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Zehn Jahre hatte Eulerkapper das Amt eines Oberamtsnepps versehen, und das mit der größten Ehre und Ruhm, den nur ein Nepp sich erwerben kann. Er war der rechte Arm seiner Vorgesetzten, und der Schreck der Bürger und Bauern. Keine Sache von Wichtigkeit wurde bey Amt ohne Eulerkappers Consens ausgemacht, und wenn die Bürger und Bauern nur den Herrn Eulerkapper zum Freunde hatten, so fragten sie weder nach dem Oberamtmann, noch nach dem Syndicus. Sie hatten Recht: denn wer den Amtsdiener zum Patron hat, dem thut der Amtmann gewiß nichts, sagt Eulenspiegel, der große Weltweise.
Ein Befehl des Landgrafen, daß niemand mehr auf der Straße, auch nicht einmal in seinem eigenen Gehöfte Taback rauchen sollte, brachte dem Eulerkapper manchen Thaler ein. Wie viele Pfeifen nahm er weg, und wie viele Bauern strafte er brevi manu ab, und steckte das Strafgeld in seine eigne Tasche! Lange ging dieß vortrefflich: denn die Bürger und Bauern ließen ihre alte Gewohnheit, auf der Straße Taback zu rauchen, nicht fahren, und Eulerkapper rennte auf allen Dörfern herum, um die Raucher zu ertappen und zu schröpfen.
Aber eben diese Geldgarbe ward endlich des guten Eulerkappers Verderben. Einst ging er nach Büseck, und sah da einen Bauer, welcher Mist auflud, und dabey Taback rauchte. Sachte schlich ihm Euler nahe, und wutsch! war die Pfeife in seiner Hand. Der Bauer, ein äusserst grober massiver Kerl, wie die Bauern zu Büseck alle sind, forderte seine Pfeife mit Ungestüm zurück, aber Eulerkapper forderte mit noch größerm Ungestüm einen Thaler vom Bauer, unter der Bedrohung, ihn sogleich mit nach Grimberg zu nehmen, und da einzustecken.
Der Bauer wollte mit Gewalt seine Pfeife wieder nehmen, aber Eulerkapper hob seinen Stock, und zog dem Bauer einige derbe Hieb über den Kopf. Dieser ward wüthend, ergriff die Mistgabel, und rannte sie seinem Feind in den Wannst. Mit einem tiefen Ach sank Eulerkapper, und gab ferner auch keinen Laut mehr von sich.
Der Bauer sahe nun, was er gethan hatte: er lief schnell in sein Haus, zog seine besten Kleider an, nahm sein Geld mit und entlief. Man hat nachgehends gehört, daß er kaiserlicher Soldat geworden ist.
Lange lag Eulerkapper todt auf dem Mist, bis endlich des Bauern Mutter vom Felde nach Hause kam, und den Häscher in seinem Blut erblickte. Sie lief schreiend auf die Gasse; die Nachbarn kamen, und gafften die Leiche auf dem Mist an. Endlich kam der Herr Schulz oder Richter, und befahl, daß der todte Nepp nach Grimberg zu weiterer Besorgung abgefahren werden sollte.
Der Oberamtmann kränkte sich sehr über den Verlust eines so braven Freundes und so brauchbaren Häschers. Er ließ ihn mit allen Ehren begraben, und ihm einen Leichenstein mit folgender Inschrift setzen:
Hier liegt begraben
Herr Johann Heinrich Eulerkapper,
Doctor der Philosophie und Magister
der freyen Künste,
gewesener öffentlicher Lehrer der Weltweisheit,
dann Conrector, Mädchenschulmeister, Ecclesiast
im Zuchthaus und Klingelsacksträger.
Zuletzt
erster Nepp oder Häscher des Hochfürstlichen
Oberamts zu Grimberg.
Er ist geboren zu Kirchberg den 4ten May 1726,
und fand seinen Tod durch einen Gabelstich
auf dem Mist zu Büseck, den 28. März 1768.
Er ruhe sanft
Du aber. Sterblicher, gehe und lerne sterben
an seinem Exempel.
Amicitiae posuit
Carolus Ludolphus Brichel,
Jur. Ut. Lic. Balivatus Grimbergensis Director.
Solch ein trauriges Ende nahm der Held dieser wahren und aufrichtigen Geschichte, Johann Heinrich Eulerkapper. Ob meine Leser mit mir zürnen werden, daß ich ihn nicht am Leben, oder doch wenigstens nicht auf eine andre Art abfahren ließ, weiß ich nicht. Aber ich kann einmal nicht wider die Wahrheit. Eulerkapper mag indessen sanft unter seinem schweren Leichenstein ruhen!!
Ende.