Johann Gottfried Herder
Stimmen der Völker in Liedern
Johann Gottfried Herder

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22. Die Echo

Spanisch.

Aus der Diana des Gil Polo, L. V. p. 312. Lond. 1739. Es steht auch im Parnasso Espannol. Vol. –

An des Baches stillen Weiden
     Sang Tiren mit nassem Blick,
Klagte Phyllis seine Leiden,
Seiner Liebe trübe Freuden,
     Aber Phyllis sang zurück:
          »Schäfer, ich versteh dich nicht!
          Schäfer, ach ich glaub' es nicht.«

Liebe sang er, nur die Liebe,
     Keinen Lohn begehr' ich mehr,
Wenn mir auch dein Blick nicht bliebe –
Wenn dein Herz mich von sich triebe –
     Immer lieb' ich dich so sehr!
          »Schäfer, ich versteh dich nicht,
          Schäfer, ach ich glaub' es nicht.«

Ohne dich ist mir kein Leben,
     Ohne dich das Leben Tod;
Und doch würd' ich hin es geben,
Siebenmal dahin es geben,
     Schäferin, auf dein Gebot –
          »Schäfer, ich versteh dich nicht,
          Schäfer, ach ich glaub' es nicht.«

Seh ich dich nicht, welche Leiden,
     Seh ich dich, wie neue Pein!
Immer such ich deine Weiden;
Und doch such ich sie zu meiden,
     Kann nicht nah, nicht von dir seyn.
          »Schäfer, ich verstehe dich,
          Schäfer, ach ich liebe dich.«

 


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