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Achmed Nachla

Achmed Nachla war Polizist in ägyptischen Diensten, aber nicht einer von den Straßenschutzleuten, die an den Ecken stehen und Zigaretten rauchen. Er war ein berittener Wüstenpolizist. Die stöbern die Verzweifelten auf, die irgendwas begangen haben und sich der Gerechtigkeit durch die Flucht in die Wüste entziehen.

Er war, wie alle seine Kollegen, von beduinischer Abstammung. Groß, hager, mit dunkelbraunem, schwarzbärtigem, meist finsterem Gesicht, von großem Diensteifer und strenger Pflichterfüllung. Er hatte sich keine Frau genommen und war auch kein guter Moslem. Der Dienst füllte sein Leben aus – ein hartes, entbehrungsreiches Leben. Seine Vorgesetzten schätzten ihn, und wenn es einen ganz gefährlichen Burschen einzufangen gab, setzten sie Achmed auf die Fährte. Er kam nicht früher zurück, als bis er ihn hatte.

Achmed hatte zwei Brüder. Der ältere, Omar, war ein reicher und geachteter Kamelhändler in Assiout. Der Jüngere war ein Tunichtgut, dessen Lebensführung Ursache der tiefen, dunkeln Falte in Achmeds Stirne war. Er hieß Mohamed. Als junger Bursche hatte er bei seinem Bruder Omar im Geschäft gearbeitet, bis er mit einer sehr großen Summe zur Bezahlung einer Geschäftsschuld nach Kairo geschickt wurde. Von dort vergaß er das Wiederkommen und verschwand für drei Jahre.

Als er zerlumpt und verkommen wieder bei Omar auftauchte, warf der ihn hinaus. Jetzt ging er zu Achmed und bat um Hilfe. Der hatte den hübschen, kleinen Kerl, das Nesthäkchen, immer sehr lieb gehabt, auch nach seinem Streiche noch. Er nahm ihn auf, unterstützte ihn mit Geld und verschaffte ihm schließlich eine Stellung als Polizist in Kairo. Eine Weile ging alles gut; dann kam plötzlich ein harter Schlag für den alten Achmed. Mohamed hatte in dem Viertel, das er bewachen sollte, mit einem andern zusammen eine Reihe schwerer Einbrüche verübt. Er entfloh, wurde aber wieder eingefangen und bekam sechs Jahre Zuchthaus.

Achmed nahm den Schlag wortlos hin. Nur einmal, kurz nach der Verurteilung, hörte ihn sein Wirt nachts auf seinem Lager stöhnen: »O Mohamed, du Licht meiner Augen, du mein Liebling! Du speiest unserm Vater in den weißen Bart – Ja Allah, du strafst, wen du willst!« Sein Wirt, ein schwatzhafter Barbier, erzählte das am nächsten Tage der ganzen Stadt. Achmed erfuhr es wieder. Er preßte die Lippen zusammen und tat seinen Dienst. Das Sprechen verlernte er fast ganz.

Die Jahre vergingen, Mohamed kam zurück. Die sechsjährige schwere Arbeit am Staudamm in Assuan hatte ihn vorzeitig alt und krumm gemacht. Die Geschichte seines dunkeln, abwärtsstürzenden Lebens war in sein schönes, regelmäßiges Gesicht geschrieben. Die Stirn durchschnitten lange, tiefe Querfalten, und in seinen Augen glomm der wilde tückische Blick der Hyäne. Achmed sah nicht die Kennzeichen des Verbrechers in diesem Gesicht, er sah nur seinen geliebten kleinen Bruder. Er verschaffte ihm Wohnung und Kleidung und sah sich nach einer Stellung für ihn um. Da erhielt er ein Telegramm, das ihn an das Sterbebett seines Vaters rief. Mohamed war nicht zu bewegen, mitzukommen.

Achmed kam nach fünf Tagen zurück. In Kairo mußte er umsteigen. Da sah ihn sein Kaffeewirt im Wartesaale sitzen. Der Alte kam auf ihn zu, raufte sich den Bart und suchte nach Worten.

