Georg Wilhelm Friedrich Hegel
Wissenschaft der Logik
Georg Wilhelm Friedrich Hegel

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b. Das synthetische Erkennen.

Das analytische Erkennen ist die erste Prämisse des ganzen Schlusses, – die unmittelbare Beziehung des Begriffs auf das Objekt, die Identität ist daher die Bestimmung, welche es als die seinige erkennt, und es ist nur das Auffassen dessen, was ist. Das synthetische Erkennen geht auf das Begreifen dessen, was ist, das heißt, die Mannigfaltigkeit von Bestimmungen in ihrer Einheit zu fassen. Es ist daher die zweite Prämisse des Schlusses, in welchem das Verschiedene als solches bezogen wird. Sein Ziel ist deswegen die Nothwendigkeit überhaupt. – Die Verschiedenen, welche verbunden sind, sind es Theils in einem Verhältnisse; in solchem sind sie ebenso wohl bezogen, als gleichgültig und selbstständig gegeneinander; Theils aber sind sie im Begriffe verknüpft, dieser ist ihre einfache, aber bestimmte Einheit. Insofern nun das synthetische Erkennen zunächst von der abstrakten Identität zum Verhältnisse, oder vom Seyn zur Reflexion übergeht, so ist es nicht die absolute Reflexion des Begriffes, welche der Begriff in seinem Gegenstande erkennt; die Realität, welche er sich giebt, ist die nächste Stufe, nämlich die angegebene Identität der Verschiedenen als solcher, die daher zugleich noch innere und nur Nothwendigkeit, nicht die subjektive, für sich selbst seyende, daher noch nicht der Begriff als solcher ist. Das synthetische Erkennen hat daher wohl auch die Begriffsbestimmungen zu seinem Inhalt, das Objekt wird in denselben gesetzt; aber sie stehen erst im Verhältnisse zu einander, oder sind in unmittelbarer Einheit, aber damit eben nicht in derjenigen, wodurch der Begriff als Subjekt ist. Dieß macht die Endlichkeit dieses Erkennens aus; weil diese reelle Seite der Idee in ihm noch die Identität als innere hat, so sind deren Bestimmungen sich noch als äußerliche; da sie nicht als Subjektivität ist, so fehlt dem Eigenen, das der Begriff in seinem Gegenstande hat, noch die Einzelnheit, und es ist zwar nicht mehr die abstrakte, sondern die bestimmte Form, also das Besondere des Begriffes, was ihm im Objekte entspricht, aber das Einzelne desselben ist noch ein gegebener Inhalt. Dieß Erkennen verwandelt die objektive Welt daher zwar in Begriffe, aber giebt ihr nur die Form nach den Begriffsbstimmungen, und muß das Objekt nach seiner Einzelnheit, der bestimmten Bestimmtheit, finden; es ist noch nicht selbst bestimmend. Ebenso findet es Sätze und Gesetze, und beweist deren Nothwendigkeit, aber nicht als eine Nothwendigkeit der Sache an und für sich selbst, d. i. aus dem Begriffe, sondern des Erkennens, das an den gegebenen Bestimmungen, den Unterschieden der Erscheinung fortgeht, und für sich den Satz als Einheit und Verhältniß, oder aus der Erscheinung deren Grund erkennt.

Die näheren Momente des synthetischen Erkennens sind nun zu betrachten.

1. Die Definition.

Das Erste ist, daß die noch gegebene Objektivität in die einfache, als erste Form, somit die Form des Begriffes verwandelt wird; die Momente dieses Auffassens sind daher keine anderen, als die Momente des Begriffs; die Allgemeinheit, Besonderheit und Einzelnheit. – Das Einzelne ist das Objekt selbst als unmittelbare Vorstellung, dasjenige, was definirt werden soll. Das Allgemeine des Objekts desselben hat sich in der Bestimmung des objektiven Urtheils, oder des Urtheils der Nothwendigkeit, als die Gattung, und zwar als die nächste ergeben, das Allgemeine nämlich mit dieser Bestimmtheit, welche zugleich Princip für den Unterschied des Besondern ist. Diesen Unterschied hat der Gegenstand an der specifischen Differenz, welche ihn zu der bestimmten Art macht, und welche seine Disjunktion gegen die übrigen Arten begründet.

Die Definition, indem sie auf diese Weise den Gegenstand auf seinen Begriff zurückführt, streift seine Aeußerlichkeiten, welche zur Existenz erforderlich sind, ab; sie abstrahirt von dem, was zum Begriffe in seiner Realisation hinzukommt, wodurch er erstlich zur Idee, und zweitens zur äußerlichen Existenz heraustritt. Die Beschreibung ist für die Vorstellung und nimmt diesen weitern der Realität angehörigen Inhalt auf. Die Definition reducirt aber diesen Reichthum der mannigfaltigen Bestimmungen des angeschauten Daseyns auf die einfachsten Momente; welches die Form dieser einfachen Elemente, und wie sie gegen einander bestimmt ist, dieß ist in dem Begriff enthalten. Der Gegenstand wird hiermit, wie angegeben, als Allgemeines gefaßt, welches zugleich wesentlich Bestimmtes ist. Der Gegenstand selbst ist das Dritte, das Einzelne, in welchem die Gattung und die Besonderung in Eins gesetzt ist, und ein Unmittelbares, welches außer dem Begriffe, da er noch nicht selbstbestimmend ist, gesetzt ist.

In jenen Bestimmungen, dem Formunterschiede der Definition, findet der Begriff sich selbst, und hat darin die ihm entsprechende Realität. Aber weil die Reflexion der Begriffs-Momente in sich selbst, die Einzelnheit, in dieser Realität noch nicht enthalten, weil somit das Objekt, insofern es im Erkennen ist, noch nicht als ein subjektives bestimmt ist, so ist das Erkennen dagegen ein subjektives und hat einen äußerlichen Anfang, oder wegen seines äußerlichen Anfangs am Einzelnen ist es ein subjektives. Der Inhalt des Begriffs ist daher ein gegebenes und ein Zufälliges nach der gedoppelten Seite, einmal nach seinem Inhalte überhaupt, das andere Mal danach, welche Inhaltsbestimmungen von den mannigfaltigen Qualitäten, die der Gegenstand im äußerlichen Daseyn hat, für den Begriff ausgewählt werden, und die Momente desselben ausmachen sollen.

Die letztere Rücksicht bedarf näherer Betrachtung. Es ist nämlich, da die Einzelnheit als das an und für sich Bestimmtseyn außer der eigenthümlichen Begriffsbestimmung des synthetischen Erkennens liegt, kein Princip vorhanden, welche Seiten des Gegenstandes als zu seiner Begriffsbestimmung und welche nur zu der äußerlichen Realität gehörig angesehen werden sollen. Dieß macht eine Schwierigkeit bei den Definitionen aus, die für dieses Erkennen nicht zu beseitigen ist. Doch muß dabei ein Unterschied gemacht werden. – Vor's Erste von Produkten der selbstbewußten Zweckmäßigkeit läßt sich leicht die Definition auffinden, denn der Zweck, für welchen sie dienen sollen, ist eine Bestimmung, die aus dem subjektiven Entschlusse erzeugt ist, und die wesentlichen Besonderung, die Form des Existirenden ausmacht, auf welche es hier allein ankommt. Die sonstige Natur seines Materials oder andere äußere Eigenschaften sind, insofern sie dem Zweck entsprechen in seiner Bestimmung enthalten, die übrigen sind dafür unwesentlich.

Zweitens die geometrischen Gegenstände sind abstrakte Raumbestimmungen; die zum Grunde liegende Abstraktion, der sogenannte absolute Raum, hat alle weitern konkreten Bestimmungen verloren, und hat nun ferner nur solche Gestalten und Figurationen, als in ihm gesetzt werden; sie sind daher wesentlich nur, was sie seyn sollen; ihre Begriffsbestimmung überhaupt, und näher die specifische Differenz hat an ihnen ihre einfache ungehinderte Realität; sie sind insofern dasselbe, was die Produkte der äußern Zweckmäßigkeit, wie sie auch mit den arithmetischen Gegenständen darin übereinkommen, in welchen gleichfalls nur die Bestimmung zum Grunde liegt, die in ihnen gesetzt worden. – Der Raum hat zwar noch weitere Bestimmungen, die Dreiheit seiner Dimensionen, seine Kontinuität und Theilbarkeit, welche nicht durch die äußerliche Bestimmung an ihm erst gesetzt werden. Diese gehören aber zu dem aufgenommenen Material, und sind unmittelbar Voraussetzungen; erst die Verknüpfung und Verwickelung jener subjektiven Bestimmungen mit dieser eigenthümlichen Natur ihres Bodens, in welchen sie eingetragen worden, bringt synthetische Verhältnisse und Gesetze hervor. – Bei den Zahlbestimmungen, da ihnen das einfache Princip des Eins zu Grunde liegt, ist die Verknüpfung und weitere Bestimmung ganz nur ein Gesetztes, die Bestimmungen hingegen im Raume, der für sich ein kontinuirliches Außereinander ist, verlaufen sich noch weiter, und haben eine von ihrem Begriffe verschiedene Realität, die aber nicht mehr zur unmittelbaren Definition gehört.

