Anthoine de La Sale
Die fünfzehn Freuden der Ehe
Anthoine de La Sale

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Die vierte Freude der Ehe ist aber diese:

Einer ist verheiratet und lebt nun so neun, zehn Jahre in der Ehe, hat fünf und mehr Kinder und war geplagt tagaus, tagein von Unglück aller Art, Verdruß und Ungemach. Seine jugendliche Wärme ist schon arg kalt geworden; er ist matt und müd, verbraucht von Arbeit und Sorge und unlustig zu allem, was auch seine Frau ihm sagen mag; denn er ist harthäutig geworden wie ein alter Esel, den kein Stachel mehr vermögen kann, schneller zu gehen als es ihm beliebt.

Der arme Mann hat eine Tochter oder zwei und mehr, die mannbar sind; daß sie heiter und lustig sind, mag nicht genug sein, um einen Mann zu fangen; sie brauchen Kleider und Schuhe und Hemden und Strümpfe und allerlei Zeug zum Putzen und Zieren. Und brauchen dies aus drei Gründen: einmal weil sie da mehr umworben werden; dann weil sie nur lustig und guter Dinge sind, wenn sie hübsch aussehen und schließlich, weil sie anders gar leicht das Mittel finden, wodurch sich all die hübschen Sachen zu verschaffen – ich brauch das Mittel nicht zu nennen. Für all das muß nun der arme Mann und Vater sorgen, mag er selbst einherkommen wie ein Bettler. Seine neuesten Stiefel sind ein paar Jahre alt und außer aller Form und Mode. Seine Sporen sind aus der Zeit Chlotars und der eine hat schon lange kein Rad mehr. Und so ist sein Staatsrock und sein Hut aus Zeiten, die nicht mehr sind. Sein Diener trägt ein Schwert, das der Herr als Jüngling in der Schlacht von Rosebergen erbeutete oder sonst irgendwo, und seinem Rock merkt man es an, daß ihn der Schneider ihm nicht auf den Leib gemessen hat, denn die Achselnähte hat der Bursche auf der Brust. Kurz, der Mann tut was er kann, um zu sparen, damit in seiner Wirtschaft nicht gespart zu werden braucht. Spät kommt er von seinen Geschäften, die ihn mit Advokaten und Gerichtspersonen mehr als oft zusammenbringen, heim; alles ist schon zu Bett und er findet noch ein paar Reste von einem Essen, womit er in geduldiger Gewöhnung zufrieden ist. Ich für mein Teil bitte Gott, er möge Leiden und Kummer nur denen schicken, die es zu ertragen wissen und möge es nur für jene kalt werden lassen, die gut mit Kleidern versehen sind. Kommt der gute Mann einmal früher nach Haus, das Herz voll Sorgen, den Kopf voll Geschäften, dann stürmt und spektakelt die Frau sicher durch das Haus. Er mag was befehlen, die Dienstleute folgen ihm nicht, denn sie sind von der Herrin wohlinstruiert, daß sie nur das zu tun hätten, was sie befehle. Geschiehts anders, kommen sie aus dem Dienst, und der Mann muß es büßen. Wenn der nun klug ist, so macht er keinen Lärm und trägt mit Geduld, und setzt sich weit vom Feuer, auch wenn er noch so friert. Ist er hungrig und tut die Frau als ob sie nichts im Hause hätte, da fällt es ihm wohl ein zu sagen: »Ich bin müd und hungrig und naß bis aufs Hemd und Dir fällt nicht ein, mir was zum Essen zum bringen.« Antwortet gleich die Frau: »Was wirst Du heut wohl gar Großes geschafft haben! Ich hab wahrhaftig mehr an meinem Leinen und Garn verloren, weil keiner zur Hilfe da war – denn den Knecht hast Du ja mit Dir genommen – mehr hab ich verloren, als Du in vier Jahren verdienen kannst. Und hundertmal hab ich Dir wohl gesagt, Du sollst in Teufels Namen den Hühnerstall zumachen, nein, Du läßt ihn offen, und der Marder hat mir drei von meinen besten Leghennen erwürgt. Wenn Du es noch lang weitermachst, bist Du der Ärmste in Deiner ganzen Freundschaft.« – Sagt der Mann: »Ach, Schönste, was redest Du da! Wir haben was wir brauchen, und meine Freunde, was hast Du gegen sie?« – »Freunde sagst Du? Ich seh wahrhaftig keine. Und was nützen sie Dir denn?« – »Was sie mir nützen? Aber was nützen mir denn Deine Freundinnen?« – »Du sprichst von Dingen, die Du nicht verstehst.« Darauf schweigt der Mann, denn wer bürgt ihm, daß sein Weib nicht seinen Freunden sagt, er spreche schlecht von ihnen?

Eines von den Kindern, der Liebling des Vaters, fängt zu weinen an. Die Mutter holt eine Rute und haut es, nur um dem Mann weh zu tun. »Schlag das Kind nicht!« ruft der. – »Was geht Dich die Erziehung meiner Kinder an? Was verstehst Du davon? Ich bin Tag und Nacht bei ihnen und weiß am besten, wie sie es verdienen.« – »Du hast unrecht, Liebe.« – Nun spricht die Amme: »Gnädiger Herr, Sie wissen gar nicht, was die gnädige Frau für eine Not mit den Kindern hat.« – Und die Zimmermagd: »Merkwürdig, sowie der gnädige Herr nach Haus kommen, ist die Ruhe weg und der Lärm geht los.« – »Ich mache doch keinen Lärm,« sagt der Mann nur noch, denn er sieht wohl, daß er unrecht hat, wie er es auch und was er auch in seinem Hause tue. Er redet kein Wort mehr und geht schlafen. Die Nacht durch hört er die Kinder schreien. Die Frau und die Amme lassen sie schreien, um ihm den Schlaf zu stören. So geht die Nacht hin, und er mag es für eine Freude halten, da er es nicht anders haben will. Und wird so weiter leben und elend sterben.


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