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Ein verwandtes Moment lag noch in der Stellung Wallensteins. Denn wie von Anfang an, so hatte er auch jetzt, durch keine Pflicht verbunden, sondern freiwillig, auf eigene Kosten und seine eigene Rechnung, dem Kaiser Hülfe geleistet: und zwar im großen Maßstab. Er war der Unternehmer einer Kriegsbewaffnung, welche in so fern einen privaten Charakter an sich trug, als sie neue Ansprüche begründete, zu neuen Forderungen berechtigte, die nicht abgelehnt werden konnten, und die Einwirkung des Kaisers auf die Armee nothwendig beschränkte. Daß er nun aber oberster Feldhauptmann des Kaisers war, gab ihm doch wieder eine große öffentliche Stellung, an die kein Anderer reichte. Er repräsentirte die kaiserliche Autorität, die er nach tiefem Verfall plötzlich wieder durch ein Kriegsheer zur Geltung brachte, und zwar in Regionen von Norddeutschland, in welche selbst die Macht Carls V. nie gereicht hatte. Wir berührten, wie der kaiserliche Name den Protestanten imponirte, selbst mehr als den Katholiken der Zeit. Denn diese hatten den Krieg bisher hauptsächlich mit eigenen Kräften, nach eigenem Ermessen geführt: es konnte ihnen nicht durchaus willkommen sein, daß nun auch ihnen gegenüber das Recht der kaiserlichen Oberherrlichkeit so mächtig emporkam, ohne daß man sah, wie es sich mit der damaligen Lage der Reichsgeschäfte vertragen würde.
Die deutsche Verfassung beruhte, so lange kein Reichstag berufen wurde, auf dem Zusammenwirken der kaiserlichen und der churfürstlichen Autorität. Das Einverständniß der drei geistlichen und der drei weltlichen Churfürsten, oder das Gleichgewicht, das sie einander hielten, hatte lange Zeit den Frieden in Deutschland erhalten. Durch die Ausschließung des rührigsten Protestanten, des Churfürsten von der Pfalz, aus dem Collegium und die Ersetzung desselben durch den eifrigsten Katholiken, Maximilian von Baiern, war eine katholische Majorität, welche nun durch die politischen und religiösen Interessen auf das engste vereinigt blieb, im Churfürstenrathe gebildet worden. Sachsen und Brandenburg hatten sich bei dem Akt der Belehnung fern gehalten, sie bestanden auf dem erblichen Rechte des Churfürsten von der Pfalz und seiner Familie; aber zu einem nachhaltigen Widerspruch, welcher Wirkung hätte haben können, ermannten sie sich doch nicht: die Autorität des churfürstlichen Collegiums erhielt sich auch unter der neuen Gestalt der Dinge und kam nun den katholischen Tendenzen mächtig zu Statten.
Lange Zeit wurde sie durch das Heer der Liga vertreten, an dessen Spitze der Wallone Tilly stand, der sich von den übrigen Kriegsführern dadurch unterschied, daß er wirklich eben nichts als General war und den ihm vorgeschriebenen Anordnungen keinen eigenen Willen entgegensetzte. Die katholischen Fürsten und die Liga erschienen als die Meister der deutschen Geschicke.
Wie nun aber, wenn das Kaiserthum, das bisher zurückgetreten war, eine von ihnen unabhängige Wirksamkeit in Anspruch nahm? Obwohl davon nicht ausdrücklich die Rede ist, so darf man doch voraussetzen, daß der Wunsch und das Bedürfniß, der kaiserlichen Autorität eine selbständige Repräsentation im Reiche zu geben, in Wien ein Motiv für die Annahme der wallensteinischen Erbietungen gebildet hat.
Fürs erste konnte es den Churfürsten und der Liga nicht anders als erwünscht sein, daß ein kaiserliches Heer im Felde erschien, welches viel dazu beitrug, daß den dänischen Angriffen ein nachhaltiger Widerstand geleistet wurde. Allein wenn es auf die Benutzung der gewonnenen Erfolge, die Fortsetzung des Krieges zu bestimmten Zwecken ankam, so stellte sich ein Zwiespalt heraus, der der damaligen Verfassung des Reiches entsprach.
Eine der gewaltigsten Aeußerungen der kaiserlichen Machtvollkommenheit war die Erhebung des Herzogs Maximilian zur Churwürde; eben in ihm fand nun das Kaiserthum den eifrigsten Verfechter der ihm entgegengesetzten Prärogative des churfürstlichen Collegiums.
Der erste Widerstreit knüpfte sich, wie im deutschen Reiche gewöhnlich, an eine Territorialfrage.
Noch vor dem Tode Christians und der Schlacht von Lutter waren die Gebiete von Braunschweig-Wolfenbüttel dazu bestimmt, durch eine Achtserklärung dem bisherigen Fürsten abgesprochen und anderweit verliehen zu werden. Wallenstein, dem alles darauf ankam, die Verbindungen zu pflegen, die ihm den Weg nach Norddeutschland eröffnet hatten, trug kein Bedenken, dem nächsten Stammesvetter aus dem Hause Lüneburg die Belehnung mit den einzuziehenden Landschaften im Allgemeinen, besonders aber dem Herzog Georg die Erwerbung des Fürstenthums Göttingen in Aussicht zu stellen v. d. Decken, Herzog Georg von Lüneburg I, 174.. Schon im December 1625 wurden der Secretär Wallensteins, Pergels, und der lüneburgische Rath, Dr. Hundt, darüber vollkommen einig. Wallenstein ließ eine sehr eifrige Verwendung dafür an den Hof abgehen.
Dagegen aber erhob sich eine unerwartete Prätension von einer anderen Seite.
Churfürst Schweickardt von Mainz, der damals in Folge der Gegenreformation in höherem Grade Herr und Meister des Eichsfeldes geworden war, als seine Vorfahren, forderte zur Sicherung und Verstärkung dieser Besitzungen die Städte Göttingen, Nordheim und Münden für sein Erzstift. Er selbst konnte Verdienste geltend machen. Er hatte bei der Umwandlung der deutschen Zustände, der Wahl Ferdinands II. und der Uebertragung der pfälzischen Chur auf Baiern, eine entscheidende Wirksamkeit ausgeübt. Ueberdies aber unterstützte Churfürst Maximilian sein Gesuch auf das dringendste
In einem Schreiben des Churfürsten Maximilian, 28. Mai 1626, heißt es: »Der Churfürst von Mainz fordere nicht allein Befehl an Tilly, daß er die drei braunschweigischen stätte Nordheim, Göttingen und Münden besetzen solle, sondern er fordere ihn, den Churfürsten Max, auf: bei der Kays. May. unserem allergnedigsten lieben Herrn und vettern was dahin zu
interponiren, und dieselbe zu erbietten helffen, daß sie den Generalen dem Herzogen von Fridlandt gleichmessigen beuelch zufertigen, entzwischen Ihre Chur. Mainz. L. zu etwas ergötzlichkeit dero erlüttnen schaden mit einer Kays.
Expectanz auf benenete drey braunschweigischen Stätte versehen wollen«.
Der Churfürst hofft, der Kaiser werde »auf villen bekhanten vrsachen und Motiven geneigt sein, Chur. Mainz L. der gebettenen Expectanz halber auf gedachte drey Städt wüllfehrig zu erscheinen«..
Zunächst hier stieß das kaiserliche Interesse, wie es Wallenstein verstand und vertrat, mit dem ligistischen unmittelbar zusammen. Der General hatte einen Fürsten von Bedeutung in den kaiserlichen Kriegsdienst gezogen, indem er ihm die Anwartschaft auf ein Land versprach, welches ein um das kaiserliche Haus sehr verdienter Fürst, unter Unterstützung eines anderen, der in noch höherer Gnade war, für sich selbst in Anspruch nahm. Die Natur der Menschen und der Dinge brachte es mit sich, daß daraus die mannichfaltigsten Zwistigkeiten folgten.
