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Donauufer.
Gunther, Volker, Dankwart, Rumolt und ein großes Gefolge. Werbel und Swemmel vor dem König. Später wird das Schiff mit Hagen, dem Kaplan usw. sichtbar.
Werbel.
Nun gib uns endlich Urlaub, hoher König,
Sie brauchen uns zu Hause, denn sie wissen
Den Fiedelbogen höchstens von der Lanze
Zu unterscheiden, aber nicht zu führen,
Und die als steife Boten Abschied nehmen,
Wirst du als flinke Geiger wiedersehn,
Wenn du den feierlichen Einzug hältst.
Gunther.
Ihr habt noch Zeit. Ich denke in Bechlarn
Beim alten Rüdeger die Rast zu halten,
Und so weit haben wir den gleichen Weg.
Werbel.
Wir kennen einen nähern, und wir müssen
Uns sputen.
Gunther. Nun, so zieht.
Werbel. Wir danken dir.
(Will mit Swemmel ab.)
Rumolt.
Vergeßt ihr die Geschenke? Wartet doch,
Bis sie herüberkommen.
Werbel (kehrt mit Swemmel um).
Das ist wahr!
Rumolt.
Schon naht das Schiff.
Volker. Das find ich wunderlich,
Erst schlagen sie die reichen Gaben aus,
Dann lassen sie sie liegen! (Rasch zu Werbel.) Ist Kriemhild
Noch immer traurig?
Werbel. Sagten wir Euch nicht,
Daß sie so fröhlich scheint, als hätte sie
Den Kummer nie gekannt?
Volker. Das sagtet ihr.
Werbel.
Nun denn.
Volker. Es muß ein Land der Wunder sein,
Wo Etzel herrscht. Wer weiße Rosen pflanzt,
Pflückt rote, denk ich, oder umgekehrt.
Werbel.
Warum?
Volker. Weil sie sich so verändert hat.
Als fröhlich haben wir sie nie gekannt,
Sie war sogar als Kind nur still vergnügt
Und lachte mit den Augen.
Rumolt. Hagen kommt
Mit seiner letzten Fracht.
Volker. Worin denn zeigt
Sich ihre Fröhlichkeit?
Werbel. Das seht Ihr ja:
Sie liebt die Feste, und sie ladet Euch
Zum größten ein. Ihr fragt uns sonderbar!
Ist's nicht natürlich, daß sie Boten schickt,
Wenn Ihr nicht, wie Ihr doch versprochen habt,
Von selbst erscheint? So sehr sie unsre Frauen
An Majestät und Schönheit übertrifft,
So seltsam finden die's, und das mit Recht,
Daß ihr Geschlecht sich nicht um sie bekümmert,
Als wär sie seine Schmach und nicht sein Stolz.
Wenn das nicht anders wird, so wird der Neid
Ihr noch die fürstliche Geburt bezweifeln,
Und darum mahnt sie Euch an Euer Wort.
Volker.
Ei nun, wir kommen um die Sonnenwende
Und, wie Ihr seht, (deutet auf das Gefolge)
mit unserm ganzen Staat!
Werbel.
Mit einem Heer, jawohl. Auf so viel Gäste
Ist Etzel kaum gefaßt, drum müssen wir
Voran!
(Sie gehen zu dem Schiff, das eben anlegt, und verschwinden rasch.)
Volker. Die reden falsch! Das ist gewiß!
Doch wahr ist's auch, daß Kriemhild wünschen muß,
Uns dort zu sehn.
Rumolt. Und töricht wär's, zu glauben,
Daß sie den zweiten Mann beredet hätte,
Für ihren ersten Thron und Kopf zu wagen:
Das widerspricht sich selbst und ist zum Lachen,
Doch mag geschehn, was heimlich möglich ist!
Volker.
Und da wir unsre Augen für uns selbst
Nicht brauchen, denn was hätten wir zu fürchten,
So ist's, als ob der Tronjer tausend hätte,
Und die sind auch um Mitternacht genug.
Hagen (der gleich bei der Ankunft des Schiffes herausgesprungen ist und dem Ausladen zugeschaut hat).
Ist alles hier?
Dankwart. Bis auf den Priester dort!
(Deutet auf den Kaplan.)
Der packt sich erst sein Meßgerät zusammen.
