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Donnerstags. [7. Juli 1774.]
Liebe Freundin!
Ein paar Tage bin ich Ihnen schon manchmal fern gewesen, aber was sind zwei, drei Tage gegen ein Vierteljahr? Das bekümmert mich. Ich verfalle trüben Gedanken, und der Ort hier vermag sie nicht zu verscheuchen. Immer denke ich daran, daß Sie nicht glücklich sind, daß Ihre Gesundheit nicht fest ist. Kaum dem Leben wiedergegeben, weihen Sie es einem Gefühl, dem ganz anzugehören, Sie nie gewagt. Ihre Bedenken unterdrücken es einigermaßen, und die Trennung vernichtet es vielleicht ganz. Sie in solcher Verfassung zu verlassen, beunruhigt mich, aber mein Vater erwartet mich. Eigentlich hätte ich schon vor vierzehn Tagen abreisen sollen. Die Zeit drängt. Da ich unterwegs hier und dort verweilen muß und ich Ende Oktober zurück sein will, bleiben mir höchstens acht Wochen für den alten Herrn. Eine lange Zeit für mich Ruhlosen. Ich sorge mich um Sie. Ich sehne mich, von Ihnen zu hören. Sind Ihnen meine Briefe ebenso nötig? Wenn es so ist, will ich Ihnen häufig schreiben. Das wird mir die schreckliche Leere ausfüllen, die in mir sein wird, wenn mir Ihre Gegenwart fehlt, die Plauderei mit Ihnen, die liebe Gewohnheit, Sie beinahe alle Tage zu sehen. Diese Beziehungen und meine Studien sind der Inhalt meines Daseins. Mein ehemaliger Ehrgeiz ist erstorben. Durch Sie haben sich meine Begriffe von Ruhe, Ruhm, Glück völlig gewandelt. Bleiben Sie leben, liebste Freundin! Sie sind mir unersetzlich. Noch nie war meine Existenz so fest einer andern verbunden. Wohl habe ich schon stärker, ungestümer empfunden, aber noch nie dieses süße geruhsame Glück.
Genug jetzt. Abends mehr! Es geht heute keine Post hier ab, und so werde ich diesen Brief von dem Gute abschicken, wo ich heute zu Abend essen werde.
Wir sehen uns erst am Sonnabend wieder. Und am Montag reise ich! Du mein Gott, wie mich der Gedanke daran verfolgt und betrübt!
Graf Guibert.