Drittens aber sieht es mit den Definitionen konkreter Objekte der Natur sowohl als auch des Geistes ganz anders aus. Solche Gegenstände sind überhaupt für die Vorstellung Dinge von vielen Eigenschaften. Es kommt hier zunächst darauf an, aufzufassen, was ihre nächste Gattung, und dann, was ihre specifische Differenz ist. Es ist daher zu bestimmen, welche der vielen Eigenschaften dem Gegenstande als Gattung, und welche ihm als Art zukomme, ferner welche unter diesen Eigenschaften die wesentliche sey; und zu dem Letztern gehört, zu erkennen, in welchem Zusammenhange sie mit einander stehen, ob die eine schon mit der andern gesetzt sey. Dafür aber ist kein anderes Kriterium noch vorhanden, als das Daseyn selbst. – Die Wesentlichkeit der Eigenschaft ist für die Definiton, worin sie als einfache, unentwickelte Bestimmtheit gesetzt seyn soll, ihre Allgemeinheit. Diese aber ist im Daseyn die bloß empirische; – Allgemeinheit in der Zeit, ob die Eigenschaft dauernd ist, während die anderen sich als vergänglich in dem Bestehen des Ganzen zeigen; – oder eine Allgemeinheit, die aus Vergleichung mit anderen konkreten Ganzen hervorgeht, und insofern nicht über die Gemeinschaftlichkeit hinauskommt. Wenn nun die Vergleichung den totalen Habitus, wie er sich empirisch darbietet, als gemeinschaftliche Grundlage angiebt, so hat die Reflexion denselben in eine einfache Gedankenbestimmung zusammenzubringen, und den einfachen Charakter solcher Totalität aufzufassen. Aber die Beglaubigung, daß eine Gedankenbestimmung oder eine einzelne der unmittelbaren Eigenschaften das einfache und bestimmte Wesen des Gegenstandes ausmachte, kann nur eine Ableitung solcher Bestimmung aus der konkreten Beschaffenheit seyn. Dieß erforderte aber eine Analyse, welche die unmittelbaren Beschaffenheiten in Gedanken verwandelt, und das Konkrete derselben auf ein Einfaches zurückführt; eine Analyse, die höher ist als die betrachtete, weil sie nicht abstrahirend seyn, sondern in dem Allgemeinen das Bestimmte des Konkreten noch erhalten, dasselbe vereinigen und von der einfachen Gedankenbestimmung abhängig zeigen sollte.

Die Beziehungen der mannigfaltigen Bestimmungen des unmittelbaren Daseyns auf den einfachen Begriff wären aber Lehrsätze, die des Beweises bedürften. Die Definition aber als der erste, noch unentwickelte Begriff, indem sie die einfache Bestimmtheit des Gegenstandes auffassen, und dieß Auffassen etwas Unmittelbares seyn soll, kann dazu nur eine seiner unmittelbaren sogenannten Eigenschaften, – eine Bestimmung des sinnlichen Daseyns oder der Vorstellung, gebrauchen; ihre durch die Abstraktion geschehene Vereinzelung macht dann die Einfachheit aus, und für die Allgemeinheit und Wesentlichkeit ist der Begriff an die empirische Allgemeinheit, das Beharren unter veränderten Umständen und die Reflexion verwiesen, die im äußerlichen Daseyn und in der Vorstellung, d. h. da die Begriffsbestimmung sucht, wo sie nicht zu finden ist. – Das Definiren thut daher auch auf eigentliche Begriffsbestimmungen, die wesentlich die Principien der Gegenstände wären, von selbst Verzicht, und begnügt sich mit Merkmalen, d. i. Bestimmungen, bei denen die Wesentlichkeit für den Gegenstand selbst gleichgültig ist, und die vielmehr nur den Zweck haben, daß sie für eine äußere Reflexion Merkzeichen sind. – Eine solche einzelne, äußerliche Bestimmtheit steht mit der konkreten Totalität und mit der Natur ihres Begriffs zu sehr in Unangemessenheit, als daß sie für sich gewählt und dafür genommen werden könnte, daß ein konkretes Ganzes seinen wahrhaften Ausdruck und Bestimmung in ihr hätte. – Nach Blumenbachs Bemerkung z. B. ist das Ohrläppchen etwas, das allen anderen Thieren fehlt, das also nach den gewöhnlichen Redensarten von gemeinsamen und unterscheidenden Merkmalen mit allem Recht als der distinktive Charakter in der Definition des physischen Menschen gebraucht werden könnte. Aber wie unangemessen zeigt sich sogleich eine solche ganz äußerliche Bestimmung mit der Vorstellung des totalen Habitus des physischen Menschen, und mit der Forderung, daß die Begriffsbestimmung etwas Wesentliches seyn soll! Es ist etwas ganz Zufälliges, wenn die in die Definition aufgenommenen Merkmale nur solche reine Nothbehelfe sind, oder aber sich der Natur eines Princips mehr nähern. Es ist ihnen um ihrer Aeußerlichkeit willen auch anzusehen, daß von ihnen in der Begriffserkenntniß nicht angefangen worden ist; vielmehr ist ein dunkles Gefühl, ein unbestimmter aber tieferer Sinn, eine Ahnung des Wesentlichen, der Erfindung der Gattungen in der Natur und im Geiste vorangegangen, und darum erst für den Verstand eine bestimme Aeußerlickeit aufgesucht worden. – Der Begriff, indem er im Daseyn in die Aeußerlichkeit getreten ist, ist er in seine Unterschiede entfaltet, und kann nicht an eine einzelne solcher Eigenschaften schlechthin gebunden seyn. Die Eigenschaften als die Aeußerlichkeit des Dinges sind sich selbst äußerlich; es ist in der Sphäre der Erscheinung bei dem Dinge von vielen Eigenschaften aufgezeigt worden, daß sie deswegen wesentlich sogar zu selbstständigen Materien werden; der Geist wird, von demselben Standpunkte der Erscheinung aus betrachtet, zu einem Aggregate von vielen selbstständigen Kräften. Die einzelne Eigenschaft oder Kraft hört durch diesen Standpunkt selbst, wo sie gleichgültig gegen die andern gesetzt wird, auf, charakterisirendes Princip zu seyn, womit mit der Bestimmtheit, als Bestimmtheit des Begriffs, überhaupt verschwindet.

Noch tritt an den konkreten Dingen neben der Verschiedenheit der Eigenschaften gegeneinander der Unterschied zwischen Begriff und seiner Verwirklichung ein. Der Begriff in der Natur und im Geiste hat eine äußerliche Darstellung, worin seine Bestimmtheit sich als Abhängigkeit von Aeußerem, Vergänglichkeit und Unangemessenheit zeigt. Etwas Wirkliches zeigt daher wohl an sich, was es seyn soll, aber es kann auch nach dem negativen Begriffsurtheil ebenso sehr zeigen, daß seine Wirklichkeit diesem Begriffe nur unvollständig entspricht, daß sie schlecht ist. Indem die Definition nun in einer unmittelbaren Eigenschaft die Bestimmtheit des Begriffes angeben soll, so giebt es keine Eigenschaft, gegen welche nicht eine Instanz beigebracht werden könne, in der der ganze Habitus zwar das zu definirende Konkrete erkennen läßt, die Eigenschaft aber, welche für dessen Charakter genommen wird, sich unreif oder verkümmert zeigt. In einer schlechten Pflanze, einer schlechten Thiergattung, einem verächtlichen Menschen, einem schlechten Staate sind Seiten der Existenz mangelhaft oder ganz obliterirt, welche sonst für die Definition als das Unterscheidende und die wesentliche Bestimmtheit in der Existenz eines solchen Konkreten genommen werden konnten. Eine schlechte Pflanze, Thier u. s. f. bleibt aber immer noch eine Pflanze, Thier u. s. f. Soll daher auch das Schlechte in die Definition aufgenommen seyn, so entgehen den empirischen Herumsuchen alle Eigenschaften, welche es als wesentlich ansehen wollte, durch die Instanzen von Mißgeburten, denen dieselben fehlen, z. B. die Wesentlichkeit des Gehirns für den physischen Menschen, durch die Instanz der Akephalen, die Wesentlichkeit des Schutzes von Leben und Eigenthum für den Staat, durch die Instanz despotischer Staaten und tyrannischer Regierungen. – Wenn gegen die Instanz der Begriff behauptet, und sie an demselben gemessen für ein schlechtes Exemplar ausgegeben wird, so hat er seine Beglaubigung nicht mehr an der Erscheinung. Die Selbstständigkeit des Begriffes ist aber dem Sinne der Definition zuwider, welche der unmittelbare Begriff seyn soll, daher ihre Bestimmungen für die Gegenstände nur aus der Unmittelbarkeit des Daseyns aufnehmen und sich nur an dem Vorgefundenen rechtfertigen kann. – Ob ihr Inhalt an und für sich Wahrheit oder Zufälligkeit sey, dieß liegt außer ihrer Sphäre; die formelle Wahrheit aber, die Uebereinstimmung des in der Definition subjektiv gesetzten Begriffs und eines außer ihm wirklichen Gegenstandes kann darum nicht ausgemacht werden, weil der einzelne Gegenstand auch schlecht seyn kann.