Erst durch diesen Gegensatz versteht man, weshalb Wallenstein dem jungen Georg, welcher ohne Zweifel damit sehr einverstanden war, verbot, die kaiserlichen Völker zur Vertheidigung des Eichsfeldes zu verwenden: »denn die Katholischen«, sagte er, »müssen ihre Länder selbst beschützen«, – was man ihm auf der anderen Seite sehr übel nahm und auch am Hofe zu Wien verargte.
Es sah fast wie eine Feindseligkeit und Bedrohung aus, wenn Wallenstein den Herzog Georg nach der Wetterau schickte, um die Werbung einiger neu zu errichtenden Regimenter, zu der er diesen Sammelplatz bestimmte, zu leiten. Er meinte, als Vertreter der kaiserlichen Autorität dazu berechtigt zu sein, mochten die territorialen Gewalten damit einverstanden sein oder nicht. Es war in unmittelbarer Nähe des Churfürstenthums Mainz. Alles war der Liga verhaßt, die Anmaßung des Generals, die Aufstellung der Truppen in jenen Gegenden, die Werbung selbst.
Ueberhaupt erhob die Liga ihre Stimme gegen die Rücksichtslosigkeit, mit der ihre Gebiete vom kaiserlichen General und seinen Truppen behandelt wurden. Die mainzischen Gebiete in Thüringen, die fränkischen Bisthümer, die Oberpfalz, welche unter der Verwaltung der Baiern stand, waren soeben von den Durchzügen der wallensteinischen Regimenter und ihren Erpressungen auf das bitterste betroffen worden.
Die Fürsten erinnerten den Kaiser, welche Dankbarkeit er ihnen für das Uebernehmen der schweren Kriegslasten zu Gunsten seines Hauses überhaupt schuldig sei: wolle er dafür diese treu assistirenden Stände, »die katholischen vereinten«, dem Raub einer ungebändigten Soldateska preisgeben? Sie forderten Bestrafung der Obersten, über die man sich beschwere, und Einstellung der Werbungen. Sie hätten bereits damals gern gesehen, daß der General selbst seines Amtes entlassen worden wäre. Dafür lag ein anderer Beweggrund, der von dem kaiserlichen Interesse ausging, in Wallensteins letztem militärischem Verhalten: man machte es ihm zum Vorwurf, daß er den Einfall Mansfelds in Schlesien nicht überhaupt verhindert, und schrieb es seinem bösen Willen zu, daß er in Ungarn mit Türken und Siebenbürgern nicht ernstlich geschlagen hatte: er hätte sie vernichten können. Oder sei er zu einem Krieg in großem Style unfähig? er sammle nur immer Truppen und liebe, große Heere um sich zu haben; aber den Feind anzugreifen, dazu könne ihn blos der Zufall veranlassen. Wirklichen Widerstand wisse er nicht zu bezwingen. Wo würde man in Niedersachsen geblieben sein, wenn man nicht Tilly gehabt hätte? Auch der spanische Gesandte versicherte, er habe seinem Hof geschrieben, daß sich Spanien nur von dem katholischen Bund, nicht aber von Wallenstein nachhaltige Vortheile versprechen könne.
Wallenstein, durch alle die Beschwerden, die man gegen ihn erhob, und die zwar bei Hofe nicht alle den Anklang fanden, den die Gegner erwarteten, aber doch einen gewissen Eindruck machten, gekränkt – denn auch er glaubte ein großes Verdienst selbst in Niedersachsen, um wie viel mehr in den österreichischen Erblanden und in Ungarn erworben zu haben –, sprach von seiner Abdankung. Man erfährt, daß zuerst sein Schwiegervater Harrach mit ihm darüber unterhandelt hat, aber wegen der Bedingungen, die er aufstellte, nicht zum Schluß gekommen ist.
Der kaiserliche Hof befand sich zwischen den beiden Heeren, gleichsam Mächten, die sich nach und nach für ihn erhoben hatten, in einer widerwärtigen Verlegenheit; beide machten unleugbare Verdienste geltend, aber ihre Ansprüche liefen einander geradezu entgegen.
Ein Zustand, der um so bedenklicher war, da die allgemeinen Angelegenheiten durch den letzten Feldzug keineswegs zur Entscheidung gebracht waren. Der erste Minister des Kaisers, Fürst Eggenberg, hielt für nothwendig, mit dem General, auf dem die Kriegführung beruhte, persönlich Rücksprache zu nehmen, – was zu Bruck an der Leitha den 25. November 1626 geschah.
Dem Minister eröffnete Wallenstein seine Gedanken systematischer, als er zu thun pflegte. Er ging davon aus, daß der kaiserliche Hof die europäischen Fürsten so gut wie alle gegen sich habe, wenige ausgenommen, welche für sich selbst beschäftigt seien. Der Kaiser und seine Erblande seien aber außer Stande, die erforderlichen Mittel aufzubringen, um den Krieg zu bestehen; diese Mittel müsse ihm das deutsche Reich gewähren. Um sich zu vertheidigen, bleibe ihm nichts übrig, als in dem Innern Deutschlands ein zahlreiches und mächtiges Heer aufzustellen, vor dem die Feinde weichen müßten, das man aber nie in die Gefahr bringen dürfe, in großen Schlachten oder langwierigen Belagerungen zu Grunde gerichtet zu werden. Mit dieser Armee dürfe das Haus Oesterreich nicht etwa Eroberung machen wollen: nur dann werde sie beisammen bleiben, da die Obersten, deren man sich bedienen könne, größtentheils Lutheraner seien. Darauf müsse man denken, das Reich in Frieden zu setzen und darin zu erhalten: dann werde der Kaiser allen Seiten furchtbar werden.
Man sieht, Alles griff ineinander: die große Menge der Truppen, die Ausdehnung ihrer Quartiere, die Contribution, womöglich ohne Gewaltsamkeit, die Aufnahme von Protestanten, die Rücksichtslosigkeit gegen die Katholiken, selbst die Vermeidung gefährlicher Schlachten. Wallenstein verhehlte nicht, daß er deshalb auch in Ungarn an sich gehalten habe; er meinte, daß man sich dort mit der Vertheidigung der Grenzen begnügen und einen Angriffskrieg unter allen Umständen vermeiden müsse.
Wer aber – fuhr er fort – könne es dem Kaiser verdenken, wenn er die Quartiere seiner Armee über ganz Deutschland ausdehne? er sei dazu vollkommen berechtigt. Ohne Mühe könne er 70,000 Mann regelmäßig im Felde halten. Wenn das ein paar Jahre geschehe, würden die Feinde selbst um Frieden bitten; er werde seine oberste Würde unter den Fürsten der Christenheit wieder zur Geltung bringen. Und indessen würden auch die Erblande wieder zu Kräften kommen: er werde beliebig nach allen Seiten hin Krieg zu führen im Stande sein.
Eggenberg wurde von diesen Gründen überzeugt: er billigte, was in Ungarn geschehen war, und ging – wir werden sogleich darauf zurückkommen – auf die weiteren Ideen Wallensteins darüber ein; man wollte vor allem darauf denken, die Erbstaaten vollends zu pacificiren, die dann zunächst noch die Last der Winterquartiere zu tragen hätten; aber indeß könnten die Werbungen fortgehen und darnach der Aufbau der kaiserlichen Macht in dem Innern Deutschlands vor sich gehen.
