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Das Erdenglück, das mir gegeben,
Ich nehm' es froh aus deiner Hand,
Ein sichtbar Zeichen deiner Liebe,
Als deiner Gnade Unterpfand;
Denn tief in meines Herzens Grunde,
Da strahlt wie goldner Sonnenschein
Die Leuchte, welche ewig währet,
Herr Christ, dein Nam' und Kreuz allein.
Spandau, am 20. Oktober 1535.
Mein Weib hat mich gebeten, die Chronika des Abtes zu Fischbeck, die ich ihr am Hochzeitsmorgen geschenkt, weiterzuführen – wunderbar kommt's mir freilich vor, doch Frau Ingeburgs Wunsch soll erfüllt werden. Ein paar Blättlein sind's nur noch, und so fülle ich sie – will's Gott – mit Freuden. Mein letztes Wort, das ich als Abt darin verzeichnet habe, ist ein Jubelruf: »Mach' dich auf, werde Licht, denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des Herrn gehet auf über dir!« –
»Ja, Sein Licht hat mir den Pfad beleuchtet, wieder und immer wieder, und hat mich getröstet, wenn, wie so oft im Leben, Tränen und Not mein Teil waren. Und heute, wo ich beginnen soll, das Ende dieses Büchleins zu schreiben, kann ich wieder nur loben und danken und setze fröhlichen Herzens den Lieblingstext meines teuren Weibes obenan: »Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiß nicht, was Er dir Gutes getan hat.«
Seit zwei Monden ist Ingeburg mein Gemahl. Wie ein Märlein will mir's oft erscheinen, und doch ist nichts so klar und gewiß als diese Tatsache.
Was Glück ist – das erfahre ich täglich mehr, ein von Gott gegebenes Gnadengeschenk, so reich und groß, wie nur Er es verleihen kann. Wir aber empfangen es an jedem Tage wie von neuem und sind uns seiner Fülle doppelt bewußt, weil es aus Leid und Not und heißen Schmerzen hervorgegangen ist. Oft lehnt sie das Haupt an meine Brust und sagt: »Ich kann's nicht fassen, daß ich dein bin!« und ich blicke in ihre Augen, tiefer und immer tiefer. Eine wunderbare Ruhe liegt in diesen Augen. Sie sind wie das Meer, wenn der Mond über der stillen, träumenden Flut aufgegangen ist. Leise kommen und gehen die Wasser, die unendlichen, und die kleinen Wellenkinder ziehen plätschernd an den Strand, eins nach dem andern, und küssen die schlafende Erde.
Ja, deine Augen, Inga, sie bergen eine Fülle von Ruh' und Frieden, – das kommt, weil du unter dem Kreuz erblühtest, Jerichowrose, und seine Schmerzen und sein Segen dich überschatteten!
Ich kann nicht leben vom irdischen Sonnenschein – das bekenne ich, der ich ein Glück empfangen, so tief und überwältigend groß, wie es eines auf Erden geben kann! Ich kann nicht leben von deiner Liebe allein, du unendlich Geliebte, mein Leben ist umsonst gelebt, wenn ich Ihn nicht hab', der mich erlöste, der Sein Blut für mich vergossen hat! –
Und wenn ich heute auf dich blicke, wie du mein Glück und Sonnenschein geworden bist, so ist meine größte Wonne, daß du den Herrn lieb hast und Sein eigen bist; denn die Welt vergehet mit ihrer Lust, wer aber den Willen Gottes tut, der bleibet in Ewigkeit.
Spandau, am heiligen Christfest 1536.
Unter dem Geläute der Christglocken ist uns ein Sohn geboren. Mein Herz ist übervoll von Freude und Dank, und Inga blickt still und glückselig abwechselnd auf mich und das kleine zarte Köpfchen, das an ihrer Seite schlummert. Draußen ist weihnachtliche Helle. Die Sterne strahlen hernieder und grüßen die Erde, die sich wiederum bereitet hat, den höchsten Gast zu empfangen und an der Pforte der Weihnacht jubelt: »Hosianna, dem Sohne Davids! Gelobt sei, der da kommt!«
Die Engel haben den Namen des neugeborenen Königskindes herniedergetragen und klopfen an jedes Herz, die eine große Freude zu verkündigen. Gesegnet, wer sie empfangen, wer seine Tür auftat, daß das Licht der Ewigkeit hereinstrahlte! wer, wie der greise Simeon den Sohn der Jungfrau in die Arme, ins Herz genommen, um ihn nie wieder von sich zu lassen! Wie ein gesegneter Gang zum Gottestisch sind mir jedesmal die Stunden der Christnacht an der Krippe des Kindes von Bethlehem. Beides birgt ein Empfangen des höchsten Gutes, ein Empfangen unnennbar tiefer Liebe und Barmherzigkeit! –
Drüben an der verschneiten Pforte des Kirchleins steht in Stein gehauen unter dem alten Efeu: »Kommet, denn es ist alles bereit!« Das ist mir gerad' zur Zeit der Geburt des Herrn immer der liebste Gruß gewesen – alles bereit! das Heil, die Erlösung in Christo Jesu, das ewige Erbe, das behalten ist im Himmel – für uns, für dich und mich, für alle, die dem Fleisch gewordenen Gottessohne huldigen.
Durch die offenen Kirchenpforten strömt das Licht, und den weißen, mondbeschienenen Pfad kommen die Weihnachtsgäste, große und kleine, um die alte, selige Botschaft zu vernehmen.
In Gedanken wandere ich mit und trage mein erstes Kind im Taufschleier über die Schwelle des Heiligtums. Ein seliges Geschenk, ein Kindlein am Christabend, wenn's auch nur ein armes Menschenkind ist, in Sünden empfangen und geboren – wir wissen, daß es dem Herrn gehört, durch die heilige Taufe, und die Botschaft der Weihnacht versiegelt uns die Gewißheit seines Heils.
So segne der Heiland, dessen Geburtsfest wir heute feiern, das Kindlein, dem er in gnadenvoller Zeit das Leben gegeben. Er lasse ihm sein Licht leuchten, hell und klar, und schenke ihm fürs Erdenleben seine Kraft und zum Scheiden seine Gnade. – Vom Turm schlägt es Mitternacht; die Kirchenfenster sind dunkel, die Straßen still.
Ich sitze im matt erleuchteten Gemach und bewache mein Glück, den Atemzügen meines Weibes und des neugeborenen Kindleins lauschend. Da klingt's vom Turm wie dazumal:
»Das ew'ge Licht geht da herein,
Gibt der Welt ein'n neuen Schein;
Es leucht't wohl mitten in der Nacht
Und uns des Lichtes Kinder macht!«
Leise schweben die süßen Klänge über die träumende Stadt; ich aber kniee an der Wiege meines Kindes nieder, und in meiner Seele jauchzt es:
»Das hat er alles uns getan,
Sein' groß' Lieb' zu zeigen an;
Des freu sich alle Christenheit
Und dank' ihm des in Ewigkeit!
Kyrie eleis!«
Lehmann & Bernhard. Schönberg i. Meckl.