Der Inhalt der Definition ist überhaupt aus dem unmittelbaren Daseyn genommen, und weil er unmittelbar ist, hat er keine Rechtfertigung; die Frage nach dessen Nothwendigkeit ist durch den Ursprung beseitigt; darin, daß sie den Begriff als ein bloß Unmittelbares ausspricht, ist darauf Verzicht gethan, ihn selbst zu begreifen. Sie stellt daher nichts dar als die Formbestimmung des Begriffs an einem gegebenen Inhalt, ohne die Reflexion des Begriffes in sich selbst, d. h. ohne sein Fürsichseyn.

Aber die Unmittelbarkeit überhaupt geht nur aus der Vermittelung hervor, sie muß daher zu dieser übergehen. Oder die Inhaltsbestimmtheit, welche die Definition enthält, ist darum, weil sie Bestimmtheit ist, nicht nur ein Unmittelbares, sondern durch ihre andere Vermitteltes; die Definition kann daher ihren Gegenstand nur durch die entgegengesetzte Bestimmung fassen, und muß daher zur Eintheilung übergehen.

2. Die Eintheilung

Das Allgemeine muß sich besondern; insofern liegt die Nothwendigkeit der Eintheilung in dem Allgemeinen. Indem aber die Definition schon selbst mit dem Besondern anfängt, so liegt ihre Nothwendigkeit, zur Eintheilung überzugehen, im Besondern, das für sich auf ein anderes Besonderes hinweist. Umgekehrt scheidet sich eben darin das Besondere, indem die Bestimmtheit im Bedürfnisse ihres Unterschiedes von der ihr andern festgehalten wird, von dem Allgemeinen ab; dieses wird hiermit für die Eintheilung vorausgesetzt. Der Gang ist daher zwar dieser, daß er der einzelne Inhalt der Definition durch die Besonderheit zum Extrem der Allgemeinheit aufsteigt, aber diese muß nunmehr als die objektive Grundlage angenommen werden, und von ihr aus stellt sich die Eintheilung als Disjunktion des Allgemeinen, als des Ersten, dar.

Hiermit ist ein Uebergang eingetreten, der, da er vom Allgemeinen zum Besondern geschieht, durch die Form des Begriffs bestimmt ist. Die Definition für sich ist etwas Einzelnes; eine Mehrheit von Definitionen gehört der Mehrheit der Gegenstände an. Der dem Begriff angehörige Fortgang vom Allgemeinen zum Besondern ist Grundlage und Möglichkeit einer synthetischen Wissenschaft, eines Systems und systematischen Erkennens.

Die erste Erforderniß hierfür ist, wie gezeigt, daß der Anfang mit dem Gegenstande in der Form eines Allgemeinen gemacht werde. Wenn in der Wirklichkeit, es sey der Natur oder des Geistes, die konkrete Einzelnheit dem subjektiven, natürlichen Erkennen als das Erste gegeben ist, so muß dagegen in dem Erkennen, das wenigstens insofern ein Begreifen ist, als es die Form des Begriffes zur Grundlage hat, das Einfache, von dem Konkreten Ausgeschiedene das Erste seyn, weil der Gegenstand nur in dieser Form die Form des sich auf sich beziehenden Allgemeinen und des dem Begriffe nach Unmittelbaren hat. Gegen diesen Gang im Wissenschaftlichen kann etwa gemeint werden, weil das Anschauen leichter sey als das Erkennen, so sey auch das Anschaubare, also die konkrete Wirklichkeit zum Anfang der Wissenschaft zu machen, und dieser Gang sey naturgemäßer als der, welcher vom Gegenstand in seiner Abstraktion beginnt, und von da umgekehrt zu dessen Besonderung und konkreten Vereinzelung fortgeht. – Indem aber erkannt werden soll, so ist die Vergleichung mit der Anschauung bereits entschieden und aufgegeben; und es kann nur die Frage seyn, was innerhalb des Erkennens das Erste und wie die Folge beschaffen seyn soll; es wird nicht mehr ein naturgemäßer, sondern ein erkenntnißgemäßer Weg verlangt. – Wenn bloß nach der Leichtigkeit gefragt wird, so erhellt ohnehin von selbst, daß es dem Erkennen leichter ist, die abstrakte einfache Gedankenbestimmung zu fassen, als das Konkrete, welches eine vielfache Verknüpfung von solchen Gedankenbestimmungen und deren Verhältnissen ist; und in dieser Art, nicht mehr wie es in der Anschauung ist, soll es aufgefaßt werden. An und für sich ist das Allgemeine das erste Begriffs-Moment, weil es das Einfache ist, und das Besondere erst das nachfolgende, weil es das Vermittelte ist; und umgekehrt ist das Einfache das Allgemeinere, und das Konkrete als das in sich Unterschiedene, hiermit Vermittelte, dasjenige, das den Uebergang von einem Ersten schon voraussetzt. – Diese Bemerkung betrifft nicht nur die Ordnung des Ganges in den bestimmten Formen von Definitionen, Eintheilungen und Sätzen, sondern auch die Ordnung des Erkennens im Allgemeinen, und bloß in Rücksicht auf den Unterschied von Abstrakten und Konkreten überhaupt. – Daher wird auch z. B. beim Lesenlernen vernünftigerweise nicht mit dem Lesen ganzer Worte oder auch der Sylben der Anfang gemacht, sondern mit den Elementen der Wörter und Sylben, und den Zeichen der abstrakten Töne; in der Buchstabenschrift ist die Analyse des konkreten Wortes in seine abstrakten Töne und deren Zeichen schon vollbracht, das Lesenlernen wird ebendadurch eine erste Beschäftigung mit abstrakten Gegenständen. In der Geometrie ist nicht der Anfang mit einer konkreten Raumgestalt, sondern mit dem Punkte und der Linie und dann weiter mit ebenen Figuren zu machen, und unter diesen nicht mit Polygonen, sondern mit dem Dreiecke, unter den krummen Linien mit dem Kreise. In der Physik sind die einzelnen Natureigenschaften oder Materien von ihren mannigfaltigen Verwickelungen, in denen sie sich in konkreter Wirklichkeit befinden, zu befreien, und mit den einfachen, nothwendigen Bedingungen darzustellen; auch sie, wie die Raumfiguren, sind ein Anschaubares, aber ihre Anschauung ist so vorzubereiten, daß sie zuerst von allen Modifikationen durch Umstände, die ihrer eigenen Bestimmtheit äußerlich sind, befreit erscheinen und festgehalten werden. Magnetismus, Elektricität, Gasarten u. s. f. sind solche Gegenstände, deren Erkenntniß allein dadurch ihre Bestimmtheit erhält, daß sie aus den konkreten Zuständen, in denen sie an der Wirklichkeit erscheinen, herausgenommen, aufgefaßt werden. Das Experiment stellt sie für die Anschauung freilich in einem konkreten Falle dar; aber Theils muß es, um wissenschaftlich zu seyn, nur die nothwendigen Bedingungen dazu nehmen, Theils sich vervielfältigen, um das untrennbare Konkrete dieser Bedingungen als unwesentlich zu zeigen, dadurch daß sie in einer andern konkreten Gestalt und wieder in anderer erscheinen, hiermit für die Erkenntniß nur ihre abstrakte Form übrig bleibt. – Um noch eines Beispiels zu erwähnen, so konnte es als naturgemäß und sinnreich erscheinen, die Farbe zuerst in der konkreten Erscheinung des animalischen subjektiven Sinnes, alsdann außer dem Subjekt als eine gespenstartige, schwebende Erscheinung, und endlich in äußerlicher Wirklichkeit an Objekten fixirt, zu betrachten. Allein für das Erkennen ist die allgemeine, und hiermit wahrhaft erste Form, die mittlere unter den genannten, wie die Farbe auf der Schwebe zwischen der Subjektivität und Objektivität als das bekannte Spektrum steht, noch ohne alle Verwickelung mit subjektiven und objektiven Umständen. Letztere sind für die reine Betrachtung der Natur dieses Gegenstandes zunächst nur störend, weil sie als wirkende Ursachen sich verhalten und es daher unentschieden machen, ob die bestimmten Veränderungen, Uebergänge und Verhältnisse der Farbe in deren eigener specifischen Natur gegründet, oder vielmehr der krankhaften specifischen Beschaffenheit jener Umstände, den gefunden und krankhaften besonderen Affektionen und Wirkungen der Organe des Subjekts, oder den chemischen, vegetabilischen, animalischen Kräften der Objekte zuzuschreiben sind. – Mehrere und anderer Beispiele könnten aus der Erkenntniß der organischen Natur und der Welt des Geistes angeführt werden; allenthalben muß das Abstrakte den Anfang und das Element ausmachen, in welchem und von welchem aus sich die Besonderheiten und die reichen Gestalten des Konkreten ausbreiten.