Hagen (springt wieder ins Schiff und stürzt auf den Kaplan los).
Steh fest! (Er stößt ihn über Bord.)
Da liegt er, wie ein junger Hund,
Und meine ganze Mannheit kehrt mir wieder!
Volker (ist ihm nachgesprungen).
Pfui, Hagen, pfui, das war kein Stück für dich.
Hagen (heimlich).
Meerweiber traf ich, grün, wie Schilf, das Haar,
Und blau die Augen, die mir prophezeiten – (Bricht ab.)
Was? Kannst du schwimmen, trotz des lahmen Arms?
Die Ruderstange her!
Volker (ergreift sie und hält sie fest).
Hagen. Die Ruderstange!
Sonst spring ich nach, gepanzert, wie ich bin!
(Er nimmt sie und schlägt ins Wasser.)
Zu spät! Das ist ein Fisch! – So ist's denn wahr,
Und nicht bloß Bosheit!
Kaplan (ruft herüber). König, fahre wohl,
Ich geh zurück!
Hagen. Und ich –
(Zieht sein Schwert und zertrümmert das Schiff.)
Gunther. Bist du von Sinnen,
Daß du das Schiff zerschlägst?
Hagen. Frau Ute hat
Zu schlecht geträumt, als daß dir jeder Knecht
Zu Etzels Gastgebot mit Freuden folgte,
Doch nun ist auch der letzte dir gewiß.
Gunther.
Und halt ich einen, den ein Traum erschreckt?
Volker.
Das war es nicht. Was hast du?
Hagen. Tritt beiseite.
Damit uns keiner hört. Denn dir allein
Will ich's vertraun.
(Heimlich.) Meerweiber traf ich an,
Als ich vorhin, das Schiff zu suchen, ging,
Sie schwebten über einem alten Brunnen
Und glichen Vögeln, die im Nebel hüpfen,
Bald sichtbar, bald vom blauen Qualm verschluckt.
Ich schlich heran, da flohn sie scheu von dannen,
Allein die Kleider riß ich ihnen ab,
Und schmeichelnd riefen sie, in ihre Locken
Sich wickelnd und in einer Lindenkrone
Sich bergend: Gibst du uns den Raub zurück,
So wollen wir dir prophezein, wir wissen,
Was euch begegnen wird und melden's treu!
Ich ließ die Kleider hoch im Winde flattern
Und nickte, da begannen sie zu singen,
Und nie vernahm ich noch ein schönres Lied
Von Glück und Sieg und allem, was man wünscht.
Volker.
Das ist ein beßres Zeichen, als du denkst!
Wie das Insekt von Sonnenschein und Regen,
So haben sie vom Schicksal Witterung,
Nur reden sie nicht gern, denn jedes Wort
Bezahlen sie mit einem Lebensjahr,
Und uralt werden sie, wie Sonn und Mond
Am Himmel, doch unsterblich sind sie nicht.
Hagen.
Um so verfluchter denn! Ich warf die Kleider
Mit Freuden wieder hin und stürzte fort.
Doch da erscholl ein Lachen hinter mir,
So widerwärtig und entsetzlich-häßlich,
Als käm's aus einem Sumpf von tausend Kröten
Und Unken, und ich sah mich schaudernd um.
Was war's? Die Weiber abermals, doch nun
In scheußlicher Gestalt. Sie schnitten mir
Gesichter, und in seltsam-schnalz'gem Ton,
Als spräche, statt des Vogels, jetzt der Fisch,
In dem ihr schlanker Leib sich end'gen soll,
Höhnten sie mich: Wir haben dich betrogen,
Ihr alle seht, wenn ihr ins Heunenland
Hinunter zieht, den grünen Rhein nicht wieder,
Und nur der Mann, den du am allermeisten
Verachtest, kommt zurück.
Volker. Doch nicht der Pfaff?
Hagen.
Du siehst es ja. Ich rief zwar spöttisch drein:
Das heißt: die Fremde wird uns so gefallen,
Daß wir die Heimat über sie vergessen,
Und lacht' und pfiff und fragte nach dem Schiff.
Doch traf's mich, wie ein Schlag, und glaub's mir nur,
Es endet nimmer gut.