Allen den mächtigen Autonomien, die der kaiserlichen Macht bisher widerstanden hatten, sollte dadurch ein Zügel angelegt werden: nicht allein den protestantischen, sondern auch, wenn es nöthig sei, den katholischen. Nicht der Krieg allein war der Zweck der Aufstellung des Heeres, sondern diese war selbst der Zweck. Man hoffte ohne große Kriegshandlungen darauf den Frieden und eine dauernde Macht gründen zu können Das wichtigste Actenstück dafür ist das erste in Aretins Wallenstein, datirt 26. November 1626..
Der Erfolg von alledem war, daß die Liga mit ihren Beschwerden kein Gehör fand. Der bairische Resident bei Hofe beklagt sich, daß man wohl Befehle in seinem Sinn erlasse; allein sie auszuführen oder auch nicht, stehe bei Wallenstein. Die über ihn einlaufenden Beschwerden gebe man an ihn zurück, der gleichsam über die Reichsfürsten zu Gericht sitze: er zeige sich sehr ungehalten gegen seine Ankläger und drohe, sich an ihnen zu rächen.
Auf den Gesandten selbst machte das so vielen Eindruck, daß er in den Extracten aus den ihm zugehenden Beschwerdeschriften die Stellen fortließ, in denen von Verdiensten des ligistischen Heeres und von der schlechten Behandlung, die es erfahre, in hochtönenden Worten die Rede war: denn man werde dadurch das Gegentheil bewirken; Wallenstein sei sehr empfindlich und müsse geschont werden.
Damit aber erreichte er doch nicht, was er beabsichtigte: Wallenstein versagte dem ligistischen General die Zufuhr von Getreide aus dem halberstädtischen Gebiet; denn nur für sein eigenes Heer meinte er die Hülfsquellen der von ihm eingenommenen Landschaften zu verwerthen. Tilly wurde schließlich angewiesen, was er brauche, sich von Böhmen her gegen Bezahlung zu verschaffen.
Es war schon so weit gekommen, daß die Mitglieder des kaiserlichen Rathscollegiums Bedenken trugen, mit Wallenstein in Streit zu gerathen; nur einer, Questenberg, wußte mit ihm fertig zu werden.
Man meint, Wallenstein habe durch Bestechungen oder Familienverbindungen oder auch geistlichen Einfluß bei Kaiser Ferdinand seine Absichten durchgeführt. Um dem entgegenzuarbeiten, wurden von Seiten der Liga andere angesehene Geistliche, die bei dem Kaiser Einfluß hatten, verwendet. Doch hing die Entscheidung von diesen persönlichen Einwirkungen nicht mehr ab. Beschwerden konnten vorgebracht und vielleicht auch gehoben werden: in dem Hauptziel der Politik waren die kaiserliche Regierung und der General einverstanden.
In den ersten Monaten des Jahres 1627 erneuerten sich die Klagen der vier Churfürsten und der geistlichen Herren aus Franken; sie wurden durch die aus den Erblanden erschallenden Wehklagen verstärkt.
In der Hoffnung, eine Abhülfe zu erlangen, sandte die Liga eine eigene Gesandtschaft nach Wien, die zu einer Zeit eintraf, wo Wallenstein, auf dessen Ankunft man die Erörterung der großen Fragen verschoben hatte, bereits selbst anwesend war.
Er versprach die Abstellung aller Mißbräuche, jedoch nicht der Werbungen. In den Verhandlungen darüber ist der Gegensatz der beiden Directionen eines Tages zu voller Erscheinung gekommen. Friedland bestand auf die Prärogative des Kaisers; er fragte, ob der Kaiser eine bloße Bildsäule sein solle? sie antworteten: das Reich sei nicht allein dem Kaiser verpflichtet, sondern dieser habe auch dem Reiche geschworen Aretin (Wallenstein S. 15) aus dem Berichte Senfftenau's..
Wallenstein wollte dem Kaiser eine Gewalt verschaffen, die im Reiche nicht des Herkommens war. Die Fürsten bestanden auf eine Beschränkung der kaiserlichen Macht, die ihnen ihre Selbständigkeit sicherte. Es waren dieselben, welche die Mehrheit im Fürstenrath bildeten und die katholische Liga ausmachten. In den Angelegenheiten, die ein gemeinschaftliches Interesse bildeten, hatten sie die kaiserliche Autorität selbst über die Grenzen hinaus, welche ihr die alten Gesetze zogen, unterstützt; sie schien eine Zeitlang nur da zu sein, um ihre Wünsche zu vollziehen. Anders aber war es jetzt geworden. Von dem bewaffneten Kaiser und seinem General waren sie selbst eingeengt und bedroht. Sie waren entschlossen, ihm so viel nur immer möglich, zu widerstreben.
Für's erste suchte Wallenstein den Bruch zu vermeiden; er wollte versprechen, daß fortan keine Truppen auf das Gebiet der Churfürsten und der Liga überhaupt gelegt werden sollten; dagegen soll aber auch ihr Kriegsvolk sich nicht auf eine Weise ausdehnen, daß die kaiserlichen Quartiere dadurch beengt würden. Er rieth dem Kaiser, der Liga Satisfaction zu geben; nur möge er ihr beweisen, daß er Kaiser sei, und daß er sich nichts Unbilliges werde zumuthen lassen Schreiben Friedlands an den Kaiser – 24. Mai 1627 – bei Chlumecky, Regesten, Briefe Albrechts von Waldstein S. 49..
Auf einer ihrer Versammlungen im März 1627 hatte die Liga beschlossen, ihren Beschwerden durch einen Collegialtag der Churfürsten größeren Nachdruck zu geben, der, auf der Stelle erst nach Nürnberg angekündigt, aber dann, weil man dort in den Bereich der friedländischen Soldateska zu gerathen fürchtete, nach Mühlhausen verlegt, im September und October daselbst wirklich zu Stande kam. Die katholische Majorität erschien da zum ersten Mal in ihrer Ueberlegenheit. Der bairische Bevollmächtigte ward als factisch berechtigt betrachtet, obwohl die Anderen noch entfernt waren, die pfälzischen Rechte aufzugeben.
Es hat ein gewisses Interesse, wie sich auch unter den veränderten Umständen die beiden Parteien gegen einander stellten.
Die Proposition betraf die Abstellung der Gewaltthaten, welche die undisciplinirte Soldateska im Reich allenthalben verübe; Baiern trug darauf an, daß man die Ausschreitungen, die von derselben begangen würden, dem Kaiser durch eine Sendung vorstellen und um eine Remedur derselben bitten solle. Dabei äußerte der kölnische Gesandte, der Kaiser verdanke seine Herstellung in Böhmen der Unterstützung der unirten katholischen Fürsten. Der Churfürst von Sachsen wollte jedoch seinen Antheil an dem Ereigniß nicht so ganz in Vergessenheit stellen lassen: der Gesandte mußte jenen Ausdruck dahin berichtigen, daß der Kaiser von den getreuen Ständen überhaupt hergestellt sei. Eine ausschließliche Verpflichtung des Kaisers für die Liga wäre ihm höchst anstößig gewesen Ich schöpfe aus den brandenburgischen Berichten über den Tag von Mühlhausen..