Bei der Eintheilung oder dem Besondern tritt nun zwar eigentlich der Unterschied desselben von dem Allgemeinen ein, aber dieß Allgemeine ist schon selbst ein Bestimmtes, und damit nur ein Glied einer Eintheilung. Es giebt daher ein höheres Allgemeines für dasselbe; für dieß aber von neuem ein höheres, und so zunächst fort ins Unendliche. Für das hier betrachtete Erkennen ist keine immanente Grenze, da es vom Gegebenen ausgeht, und die Form der abstrakten Allgemeinheit seinem Ersten eigenthümlich ist. Irgend ein Gegenstand also, welcher eine elementarische Allgemeinheit zu haben scheint, wird zum Gegenstande einer bestimmten Wissenschaft gemacht, und ist ein absoluter Anfang insofern, als die Bekanntschaft der Vorstellung mit ihm vorausgesetzt wird, und er für sich als keiner Ableitung bedürftig genommen wird. Die Definition nimmt ihn als einen unmittelbaren.

Der weitere Fortgang von ihm ist zunächst die Eintheilung. Für diesen Fortgang würde nur ein immanentes Princip, d. h. ein Anfang aus dem Allgemeinen und dem Begriffe erfordert; das hier betrachtete Erkennen ermangelt aber eines solchen, weil es nur der Formbestimmung des Begriffes ohne ihre Reflexion-in-sich nachgeht, daher die Inhaltsbestimmtheit aus dem Gegebenen nimmt. Für das Besondere, das in der Eintheilung eintritt, ist kein eigener Grund vorhanden, weder in Ansehung dessen, was den Eintheilungsgrund ausmachen, noch in Ansehung des bestimmten Verhältnisses, das die Glieder der Disjunktion zu einander haben sollen. Das Geschäft des Erkennens kann daher in dieser Rücksicht nur darin bestehen, Theils das im empirischen Stoffe aufgefundene Besondere zu ordnen, Theils auch allgemeine Bestimmungen desselben durch die Vergleichung zu finden. Die letzteren gelten alsdann als Eintheilungsgründe, deren vielfältige seyn können, so wie auch der Eintheilungen ebenso mannigfaltige danach Statt haben. Das Verhältniß der Glieder einer Eintheilung zu einander, der Arten, hat nur diese allgemeine Bestimmung, daß sie nach dem angenommenen Eintheilungsgrund bestimmt gegen einander seyen; beruhte ihre Verschiedenheit auf einer andern Rücksicht, so würden sie nicht auf gleicher Linie einander koordinirt seyn.

Wegen des ermangelnden Princips des Fürsich-selbst-Bestimmtseyns können die Gesetze für dieses Eintheilungsgeschäft nur in formellen, leeren Regeln bestehen, die zu nichts führen. – So sehen wir als Regel aufgestellt, daß die Eintheilung den Begriff erschöpfen solle; aber in der That muß jedes einzelne Eintheilungsglied den Begriff erschöpfen. Es ist aber eigentlich die Bestimmtheit desselben gemeint, welche erschöpft werden soll; allein bei der empirischen, in sich bestimmungslosen Mannigfaltigkeit der Arten trägt es zur Erschöpfung des Begriffs nichts bei, ob deren mehr oder weniger vorgefunden werden; ob z. B. zu den 67 Arten von Papageyen noch ein Dutzend weiter aufgefunden werden, ist für die Erschöpfung der Gattung gleichgültig. Die Forderung der Erschöpfung kann nur den tautologischen Satz bedeuten, daß alle Arten vollständig aufgeführt werden sollen. – Bei der Erweiterung der empirischen Kenntnisse kann es sich nun sehr wohl zutragen, daß sich Arten finden, welche nicht unter die angenommene Bestimmung der Gattung passen, weil diese häufig mehr nach einer dunkeln Vorstellung des ganzen Habitus angenommen wird, als nach dem mehr oder weniger einzelnen Merkmal, welches ausdrücklich für ihre Bestimmung dienen soll. – In solchem Falle müßte die Gattung geändert, und es müßte gerechtfertigt werden, daß eine andere Anzahl von Arten als Arten Einer neuen Gattung anzusehen seyen, das heißt, die Gattung bestimmte sich aus dem, was man aus irgend einer Rücksicht, die man als Einheit annehmen will, zusammenstellt; diese Rücksicht selbst würde dabei der Eintheilungsgrund. Umgekehrt, wenn an der zuerst angenommenen Bestimmtheit als dem Eigenthümlichen der Gattung festgehalten wird, schlösse sich jener Stoff, den man als Arten mit frühern in Eins zusammenstellen wollte, aus. Dieses Treiben ohne Begriff, welches das eine Mal eine Bestimmtheit als wesentliches Moment der Gattung annimmt, und die Besonderen danach ihr unterstellt oder davon ausschließt, das andere Mal bei dem Besonderen anfängt und in dessen Zusammenstellung sich wieder von einer andern Bestimmtheit leiten läßt, giebt die Erscheinung eines Spiels der Willkür, der es anheimgestellt sey, welchen Theil oder welche Seite des Konkreten sie festhalten, und hienach ordnen will. – Die physische Natur bietet von selbst eine solche Zufälligkeit in den Principien der Eintheilung dar; vermöge ihrer abhängigen, äußerlichen Wirklichkeit steht sie in dem mannigfaltigen, für sie gleichfalls gegebenen Zusammenhange; daher sich eine Menge Principien vorfinden, nach denen sie sich zu bequemen hat, in einer Reihe ihrer Formen also dem einen, in anderen Reihen aber anderen nachfolgt, und ebenso wohl auch vermischte Zwitterwesen, die nach den verschiedenen Seiten zugleich hingehen, hervorbringt, Hierdurch geschieht es, daß an einer Reihe von Naturdingen Merkmale als sehr bezeichnend und wesentlich hervortreten, die an andern unscheinbar und zwecklos werden, und damit das Festhalten an einem Eintheilungs-Princip dieser Art unmöglich wird.

Die allgemeine Bestimmtheit der empirischen Arten kann nur diese seyn, daß sie von einander verschieden überhaupt sind, ohne entgegengesetzt zu seyn. Die Disjunktion des Begriffs ist früher in ihrer Bestimmtheit aufgezeigt worden; wenn die Besonderheit ohne die negative Einheit des Begriffs als eine unmittelbare und gegebene aufgenommen wird, so bleibt der Unterschied nur bei der früher betrachteten Reflexions-Form der Verschiedenheit überhaupt. Die Aeußerlichkeit, in welcher der Begriff in der Natur vornehmlich ist, bringt die gänzliche Gleichgültigkeit des Unterschiedes herein; eine häufige Bestimmung für die Eintheilung wird daher von der Zahl hergenommen.

So zufällig das Besondere hier gegen das Allgemeine und daher die Eintheilung überhaupt ist, so kann es einem Instinkte der Vernunft zugeschrieben werden, wenn man Eintheilungsgründe und Eintheilungen in diesem Erkennen findet, welche, so weit sinnliche Eigenschaften es zulassen, sich dem Begriffe gemäßer zeigen. Z. B. bei den Thieren werden die Freßwerkzeuge, Zähne und Klauen, als ein weitdurchgreifender Eintheilungsgrund in den Systemen gebraucht; sie werden zunächst nur als Seiten genommen, an denen sich die Merkmale für den subjektiven Behuf des Erkennens leichter auszeichnen lassen. In der That liegt aber in jenen Organen nicht nur ein Unterscheiden, das einer äußern Reflexion zukommt, sondern sie sind der Lebenspunkt der animalischen Individualität, wo sie sich selbst von dem Andern der ihr äußerlichen Natur als sich auf sich beziehende und von der Kontinuität mit Anderem ausscheidende Einzelnheit setzt. – Bei der Pflanze machen die Befruchtungstheile denjenigen höchsten Punkt des vegetabilischen Lebens aus, wodurch sie auf den Uebergang in die Geschlechts-Differenz, und damit in die individuelle Einzelnheit hindeutet. Das System hat sich daher mit Recht für einen zwar nicht aus-, doch weitreichenden Eintheilungsgrund an diesen Punkt gewendet, und dadurch eine Bestimmtheit zu Grunde gelegt, welche nicht bloß eine Bestimmtheit für die äußerliche Reflexion zur Vergleichung, sondern die höchste an und für sich ist, deren die Pflanze fähig ist.

