Carl Arnold Kortum
Die Jobsiade
Carl Arnold Kortum

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Zwölftes Kapitel

Wie Hieronimus auf dem Postwagen fuhr, und wie er daselbst eine Schöne fand, welche er liebgewann, und welche ihm die Sackuhr stahl.
  1. Wie's dem Hieronimus im Postwagen
    Ferner erging, will ich nun sagen,
    Denn er kam so noch nicht los,
    Sondern hatte wieder einigen Anstoß.
  2. Er dachte hieselbsten öfters zurücke
    An den Herrn mit der großen Perücke,
    Und es fiele ihm itzo erst ein,
    Er müsse ein Spitzbube gewesen sein.
  3. Das mütterliche Päcklein ging ihm sehr zu Herzen
    Und er konnte dessen Verlust nicht verschmerzen.
    Seufzte, und wünschte in seinem Sinn
    Den Herrn mit der Perücke zum Henker hin.
  4. Er murmelte sogar unverständliche Töne,
    Jedoch eine neben ihm sitzende Schöne,
    Welche er anfangs bemerkte kaum,
    Riß ihn bald aus dem schwermüthigen Traum.
  5. Sie schien alt zu sein etwa zwanzig Jahre,
    Schön von Gesicht, schwarz von Augen und Haare,
    Und rosenroth von Wangen und Mund,
    Dabei auch von schönem Wuchse, und
  6. Kurz zu sagen, in ihrem ganzen Wesen,
    Konnte man nichts als lauter Anmuth lesen;
    Sie erkundigte sich in Kurzweil und Scherz
    Alsbald nach des traurigen Hieronimus Schmerz.
  7. Wobei sie denselben freundlich anlachte;
    Dies Lächeln that gute Wirkung und machte,
    Daß er, da er dichte neben ihr saß,
    Seinen Verlust des Päckleins vergaß.
  8. Er gerieth auch wirklich fast in Entzücken,
    Weil er in ihrer ganzen Person und Blicken
    So viele treffliche Reize fand,
    Gefährlich vor sein bischen Verstand.
  9. Es hatte noch keine halbe Stunde gewähret,
    Als er schon die Lieb', in bester Form, ihr erkläret,
    So bündig, als je ein Held im Roman
    Die Brunst seiner Schönen erklären kann.
  10. Sie schien ihn nicht ungern anzuhören,
    Und that ihn gar nicht im Vortrage stören,
    Hieronimus ward also endlich so frei
    Und rückte näher zu ihr herbei.
  11. Ich weiß nicht, ob sonst noch etwas passiret,
    Was, laut zu sagen, sich nicht gebühret,
    Genug, sie vertrieben sich beide die Zeit
    In süßer, vertraulicher Zärtlichkeit.
  12. Als sie endlich zur Poststation gekommen,
    Hat sie freundlich von ihm Ade genommen,
    Wohin sie sich aber nachhero gewandt,
    Das soll uns künftig werden bekannt.
  13. Da indessen nach einigen Stunden,
    Seitdem die Schöne vom Wagen verschwunden,
    Hieronimus nach der Sackuhr mal sah,
    War auch diese verschwunden und nicht mehr da.
  14. Dieser abermalige fatale Possen,
    Hat den guten Hieronimus mächtig verdrossen,
    Denn er dachte alsbald daran,
    Daß die Schöne den Diebstahl gethan.
  15. Indeß war nun für den guten Knaben
    Weiter nichts übrig, als Geduld zu haben,
    Es fiel ihm jedoch nun hintennach ein
    Hinfüro etwas vorsichtiger zu sein.
  16. Er hat sich dabei feste vorgenommen,
    Sobald er auf die Universität gekommen,
    Um Geld und um eine neue Uhr
    Seinen Eltern zu schreiben nur.
  17. Er ist endlich, ohne weitere Unfälle,
    Angelangt glücklich an Ort und Stelle,
    Folglich war unser Hieronimus
    Nunmehro ein Academicus.

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