Ueber die Hauptfrage ergriff dann der Churfürst von Sachsen – neben Mainz der einzige, der persönlich gekommen war – das Wort. Mit einer gewissen Beredtsamkeit beklagte er, daß der Krieg, den man durch Unterstützung des Kaisers zu dämpfen gemeint, Deutschland dennoch ergriffen habe und es ganz und gar zu veröden drohe. Denn allenthalben eröffne man Werbungen und nehme Durchzüge vor, ohne die Landesherren zu begrüßen, und verhänge schwere Contributionen. Schon sei es dahin gekommen, daß mancher Fürst nicht mehr zu leben habe; die Reichsverfassung werde nicht geachtet. Von der Präeminenz der Churfürsten, die billig bei einem neuen Kriegsunternehmen hätten gefragt werden sollen, rede man verächtlich. Man sieht, wie allgemein dies lautet. Johann Georg von Sachsen hütete sich sehr, blos von Wallenstein und den kaiserlichen Völkern zu sprechen; denn gegen den General der Liga liefen nicht weniger laute und begründete Beschwerden ein, als gegen den kaiserlichen. Vollkommen kam die Liga in Mühlhausen nicht zu ihrem Zweck. Zu einer eigentlichen Mission, die direct gegen Wallenstein gerichtet gewesen wäre, entschlossen sich die Churfürsten nicht. Sie begnügten sich mit ermahnenden Schreiben an die beiden Generale und einer schriftlichen Vorstellung an den Kaiser über die dringende Nothwendigkeit einer Abhülfe der unerträglichen Beschwerden. In dem Schreiben an Friedland bemerkte man einige Drohworte. Die brandenburgischen Gesandten, an deren Spitze Adam Schwarzenberg stand, forderten die Weglassung derselben: denn sie würden den General nur noch mehr aufreizen.
Im Frühjahr 1627 bewegte sich König Christian IV. noch einmal in großen und glänzenden Aussichten. Er kündigte den Verbündeten, sowohl den Republiken Venedig und Holland, wie den Königen von England und Frankreich, seinen Entschluß an, den Krieg mit aller Macht fortzusetzen. Von den verschiedensten Seiten her zogen ihm kriegslustige Gehülfen zu. Aus Venedig kamen der Graf von Thurn, der seit einigen Jahren daselbst Dienste gethan hatte, und der Markgraf von Baden-Durlach, die als gute Kriegsleute und zuverlässige Protestanten galten. Französische Hugenotten fanden ihren Weg zu ihm. Den Engländern, die unter Sir Charles Morgan an der Weser erschienen, zur Seite, aber unabhängig von denselben, kämpften ein paar tausend tapfere Schotten: für ihren König war der deutsche Feldzug ein Theil des großen Angriffes auf Spanien, zu welchem ihn die pfälzische Verwickelung veranlaßte. Unter den deutschen Fürsten, die in dem Heer Christians fochten, finden wir Herzog Bernhard von Weimar, jüngeren Bruder Johann Ernst's. In Niedersachsen wehten seine Fahnen noch einmal in den festen Plätzen: Wolfenbüttel, Nordheim und Nienburg; sie trugen bei, den protestantischen Geist und Widerstand in Bürgern und Bauern, z. B. den Bürgern in Braunschweig und den Bauern im Harz, zu erhalten. Man meinte, der Dänenkönig werde über die Weser vordringend Osnabrück besetzen, was dann der allenthalben gährenden popularen Bewegung erst Bestand gegeben hätte Tilly an die Infantin 23. März, 21. Mai 1627. Villermont, Tilly II, 385.. Den größten Werth legte er auf die Stellung, welche die Obersten in seinem Dienst unter einem seiner Commissare – denn so bezeichnete man damals die mit den unmittelbaren Befehlen der Fürsten betrauten Adjutanten –, des Namens Mitzlaff, in Oberschlesien inne hatten. Sie befestigten Cosel und Troppau und meinten im Stande zu sein, nicht allein diese Plätze zu behaupten, sondern weite Streifzüge nach den inneren Erblanden auszuführen und dadurch die protestantische Gesinnung zu beleben; dann werde Bethlen Gabor auf's neue aus Ungarn hervorbrechen und Wien bedrohen Nachrichten über die Verhandlungen des Kriegsrathes, in dem oben erwähnten militärischen Bericht.. Christian IV. rechnete noch auf Bethlen, der mit den deutschen Protestanten in einem Bündniß stehe, das ihm selbst den größten Nutzen bringe. Wirklich lagen damals Gelder in Venedig und in Constantinopel in Bereitschaft, die ihm bei einer entsprechenden Bewegung ausgezahlt werden sollten.
Und gewiß, wäre diese Combination im Gang geblieben, so würde Christian wenn nicht, wie er erwarten ließ, noch einmal die Offensive ergriffen haben, wenigstens die defensive Stellung, die er eingenommen, würde er vertheidigt und einen für ihn ehrenvollen und für die protestantische Sache rettenden Frieden haben schließen können.
Da trat aber im Orient eine entscheidende Veränderung der politischen Lage ein.
Vor einigen Jahren hatten die Osmanen Bagdad verloren; ein Versuch, es wieder zu erobern, führte im Frühjahr 1627 zu blutigen und zweifelhaften Kämpfen, Unruhen und Verlusten, die einer Niederlage gleichkamen; der mächtige Wesir von Erzerum drohte mit Abfall. Unmöglich konnte dem der Divan zusehen; der junge osmanische Großherr, der sich als Kalife betrachtete, fühlte sich von religiösem Eifer zum Kampfe für seine Glaubensgenossen angetrieben. Sollte er auf Erfolge rechnen können, so durfte er nicht zugleich an der ungarischen Grenze Krieg zu führen haben.
Die inneren religiösen Parteiungen beherrschten Orient und Occident wieder einmal am meisten. Wie der Großherr die Shiiten, so wollte der deutsche Kaiser die Protestanten niederwerfen. Darüber traten zunächst die zwischen ihnen selbst schwebenden Streitigkeiten in den Hintergrund. Denn diese betrafen nicht mehr das allgemeine Weltverhältniß zwischen Christentum und Islam, wie vor Zeiten: es bedurfte nur einer Berichtigung der Grenzgebiete.
In dem letzten Feldzug waren beide Theile inne geworden, daß sie, ohne dabei jedweder für sich selbst in Gefahr zu gerathen, einander nichts entreißen würden.
Im Sommer 1627 kamen nun die Bevollmächtigten des Kaisers und des Großherrn in der Gespanschaft von Komorn auf dem Felde von Szön zusammen, beide des ernsten Willens, die Streitigkeiten zu schlichten, welche bisher den letzten Frieden unterbrochen hatten.
Den Osmanen mußte es leichter sein als den Kaiserlichen. Denn es galt die Erneuerung der für sie so überaus vortheilhaften Abkunft von Sitvatörök. Kaiser Rudolf hatte sich dadurch, daß er dieselbe nicht annehmen wollte, in jene Irrungen mit seinem Bruder und seinen Landschaften gestürzt, die das Unglück seiner letzten Jahre über ihn herbeizogen. Kaiser Ferdinand setzte nun die damals im Gegensatz mit Rudolf von den Erzherzogen ergriffene Politik fort, wenn er sich bequemte, den Frieden zu erneuern. Im September 1627 gelangte man zum Abschluß eines Vertrages, der noch der gegenseitigen Ratification bedurfte, aber den schon vor demselben durch die Verhandlungen herbeigeführten Zustand friedlichen Einvernehmens bestätigte.
Davon wurde nun auch Bethlen, der selbst einen Bevollmächtigten bei den Verhandlungen gehabt hatte, betroffen. Er wäre zwischen den beiden großen Potenzen zermalmt worden, hätten sie gemeinschaftliche Sache gemacht. Die Könige und Staaten des Westens, seine protestantischen Freunde hätten ihn dagegen nicht schützen können. Wie er sich auch erklären mochte, welche Hoffnungen er geben werde, er konnte sie nicht erfüllen.
Nur vergebens brachte der englische Gesandte den Osmanen die ihm gegebene Zusage, keinen Frieden ohne Einschluß der europäischen Verbündeten und die Sicherung der Freiheit in Deutschland zu schließen, in Erinnerung. Er zeigte ihnen, daß die allgemeinen Ausdrücke in dem Tractat, auf die sie sich bezogen, ohne Bedeutung dafür seien; sie begnügten sich doch aller Widerrede zum Trotz mit denselben. Roe, Negotiations 700.