3. Der Lehrsatz.

1. Die dritte Stufe dieses nach den Begriffsbestimmungen fortschreitenden Erkennens ist der Uebergang der Besonderheit in die Einzelnheit; diese macht den Inhalt des Lehrsatzes aus. Was hier also zu betrachten ist, ist die sich auf sich beziehende Bestimmtheit, der Unterschied des Gegenstandes in sich selbst, und die Beziehung der unterschiedenen Bestimmtheiten auf einander. Die Definition enthält nur Eine Bestimmtheit, die Eintheilung die Bestimmtheit gegen andere; in der Vereinzelung ist der Gegenstand in sich selbst aus einander gegangen. Insofern die Definition beim allgemeinen Begriffe stehen bleibt, so ist dagegen in den Lehrsätzen der Gegenstand in seiner Realität, in den Bedingungen und Formen seines reellen Daseyns erkannt. Mit der Definition zusammen stellt er daher die Idee dar, welche die Einheit des Begriffs und der Realität ist. Aber das hier betrachtete, noch im Suchen begriffene Erkennen kommt zu dieser Darstellung insofern nicht, als die Realität bei demselben nicht aus dem Begriffe hervorgeht, also ihre Abhängigkeit hiervon und damit die Einheit selbst nicht erkannt wird.

Der Lehrsatz nun nach der angegebenen Bestimmung ist das eigentlich Synthetische eines Gegenstandes, insofern die Verhältnisse seiner Bestimmtheiten nothwendig, das ist, in der innern Identität des Begriffes gegründet sind. Das Synthetische in der Definition und Eintheilung ist eine äußerlich aufgenommene Verknüpfung; das Vorgefundene wird in die Form des Begriffes gebracht, aber als vorgefunden wird der ganze Inhalt nur monstrirt; der Lehrsatz aber soll demonstrirt werden. Da dieses Erkennen den Inhalt seiner Definitionen und der Eintheilungsbestimmungen nicht deducirt, so scheint es, könnte es sich auch das Beweisen derjenigen Verhältnisse ersparen, welche die Lehrsätze ausdrücken, und sich in dieser Rücksicht gleichfalls mit der Wahrnehmung begnügen. Allein wodurch sich das Erkennen von der bloßen Wahrnehmung und der Vorstellung unterscheidet, ist die Form des Begriffs überhaupt, die es dem Inhalte ertheilt; dieß wird in der Definition und Eintheilung geleistet; aber da der Inhalt des Lehrsatzes von dem Begriffs-Momente der Einzelnheit herkommt, so besteht er in Realitäts-Bestimmungen, welche nicht mehr bloß die einfachen und unmittelbaren Begriffsbestimmungen zu ihrem Verhältnisse haben; in der Einzelnheit ist der Begriff zum Andersseyn, zur Realität, wodurch er Idee wird, übergegangen. Die Synthesis, die im Lehrsatze enthalten ist, hat somit nicht mehr die Form des Begriffs zu ihrer Rechtfertigung; sie ist eine Verknüpfung als von Verschiedenen; die noch nicht damit gesetzte Einheit ist daher erst aufzuzeigen, das Beweisen wird also hier diesem Erkennen selbst nothwendig.

Zunächst bietet sich hierbei nun die Schwierigkeit dar, bestimmt zu unterschieden, welche von den Bestimmungen des Gegenstandes in die Definitionen aufgenommen werden können, oder aber in die Lehrsätze zu verweisen sind. Es kann hierüber kein Princip vorhanden seyn; ein solches scheint etwa darin zu liegen, daß das, was einem Gegenstande unmittelbar zukomme, der Definition angehöre, von dem Uebrigen aber als einem Vermittelten die Vermittelung erst aufzuzeigen sey. Allein der Inhalt der Definition ist ein bestimmter überhaupt, und dadurch selbst wesentlich ein vermittelter; er hat nur eine subjektive Unmittelbarkeit; das heißt das Subjekt macht einen willkürlichen Anfang, und läßt einen Gegenstand als Voraussetzung gelten. Indem dieß nun ein in sich konkreter Gegenstand überhaupt ist, und auch eingetheilt werden muß, so ergiebt sich eine Menge von Bestimmungen, welche ihrer Natur nach vermittelte sind, und nicht durch ein Princip, sondern nur nach subjektiver Bestimmung als unmittelbare und unerwiesene angenommen werden. – Auch bei Euklid, welcher von jeher als der Meister in dieser synthetischen Art des Erkennens mit Recht anerkannt worden, findet sich unter dem Namen eines Axioms eine Voraussetzung über die Parallel-Linien, welche man für des Beweises bedürftig gehalten, und den Mangel auf verschiedene Weise zu ergänzen versucht hat. In manchen anderen Lehrsätzen hat man Voraussetzungen zu entdecken geglaubt, welche nicht unmittelbar hätten angenommen werden sollen, sondern zu beweisen gewesen wären. Was jenes Axiom über die Parallel-Linien betrifft, so läßt sich darüber bemerken, daß wohl darin gerade der richtige Sinn Euklides zu erkennen ist, der das Element, so wie die Natur seiner Wissenschaft genau gewürdigt hatte; der Beweis jenes Axioms wäre aus dem Begriffe der Parallel-Linien zu führen gewesen; aber ein solches Beweisen gehört so wenig in seine Wissenschaft, als die Deduktion seiner Definitionen, Axiome und überhaupt seines Gegenstandes, des Raums selbst und der nächsten Bestimmungen desselben, der Dimensionen; – weil eine solche Deduktion nur aus dem Begriffe geführt werden kann, dieser aber außerhalb des Eigenthümlichen der euklidischen Wissenschaft liegt, so sind es für dieselbe nothwendig Voraussetzungen, relative Erste.

Die Axiome, um derselben bei dieser Gelegenheit zu erwähnen, gehören zu derselben Klasse. Sie pflegen mit Unrecht gewöhnlich als absolut-Erste genommen zu werden, als ob sie an und für sich keines Beweises bedürften. Wäre dieß in der That der Fall, so würden sie bloße Tautologien seyn, da nur in der abstrakten Identität keine Verschiedenheit Statt findet, also auch keine Vermittelung erforderlich ist. Sind die Axiome aber mehr als Tautologien, so sind sie Sätze aus irgend einer andern Wissenschaft, weil sie für diejenige Wissenschaft, der sie als Axiome dienen, Voraussetzungen seyn sollen. Sie sind daher eigentlich Lehrsätze, und zwar meist aus der Logik. Die Axiome der Geometrie sind dergleichen Lemmen, logische Sätze, die sich übrigens den Tautologien darum nähern, weil sie nur die Größe betreffen und daher die qualitativen Unterschiede in ihnen ausgelöscht sind; von dem Haupt-Axiome, dem rein quantitativen Schlusse ist oben die Rede gewesen. – Die Axiome bedürfen daher, so gut als die Definitionen und Eintheilungen, an und für sich betrachtet eines Beweises, und werden nur darum nicht zu Lehrsätzen gemacht, weil sie als relativ erste für einen gewissen Standpunkt als Voraussetzungen angenommen werden.

In Ansehung des Inhaltes der Lehrsätze ist nun der nähere Unterschied zu machen, daß da derselbe in einer Beziehung von Bestimmtheiten der Realität des Begriffes besteht, diese Beziehungen mehr oder weniger unvollständige und einzelne Verhältnisse des Gegenstandes, oder aber ein solches Verhältniß seyn können, das den ganzen Inhalt der Realität befaßt, und dessen bestimmte Beziehung ausdrückt. Die Einheit der vollständigen Inhaltsbestimmtheiten ist aber dem Begriffe gleich; ein Satz, der sie enthält, ist daher selbst wieder die Definition, aber die nicht nur den unmittelbar aufgenommenen, sondern den in seine bestimmten, realen Unterschiede entwickelten Begriff, oder das vollständige Daseyn desselben ausdrückt. Beides zusammen stellt daher die Idee dar.