»O Achmed, mein Freund, stinkend ist der Atem dessen, der Unglück verkündet« jammerte der Alte. »Es stand geschrieben, daß dein Bruder dem Teufel verfiel. Er hat den Barbier Abdul Ali, deinen Wirt diese Nacht ermordet und achtundzwanzig Pfund gestohlen. Er wurde gesehen und floh. Die Schluchten der Wüste haben ihn verschluckt. Achmed, mein armer Freund, nimm deine Zuflucht zum Allerbarmer!«

Das war ein scharfes, kaltes Messer, das da ins Herz schnitt. Achmeds dunkles Gesicht färbte sich grau, sein Kinnbart zuckte mit den bebenden Lippen auf und nieder und vor seinen Augen sank ein grauer Schleier. In wütender Anstrengung den auflodernden Schmerz niederzukämpfen, krampften sich seine Finger um den Tragriemen seines Gewehrs. Dann zog er wortlos das weiße Gesichtstuch, das die Beduinen gegen den Flugsand der Wüste tragen, vors Gesicht und rührte sich nicht mehr.

Der alte Ali stand vor ihm und fand kein Wort des Trostes. Er starrte seinen Freund an, und eine dicke Träne rann über sein faltiges Gesicht in den grauen Bart.

»Füge dich dem Schicksal, nimm deine Zuflucht zu Gott,« sagte er hilflos.

Achmed gab keine Antwort, so ging der Alte bekümmert davon.

Achmed kam spät in seinen Ort. Er ging ein wenig vornübergeneigt und mit weitgeöffneten Augen, die aber nichts sahen.

»Das wird Achmed seinem Vater bald nachschicken!« sagte ein Sergeant zum anderen auf der Wache, als er sich von der Reise zurückgemeldet hatte. – »Bald? Der ist ja schon tot! Hast du nicht seine Augen gesehen?« flüsterte sein Kollege.

Am andern Morgen ritt Achmed zum Dienst ins Gebirge. In der Tasche hatte er den Haftbefehl gegen seinen Bruder.

Hitzeflimmernd im brennenden Sonnenschein wuchsen die ungeheuren schroffen Felsen aus dem Sande der Wüste. Der Wind fuhr durch die menschenleeren, glühenden Schluchten und häufte spielend den Flugsand an den scharfen Kanten der Felsen. Hier draußen in der Einsamkeit und dem Todesschweigen der Wüste wurden Stimmen in Achmed laut, die der Lärm und die spähenden Blicke der Stadt hatten verstummen lassen. Die wilden starren Felsen sahen ihn an, die sprachen nicht. Da verzerrten sich die dunklen Züge des harten, stolzen Beduinen in furchtbarer Seelenpein. Ruckweise, wie von schneidenden Messern zerstückelt, kamen ihm die Gedanken und drängten sich in flüsternden Worten über seine Lippen.

»Mohamed, meines Vaters jüngster Sohn, ein Mörder! Mein Bruder, mein Liebling als reißendes Tier verfolgt, vogelfrei und geächtet. Während der Vater stirbt, mordet er und häuft unsagbare Schmach auf die Häupter seiner Brüder!«

Der einsame Reiter, der einen so schweren Weg ritt, fuhr stöhnend mit der Hand nach dem Herzen und krampfte den Mantel auf der Brust zusammen. Drinnen knitterte der Haftbefehl. Ein röchelnder Schrei entrang sich seiner Brust, unwillkürlich zügelte er sein Pferd, sein starrer Blick glitt wie hilfesuchend über die zackigen, dürren Häupter der Berge.

»O Allerbarmer, ich muß ihn verhaften. Wie ein wildes Tier muß ich den lockigen Liebling aus meines Vaters Zelte durch die Straßen treiben, mit Ketten an den Händen! Einen freien Beduinen, meinen Bruder! O ihr ewigen Felsen, ich möchte mein schamrotes Gesicht vor euch verhüllen. »Mein Bruder, mein Bruder!« schrie er in rasender Verzweiflung auf. Mein Bruder – Bruder rollte das Echo der Schluchten.

Dort in den zerrissenen Klüften verbarg er sich. Fort, daß er ihn nicht treffen konnte! Er drückte seinem Pferde die Fersen in die Weichen und galoppierte in die Ebene hinaus. Er ritt schnell, aber den Gedanken, die sein Herz und sein Gehirn zerrissen, entging er nicht.