Das hatte nun aber die unmittelbarste Rückwirkung auf die deutschen Angelegenheiten. Denn von Bethlen durfte man nichts erwarten. Nachdem man viel auf seine Zweizüngigkeit gescholten, beschied man sich doch, daß es nicht rathsam sei, ihn zu einem Losbrechen zu veranlassen, was seinen Ruin, den man nicht wünschen könne, herbeiführen werde. Die nächste Folge war dann, daß die dänisch-deutschen Truppen in Schlesien, weit entfernt von Bethlen unterstützt zu werden, vielmehr von Wallenstein, der nicht von Bethlen beschäftigt war und seine Armee allmählich wiederhergestellt hatte, mit überlegener Macht angegriffen werden konnten.
Immer voll allseitiger Umsicht, traf er Veranstaltung, daß die Polen im Stande blieben, den König von Schweden zu bestehen, und dieser nicht versuchen konnte, wie er vorhatte, von Polen her nach den Erblanden vorzudringen. Wallenstein schickte schon damals ein kaiserliches Regiment nach Polen. Auf der anderen Seite waren Oberösterreich und Mähren – denn der beabsichtigte Streifzug unterblieb – dem Kaiser unterworfen. Und wenn die dänischen Befehlshaber in Schlesien die Bedeutung ihrer Anwesenheit für die Religion hervorhoben und Buß- und Bettage in der strengen protestantischen Form anordneten, so konnte das doch eine so große Wirkung nicht haben, da Wallenstein von aller religiösen Verfolgung sich fern hielt und sein Heer großentheils aus Protestanten zusammensetzte.
Die vornehmste Sorge war alsdann, daß es dem König Christian gelingen dürfte, die Masse des in Schlesien stehenden Kriegsvolks an sich zu ziehen und sich mit derselben, etwa in der Mark Brandenburg, zu verbinden. Wallenstein meinte, die dänischen Führer würden die neugeworbenen Truppen in den schlesischen Besatzungen lassen und mit ihrer Reiterei, so wie dem beritten gemachten bessern Fußvolk, davon ziehen, um sich mit dem König zu vereinigen Vgl. Wallensteins Briefe von Förster I, 95..
Den Dienst, dies unmöglich zu machen, leistete dem General vornehmlich der Herzog Georg von Lüneburg, der in die Mark Brandenburg eindrang und die Pässe über die Havel in seine Hände brachte, deren man zu dieser Verbindung bedurft hätte. Der Churfürst von Brandenburg beklagte sich vergeblich über das gewaltsame Eindringen eines so nahe befreundeten Verwandten aus dem Hause Lüneburg. Herzog Georg antwortete, er könne darauf keine Rücksicht nehmen: denn er müsse die Ordre der beiden Generale, Tilly's und des Herzogs von Friedland, ausführen Schreiben Georgs von Lüneburg, 3. Mai.. Mit ihm wirkten Aldringer und besonders der Oberst Hans Georg von Arnim zusammen. Die Mark diente zum Kriegstheater der mit einander kämpfenden Weltmächte; nicht einmal zu einer bewaffneten Neutralität konnte sie sich ermannen.
Wenn man in Wien und in München bisher darüber gescholten hatte, daß Wallenstein nicht geradezu auf Oberschlesien losging, gleich als wolle er nur eben immer große Heere commandiren, ohne doch dem Feinde auf den Leib zu gehen, so stellte sich nunmehr heraus, daß die dänisch-deutschen Truppen sich nicht allein nicht gegen ihn zu behaupten, daß sie nicht einmal sich durchzuschlagen vermögen würden: so gut waren alle Maßregeln getroffen. Als Wallenstein im Juli 1627 mit einer beinahe dreifach überlegenen Macht auf sie losging, wichen sie allenthalben zurück: sobald sie dann einen empfindlichen Nachtheil erlitten, traten die gemeinen Soldaten in Haufen zu ihm über. Hauptsächlich den persönlichen Rücksichten der vornehmsten Führer, welche keine Begnadigung vom Kaiser erwarten durften, oder, wofern sie geschlagen nach Dänemark kämen, ihr Leben zu verlieren in Gefahr geriethen, schrieb man es zu, wenn sie nicht ohne Weiteres zur Capitulation schritten.
Noch einmal versuchten sie ihr Glück. Bei der alten Grenzfeste zwischen Mähren und Polen, bei Cosel, dessen militärische Wichtigkeit auch damals beide Theile würdigten, machten die dänisch-deutschen Truppen einen Versuch, zu widerstehen, der sich anfangs ganz glücklich anließ. Die dänische Reiterei behielt im ersten Zusammentreffen die Oberhand. Aber indeß hatte Wallenstein, der mit trefflichen Geschützmeistern versehen war, eine Schanze erobert, von der aus er ihre Stellung beschoß. Als er sie dann zugleich in der Front mit überlegenen Truppen angriff, fühlten die Führer und der Kriegscommissar selbst, daß ihre Sache in Schlesien verloren war, und suchten in eiligem Rückzug das Weite. Nach kurzer Gegenwehr mußte die Besatzung der Stadt, der es an Schießbedarf fehlte, capituliren Lucä, Denkwürdigkeiten von Schlesien I, 695. Weltzel, Geschichte von Cosel 185.. Die dänische Reiterei, die sich zuerst nach den ungarischen Pässen wandte, fand den Rückhalt nicht, den sie daselbst erwartete; sie suchte nun doch auf weitem Umweg zu ihrem König durchzudringen. Wallenstein sandte ihr seinen besten Obersten, Pechmann, nach, der ihr große Verluste beibrachte; dieser selbst kam dabei um; die Dänen wurden nahezu aufgerieben.
Indessen nahm Wallenstein die schlesischen Schlösser und Städte, die in feindlichen Händen gewesen, ohne Widerstand ein; er verfuhr dabei auf seine Weise. In Troppau hat er die Rathsherren so lange festhalten lassen, bis sie ihm eine Brandschatzung von 10,000 Thalern erlegt hatten. Im Monat August war alles beendigt. Wallenstein schickte die eroberten Fahnen nach Wien: man zählte ihrer, größere und kleinere, fünfundsechszig. Auch eine Leibfahne des Königs von Dänemark war dabei, die der dänische Commissarius geführt hatte.
In lautem Triumph wurden die Fahnen durch die Straßen von Wien getragen an dem Hause vorüber, welches der türkische Defterdar und Kiaja bewohnten. Der Anblick sollte sie von der Macht des Kaisers überzeugen und bei ihrer friedlichen Gesinnung festhalten.
Nun aber stand dem General nichts mehr im Wege, gegen den König von Dänemark selbst anzugehen, wie er vernehmen ließ, die Fremden, die den Frieden und den Wohlstand des Reiches stören, von dem Boden desselben zu verjagen. Das Glück wollte ihm so wohl, daß ihn dabei die politischen Verhältnisse des westlichen Europa unerwartet begünstigten.
