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Es war sieben Uhr durch, und das Wartezimmer des Advokaten Dr. Kargert betraten noch immer neue Klienten, »Ob wir wohl heute noch herankommen werden?« war die Frage, die auf den Gesichtern aller Eintretenden zu lesen war.
Gegen halb acht hielt das Auto Johannes van Gudrys vor dem Hause.
»Bedaure,« empfing ihn der Diener, »die Sprechstunde ist vorüber.«
Johannes van Gudry lächelte, wies auf die Hüte und Mäntel, die im Vorraum hingen, zog seine Brieftasche heraus, gab dem Diener ein fürstliches Trinkgeld und wurde sofort vorgelassen. Dr. Kargert, dessen Jugend ihn überraschte, bot ihm einen Sessel an.
»Es handelt sich um die Veräußerung meiner Güter in Holländisch-Indien an eine Gruppe von Amerikanern,« log Johannes. »Ihr Name fiel in einem Klub. Ich müßte lügen, wollte ich sagen, wer ihn nannte. Jedenfalls merkte ich ihn mir« – er wies auf sein Notizbuch, in dem ganz etwas anderes stand – »und möchte, daß Sie mir die Verträge machen.«
Der Advokat schien etwas unsicher.
»Gewiß,« erwiderte er und bat um die Unterlagen.
Johannes nannte Namen und Zahlen, ohne daß der Advokat folgen konnte.
»Wann schließen Sie Ihr Bureau?« fragte Johannes.
»Gegen neun Uhr.«
»Gut! seien Sie um zehn Uhr mein Gast im Savoy. Derartige Geschäfte erledigt man erfahrungsgemäß am besten bei einer Zigarre und einem Glase Wein.«
Dr. Kargert war etwas überrascht. Aber da Johannes schon aufgestanden war und ihm die Hand hinstreckte und ein Riesengeschäft winkte, so schlug er ein.
Drei Abende hintereinander saßen sie bis in die Nacht hinein. Von Geschäften war kaum noch die Rede; und es paßte durchaus in die Stimmung, als Johannes aus Dr. Kargerts Äußerung: »Morgen können wir uns leider nicht sehen,« erwiderte: »5o schnell also werden Sie mir untreu!«
Kargert überlegte und sagte: »Kommen Sie mit!«
»Wohin?«
»Nach Schloß Vestrum, zu Fräulein Kornelia, von der ich Ihnen schon am ersten Abend erzählte.«
Johannes – obschon er es gewesen war, der damals dies Gespräch veranlaßt hatte – tat, als entsänne er sich nicht, antwortete ausweichend: er sei kein Gesellschaftsmensch und gegen herrenlose Schlösser habe er von vornherein eine Abneigung. Schließlich gab er nach, sagte aber, daß er es nur täte, um Kargerts Gesellschaft nicht zu entbehren, und fuhr mit ihm dann am nächsten Mittag nach Schloß Vestrum.
* * *