»Du bist jetzt im Dienst und mußt deine Pflicht tun. Dort in den Bergen verbirgt sich ein reißendes Tier. Es ist deine Pflicht, es zu fangen. Vor dem Gesetz gibt es keinen Bruder, es kennt nur die Tat und die Sühne. Du stehst im Dienste des Gesetzes, erfülle es, oder du bist nicht besser als er. Hier ist nicht dein Weg, er geht dort hinauf!«

Da hielt er sein Pferd an, wendete und ritt zurück. Unter ihm schmolz sein Schatten zu einem schwarzen Fleck zusammen. Die Sonne goß Ströme von Glut und Licht herab. Der Wind wehte ihm sengend wie aus glühendem Ofen entgegen. Er stieg ab und setzte sich zu seinem kärglichen Mahle nieder. Aber die jagenden Gedanken marterten auch hier seinen Geist.

»Du brauchst ihn nicht zu fangen, du weißt ja nicht, wo er ist. Vielleicht entkommt er doch. – Aber ein Kollege kann ihn einbringen! Die Ketten klirren, am Ende des Weges steht der Galgen. – Du kannst ihn finden, keiner kennt das Gebirge wie du. Du mußt ihm forthelfen, vielleicht bessert er sich im fremden Lande. Du mußt es tun, er ist ja dein Bruder,« sagte laut und klar eine Stimme.

Da sprang die zusammengesunkene Gestalt im Sande auf. Das dunkle Beduinenauge flammte auf und sah sich erschreckt und forschend im Kreise um. Wer sagte das eben? War auch das in ihm? Er, Achmed Nachla, der alte Polizist, kam auf solche Gedanken! Mit einem Satze sprang er auf sein Pferd.

»Kruch, jallah!« zischte er ihm zu. Der Schimmel sauste davon, daß der Sand hinter seinen Hufen spritzte.

Vielleicht wehrte er sich, dann – vor dem Galgen konnte er ihn bewahren. Seine schmalen Lippen schlossen sich fest, der glühende Blick glitt an der langen stählernen Spitze der Lanze herunter. Dann untersuchte er die Kammer seines Repetiergewehres. Er nickte, und ein hartes, entschlossenes Lächeln glitt über sein finsteres Gesicht. Auf und nieder wiegte der Wüstenjäger auf dem dahinschießenden Pferde. Die Abhänge der Berge glitten ihm entgegen. Nur tief drinnen in der Brust hämmerte es leise: »Mein Bruder, mein Bruder.«

Am Abend traf Achmed einen Kollegen in den Bergen.

»Salem Aleikum« grüßte der.

»Aleik' salam« dankte Achmed. Der andere schwieg.

So fragte er: »Hast du Spuren gefunden?« Sein Blick hing forschend am Gesicht des anderen. Weit hinten in seinen Augen flackerte die Furcht vor der Antwort

»Nichts gefunden, Achmed, und auch die andern haben nichts gehört und gesehen,« sagte der Polizist ruhig. Ein leises Mitleid mit dem Alten klang durch seine Stimme. »Ich reite heim, morgen habe ich frei,« setzte er hinzu und verabschiedete sich rasch. Er wußte nicht ob er dem alten Achmed damit einen Trost gespendet hatte.

Der führte sein Pferd noch tiefer in das tote, wilde Gebirge. Die Nacht verbrachte er in einem alt ägyptischen Steinbruche. Er saß an einem rotglühenden Feuerchen und starrte in die Glut Manchmal zuckte sein schwarzer Bart bei unhörbar geflüsterten Worten. Aber die Lippen schlossen sich immer wieder fest und die Augen glühten. Dann und wann heulte eine Hyäne in den einsamen dunklen Wadis auf oder ein Schakal kläffte. Vielleicht gab's eine Leiche da unten. Er zählte an den Fingern die Stunden auf, die der Mörder nun schon im Gebirge war. Zum Verdursten reichte es. An jedem der wenigen Brunnen stand eine Wache, und ganze Schwärme von arabischem Gesindel streiften durch die Berge. Sie wollten sich den ausgesetzten Preis auf seines Bruders Kopf verdienen. – Der alte Jäger spuckte grimmig aus und schürte die Glut. Ein kalter Hauch blies von der Wüste herein, bald würde es Morgen werden. Er hüllte sich fröstelnd in seinen Mantel und saß ruhig.

