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Achtzehntes Kapitel.
O Traurigkeit, o Herzeleid!

Längst wäre die Magisterin gerne schon ihren Mann los geworden, aber sie fand keine Ursache zur Ehescheidung: jetzt aber hatte sie eine sehr speciöse. Sie klagte nämlich ihren Mann an, daß er sie betrogen, und sich für das Kind rechtschaffner und honetter Eltern ausgegeben habe: er sey aber ein Bastard eines Schinderknechts, und mit so einem könne sie nicht hausen. Das Consistorium nahm diese Klage an, und da Herr Eulerkapper gar nichts dawider hatte, so wurden beyde geschieden. Minchen oder die Frau Magistern heirathete hierauf den Billardeur Frech, und machte durch ihr freyes Betragen, daß Frechs Haus vor allen andern besucht wurde.

Der Magister war jetzt in einer sehr übeln Lage: doch wenn die Noth am größten ist, so kommt oft Hülfe, wenigstens doch einige Hoffnung. So ging's auch jetzt. Der ehemalige Magister Aestas war Inspector einer Landdiöces geworden, und da eben eine Pfarre vakant wurde, so schlug er den Magister Eulerkapper dazu vor. Herr Quodammodarius, der Superintendent, leitete die Sache so ein, daß Eulerkapper die Pfarre erhielt. Nun wäre Eulerkappers Glück gemacht gewesen, wenn der böse Feind seine Hand nicht im Spiel gehabt hätte.

Nach der Trennung von Minchen ließ sich Eulerkapper durch die Tochter eines Gießer Häschers bedienen. Berauscht kam er eines Abends nach Hause und hatte vergessen, daß er keine Frau mehr hatte. Was Wunder also, daß er die Jungfer Neppin oder Häscherin für sein Minchen hielt, und sie bat, mit ihm zu Bett zu gehen. Jungfer Gretel machte keine Schwierigkeiten: vielleicht war sie derley schon gewohnt. Früh merkte der Magister wohl, daß er sich in der Person geirrt hatte: allein es war einmal geschehen, und nach der richtigen Bemerkung des großen Aristoteles können geschehene Dinge in Ewigkeit nicht ungeschehen gemacht werden. Er ließ es also gut seyn, und setzte seinen vertrauten Umgang mit Gretchen fort, bis diese endlich ihm die liebe Nachricht brachte, daß er bald Vater seyn würde.

Diese traurige Nachricht kam ihm gerade acht Tage vorher zur Wissenschaft, als er ordinirt und auf seine Pfarre eingeführt werden sollte. Das war ein Donnerschlag, und in der Angst beging er den erzdummen Streich, daß er Gretchen zum Haus hinauswarf, und ihr drohte, er wolle ihr Hals und Beine brechen, wenn sie sich unterfangen würde, wieder über die Schwelle seiner Wohnung zu treten.

Gretchen lief zu ihrem Vater, dem Nepp: dieser wußte, wie seine Amtscollegen, die Neppe in allen Ländern, Bescheid in juristischen Vorfällen; sie sind ja die Engel der heiligen Justiz. Ah, sprach er, da wollen wir schon Rath schaffen. Er lief sporenstreichs zu seinem Freund, dem Advocat Scherenschleifer, und dieser versprach seine Assistenz. Wem aber Scherenschleifer seine Assistenz versprach, der hatte gewonnen, wenn er auch nur noch einen Schein des Rechts für sich hatte.

Jetzt kam unser armer Eulerkapper recht in die Tinte! Er leugnete zwar, und offerirte sich in der Angst gar zum Eide: aber dazu konnte er nicht gelassen werden, weil gar zu viel Wahrscheinlichkeiten gegen ihn waren; er verwickelte sich auch in seinen Reden, und mußte endlich gestehen, daß er wohl Vater zu Gretchens Kind seyn könnte. Dieß wollten ja die Herren nur haben: denn ein Geständniß dieser Art machte allem Hader ein Ende. Nun kam es darauf an, daß er Gretchen ausstattete, ihr den Kranz bezahlte, und für das Kind sorgte, oder daß er sie ehelichte.

Lange Zeit konnte der arme Teufel keinen Entschluß fassen, endlich aber dachte er, es sey doch besser, er heirathete das Mädchen, als daß er jährlich so und so viel hingeben müßte für nichts und wieder nichts, und denn doch keine Frau hätte: der Teufel nämlich könnte ja nochmals sein Spiel machen. Er heirathete also Gretchen.

Daß bey solchen Umständen an die Pfarre nicht mehr zu denken war, versteht sich von selbst, auch war in Zukunft im geistlichen Stande nichts mehr für ihn zu hoffen, er hätte denn nach Amerika gehen müssen, wo ein gewisser Pfarrer aus der Pfalz, welcher in einem Jahr fünf Bauernmenscher geschwängert hatte, doch noch einen geistlichen Dienst erhalten hat.

In der gelehrten Welt hatte Eulerkapper auch gar nichts zu hoffen; denn endlich sah er selbst ein, daß er ein unwissender Mensch war, dem es noch obendrein an den zu einem Gelehrten nöthigen Fähigkeiten fehlte, daher gab er alle Hoffnung auf, wieder auf dem Schauplatz der Wissenschaften mit Ehre, wenigstens mit Vortheil für sich, auftreten zu können.

Sein Geld war noch nicht ganz alle, er besaß noch 600 Thaler, und damit lebte er einige Jahre in der größten Dürftigkeit und äußersten Einschränkung. Selten ging er aus, um die Schuhe nicht abzunutzen, und obgleich das Bier in Gießen ausserordentlich wohlfeil war, so trank Freund Eulerkapper doch weiter nichts, als Kofent oder Wasser. Gretel seine Frau konnte diese Armseligkeit nicht ganz ertragen, sie lag also täglich bey ihren Eltern, wenn diese aßen oder Kaffee tranken.


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