(Laut.) Man wird's erfahren,
Daß man, wenn Hagen Tronje einmal warnt,
Auf Hagen Tronje hören darf.
Gunther. Warum
Hört Hagen Tronje denn nicht selbst auf sich
Und bleibt zurück? Wir haben Mut genug,
Auch ohne ihn das grause Abenteuer
Zu wagen, das in einer Schwester Armen
Sein Ende finden wird, wenn uns nicht gar
Zuletzt ein Kuß von unserm Schwäher droht.
Hagen.
Ho, ho! Ich bin wohl noch zu jung zum Sterben! –
Es ist mir nur um dich und nicht um mich.
Dankwart (zu Hagen).
Was ist denn das für Blut?
Hagen. Wo hätt' ich Blut?
Dankwart (taucht den Finger hinein und zeigt es ihm).
Ei, von der Stirne träuft's dir hell herunter,
Fühlst du's nicht selbst?
Hagen. So sitzt mein Helm nicht fest.
Gunther.
Nein, sprich, was ist's?
Hagen. Ich trug den Donauzoll
Im stillen für dich ab. Du wirst nicht mehr
Gemahnt, der Mautner hat sein Teil. Doch wußte
(er nimmt den Helm ab)
Ich selber nicht, daß ich so reichlich gab.
Gunther.
So hast du doch den Fährmann –
Hagen. Allerdings!
Ich seh's jetzt, Lügen haben kurze Beine:
Er grüßte mich mit seinem dicken Ruder,
Ich dankte ihm mit meinem scharfen Schwert.
Gunther.
Gelfrat, den Riesen!
Hagen. Ja, den Stolz der Baiern!
Er treibt im Fluß, verhauen, wie sein Schiff!
Doch unbesorgt. Ich trag euch auf dem Rücken
Hinüber, wenn ihr hier zum zweiten Mal
Die Fähre sucht.
Gunther. So braucht's nur fortzugehn,
Und deine Rabenweisheit kommt zu Ehren –
Hagen.
Das tut sie auch, wenn ihr die Fiedel streicht!
So oder so, wir sind im Netz des Todes –
Volker.
Gewiß! Doch ist das neu? Wir waren's stets.
Hagen.
Das ist ein Wort, mein Volker, habe Dank.
Jawohl, wir waren's stets, es ist nicht neu,
Und einen Vorteil haben wir voraus
Vor all den andern, welche sterben müssen:
Wir kennen unsern Feind und sehn das Netz –
Gunther (unterbricht ihn scharf und schroff).
Fort! Fort! Sonst läßt der Baiernherzog sich
Den toten Mautner zahlen, wie die Maut,
Und König Etzel kommt um seinen Spaß.
(Ab mit den Seinigen bis auf Hagen und Volker.)
Hagen.
Und bei den Namenlosen sei's geschworen:
Wer mich hinunterstößt, den reiß ich nach.
Volker.
Ich helf dabei! Doch sagen muß ich dir:
Bis diese Stunde hab ich, wie die andern,
Gedacht.
Hagen. Ich auch. Doch weiß ich's selber erst,
So ist der Mensch, pfui über ihn und mich,
Seit ich die Weiber prophezeien hörte!
Volker.
Und jetzt noch möcht ich zweifeln –
Hagen. Nein, mein Volker,
Das wär verkehrt. Die Probe ist gemacht.
Volker.
Doch ist auch alles wahr, was Ute sagte:
Sie ist ein Weib, und müßte, um den Gatten
Zu rächen, ihre eignen Brüder töten,
Und ihre alte Mutter mit!
Hagen. Wie das?
Volker.
Die Kön'ge decken dich, und Ute deckt
Die Kön'ge wieder, oder trifft man sie
Nicht auch, wenn man die Söhne trifft?
Hagen. Gewiß.
Volker.
Und wird ein Weib wohl einen Pfeil versenden,
Der, eh er dir die Haut nur ritzen kann,
Durch alle diese Herzen gehen muß?
Hagen.
Komme, was kommen mag, ich bin bereit.
Volker.
Ich hab uns alle bluten sehn im Traum,
Doch jeder hatte seine Wunde hinten,
Wie sie der Mörder, nicht der Held, versetzt,
Drum fürchte nichts, als Mäusefallen, Freund!
(Beide ab.)