Wenn man die Lehrsätze einer synthetischen Wissenschaft, und namentlich der Geometrie, näher vergleicht, so wird sich dieser Unterschied zeigen, daß einige ihrer Lehrsätze nur einzelne Verhältnisse des Gegenstandes enthalten, andere aber solche Verhältnisse, in welchen die vollständige Bestimmtheit des Gegenstandes ausgedrückt ist. Es ist eine sehr oberflächliche Ansicht, wenn die sämmtlichen Sätze an Werth einander gleichgeachtet werden, weil überhaupt jeder eine Wahrheit enthalte, und im formellen Gange, im Zusammenhange des Beweisens, gleich wesentlich sey. Der Unterschied in Ansehung des Inhalts der Lehrsätze hängt mit diesem Gange selbst auf's Engste zusammen; einige weitere Bemerkungen über den letztern werden dazu dienen, jenen Unterschied wie die Natur des synthetischen Erkennens näher aufzuhellen. Zunächst ist von jeher an der euklidischen Geometrie, welche als Repräsentant der synthetischen Methode, wovon sie das vollkommenste Muster liefert, als Beispiel dienen soll, die Anordnung in der Folge der Lehrsätze angerühmt worden, wodurch für jeden Lehrsatz diejenigen Sätze, die zu seiner Konstruktion und Beweis erforderlich sind, sich immer schon als früher bewiesen vorfinden. Dieser Umstand betrifft die formelle Konsequenz; so wichtig diese ist, so betrifft er doch mehr die äußerliche Anordnung der Zweckmäßigkeit, und hat für sich keine Beziehung auf den wesentlichen Unterschied von Begriff und Idee, in dem ein höheres Princip der Nothwendigkeit des Fortgangs liegt. – Die Definitionen, mit welchen angefangen wird, fassen nämlich den sinnlichen Gegenstand als unmittelbar gegeben auf, und bestimmen ihn nach seiner nächsten Gattung und specifischen Differenz; welches gleichfalls die einfachen, unmittelbaren Bestimmtheiten des Begriffs, die Allgemeinheit und Besonderheit sind, deren Verhältniß weiter nicht entwickelt ist. Die anfänglichen Lehrsätze nun können selbst sich an nichts als solche unmittelbare Bestimmungen halten, wie die in den Definitionen enthaltene sind; ingleichen kann ihre gegenseitige Abhängigkeit zunächst nur dieß Allgemeine betreffen, daß die eine durch die andere bestimmt überhaupt ist. So betreffen die ersten Sätze Euklid's über die Dreiecke nur die Kongruenz, d. h. wie viele Stücke in einem Dreiecke bestimmt seyn müssen, damit auch die übrigen Stücke eines und desselben Dreiecks, oder das ganze bestimmt überhaupt sey. Daß zwei Dreiecke mit einander verglichen und die Kongruenz auf das Decken gesetzt wird, ist ein Umweg, dessen die Methode bedarf, die das sinnliche Decken statt des Gedankens: Bestimmtseyn, gebrauchen muß. Sonst für sich betrachtet, enthalten jene Lehrsätze selbst zwei Theile, deren der eine als der Begriff, der andere als die Realität, als das jenen zur Realität Vollendende angesehen werden kann. Das vollständig Bestimmende nämlich, z. B. die zwei Seiten und der eingeschlossene Winkel, ist bereits das ganze Dreieck für den Verstand; es bedarf zur vollständigen Bestimmtheit desselben nichts weiter; die übrigen zwei Winkel und die dritte Seite ist der Ueberfluß der Realität über die Bestimmtheit des Begriffs. Was jene Lehrsätze daher thun, ist eigentlich dieß, daß sie das sinnliche Dreieck, das allerdings dreier Seiten und dreier Winkel bedarf, auf die einfachsten Bedingungen reduciren; die Definition hatte nur der drei Linien überhaupt erwähnt, welche die ebene Figur einschließen und zu einem Dreieck machen; ein Lehrsatz enthält erst ausdrücklich das Bestimmtseyn der Winkel durch das Bestimmtseyn der Seiten, so wie die übrigen Lehrsätze die Abhängigkeit anderer dreier Stücke von dreien solchen Stücken. – Die völlige Bestimmtheit aber der Größe des Dreiecks nach seinen Seiten in sich selbst enthält der pythagoräische Lehrsatz; dieser ist erst die Gleichung der Seiten des Dreiecks, da die vorhergehenden Seiten es nur im Allgemeinen zu einer Bestimmtheit seiner Stücke gegeneinander, nicht zu einer Gleichung bringen. Dieser Satz ist daher die vollkommene, reelle Definition des Dreiecks, nämlich zunächst des rechtwinklichten, des in seinen Unterschieden einfachsten und daher regelmäßigsten. – Euklid schließt mit diesem Satze das erste Buch, indem er in der That eine erreichte vollkommene Bestimmtheit ist. So beschließt er auch das zweite, nachdem er vorher die mit größerer Ungleichheit behafteten, nicht rechtwinklichten Dreiecke auf das Gleichförmige zurückgeführt hat, mit der Reduktion des Rektangels auf das Quadrat, – einer Gleichung zwischen dem sich selbst Gleichen, dem Quadrat, mit dem in sich Ungleichen, dem Rechteck; so macht die Hypotenuse, die dem rechten Winkel, dem sich selbst Gleichen entspricht, im pythagoräischen Lehrsatze die eine Seite der Gleichung aus, und die andere das sich Ungleiche, nämlich die zwei Katheten. Jene Gleichung zwischen dem Quadrat und dem Rechteck liegt der zweiten Definition des Kreises zu Grunde, – die wieder der pythaoräische Lehrsatz ist, nur insofern die Katheten als veränderliche Größen angenommen werden; die erste Gleichung des Kreises ist in eben dem Verhältnisse der sinnlichen Bestimmtheit zur Gleichung, als die zwei verschiedenen Definitionen der Kegelschnitte überhaupt zu einander sind.

Dieser wahrhafte synthetische Fortgang ist ein Uebergang vom Allgemeinen zur Einzelnheit, nämlich zum an und für sich Bestimmten oder der Einheit des Gegenstandes in sich selbst, insofern dieser in seine wesentlichen reellen Bestimmtheiten aus einander gegangen und unterschieden worden ist. Der ganz unvollkommene, gewöhnliche Fortgang aber in anderen Wissenschaften pflegt zu seyn, daß der Anfang zwar von einem Allgemeinen gemacht wird, die Vereinzelung und Konkretion desselben aber nur eine Anwendung des Allgemeinen auf anders woher hereinkommenden Stoff ist; das eigentliche Einzelne der Idee ist auf diese Weise eine empirische Zuthat.

Von welchem unvollkommenern oder vollkommenern Inhalte nun auch der Lehrsatz sey, so muß er bewiesen werden. Er ist ein Verhältniß von reellen Bestimmungen, die nicht das Verhältniß von Begriffsbestimmungen haben; wenn sie dieses haben, wie es in den Sätzen, welche wir die zweiten oder reellen Definitionen genannt haben, aufgezeigt werden kann, so sind diese eben darum einer Seits Definitionen, aber weil ihr Inhalt zugleich aus Verhältnissen reeller Bestimmungen, nicht bloß in dem Verhältnisse eines Allgemeinen und der einfachen Bestimmtheit besteht, sind sie im Vergleich mit solcher ersten Definition auch des Beweises bedürftig und fähig. Als reelle Bestimmtheiten haben sie die Form gleichgültig bestehender und verschiedener; sie sind daher nicht unmittelbar eins; es ist deswegen ihre Vermittelung aufzuzeigen. Die unmittelbare Einheit in der ersten Definition ist die, nach welcher das besondere im Allgemeinen ist.

2. Die Vermittelung, die jetzt näher zu betrachten ist, kann nun einfach seyn, oder durch mehrere Vermittlungen hindurch gehen. Die vermittelnden Glieder hängen mit den zu vermittelnden zusammen; aber indem es nicht der Begriff ist, aus welchem die Vermittelung und der Lehrsatz in diesem Erkennen zurückgeführt wird, dem überhaupt der Uebergang ins Entgegengesetzte fremd ist, so müssen die vermittelnden Bestimmungen, ohne den Begriff des Zusammenhangs, als ein vorläufiges Material zum Gerüste des Beweises irgendwoher herbeigebracht werden. Diese Vorbereitung ist die Konstruktion.

Unter den Beziehungen des Inhalts des Lehrsatzes, die sehr mannigfaltig seyn können, müssen nun nur diejenigen angeführt und vorstellig gemacht werden, welche dem Beweise dienen. Diese Herbeischaffung des Materials hat erst ihren Sinn in diesem; an ihr selbst erscheint sie als blind und ohne Begriff. Hintennach beim Beweise sieht man wohl ein, daß es zweckmäßig war, an der geometrischen Figur z. B. solche weitere Linien zu ziehen, als die Konstruktion angiebt; aber bei dieser selbst muß man blindlings gehorchen; für sich ist diese Operation daher ohne Verstand, da der Zweck, der sie leitet, noch nicht ausgesprochen ist. – Es ist gleichgültig, ob es ein eigentlicher Lehrsatz oder eine Aufgabe ist, zu deren Behuf sie vorgenommen wird; so wie sie zunächst vor dem Beweis erscheint, ist sie etwas aus der im Lehrsatze oder der Aufgabe gegebenen Bestimmung nicht Abgeleitetes, daher ein sinnloses Thun für denjenigen, der den Zweck noch nicht kennt, immer aber ein nur von einem äußerlichen Zwecke Dirigirtes.

