diesem seinem Lieblingsorte durch die Hand Bakus diese Stupa errichten lassen über der Asche Amaras, der Tochter Bakus, und der Ajatasattus, seines Bruders, die durch den Tod vereinigt wurden. Möge in ihrem nächsten Erdendasein ein günstigerer Stern ihrer Liebe leuchten.«

Kala Rama sah wohl, daß die letzten Worte einen so starken und schmerzlichen Eindruck auf das Mädchen machten, daß sie sich kaum zu beherrschen vermochte.

Er legte seine Hand auf ihre Schulter mit einer tröstenden Berührung, die ebenso wohltuend auf sie wirkte wie der Klang seiner Stimme.

– Möge dieser fromme Wunsch in Erfüllung gehen, den der längst verblichene edle Fürst einst eigenhändig hier in den Stein gehauen hat! Denn die Überlieferung erzählt uns, daß Baku, als er beim Aushauen der Inschrift bis zum Schlußsatze gekommen war, sosehr vom Schmerz überwältigt wurde, daß er einen Ohnmachtsanfall erlitt, von dem er sich nie mehr erholte. Aber der König, den es verdroß, daß dieser Wunsch, der für ihn das Wichtigste war, durch die teilnahmslose Hand eines Fremden hinzugefügt werden sollte, ergriff selbst Hammer und Meißel und vollendete so in wochenlanger Arbeit die Inschrift. Dabei fielen allerdings die Schriftzeichen dieses Teils weniger scharf aus, als wenn sie vom Meister hergerührt hätten, und bedurften, wie Sie sehen, in neuerer Zelt gar sehr der Auffrischung. Nun, wenigstens haben Ihre Augen auch so sie lesen können, und König Narada hat sich nicht vergebens abgemüht. Ja ich sollte mich sehr irren, wenn diese kurze Arbeit seines Meißels in ihrer Wirkung nicht noch weiter reichen wird als die langjährige seines Szepters, wie segensreich auch letztere war; so sehr viel tiefer wurzelt das innerste persönliche Leben im Wesen der Dinge als alles politische Streben und selbst das edelste Sich-Betätigen. Nach mehr als zweitausend Jahren wird dieser Wunsch Naradas seine Verwirklichung herbeiführen, oder hat es schon getan.

Ein betrübtes Kopfschütteln war Amandas Antwort.

Aber der Greis war weit davon entfernt, sich dadurch entmutigen zu lassen.

– Noch ist nicht aller Tage Abend, noch ist nicht das Ende dieses Tages, fügte er in vertrauensvollem Ton hinzu.

– Ich habe, fuhr er nach einer kurzen Pause fort, mit Erlaubnis des Fürsten die kleine Stupa öffnen lassen und fand darin die bronzene Urne wohlerhalten, worin die Aschenreste der beiden auf den Befehl Naradas gesammelt wurden, wie Sie wohl schon gelesen haben.

– So sind sie denn zusammen gestorben – »durch den Tod vereinigt!« Welch beneidenswertes Los! Nein, Exzellenz, ich habe noch nicht davon gelesen, wie sehr ich mich auch sehnte, ihr Schicksal kennen zu lernen. Mein Vater saß zuerst über dem Manuskript, und als ich es endlich glücklich in meinen Händen hatte, wurde ich bei dem Gebete Amaras unterbrochen. Es war in der Tat Herr Steel, der kam und mit dem ich das wichtige Gespräch hatte, dessen Inhalt ich Ihnen schon mitgeteilt habe. Und dann war es schon die höchste Zeit, mich zum Feste anzuziehen. So groß aber war meine Begierde, das letzte über sie zu erfahren, daß ich, in der Hoffnung, ich würde hier eine ruhige halbe Stunde in irgendeinem Winkel finden, die letzten Blätter zu mir steckte.

– Das war sehr wohl bedacht von Ihnen. Ich werde Sie ruhig verlassen, wenn ich Sie, in diese Lektüre vertieft, hier am Grabmal Amaras und Ajatasattus sitzen weiß. Nicht ohne Verlegenheit und starkes Erröten zog Amanda die Blätter aus den Busenfalten ihres Kleides hervor.

– Ich glaubte nicht, bemerkte Kala Rama mit einem feinen Lächeln, daß es möglich wäre, eine würdigere Aufbewahrungsstelle für diese Blätter zu finden, als die von mir gewählte, da ich aus meiner Schatzkammer jenen alten, elfenbeinernen Schrein hervorsuchte. Und nun seh' ich doch, daß es Ihnen gelungen ist.

Und als Amanda mit schuldbewußter Miene versuchte, einige Falten und kleine Brüche auszuglätten, die durch diese nicht gerade bibliophilmäßige Aufbewahrungsmethode entstanden waren und die kostbaren Blätter etwas verunstalteten, fügte er hinzu:

– Lassen Sie sich dies nicht nahegehen! sagen Sie sich vielmehr selbst, ob wohl jemand später diese Falten wegwünschen würde, wenn man ihm sagt: Sie sind dadurch entstanden, daß Mem Amanda Sahib die Blätter mit sich am Busen trug, an jenem Abend, als – – Nun ja, was der Abend uns bringt, werden wir ja sehen. Ich hege in dieser Beziehung keine Befürchtung, und Sie sollten es auch nicht tun. – Und nun muß ich mich beeilen, – wir werden uns aber noch einmal sehen.

– Noch einmal? An diesem Abend? fragte Amanda verwundert.

– Noch einmal, nickte Kala Rama und entfernte sich.


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