Da hob er den Kopf und lauschte. Sein erster Blick galt dem Pferde. Der schlafende Schimmel zuckte leise mit den Ohren, er hatte sich nicht getäuscht auch der hatte etwas gehört Einige Minuten war alles ruhig, die scharfen Augen des Jägers konnten das Dunkel nicht durchdringen, er lauschte mit vorgeneigtem Kopfe. Da wieder – ein Steinchen sprang klingend in die Tiefe.

»Naim – schlaf!,« flüsterte er dem Pferde ins Ohr. Das kluge Tier legte gehorsam den Kopf. Mit leisen Schritten ging der Alte über den weichen Sand, jetzt war er ganz der beduinische Jäger auf der Fährte des Wildes. Am Fuße der fast senkrechten Wand blieb er stehen, drei Schritte vor ihm war das Steinchen zur Erde gefallen. Er wartete. Da rutschte ein Etwas über den letzten Absatz des Felsens, feiner Sand rieselte nach. Es stand eine Weile unbeweglich, dann entfernte es sich mit fast unhörbarem Schritte. Achmed glitt hinterher und entsicherte sein Gewehr.

Der Himmel rötete sich, farbige Flammen zuckten über dem Wolkenstreifen am Horizonte auf und Lichtwellen glitten über die Gipfel der Felsen. Da – in dem grauen Zwielicht des Morgens, das noch hier unten lag, ging eine Gestalt vor ihm her. Die funkelnden Augen des Beduinen hingen einen Moment an dem Manne, wurden weit und groß. Seine Hand griff nach dem Herzen, das plötzlich stillstehen wollte, und fühlte wieder das knisternde Papier. Da war es vorbei.

»Istanna – halt!,« klang hell und scharf seine Stimme in den verfliegenden Nebel hinein. Er hob das Gewehr. Der Mann vor ihm fuhr zusammen, lauschte dem Klang der Stimme und blieb mit schlaff herunterhängenden Armen stehen. Umzusehen wagte er sich nicht. Der Alte ging schnell näher.

»Mohamed Ben Musa, im Namen der vizeköniglichen Regierung von Ägypten! Ich verhafte dich wegen Raubmords! Lege deine Waffen vor dich auf den Boden.«

Der Mann warf schweigend ein langes Messer in den Sand. Dann hob er den Kopf, streifte das Gesicht des Polizisten mit einem raschen, scheuen Blicke und senkte die Augen. Ein tiefer, schwerer Seufzer hob seine Brust. Das Auge des Alten glitt über den Kopf des Verbrechers weg, als er mit halblauter rauher Stimme sagte:

»Gib deine Hände her!« Das Schloß an den Stahlringen knackte.

»Taale henne, ja houa!« rief Achmed. Da kam der Schimmel angetrabt, im Maule trug er die Lanze seines Herrn.

Der Alte stieg auf, »emptschi – fort«!

Schon im Gehen hakte er noch den Karabinerhaken der Stahlkette an den Sattel. Im Schritt verließen sie den Steinbruch und zogen in die im Morgenlichte schimmernde Wüste hinaus.

Unbeweglich, gerade aufgereckt saß der Wüstenjäger im Sattel. Seine Augen hingen starr an der weißen Linie des Horizonts. Der Gefangene lief mit gesenktem Kopf nebenher. So verging eine Stunde. Da stolperte Mohamed. Ganz langsam sank der Blick Achmeds auf das gesenkte Haupt seines Bruders herab. Unter dem Turban quollen die schwarzen Locken hervor. Da strich er sich langsam mit der Hand über die Augen.

»Kannst du noch laufen?« fragte er leise.

»Moija – Wasser,« flüsterte der Gefangene, ohne aufzusehen. Achmed stieg ab und hielt seinem Bruder die Wasserflasche an den Mund. Er trank, und die Augen der beiden begegneten sich in einem unbeschreiblichen Blicke.