Dieses zuerst noch Geheime kommt im Beweise zum Vorschein. Er enthält, wie angegeben, die Vermittelung dessen, was im Lehrsatze als verbunden ausgesprochen ist; durch diese Vermittelung erscheint diese Verknüpfung erst als eine nothwendige. Wie die Konstruktion für sich ohne die Subjektivität des Begriffes ist, so ist der Beweis ein subjektives Thun ohne Objektivität. Weil nämlich die Inhaltsbestimmungen des Lehrsatzes nicht zugleich als Begriffsbestimmungen gesetzt sind, sondern als gegebene gleichgültige Theile, die in mannigfaltigen äußerlichen Verhältnissen zu einander stehen, so ist es nur der formelle, äußerliche Begriff, in welchem sich die Nothwendigkeit ergiebt. Der Beweis ist nicht eine Genesis des Verhältnisses, welches den Inhalt des Lehrsatzes ausmacht; die Nothwendigkeit ist nur für die Einsicht, und der ganze Beweis zum subjektiven Behufe des Erkennens. Er ist deswegen überhaupt eine äußerliche Reflexion, die von Außen nach Innen geht, d. h. aus äußerlichen Umständen auf die innere Beschaffenheit des Vehältnisses schließt. Diese Umstände, welche die Konstruktion dargestellt hat, sind eine Folge der Natur des Gegenstandes, hier werden sie umgekehrt zum Grunde und zu den vermittelnden Verhältnissen gemacht. Der Medius Terminus, das Dritte, worin die im Lehrsatze verbundenen sich in ihrer Einheit darstellen, und welches den Nerv des Beweises abgiebt, ist deswegen nur ein solches, woran diese Verknüpfung erscheint und äußerlich ist. Weil die Folge, der dieses Beweisen nachgeht, vielmehr die umgekehrte der Natur der Sache ist, so ist das, was als Grund darin angesehen wird, ein subjektiver Grund, woraus nur für das Erkennen die Natur der Sache hervorgeht.

Aus dem Bisherigen erhellt die nothwendige Grenze dieses Erkennens, welche sehr häufig verkannt worden ist. Das glänzende Beispiel der synthetischen Methode ist die geometrische Wissenschaft, – aber unpassender Weise ist sie auch auf andere Wissenschaften, selbst auf die Philosophie angewendet worden. Die Geometrie ist eine Wissenschaft der Größe, daher ist das formelle Schließen ihr auf's Passendste angehörig; da die bloß quantitative Bestimmung in ihr betrachtet und von der qualitativen abstrahirt wird, so kann sie sich innerhalb der formellen Identität, der begrifflosen Einheit halten, welche die Gleichheit ist, und der äußerlichen abstrahirenden Reflexion angehört. Der Gegenstand, die Raumbestimmungen, sind schon solche abstrakte Gegenstände, die für den Zweck zubereitet worden, eine vollkommene endliche, äußerliche Bestimmtheit zu haben. Diese Wissenschaft hat durch ihren abstrakten Gegenstand einer Seits das Erhabene, daß in diesen leeren stillen Räumen die Farbe ausgelöscht, ebenso die anderen sinnlichen Eigenschaften verschwunden sind, daß ferner jedes andere Interesse darin schweigt, das an die lebendige Individualität näher anspricht. Anderer Seits ist der abstrakte Gegenstand noch der Raum, – ein unsinnlich Sinnliches; die Anschauung ist in ihre Abstraktion erhoben, er ist eine Form der Anschauung, aber ist noch Anschauung, – ein Sinnliches, das Außereinander der Sinnlichkeit selbst; ihre reine Begrifflosigkeit. – Man hat in neueren Zeiten genug von der Vortrefflichkeit der Geometrie aus dieser Seite sprechen gehört; – man hat dieß, daß sie sinnliche Anschauung zum Grunde liegen habe, für ihren höchsten Vorzug erklärt, und gemeint, ihre hohe Wissenschaftlichkeit Gründe sich sogar hierauf, und ihre Beweise beruhen auf der Anschauung. Es ist gegen diese Flachheit die flache Erinnerung zu machen nöthig, daß durch das Anschauen keine Wissenschaft zu Stande komme, sondern allein durchs Denken. Die Anschaulichkeit, welche die Geometrie durch ihren noch sinnlichen Stoff hat, giebt ihr allein diejenige Seite der Evidenz, welche das Sinnliche überhaupt für den gedankenlosen Geist hat. Kläglicherweise daher hat man diese Sinnlichkeit des Stoffs ihr für einen Vorzug angerechnet, welche vielmehr die Niedrigkeit ihres Standpunkts bezeichnet. Nur der Abstraktion ihres sinnlichen Gegenstandes verdankt sie ihre Fähigkeit zu einer höhern Wissenschaftlichkeit, und den großen Vorzug vor denjenigen Sammlungen von Kenntnissen, die man gleichfalls Wissenschaften zu nennen beliebt, und die konkretes, empfindbares Sinnliches zu ihrem Inhalte haben, und nur durch die Ordnung, die sie hinein zu bringen suchen, eine ferne Ahnung und Anspielung an die Forderungen des Begriffes zeigen.

Dadurch, daß der Raum der Geometrie die Abstraktion und Leere des Außereinanderseyns ist, ist es nur möglich, daß in seine Unbestimmtheit die Figurationen so hineingezeichnet werden, daß ihre Bestimmungen in fester Ruhe außereinander verbleiben und keinen Uebergang in das Entgegengesetzte in sich haben. Ihre Wissenschaft ist dadurch einfache Wissenschaft des Endlichen, das nach der Größe verglichen wird, und dessen Einheit die äußerliche, die Gleichheit, ist. Aber indem nun bei diesem Figurieren zugleich von verschiedenen Seiten und Principien ausgegangen wird, und die verschiedenen Figuren für sich entstehen, so zeigt sich bei ihrer Vergleichung doch auch die qualitative Ungleichheit und Inkommensurabilität. Die Geometrie wird an derselben über die Endlichkeit, in der sie so geregelt und sicher fortschritt, zur Unendlichkeit getrieben, – zum Gleichsetzen solcher, die qualitativ verschieden sind. Hier hört ihre Evidenz von der Seite auf, als ihr sonst die feste Endlichkeit zu Grunde liegt, und sie nichts mit dem Begriffe und dessen Erscheinung, jenem Uebergange, zu thun hat. Die endliche Wissenschaft ist hier an ihre Grenze gekommen, da die Nothwendigkeit und Vermittelung des Synthetischen nicht mehr nur in der positiven Identität, sondern in der negativen gegründet ist.

Wenn die Geometrie, wie die Algebra bei ihren abstrakten, bloß verständigen Gegenständen bald auf ihre Grenze stößt, so zeigt sich die synthetische Methode für andere Wissenschaften von Anfang an um so ungenügender, am ungenügendsten aber bei der Philosophie. In Ansehung der Definition und Eintheilung hat sich das Gehörige schon ergeben; hier wäre nur noch vom Lehrsatze und Beweise zu sprechen, aber außer der Voraussetzung der Definition und Eintheilung, die den Beweis schon fordert und voraussetzt, besteht ferner in der Stellung derselben überhaupt zu den Lehrsätzen das Ungenügende. Diese Stellung ist vornehmlich merkwürdig bei den Erfahrungswissenschaften, wie z. B. die Physik, wenn sie sich die Form von synthetischen Wissenschaften geben wollen. Der Weg ist dann dieser, daß die Reflexions-Bestimmungen von besonderen Kräften, oder sonst innerlichen und wesenhaften Formen, welche aus der Weise, die Erfahrung zu analysiren, hervorgehen, und die sich nur als Resultate rechtfertigen können, an die Spitze gestellt werden müssen, um an denselben die allgemeine Grundlage zu haben, welche nachher auf das Einzelne angewendet und in ihm aufgezeigt wird. Indem diese allgemeinen Grundlagen für sich keinen Halt haben, so soll man sie sich einstweilen gefallen lassen; an den abgeleiteten Folgerungen aber merkt man erst, daß diese den eigentlichen Grund jener Grundlagen ausmachen. Es zeigt sich die sogenannte Erklärung, und der Beweis des in Lehrsätze gebrachten Konkreten Theils als eine Tautologie, Theils als eine Verwirrung des wahren Verhältnisses, Theils auch, daß diese Verwirrung dazu diente, die Täuschung des Erkennens zu verstecken, das Erfahrungen einseitig aufgenommen hat, wodurch es allein seine einfachen Definitionen und Grundsätze erlangen konnte, und die Widerlegung aus der Erfahrung damit beseitigt, daß es diese nicht in ihrer konkreten Totalität, sondern als Beispiel und zwar nach der für die Hypothesen und Theorie brauchbaren Seite vornimmt und gelten läßt. In dieser Unterordnung der konkreten Erfahrung unter die vorausgesetzten Bestimmungen wird die Grundlage der Theorie verdunkelt und nur nach der Seite gezeigt, welche der Theorie gemäß ist; so wie es überhaupt dadurch sehr erschwert wird, die konkreten Wahrnehmungen unbefangen für sich zu betrachten. Nur indem man den ganzen Verlauf auf den Kopf stellt, erhält das Ganze das rechte Verhältniß, worin sich der Zusammenhang von Grund und Folge, und die Richtigkeit der Umbildung der Wahrnehmung in Gedanken übersehen läßt. Eine der Hauptschwierigkeiten beim Studium solcher Wissenschaften ist daher, in sie hineinzukommen; was nur dadurch geschehen kann, daß man sich die Voraussetzung blindlings gefallen läßt, und ohne weiter einen Begriff, selbst oft kaum eine bestimmte Vorstellung, höchstens ein verworrenes Bild der Phantasie davon sich machen zu können, die Bestimmung von den angenommenen Kräften, Materien und deren hypothetischen Gestaltungen, Richtungen und Drehungen vor der Hand ins Gedächtniß einprägt. Wenn man die Nothwendigkeit und den Begriff der Voraussetzungen, um sie anzunehmen und gelten zu lassen, fordert, so ist nicht über den Anfang hinauszukommen.

