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An Platens Grab

Wen je der Masse Beifall trug,
Der hebt sich leicht zu hohem Flug;
Gut steht ihm die Bescheidenheit,
Ihm, den die Welt zum Ritter schlug;
Doch wer die Bahn des Ruhms betritt,
Ein Triumphator ohne Zug,
Der, dem den guten Namen schnöd
Die Lüge und der Neid erschlug,
Sei stolz und sei sich selbst gerecht,
Sei trotzig und sich selbst genug.

*

Ich steure auf des Lebens Flut mit selbstgebautem Kiele zu;
Man horcht, wenn meine Harfe tönt, zuweilen gern dem Spiele zu;
Ich streifte manchen schönen Strand, manch' holde Blume winkte mir,
Ich habe mich am Duft berauscht, ein andrer griff dem Stiele zu;
Doch hab' ich auch zum Grund erprobt, was nur das Leben Bittres beut,
Denn, gäb' es noch ein Mißgeschick, ich weiß, daß es mir fiele zu.
Was unerreichbar ich gewußt, das lockte stets zumeist mich an;
Ich rang danach und wähnte selbst, ich strebe einem Ziele zu.
Nicht wünsch' ich mir Unsterblichkeit; was kostbar, birgt man meist der Welt;
Der Mantel der Vergessenheit, er deckt der Besten viele zu.

*

Deine steilen Pfade gingst du,
Andre ging ich unterdessen;
Was das Leben beut an Wonne,
Das empfing ich unterdessen.

Ob bestaubten Folianten
Hast du oft durchwacht die Nächte;
Jede süße Jugendtorheit,
Ach! beging ich unterdessen.

An dem Munde weiser Alten
Bist du lernend oft gehangen;
An den Lippen des Genusses
Aber hing ich unterdessen.

In dem Wüstensand des Wissens
Suchtest du den Quell der Wahrheit;
Doch den Schmetterling des Glückes
Spielend fing ich unterdessen.

Mit der Geißel der Entbehrung
Magst du deinen Leib kasteien;
Meiner Leidenschaften Fackel
Jauchzend schwing' ich unterdessen.

Auf des Ruhmes kahle Höhe
Jagt dich, Freund, dein heißer Ehrgeiz;
Tief im Tale Lenz und Liebe,
Die besing' ich unterdessen.

*

Dem Dichter ward ein karges Los; die Nüchternen verhöhnen ihn,
Es kehrt die Welt sich von ihm ab, nur schöne Fraun verwöhnen ihn;
Doch wenn kein irdisch Weib ihm je das Herz erschloß, mit keuschem Kuß
In heiliger, verschwiegner Nacht umarmen die Kamönen ihn;
Ihn lehrt ein Gott der Dinge Maß, er lauscht entzückt dem Sphärenchor,
Wie Offenbarungen des Alls umrauscht ein Meer von Tönen ihn;
Entsinkt der Mut ihm, richtet neu manch hohes Vorbild ihn empor,
Verwandter Seelen Kampf und Leid erheben und versöhnen ihn;
Dem Ew'gen dient er, lebt nur halb der Zeit, die oft ihn ganz verkennt,
Doch ehrt die Nachwelt seinen Staub, und späte Enkel krönen ihn;
Mag Neid ihm und Gemeinheit drohn, ihm ziemt zu lächeln ihres Wahns:
Vor ihren Pfeilen giftgetränkt beschirmt der Schild des Schönen ihn.


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