Carl Arnold Kortum
Die Jobsiade
Carl Arnold Kortum

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Siebzehntes Kapitel

Wie Hieronimus mit Stiefeln und Sporen bei den lieben Seinigen wieder angelanget ist.
  1. Als einst nach eingenommener Mittagsspeise
    Der Senator Jobs (denn es war so seine Weise)
    Mit seinem Pfeifchen im Lehnstuhl saß
    Und die politische Zeitung las;
  2. Indeß Frau Jobs einiger Sachen wegen
    In der Küche ein kleines Lärmen that erregen,
    Auch sonst einige Ordnung gemacht
    Und keine Seel an was Böses gedacht;
  3. Kam ein stolzer Reiter mit starken Schritten
    Auf der Straße eilig daher geritten,
    Und gleich hörten sie, Knall und Fall
    Vor der Hausthür einen Karbatschenschall.
  4. Ob diesem fast fürchterlichen Knallen
    Ließ Jobs die Zeitung aus der Hand fallen,
    Und die Pfeife selbst war in Gefahr;
    Frau Jobs aber verstummte gar.
  5. Aber aus diesem panischen Schrecken
    That sie der Reiter bald aufwecken;
    Weil er, in völligem Reisestaat,
    Zu ihnen in die Stube trat.
  6. Die Alten schienen beide ihn nicht zu kennen,
    Er wollte sich auch vorerstlich nicht nennen,
    Bis endlich der gute Vater da
    In ihm seinen lieben Hieronimus sah.
  7. Es fehlt mir schier an allen nöthigen Dingen,
    Die gewaltig große Freude zu besingen,
    Welche der fromme Senator empfand,
    Fast entging ihm aller Verstand.
  8. Auch die Mutter konnte sich nicht fassen,
    Noch vor Freude Händ' und Füße lassen,
    Als sie eben itzt und nunmehr
    Sah, daß es Hieronimus wär.
  9. Fast hätten im Uebermaß der Freude
    Klare Thränen geweinet alle beide,
    Und das Willkomm! Und dem Himmel sei Dank!
    Und so weiter, währete lang.
  10. Es waren auch darauf nicht minder
    Des Senators Jobsens übrige Kinder
    Alle zusammen bei der Hand,
    Und kein einziges hat ihn gekannt.
  11. Es war recht spaßhaft anzusehen,
    Wie sich die Kinder thaten begehen:
    Eins hielt ihn für'n großen Herrn,
    Welcher gekommen wär von fern;
  12. Das andere hielt ihn, wegen dem Degen
    Und der übrigen gefährlichen Kleidung wegen,
    Für einen, der Kinder im Sack steckt,
    Besonders wurden die jüngsten erschreckt.
  13. Aber sehr lustig ging es mit Esther,
    Unsers Hieronimus jüngster Schwester,
    Denn sie hielt ihn noch lange hernach
    Für'n fremden Onkel von Gengenbach.
  14. In den drei Jahren, die er dort verschlendert,
    Hatte sich seine Person sehr verändert,
    Und er war dick geworden am Bauch,
    Sein Bart ziemlich gewachsen auch.
  15. Es war also eben kein Wunder zu nennen,
    Wenn ihn anfangs niemand mochte kennen,
    Besonders, da sein Studentenhabit
    Auch nicht, wer er eigentlich war, verrieth.
  16. Ein sehr großer Hut mit einer Feder,
    Hosen und Weste von gelbem Bocksleder,
    Ein kurzes Collet von grauem Tuch
    Verstellte den Hieronimus genug.
  17. Dabei kam ein mächtig großer Degen,
    Welcher, der mehreren Sicherheit wegen,
    Sowol zum Stich, als Hiebe im Streit
    Eingerichtet war spitz und breit.
  18. Imgleichen die martialische Miene,
    Welche Tod und Wunden zu drohen schiene;
    Die Haare hingen struppicht am Kopf
    Und den Nacken drückte ein dicker Zopf.
  19. Diese und mehr seltsame Kleidungsstücke
    Zogen bald auf sich des Vaters Blicke,
    Denn ein sittsames schwarzes Kleid
    Hätte den Alten weit mehr erfreut.
  20. Auch wollte des Hieronimus übriges Betragen
    Dem alten Vater Jobs nicht zum besten behagen,
    Weil bei dem Hieronimus fort und fort
    Flüche erfolgten auf jedes Wort.
  21. Er gab ihm also deutlich zu verstehen,
    Daß er nun anders sich möchte begehen,
    Denn ein junger Theologus
    Müsse leben nach geistlichem Fuß.
  22. Als er kurz darauf nach dem Koffer gefraget,
    Hat Hieronimus alsobald gesaget
    Und dabei kräftig geschworen: daß er
    Vom Postwagen jüngst ihm gestohlen wär'.
  23. Diese Nachricht, daß er den Koffer verloren,
    Klang unangenehm in des Vaters Ohren
    Und er fing zu knurren drob an,
    Hätte es nicht die Mutter gethan.
  24. Denn sie hielte den Alten zurücke,
    Sprach, das ist ja ein Ungelücke,
    Woran unser lieber Sohn nicht schuld;
    Er ergabe sich also in Geduld.
  25. Indessen verbreitete auch das Gerüchte,
    Des Hieronimus Wiederkunftsgeschichte
    Ueberall in dem Städtelein aus
    Und wälzete sich von Haus zu Haus.
  26. Der ganzen Bürgerschaft schien dran gelegen,
    Und überall that sich Verwunderung erregen,
    Und wo ein Mensch nur den andern sah,
    So hieß es: Hieronimus ist wieder da.
  27. Es wurde übrigens angenehm und freudig
    In Senator Jobsens Hause allerseitig
    Der Rest des übrigen Tages verbracht
    Und weiter nicht an den Koffer gedacht.
  28. Hieronimus labte sich an Trank und Speise
    Weidlich, denn er war matt von der Reise,
    Rauchte dabei auch ohne Beschwer
    Des Vaters großen Tabaksbeutel leer.

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