Ueber das Unpassende der Anwendung der synthetischen Methode auf die streng analytische Wissenschaft ist oben die Gelegenheit gewesen, zu sprechen. Durch Wolf ist diese Anwendung auf alle mögliche Arten von Kenntnissen ausgedehnt worden, die er zur Philosophie und Mathematik zog, – Kenntnisse, die zum Theil ganz analytischer Natur, zum Theil auch einer zufälligen, und bloß handwerkmäßigen Art sind. Der Kontrast eines solchen leicht faßliche, seiner Natur nach keiner strengen und wissenschaftlichen Behandlung fähigen Stoffes mit dem steifen wissenschaftlichen Umwege und Ueberzuge hat für sich selbst das Ungeschickte solcher Anwendung gezeigt, und um den Kredit gebracht.Z.B. in Wolf's Anfangsgründen der Baukunst heißt der achte Lehrsatz: Ein Fenster muß so breit seyn, daß zwei Personen gemächlich neben einander in demselben liegen können.
Beweis: Denn man pflegt sich öfters mit einer andern Person an das Fenster zu legen, und sich umzusehen. Da nun der Baumeister den Hauptabsichten des Bauherrn in Allem ein Genüge thun soll (_. 1); so muß er auch das Fenster so breit machen, daß zwei Personen gemächlich neben einander in demselben liegen können. W.z.E.
Desselben Anfangsgründe der Fortifikation, der zweite Lehrsatz: Wenn der Feind in der Nähe kampirt, und man vermuthet, er werde durch einen Sukkurs die Festung zu entsetzen suchen: so muß eine Circumvallations-Linie um die ganze Festung herumgezogen werden.
Beweis: Die Circumvallations-Linie hindern, daß Niemand in das Lager von Außen hineindringen kann (_. 311). Diejenigen aber, welche die Festung entsetzen wollen, verlangen in das Lager von Außen hineinzudringen. Wenn man sie also abhalten will, muß eine Circumvallations-Linie um das Lager gezogen werden. Derowegen wenn der Feind in der Nähe kampirt, und man vermuthet, er werde durch Sukkurs die Festung zu entsetzen suchen, so muß das Lager in Circumvallations-Linien eingeschlossen werden. W.z.E.

Den Glauben an die Tauglichkeit und Wesentlichkeit dieser Methode für eine wissenschaftliche Strenge in der Philosophie konnte jedoch jener Mißbrauch nicht benehmen; Spinoza's Beispiel in Darstellung seiner Philosophie hat noch lange als ein Muster gegolten. In der That aber ist durch Kant und Jacobi die ganze Weise der vormaligen Metaphysik und damit ihre Methode über den Haufen geworfen worden. Kant hat von dem Inhalte jener Metaphysik nach seiner Weise gezeigt, daß derselbe durch die strenge Demonstration auf Antinomien, deren übrige Beschaffenheit an den gehörigen Orten beleuchtet worden ist, führe; aber auf die Natur dieses Demonstrirens selbst, das an einen endlichen Inhalt geknüpft ist, hat er nicht reflektirt; das eine aber muß mit dem andern fallen. In seinen Anfangsgründen der Naturwissenschaft hat er selbst ein Beispiel gegeben, eine Wissenschaft, welche er auf diese Weise der Philosophie zu vindiciren gedachte, als eine Reflexions-Wissenschaft und in der Methode derselben zu behandeln. – Wenn Kant mehr der Materie nach die vormalige Metaphysik angriff, so hat sie Jacobi vornehmlich von Seiten ihrer Weise zu demonstrieren angegriffen, und den Punkt, worauf es ankommt, auf's Lichteste und Tiefste herausgehoben, daß nämlich solche Methode der Demonstration schlechthin in den Kreis der starren Notwendigkeit des Endlichen gebunden ist, und die Freiheit, das ist der Begriff, und damit Alles was wahrhaft ist, jenseits derselben liegt, und von ihr unerreichbar ist. – Nach dem kantischen Resultate ist es der eigenthümliche Stoff der Metaphysik, der sie in Widersprüche führt, und das Unzureichende des Erkennens besteht in seiner Subjektivität, nach dem jacobischen ist es die Methode und ganze Natur des Erkennens selbst, das nur einen Zusammenhang der Bedingtheit und Abhängigkeit erfaßt, und daher dem, was an und für sich und das absolut-Wahre ist, sich unangemessen zeigt. In der That, indem das Princip der Philosophie der unendliche freie Begriff ist, und aller ihr Inhalt allein auf demselben beruht, so ist die Methode der begrifflosen Endlichkeit nicht auf jenen passend. Die Synthese und Vermittelung dieser Methode, das Beweisen bringt es nicht weiter als zu einer der Freiheit gegenüberstehenden Nothwendigkeit, – nämlich einer Identität des Abhängigen, welche nur an sich ist, es seyn, daß sie als innerliche oder als äußerliche aufgefaßt werde, worin dasjenige, was die Realität daran ausmacht, das Unterschiedene und in die Existenz Extreme schlechthin ein selbstständig-Verschiedenes und daher Endliches bleibt. Darin kommt also diese Identität selbst nicht zur Existenz und bleibt das nur Innerliche, oder sie ist das nur Aeußerliche, indem ihr bestimmter Inhalt ihr gegeben ist; – in beiden Ansichten ist sie ein Abstraktes und hat die reelle Seite nicht an ihr selbst, und ist nicht als an und für sich bestimmte Identität gesetzt; der Begriff, um welchen es allein zu thun, und der das an und für sich Unendliche ist, ist somit aus diesem Erkennen ausgeschlossen.

In dem synthetischen Erkennen gelangt also die Idee nur insoweit zu ihrem Zweck, daß der Begriff nach seinen Momenten der Identität und den realen Bestimmungen, oder nach der Allgemeinheit und den besonderen Unterschieden, – ferner auch als Identität, welche Zusammenhang und Abhängigkeit des Verschiedenen ist, – für den Begriff wird. Aber dieser sein Gegenstand ist ihm nicht angemessen; denn der Begriff wird nicht als Einheit seiner mit sich selbst in seinem Gegenstande oder seiner Realität; in der Nothwendigkeit ist seine Identität für ihn, in der aber nicht selbst die Bestimmtheit, sondern als ein ihr äußerlicher, d. i. nicht durch den Begriff bestimmter Stoff ist, in welchem er also nicht sich selbst erkennt. Ueberhaupt ist also der Begriff nicht für sich, nach seiner Einheit nicht zugleich an und für sich bestimmt. Die Idee erreicht deswegen in diesem Erkennen die Wahrheit noch nicht wegen der Unangemessenheit des Gegenstandes zu dem subjektiven Begriffe. – Aber die Sphäre der Nothwendigkeit ist die höchste Spitze des Seyns und der Reflexion; sie geht an und für sich selbst in die Freiheit des Begriffes, die innere Identität geht in ihre Manifestation, die der Begriff als Begriff ist, über. Wie dieser Uebergang aus der Sphäre der Nothwendigkeit in den Begriff an sich geschieht, ist bei Betrachtung der erstern gezeigt worden, so wie er auch als die Genesis des Begriffs zu Anfang dieses Buchs sich dargestellt hat. Hier hat die Nothwendigkeit die Stellung, die Realität oder der Gegenstand des Begriffes zu seyn, wie auch der Begriff, in den sie übergeht, nunmehr als Gegenstand desselben ist. Aber der Uebergang selbst ist derselbe. Er ist auch hier nur erst an sich und liegt noch außer dem Erkennen in unserer Reflexion, d. h. ist dessen noch innere Nothwendigkeit selbst. Nur das Resultat ist für ihn. Die Idee, insofern der Begriff nun für sich der an und für sich bestimmte ist ist die praktische Idee, das Handeln.


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