Wem hätte mehr daran zu liegen scheinen sollen, daß in Norddeutschland eine ungebrochene Kriegsmacht im Gegensatz gegen Oesterreich aufrecht erhalten würde, als dem Cardinal Richelieu, der damals in Frankreich an das Ruder gelangt war und bei seinen ersten Schritten vor allem Andern die Beschränkung der spanisch-österreichischen Macht zu seinem Gesichtspunkt gemacht hatte? Und niemals lagen für König Carl I. triftigere Gründe vor, zur Aufrechthaltung des Königs von Dänemark neue Anstrengungen zu machen, nachdem alle Anderen, welche die Sache der Pfalz zu führen unternommen hatten, zu Grunde gerichtet waren. Damals waren aber England und Frankreich durch Irrungen, die in den religiösen Ansprüchen der Königin von England, einer französischen Prinzessin, ihren Grund hatten, in Krieg mit einander gerathen. Im Juli 1627 setzte Buckingham einen Angriff gegen die Insel Rhé ins Werk, bei dem es auf die Unterstützung der französischen Reformirten und auf eine maritime Besitzergreifung im Gegensatz zugleich gegen Spanien und gegen Frankreich abgesehen war. Die dänischen und norddeutschen Verhältnisse blieben dabei unberücksichtigt. Vergebens unternahm der Administrator von Magdeburg eine Reise nach England und Frankreich, um die dringende Gefahr, in welcher sich Christian IV. befand, und die Nothwendigkeit, ihn zu unterstützen, vor Augen zu legen. Eine englische Flotte, die an den Mündungen der Elbe oder der Weser erschienen wäre, würde der protestantischen Sache einen wichtigen Rückhalt verschafft haben. Aber seine Anmahnungen brachten keine Wirkung hervor und konnten nach den Umständen keine hervorbringen.
In welche Lage gerieth nun der König Christian, als sich, indem er das Heer der Liga nur mit Mühe zu bestehen vermochte, nun auch das kaiserliche in einem durch seine Siege angewachsenen neuen Bestand gegen ihn heranwälzte!
Christian IV. hatte ein sehr ausgedehntes Gebiet zu vertheidigen, das Erzbisthum Bremen, das Herzogthum Mecklenburg und vor allem die niedere Elbe, die den Weg nach seinen Erblanden eröffnete. Ohne Zweifel hätte er seine Macht vornehmlich an dieser Stelle concentriren sollen, um einen nachdrücklichen Widerstand zu leisten. Aber er war weder seiner Truppen, noch seiner Landschaft mächtig. An der Weser hat der Generalcommissar Narpracht seinem Befehl, an die Elbe abzurücken, zweimal den Gehorsam versagt. In Holstein wie in Mecklenburg war der Adel geneigt, dem Kaiser beizutreten. Der König war für die Kriegsmittel auf seine eigenen Ersparnisse, oder den Verkauf seiner Kleinode angewiesen, was doch nicht so viel austrug, um die Soldaten zu befriedigen. Seine Heerführer waren Volontärs, die ihre eigene Sache in ihrer Weise verfochten, wie wir sie kennen, oder Fremde, von denen sich keiner unter den andern fügen mochte.
Wie ganz anders der General der Liga, dem soeben eine sehr bedeutende Bewilligung gemacht worden, und der General des Kaisers, der durch seinen letzten Sieg zu voller Autorität wie an dem Hofe so in dem Heere gelangt war!
Unmittelbar nach der in Schlesien erfolgten Entscheidung überschritten Georg von Lüneburg die Havel, Tilly die Elbe (6./9. Aug.); vor ihnen wichen die dänisch-deutschen Truppen von Boitzenburg und Lauenburg; früher tapfer und zu Zeiten glücklich, leisteten sie jetzt keinen Widerstand. Es war, als ob das Gefühl der feindlichen Uebermacht ihre Kräfte lähme.
Ende August trafen Herzog Georg, Tilly und Wallenstein in Lauenburg zusammen. Wallenstein führte achtzehntausend Mann zu Fuß, sechstehalbtausend Dragoner und Arkebusire, gegen achthalbtausend Kürassiere heran. Herzog Georg ordnete seine Regimenter dem General unter, dem sie früher angehörten. Tilly entschloß sich, ihm einen Theil seines Geschützes zu überlassen und an der Unternehmung auf Holstein zugleich selbst Theil zu nehmen.
Als der Repräsentant der höchsten Autorität nahm Wallenstein in jeder Beziehung die erste Stelle ein; er war prächtig und anmaßend.
König Christian IV., von dem Vorgefühl des nahenden Verderbens ergriffen, trug dringender und eingehender als je auf eine Abkunft an; aber ebenso waren die Generale von dem Bewußtsein ihrer Uebermacht durchdrungen: sie mutheten die härtesten Bedingungen an, Verzichtleistung nicht allein auf seine Stellung im niedersächsischen Kreise, sondern selbst auf sein Herzogthum Holstein, das er durch Felonie verwirkt habe. Sie wußten recht wohl, daß er solche Bedingungen nicht annehmen könne. »Aber«, so sagen sie, »nachdem wir unsere Kräfte vereinigt, hoffen wir sie mit Gewalt durchzusetzen« Ihr Schreiben an den Kaiser, bei Khevenhiller X, 1444..
Von vieler Bedeutung für die Vertheidigung von Holstein würde es gewesen sein, wenn der Markgraf von Baden-Durlach, der die dänischen Truppen an dem rechten Elbufer befehligte, sich mit dem König hätte vereinigen können. Noch beschäftigt, in der Mark Brandenburg die Ueberreste der dänisch-schlesischen Armee an sich zu ziehen, sah er sich jedoch plötzlich von ihm abgeschnitten. In der Hoffnung, was zu Lande unmöglich war, zur See auszurichten, nahm er seinen Weg durch das mecklenburgische Gebiet nach Wismar und der Halbinsel Pöl. Es dauerte aber mehrere Wochen, ehe die zu dem ferneren Transport erforderlichen Fahrzeuge herbeigeschafft wurden. Als es endlich so weit war und die Truppen, noch immer eine stattliche Schaar, nach Heiligenhafen übergesetzt wurden, mußte er sehen, daß auch die kaiserlichen Kriegsvölker ihm hier bereits gegenüber standen. Es war der kaiserliche Feldmarschall Graf Schlick, der dann, zur rechten Stunde eingetroffen, keinen Augenblick zögerte, die markgräflichen Truppen anzugreifen, und zwar ehe sie noch sämmtlich ausgeschifft waren. Der tapfere Widerstand, den sie dennoch leisteten, bewirkte doch nichts weiter, als daß der Markgraf und die vornehmsten Führer Zeit behielten, sich mit den Uebrigen zur See zu retten. Bei diesem Anblick wollten aber auch die gelandeten und im Kampf begriffenen Truppen nicht mehr fechten. Die kaiserlichen Kürassiere, an die Seite reitend, ließen ihnen die Wahl, ob sie wieder zu dem Könige gehen oder zu dem Kaiser übertreten wollten. Sie gaben zu vernehmen, man habe sie betrogen: was sie nicht länger leiden werden; in großen Trupps herüberkommend, stellten sie sich unter die kaiserliche Fahne. Es waren drei Regimenter zu Pferd, vier Regimenter zu Fuß, fast die besten Truppen des Königs, auf die er sich am meisten verließ. Die kaiserlichen Obersten meinten, das Fundament einer gerechten Sache verschaffe ihnen den Sieg Lebensbeschreibung in Khevenhillers Conterfet, von der ich nur wünschte, daß sie Schlegel bei seinen fleißigen Anmerkungen zu Slange zur Hand gewesen wäre. Sie löst noch manchen Zweifel auf..
Indessen war nun aber auch der unmittelbare Angriff auf den König ausgeführt.
Da Tilly gleich im Anfang bei Pinneberg verwundet wurde und, als er geheilt war, seine Waffen gegen die festen Plätze in Niedersachsen wandte, so blieb der Feldzug gegen Dänemark ausschließend in Wallensteins Händen.
Er ward dadurch unterstützt, daß der Herzog von Holstein, sowie die Stadt Hamburg auf die Seite des Kaisers traten und der König auch in seinen eigenen deutschen Gebieten keine nachhaltige Unterstützung fand. Da nun die Dänen überhaupt mit dem Kriege nichts zu schaffen haben wollten, so blieb Christian IV. hauptsächlich auf die Fremden angewiesen, deren Kraft aber in diesem Unglück versagte: sie zerstoben vor seinen Augen.
