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VI

Kurz nach jenem Ausflug in die Katakomben hatte Mr. Cyrus Goldwyn eine Unterredung mit seinem Freunde, dem Obersten Hamilton. Dieser wohnte in einer hübschen Villa auf dem Monte Pincio, war Junggeselle und leidenschaftlicher Kakteenzüchter. Die beiden Herren saßen in bequemen Klubsesseln und rauchten dicke, schwere Importen.

Als der schwarze Mixer, der wegen seiner unübertrefflichen Cocktail-Zusammenstellungen hohes Ansehen bei seinem Herrn genoß, das Zimmer verlassen hatte, fragte der Oberst nachdenklich:

»Du bist also fest entschlossen, diese Dame zu heiraten, lieber Cyrus?«

»Fest; wenn sie mich nimmt, heißt das.«

Hamilton wiegte bekümmert den Kopf.

»Ich kenne Mrs. Scheithauer nicht, lieber Cyrus; aber ich gebe dir zu bedenken, daß Frauen laut, rechthaberisch und anspruchsvoll zu sein pflegen. Sind sie es wert, daß man seine Freiheit ihretwegen aufgibt?« Während dieser ungewöhnlich langen Rede streichelte der Oberst zärtlich den stacheligen Rücken einer Opuntia, die still und bescheiden in einem Töpfchen am Fenster wucherte.

»Was du sagst, trifft auf Mrs. Scheithauer bestimmt nicht zu, mein alter Josua. Sie ist die anbetungswürdigste Frau, die ich kenne«, versicherte Goldwyn mit Wärme. »Wenn du sie zum erstenmal siehst, geht es dir wie mir: du bist verzaubert.«

Der Oberst blickte einem besonders wohlgelungenen Rauchkringel nach und erwiderte trocken:

»Ich wage, das zu bezweifeln, lieber Cyrus. Verliebte sind kein Maßstab für normale Leute. Wie alt bist du eigentlich?«

»Fünfundfünfzig.«

»Hm, bei einem College-Boy oder einem feurigen Andalusier könnte ich diesen ›Coup de foudre‹ zur Not begreifen. Wenn das aber einem nüchternen Geschäftsmann wie dir passiert, ist man versucht, an einen kleinen Tick zu glauben«, antwortete kopfschüttelnd der Oberst und nahm vorsichtig einen Schluck Whisky.

Mr. Goldwyn schwieg verstimmt. Er sah ein, daß es abwegig gewesen war, hierher zu gehen und diesem vertrockneten Fisch sein Herz ausschütten zu wollen. Der gute Josua hatte hinsichtlich der Frauen immer schon einen Knacks besessen. Endlich raffte er sich zu einer Antwort auf:

»Erlaube, daß ich dir meine Ansicht entwickle. Wie du weißt, habe ich mit einem kleinen Wurstladen in der Cavendish-Street angefangen. Heute bin ich Besitzer der drei größten Konservenfabriken der Welt. Wenn ich mein Leben überblicke, war es Arbeit, Arbeit und wieder Arbeit. Bei uns drüben fällt einem nichts in den Schoß. Niemand kann mir verdenken, wenn ich das Stückchen Dasein, das ich noch vor mir habe, endlich genießen will. In meinem Alter hat man nicht mehr viel Zeit zu verlieren. Ich werde also meine Fabriken verkaufen, nach Europa übersiedeln und, so Gott will, eine schöne, junge Frau haben, um die mich die anderen beneiden. Den Sommer verbringen wir in Davos oder am Genfersee, den Winter in Nizza oder in Paris. Nun hast du meinen Plan, lieber Josua, von dem mich keine zehn Pferde abbringen werden. Lächle, aber ich freue mich darauf wie ein kleines Kind.«

»Ich sehe, daß dir nicht mehr zu helfen ist«, entgegnete der Oberst sorgenvoll. Denn er hing seit vielen Jahren an seinem Freunde. »Wie steht es übrigens mit deiner Gesundheit?«

»Ich habe seit einem halben Jahr keine Insulinspritze mehr gebraucht. Solange ich Diät halte, kann ich nicht klagen. Man muß zufrieden sein.«

»Gott gebe, daß alles so kommt, wie du es wünschst, lieber Cyrus«, schloß der Oberst und putzte seine Brille.


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