Wilhelm Hauff
Gedichte
Wilhelm Hauff

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Freiheit-Hoffnung

(Januar 1823)

        Freiheit, wo weilst du! Du zauderst so lange,
Vaterland sehnet nach dir sich so bange!
Kehrst du nimmer zu uns zurück?
Wendest von uns nur den trauernden Blick?
Ja! als mein Volk die umstrickenden Bande
Sprengte mit mutig geschwungenem Schwert,
Als es mit Blut abschwemmte die Schande
Von dem geschändeten heimischen Herd:
Da lauschtest du dem Siegestone,
Der aus den Schlachten zum Himmel gekracht,
Und du entschwebtest dem himmlischen Throne,
Weihtest dem Volke die Siegerkrone,
Deutschland strahlte in alter Pracht;
Tag war erwacht,
Es sank die Nacht. –

Tage des Sieges, ihr konntet entweichen?
Freiheit verließ euch, ihr grünenden Eichen!
Ach, es verwelkte das fröhliche Grün,
Grünende Hoffnung, du mußtest verblühn.
Ach! auf den Bergen verlöschten die Feuer,
Nacht umlagerte drückend die Welt –
Floh die Begeistrung, ihr tapfern Befreier,
Die eure Herzen zum Siege beseelt?
Das Band der Gauen ist zerschlagen!
Fragt ihr: wer wagte die frevelnde Tat?
Schreiet zum Himmel um Rache, ihr Klagen!
Die, die den Szepter des Vaterlands tragen,
Traten mit Füßen der Freiheit Saat;
Fürstenrat –
Er wagte die Tat.

Klage, o Deutschland, trauert ihr Gauen!
Die, die geschworen den Tempel zu bauen,
Haben den Altar höhnend zerstört,
Haben zersplittert der Heimat Herd!
Doch, ob das Land jetzt feindlich zersplittert,
Ob auch zersplittert die Volkskraft sei,
Haben den Geist sie nimmer umgittert,
Der in der Brust lebt, männlich und frei!
Der Geist hat unsre Brust durchdrungen;
Brüder, wenn Glaube und Schwur uns betrügt,
Nur mit Begeisterung tapfer gerungen!
Ist uns das herrliche Werk gelungen,
Dann aus den Grüften die Freiheit fliegt,
Wahrheit siegt,
Das Falsche liegt.

Offen ins Antlitz schaut euch die Jugend,
Aber ihr glaubt nicht an männliche Tugend,
Zittert vor nächtlich heimlicher Tat,
Suchet und suchet nach Trug und Verrat.
Ob ihr auch spottet das tapfere Streben,
Hochgefühl schwellt doch des Jünglings Brust,
Vaterlands blutig zerrissenes Leben
Frisch zu vereinen, ist unsere Lust.
Ein freies Deutschland wollen wir wieder,
Einer für alle ein Vaterland;
Steige zu uns, o Freiheit, hernieder!
Hoffet auf sie und füllet, ihr Brüder,
Auf die Pokale bis an den Rand,
Schwört Hand in Hand
Dem Vaterland.

 


 


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