Die sämmtlichen Franzosen in seinem Dienst fühlten sich beleidigt, daß der König die französischen Obersten bei der Vertheidigung von Pinneberg unter einen deutschen Hauptmann stellte. Graf Thurn konnte sich in den Marschen nicht behaupten; wohl ließ er die Schleusen eröffnen, aber die herrschenden Südwinde verhinderten, daß das Wasser eindrang. Auf das tapferste wehrten sich die Schotten in Breitenburg unter dem Major Dunbar, der seine Waffen durch Gottesfurcht adelte; man sah ihn wohl seinem Haufen mit entblößtem Haupte betend vorangehen. Als er erschossen war, hätten sich die übrigen Offiziere gescheut, seinem Beispiel nicht zu folgen. Die Stadt wurde im Sturm erobert, dabei Alles niedergemacht, was die Waffen tragen konnte.
Wie später Cromwell in Irland und Monk in Schottland, so verfuhr Wallenstein damals in Schleswig, und mit ähnlichem Erfolge. Ein heftiger Schrecken ergriff die Truppen, welche noch Widerstand hätten leisten können. In Kolding hatten sie sich nochmals vereinigt; aber sie waren bald so entmuthigt, daß sie auch hier nicht Stand hielten, sondern sich zerstreuten.
Graf Schlick, der den glücklichen Schlag bei Heiligenhafen ausgeführt, war indeß über Kiel und Eckernförde nach Schleswig und Jütland vorgedrungen; er traf den Rest der dänischen Truppen, die überall vor ihm wichen, bei Aalborg und Hobrö und nöthigte sie, sich auf Gnade und Ungnade zu ergeben. Ihre Pferde wurden nun von den kaiserlichen Reitern bestiegen: Jütland sowie Schleswig brachte man in eine für besiegte Länder erträglich gute Ordnung. Dem Grafen Schlick, der allerdings den Weisungen seines Generals folgte, gebührt für die resolute und rasche Ausführung derselben bei dem Feldzug fast das meiste Lob.
Es war kein eigentlicher Krieg, sondern ein allgemeiner Abfall. Wallensteins Truppen waren Ende des Jahres 1627 Meister des ganzen cimbrischen Chersones.
Christian IV. hatte die Waffen nicht eigentlich als König von Dänemark, Herzog von Holstein – die Stände waren dagegen –, sondern als das zur Action in Niederdeutschland bestimmte Mitglied der europäischen Allianz gegen das Haus Oesterreich-Spanien, in einem persönlichen, dynastisch-religiösen Interesse ergriffen. Sein Sinn war auf Offensive, im Bund mit mächtigen Verbündeten im Orient und Occident, gerichtet. Aber die westlichen Mächte geriethen unter einander in Krieg; die orientalischen, durch ihre anderweiten Weltverhältnisse veranlaßt, lösten sich ab. Er sollte dann die Gesammtmacht der Liga und des Kaisers bestehen: dazu aber war er nicht vorbereitet; er hätte es sich selbst niemals getraut. Die Ausbreitung seiner Kriegsvölker nach Schlesien und Ungarn, über das rechte Elbufer hin, diente nur ihn zu verderben. Der plötzlich entwickelten Uebermacht hat er an keiner Seite rechten Widerstand entgegengesetzt; nicht einmal eine eigentliche Schlacht hat er geliefert.
Je umfassender aber seine Stellung gewesen war, je mehr sie in der Welt von sich reden gemacht hatte, um so größer war auch der Rückschlag in den Entwürfen und Erwartungen, die seine Niederlage hervorrief.
Die stolzesten, weit über die ursprüngliche Absicht einer Entfernung des Feindes von dem Boden des Reiches hinausgehenden Hoffnungen erwachten in dem Hause Oesterreich.
Wie man die Sache am kaiserlichen Hofe auffaßte, zeigt ein Gutachten Stralendorfs, der daran erinnert, daß die eroberten Gebiete eben die seien, von denen aus die Normannen ganz Europa überzogen; erst nachdem der gefährliche Feind niedergeworfen sei, habe man wieder freie Hand für Religion und Reich; man werde jetzt, was die Spanier gewünscht hatten, Meister der Elbe und Weser und ihrer Gebiete, um von da aus den rebellischen Feind, die Holländer, im Zaume zu halten: man könne sie zugleich von dem Norden trennen, von wo das Holz zu ihren Schiffsbauten komme, der Kaiser könne sich des einträglichsten Zolles, den es auf Erden gebe, bemächtigen.
Wer weiß nicht, daß auf der Stelle Unterhandlungen mit den Hansestädten eröffnet wurden, um einem unmittelbaren Handelsverkehr zwischen Spanien und Deutschland, ohne Dazwischenkunft von England und Holland zu begründen Das hanseatische Project wird daran anknüpfen, daß den Anssee-Städten von den Generalstaaten zugemuthet wurde: »in die Spanische Landt und mit deren Kauffleuten nicht mehr zu handthieren«, was denselben zum großen Nachtheile gereichen und den Staaten leicht die Verschließung des Sundes von Seiten Dänemarks zuziehen dürfte. Protokoll des Churfürstenraths 1606 bei Londorp III, 597.! Nur zögernd gingen die Städte darauf ein; ihr Sinn war dagegen. Denn welchen Vortheil konnten sie sich aus der Störung der gewohnten Wege des Verkehrs versprechen Nachricht bei Roe (714), November 1627: They aim at the Sound and the Baltique sea, and to go and fall upon Holland à toutte force, which they think will be easy, having so great possibility of providing ships from those parts. – Anstruther 731: If the towns are not too much wronged by the English, they will be loath to fall fowle with England, Denmark, Sweden and Holland.? Sie erinnerten – und so meinte Jedermann –, dem Hause Oesterreich-Spanien liege nur daran, bewaffnete Fahrzeuge in der Nähe zu gewinnen, um auch von dort her Holland anzugreifen und womöglich auf den Kopf schlagen zu können.
Wenn die Spanier ihr Augenmerk schon seit einiger Zeit auf die Occupation eines Seehafens an der Ostsee, der für ihre Schiffe offen bleiben solle, gerichtet hatten, so dachten sie auf diese Weise zugleich zu einer unmittelbaren Verbindung mit dem polnischen Reiche zu gelangen, dem sie durch religiöse Sympathien besonders nahe standen. Man hatte den Gedanken gefaßt, Polen durch Vermittelung einer Pacification mit Schweden nicht allein zu sichern, sondern diese Macht selbst für den Kaiser zu gewinnen. Wallenstein knüpfte daran an, daß der letzte Friede mit Dänemark für Schweden sehr ungünstig ausgefallen war: er stellte dem König Gustav die Erwerbung der streitigen Landschaften, selbst die Eroberung von Norwegen in Aussicht, wenn er mit dem Kaiser und den Spaniern gemeinschaftliche Sache machen wollte. Man bot ihm überhaupt eine grandiose Stellung an: der Besitz von Dänemark würde ihm unter kaiserlicher Lehensherrlichkeit zugefallen sein. Der König von Polen würde seinen Anspruch auf die schwedische Krone haben fallen lassen; das vornehmste der zwischen den nordischen Potentaten streitigen Lande, Liefland, wäre bei Schweden geblieben. Unter den Motiven, die Wallenstein anführt, ist auch das, daß man den Krieg zwischen Polen und Schweden, in den man auch die Ungläubigen, Türken und Tartaren, hineinziehe, nicht länger fortsetzen lassen dürfe. Der Kaiser als das höchste Haupt der Christenheit, dürfe das nicht dulden. Diese Idee der abendländischen Christenheit unter dem Kaiser erhob sich noch einmal in aller ihrer Macht und zugleich ihrer Beschränktheit. Zu den Feinden der Christenheit rechnete Wallenstein auch die Moskowiten; er brachte die Prätension des römischen Reichs auf das Ordensland Preußen in Erinnerung, wiewohl davon noch nicht die Rede sein dürfe; er hat das Land, soviel wir wissen, zugleich auch dem König von Schweden angeboten: Widersprüche dieser Art nahm er sich nicht übel. In die große nordische Allianz sollte, wie sich versteht, Spanien aufgenommen werden, doch nicht etwa Holland. Wallenstein theilte noch gegen die Republikaner die volle Antipathie des Erzhauses, er bezeichnet sie als Feinde und Vertilger der Könige und Fürsten.
