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Eines Tages ging die Schildkröte am Flusse spazieren. Da begegnete sie dem Elefanten. Sagte der Elefant: »Bobog, was machst du hier?« – »Ich suche mir etwas zu essen,« antwortete die Schildkröte. »Schön,« erwiderte der Elefant, »und ich will dich fressen.« – »Aber weshalb denn?« fragte Bobog. »Nun, es gefällt mir halt so,« sagte der Elefant.
»Hast du denn gar kein Mitleid mit mir, ich kann doch nicht fortlaufen, ich kann nur langsam kriechen.«
»Nun, wenn du nicht willst, daß ich dich fresse, dann werde ich dich aber verbrennen.«
»Ach, ich fürchte mich so vor dem Feuer; wenn ich es nur sehe, mache ich, daß ich fortkomme und eile ins Wasser.«
»Aber,« fuhr nun die Schildkröte fort, »wenn ich nun nicht verbrenne, darf ich dich darauf verbrennen?«
Der Elefant sagte, das dürfte sie.
Der Elefant schleppte nun auf dem Flußufer einen Holzhaufen zusammen, der fast so groß wie eine kleine Hütte war. Drauf sagte er: »Bobog, morgen ganz früh mußt du dich in den Holzhaufen begeben, damit ich dich verbrennen kann.« – »Jawohl,« erwiderte die Schildkröte, »ich will morgen dorthin gehen. Du mußt mich aber fortwährend anrufen, und wenn ich dir nicht mehr antworte, dann kannst du den Scheiterhaufen anzünden.«
Am andern Morgen kroch die Schildkröte in den Holzhaufen, und noch eine lange Zeit vernahm der Elefant ihre Stimme, wenn er sie anrief. Schließlich schwieg Bobog. Darauf zündete der Elefant den Holzstoß ringsum an, so daß die Schildkröte nach keiner Seite hin entkommen konnte. Das Feuer brannte nieder, und der Elefant sagte: »Nun wird die Schildkröte wohl tot sein.« Er trottete zum Fluß hinunter, um Wasser zu trinken. Als er zurückkam, sah er die Schildkröte aus der Asche hervorkriechen. Sie hatte sich nämlich zuvor im feuchten Sande eingegraben, ihre Schalen verschlossen und war so unverletzt geblieben.
»Du mußt sehr klug sein,« sagte der Elefant, »wie bekommt einem das Feuer, tut es weh oder nicht?«
»Nun, gemütlich ist es gerade nicht,« antwortete die Schildkröte, »aber was soll man machen, wenn ein Elefant einen verbrennen will.«
Darauf bat die Schildkröte den Elefanten, ihr beim Zusammentragen des Holzes für seinen eigenen Scheiterhaufen behilflich zu sein. Drei oder vier Tage lang schleppte der Elefant Holz herbei und trug einen Holzstoß zusammen, der erheblich größer war als der, welchen die Schildkröte bei ihrer Verbrennung benötigt hatte. Dann fragte Bobog, wann er in den Haufen gehen wollte. Der Elefant antwortete: »Am nächsten Morgen in aller Frühe.«
Anderen Tags ging der Elefant in den Haufen und machte es sich darin gemütlich. Die Schildkröte fragte: »Nun, Elefant, hast du es dir bequem gemacht? Ich will jetzt anzünden.«
»Zünde man an,« brummte der Elefant.
Bobog setzte den Holzstoß nun ringsherum in Brand. Nach einer Weile rief der Elefant: »Na, das Feuer ist ziemlich heiß.« »Gut, ich habe mir darüber kein Urteil erlaubt,« antwortete die Schildkröte. Bald schrie der Elefant ganz laut, daß das Feuer ihn verbrenne.
»Sei doch ruhig, kannst du dich denn gar nicht still verhalten,« rief die Schildkröte, »ich habe nicht ein Mal geschrien; außerdem bist du selbst schuld daran, du wolltest mich doch verbrennen. Ich hätte nie daran gedacht, dich zu verbrennen.«
So verbrannte denn der Elefant, und die Schildkröte lachte sich ins Fäustchen und sagte: »Haha! Elefant! Du glaubtest, du könntest ein Wesen verbrennen, dessen Rücken und Gesicht hart sind; außerdem konntest du dich nicht in den Sand eingraben.«
Alsdann machte sich die Schildkröte eine Flöte aus einem kleinen Elefantenknochen; und während sie des Weges zog und spielte, kam sie an einen großen Baum. Auf dem Baum saß ein Affe. Als der den lieblichen Flötenton vernahm, kam er herunter, um zu sehen, wer da die Flöte spielte.
»Bobog,« sagte er, »woher hast du die Flöte?«
»Aus einem Elefantenknochen.«
»Wie kommst du denn zu einem Elefantenknochen? Ich möchte deine Flöte einmal probieren.«
Die Schildkröte wollte dem Affen zunächst die Flöte nicht geben; schließlich rückte sie die Flöte heraus, und sofort griff der Affe danach und entwischte damit auf den Wipfel des Baumes.
Die Schildkröte aber weinte, weil sie nun keine Flöte mehr hatte.
Nach einer Weile kam ein kleiner Flußkrebs des Weges und fragte die Schildkröte, weshalb sie denn heule. »Weil der Affe mir meine Flöte gestohlen hat,« sagte die Schildkröte.
»Wo ist er denn?« fragte der Krebs.
»Dort oben auf dem großen Baum,« antwortete die Schildkröte.
»Na, da gräme dich nur nicht mehr,« sagte der Krebs, »ich werde einmal auf den Baum klettern.«
Nun hatte der Affe gerade seinen Jungen bei sich, und als der Affenjunge den Krebs auf dem Baum bemerkte, rief er: »Vater, da sitzt ein Krebs ganz nahe bei dir.«
»Ach was! Dummes Zeug!« antwortete der Vater, »das wird wohl bloß ein Holzknuppen sein.«
Darauf zwickte der Krebs den Affen, und der Affe ließ die Flöte fallen.
Der Krebs ließ sich selbst zu Boden fallen.
So bekam die Schildkröte ihre Flöte wieder und bedankte sich beim Krebse: »Denn ohne deine Hilfe,« sagte sie, »hätte ich sie ganz gewiß nicht wiederbekommen.«