Wilhelm Hauff
Gedichte
Wilhelm Hauff

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Sehnsucht

            Die Sonne grüßt Tubingas Höhn,
    Der Berge Morgennebel fallen,
Und leichte Frühlingslüfte wehn,
    Im Tal die Herdenglocken schallen,
Des Neckars sanfte Welle quillt
    An der Gestade Rebenhügel,
Es taucht die alte Burg ihr Bild
    In seinen silberreinen Spiegel.
Wie wär der Morgen doch so schön,
Könnt ich mit dir mich da ergehn!

Und reger wogt's am Ufer hin,
    Wenn Mittag zu den Schatten ladet,
Wenn sich durch frisches Blättergrün
    Die Sonne in dem Strome badet;
Der Hirte zieht den Linden zu,
    Der Winzer steigt vom Berge nieder,
Und in des kühlen Strandes Ruh
    Erwachen ihre Kräfte wieder;
Am Neckarstrand ruht ich so gerne,
Wär nicht Louise in der Ferne.

Der Abend senket seinen Strahl,
    Die Herden ziehen von den Weiden,
Und fernhin durch das holde Tal
    Die Dörfer zu der Ruhe läuten;
Da kommen Mädchen Hand in Hand
    Den Wiesenplan heraufgezogen;
Es wölbt für sie am grünen Strand
    Der Lindengang die hohen Bogen;
Doch jenen Linden fehlt das eine,
Ich wandle ohne sie – alleine!

Auf geht des Mondes Silberstrahl
    Er malt den Berg mit falbem Glanze,
Er ruft die Geister in das Tal,
    Er leuchtet ihrem Reigentanze;
Ihr Berge all von Duft umhüllt,
    Du Tal, am Strome auf und nieder,
Du wärst so hold, du wärst so mild,
    Dir weiht ich meine frohsten Lieder –
Du wärst so schön im Abendscheine
Schlüg sie ihr Aug hier in das meine.

*

              Bin einmal ein Narr gewesen,
Hab geträumet, kurz doch schwer;
Wollt in schönen Augen lesen,
Daß von Lieb was drinnen wär.

Selig von der Vahr bis Bremen
Schwatzt ich zu der Holden mein;
Muß mich wahrlich heut noch schämen,
Daß ich solch ein Narr konnt sein.

Und die Glut, die in mir brannte,
Barg ich unter heitrem Scherz.
Von dem lieben Schwabenlande
Sprach ich zu dem kalten Herz.

Wollte sie zur Heimat locken,
Wollte alles ihr gestehn,
Doch sie sprach ganz kalt vom Brocken,
Dort sei alles gar zu schön.

Meine Lieb, mein Herz, mein Schwaben
Sind für dich zu eng, zu klein,
Größer willst du alles haben,
Nun so mag dein Harz dich freun!

Fahre wohl, du kaltes Wesen,
Freier blick ich um mich her,
Bin einmal ein Narr gewesen,
Hab geträumet kurz, doch schwer.

 


 


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