Wie mächtig erhob sich da die Idee des Kaiserthums als einer universalen Autorität! Sie fiel mit dem Gedanken der spanisch-österreichischen Weltmacht, die nun ihren Schwerpunkt in Deutschland gefunden haben würde, zusammen.
Noch ein weiteres großes Ziel faßte wenigstens Wallenstein ins Auge.
Der Friede mit den Osmanen, von dem wir wissen, wie sehr er das österreichische Gebiet in Ungarn eingeschränkt hatte, war noch keineswegs befestigt. Alle Tage erfuhr man durch Unruhen an der Grenze, wie wenig man auf die Freundschaft der Türken zählen durfte. Nach dem großen Umschwung der Dinge faßte Wallenstein den Gedanken, daß man von der Abkunft, zu der er selbst gerathen, absehen und die im Westen siegreich geführten Waffen zu einem großen Angriff auf die Osmanen nach dem Orient wenden möge.
Es ist wohl der Mühe werth, bei diesem Plane, dessen in den Correspondenzen Wallensteins von Zeit zu Zeit gedacht wird, einen Augenblick zu verweilen. Was es damit für eine Bewandtniß hatte, erfahren wir aus den Berichten des Nuntius Caraffa, dem Wallenstein Eröffnungen darüber machte; denn er rechnete dabei am meisten auf die Theilnahme des Papstes.
Wallenstein ging bei seinem Plane, wie er pflegte, von dem finanziellen Moment aus. Er schlug die zu dem Unternehmen erforderlichen Kosten auf sieben Millionen Thaler an: diese für jene Zeit ungeheure Summe dachte er auf eigene Hand aufzubringen, durch Verkauf von Gütern, Beiträge der Obersten, hauptsächlich durch die Geldsummen, die ihm die deutschen Fürsten und Städte schon deshalb zahlen würden, um sich seiner Soldateska zu entledigen. Er meinte damit 100,000 Mann ins Feld stellen und in nicht ferner Zeit zu der großen Expedition schreiten zu können. Von dem Papst erwartete er vor allem, daß er Entzweiungen, durch die man gestört werden könnte, namentlich zwischen Spanien und Frankreich, verhüten, und sodann, daß er durch seine Mitwirkung den Osmanen die Hülfe der Tartaren entziehen werde. Er sollte die Polen bestimmen, diesen keinen Durchzug zu gestatten, überdies aber Geld genug geben, um sie damit in Entzweiung und in Unthätigkeit zu erhalten.
Wallenstein hatte vor kurzer Zeit diesen Feind gesehen, aber vor ihm zurückweichen müssen. Mit besserer Kraft auf den Rückhalt des deutschen Reiches gelehnt und vor allem mit dem Papst verbündet, hoffte er ihn jetzt über den Haufen zu werfen.
Das Reich der Osmanen befand sich in ziemlich aufgelöster Verfassung; noch war kein Köprili unter ihnen erschienen. Damals war auch Bagdad noch nicht wiedererobert, und der Krieg gegen Persien wurde mit voller Heftigkeit geführt. Gerade deshalb, weil die Tartaren nicht soviel, als man erwartete, gegen die Perser leisteten, war es zu einem Ausbruch von Feindseligkeiten in der Krim gekommen, in der das Haus der Gerai mit seinen Ansprüchen hervortrat. Im Jahre 1629, in welchem man frühestens an eine Ausführung des Unternehmens denken konnte, ist Bethlen Gabor gestorben: diese bedeutende nach Ost und West gerichtete Gestalt verschwand; von seiner Gemahlin setzte man voraus, daß sie sich an den Kaiser anschließen würde.
Wallenstein meinte, wenn er in der Nähe von Constantinopel sei, solle eine Flotte von Spanien, Venedig und dem Papst im Archipelagus erscheinen, um ihn zu unterstützen. Er dachte binnen drei Jahren den ganzen Krieg auszuführen: die Eroberungen werde man nach Maßgabe der Beiträge vertheilen, doch sollten sie alle unter dem Kaiser stehen, wie die Landschaften des Reichs. Wallenstein dachte, das System, das er in Deutschland angewandt hatte, auch im Orient zur Geltung zu bringen.
Ein Plan, mit dem es doch mehr Ernst war, als man annimmt, und der dem Gesammtgefühl des christlichen Europa entsprach. Tilly ist bei einem Besuch, den er Wallenstein in Güstrow abstattete, sehr darauf eingegangen; er nannte es eine heilige, rühmliche, leichte und nützliche Impresa. Man hatte vor, mit Albanien zu beginnen, was damals unverzüglich möglich schien. Wallenstein und Collalto hatten einen Entwurf dazu gemacht, dem Tilly vollen Beifall schenkte. Höchlich erfreut war Wallenstein, daß die Gewaltthätigkeiten der Osmanen dem Kaiser gerechte Ursache zum Kriege gaben.
Wenn er der großartigen Hoffnung Raum gab, Constantinopel wieder zu erobern: Vasall seines Kaisers wollte er dennoch bleiben.
[Fehler im italienischen Text korrigiert anhand von http://www.mdz-nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=urn:nbn:de:bvb:12-bsb11001451-1 Seite 120 – adelheidis für www.gaga.net]
Caraffa Caraffa giebt den Plan Friedlands folgendergestalt an: Primo voleva provvedersi di sette millioni: col vendere ed impegnare le sue robbe non feudali: col cavare denaro da capi, ed ufficiali dell' esercito, e da Principi, e città di Germania per liberarsi dagli alloggi, ed in altri modi, senza che l'Imperatore vi mettesse neppure un denaro. Secondo: Che voleva muoversi a Primavera dell' anno seguente. Terzo: Condurre cento mila Combattenti. Quarto: Non voleva, che l'Imperatore havesse alcun altro Principe compagno, se non Papa Urbano. Quinto: Che le Galere di sua Santità, del rè Cattolico, e de' Veneziani si trovassero nell' Arcipelago, ma non prima che egli fosse sotto Costantinopoli, acciocchè non irritassero il Turco muovendosi prima, e specialmente i Veneziani. Sesto: Che sua Santità tenesse uniti con suoi ufficj i rè di Francia, Spagna, e Veneziani; facesse ufficj co' Polacchi, per evitare qualche diversione e che impedissero il transito a Tartari, se volessero ajutare gli Ottomani. Settimo: Che sua Santità col mezzo de' Polacchi ponesse disunione fra detti Tartari per divertirsi, il che potevasi fare con cinquanta mila scudi l'anno. Ottavo: Che sua Beatitudine mandasse un Legato nell' esercito, e vi mantenesse dieci mila Polacchi a sue spese da cavarsi dalle Decime, Cruciate, e simili. Nono: Che gli acquisti pro rata sarebbero consegnati a sua Santità in tanti luoghi di poterne disporre sotto la sovranità però dell' Imperatore, como gli altri Principi dell' Imperio. Decimo: Che sperava di finir tal guerra nello spazio di tre anni. empfahl den Plan des thatkräftigen Führers dem Papste, der denn auch einen eingehenden Brief an Wallenstein schrieb, in dem er ihn vor einer Mittheilung des Vorhabens an die Venetianer warnte und gegen die Abhängigkeit aller Eroberungen von dem Kaiser Einwendungen machte.