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Rügener Sage
Sie wäscht ein Gewand, und sie wäscht es nicht weiß,
bei Nacht auf dem Steine im Meere.
Sie singt sich ein Liedlein, sie wimmert gar leis
und weint manche bittere Zähre.
Ach, und ist euch so hold und so schlank und so schön,
für süßeste Liebe geboren!
Ihr Kinder, ihr Kinder, ich hab' sie gesehn,
und ich hab' sie auf ewig verloren.
Sie nickte und wusch mit dem blühenden Arm
den blutigen Flecken im Linnen;
wie hob sich ihr Busen so süß und so warm,
in Sehnsucht nach Lieben und Minnen.
Und es floß ein Gelock von dem schimmernden Haupt,
umzirket von goldigen Spangen;
und ich habe die Freia zu sehen geglaubt
und bebte vor Furcht und Verlangen.
Ich zwang meinen Kahn an den moosigen Stein,
sosehr ich im Herzen verzagte,
und sprach: »Holdseliges Jungfräulein!«
O daß ich dies Wörtlein sagte!
Kaum war es gesprochen, so sah sie mich an
in tiefem, unsäglichem Wehe.
O daß ich unseliger, törichter Mann
vor Sehnsucht und Leid nicht vergehe! –
Und wie sie so schaute, da hört' ich's genau,
sie flüsterte leise die Worte:
sie sei eine arme verlassene Frau,
gebannt an so schaurigem Orte. –
Ich wäre gekommen, ich hätt' es gewagt,
und hätte sie können erlösen,
wenn ich das richtige Sprüchlein gesagt:
Gott helf' euch! wär' es gewesen.
Da ward mir gar schwül und gar finster zu Sinn,
die Schläfen taten mich schmerzen.
So hielt ich den Himmel, so schwand er mir hin
und ließ mir die Hölle im Herzen.