»Mein Gott, mein Gott,« schrie eine Stimme in Achmeds Brust auf. Er riß das Gesichtstuch über die Augen herab, und seine Zähne bissen die Lippen, daß Blutstropfen herabrannen. Er stieg wortlos wieder auf, sein Bruder senkte den Kopf noch tiefer.

Aber auch die Stirn Achmeds neigte sich zu kurzem Nachdenken, er focht den letzten Kampf seines Lebens aus.

Leise zog er den linken Zügel an, im weiten Halbkreise ritten sie jetzt nach Westen zu. Sein Bruder achtete nicht darauf. Achmed sah ihn an.

»Am Ende des Weges steht der Galgen,« flüsterte er und hob das Gewehr. Aber die zitternden Hände konnten nicht den Lauf auf den lockigen Kopf unter ihm halten. Er schüttelte den Kopf und ließ es wieder sinken.

Plötzlich richtete sich der alte Jäger auf und wandte den Kopf, dorthin, wo die Stadt lag.

»Zweiundzwanzig Jahre im Dienst, und so das Ende,« murmelte er. Ein langer tiefer, wie langsam verlöschender Blick glitt hinüber.

Dann hielt er das Pferd an. Sein Bruder sah geradeaus, müde Gleichgültigkeit und Hoffnungslosigkeit in dem verwüsteten Gesicht.

»Gib deine Hände her,« sagte Achmed ruhig.

Ein unendlich erstaunter Blick trat ihn. Eine Frage, die er nicht in Worte zu kleiden wagte, lag darin. Achmed löste die Fesseln und hing sie an den Sattel.

»Zieh dich aus!« sagte er. Schweigend, mit bebenden Griffen legte Mohamed die Oberkleider ab und nahm die Uniformkleidung, die Achmed auszog. Der sah den nervös zitternden Händen zu, und ein undefinierbarer Ausdruck von Zärtlichkeit, Verachtung und Ekel lag dabei auf seinem Gesicht. Die beiden waren fertig. Achmed hatte eine Grube in den Sand gegraben und stieß die abgelegten Kleider seines Bruders mit dem Fuße hinein. Dann füllte er das Loch sorgfältig wieder zu.

»Reite nach Westen. Wenn du jemand triffst, den es angeht, so zeige ihm das Messingschild auf dem Mantel. Laß das Pferd laufen, bis es tot unter dir zusammenbricht. Ohne mich mag es sowieso nicht leben. Dann bist du in Tripolis und in Sicherheit,« sagte Achmed kalt und bestimmt.

Mohamed stand mit bebenden Lippen vor ihm.

»Und du, was wird mit dir?« schrie er plötzlich auf. Achmed nahm schweigend das Messer seines Bruders aus der Satteltasche.

Da stürzte der Verbrecher nieder, umklammerte die Füße seines Bruders und küßte sie.

»Achmed, mein Bruder! Was tust du für mich?!«

Der Polizist sprang zurück. »Beschmutze meinen Namen nicht mit deinen Lippen, du Schakal. Geh!«

Dann wandte er sich hastig um und schritt durch den glühenden Sand rasch dem Gebirge zu. Keuchend, mit flackernden Augen und zuckendem Gesicht stand der Mörder und starrte ihm nach. Dann stieg er langsam in den Sattel und ritt mit gesenktem Kopf davon.

Achmed saß stumm und unbeweglich in dem alten Steinbruch, bis die Sonne sank. Dann fegte er in Ermangelung eines Gebetsteppichs den Boden rein und verrichtete stumm und feierlich das Abendgebet und die vorgeschriebenen Waschungen.

Als die Sonne in dem purpurflammenden Himmel versank, stieß er sich das Messer seines Bruders in die Brust. – Er war sofort tot. Seine gebrochenen Augen starrten in das unendliche tiefe Blau des Himmels. Hoch oben zog ein Geier einsam seine Kreise. Das Gold des Sonnenuntergangs glänzte noch eine Minute auf seinen Schwingen. Dann verlöschte auch das letzte Leuchten über den schweigenden Einöden der Wüste.


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