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Neuntes Capitel.
Friedensentwürfe in der ersten Hälfte des Jahres 1633.

Für Wallenstein bildete der Ausgang der Schlacht ein unendlich wichtiges persönliches Ereigniß.

In seiner Laufbahn, in der sich sein eigenstes Interesse mit dem kaiserlichen verband, hatte er anfangs unermeßlichen Erfolg gehabt; er hatte die Eroberung von Constantinopel, die Herstellung der deutschen Monarchie im Sinne des alten Kaiserthums in Aussicht nehmen können.

Wenn er dann vor der Liga, die dem Kaiser ihren Willen auflegte, zurücktreten mußte, so waren beide überwältigt worden. Er hatte hierauf die Heerführung wieder übernommen, und es war ihm gelungen, die kaiserliche Autorität durch die Waffen zu erneuern, so daß er die Idee einer Pacification des Reiches im Sinne derselben fassen konnte: die Schlacht bei Lützen bewies ihm aber, daß die Elemente, mit denen er kämpfen mußte, seinen Streitkräften überlegen waren.

König Gustav Adolf war umgekommen; aber seine Truppen und damit auch im Allgemeinen seine Tendenzen behielten die Oberhand über die kaiserlichen.

Wallenstein hatte noch von Glück zu sagen, daß die feindlichen Heerschaaren ihn nicht unmittelbar nach Böhmen verfolgten. Churfürst Johann Georg von Sachsen und dessen Feldmarschall hätten nichts mehr gewünscht: denn die Quartiere, die Wallenstein genommen, seien von einander weit entlegen; man werde ihm ohne viel Schwierigkeit beikommen können; wenn man ihn vollends niederwerfe, so werde man der Katholischen überhaupt Meister sein. Aber Herzog Bernhard von Weimar, der unmittelbar nach der Schlacht nach Dresden kam und zur Mitwirkung aufgefordert wurde, versagte dieselbe Bernhard traf am 13. Abends in Dresden ein (wovon bei Röse keine Notiz). Die Actenstücke über seine Verhandlungen finden sich im Archiv zu Dresden.. Er urtheilte, da Wallenstein noch immer stärker sei, als die schwedisch-deutsche Armee und diese keine festen Plätze in Böhmen inne habe, so würde sie, wenn sie daselbst vorrücke, vielmehr ihrerseits in Gefahr gerathen. Er drang darauf, daß vor allen Dingen die Plätze des sächsischen Gebietes, welche die Kaiserlichen noch inne hatten, ihnen entrissen und dann die übrigen gegen einen Angriff von dorther sicher gestellt würden. Für Sachsen waren seine Gedanken lediglich auf Defensive gerichtet: zur Offensive rief ihn sein Ehrgeiz nach Franken.

Dieselbe Ansicht äußerte der schwedische Reichskanzler Oxenstierna, der im December nach Dresden kam. Einen Angriff auf Böhmen verwarf er ungefähr aus denselben Gründen wie Bernhard; ihm stand der Sinn nach dem Vorbild und der Anweisung des Königs hauptsächlich auf Fortsetzung des Krieges in Oberdeutschland.

So behielt Wallenstein Zeit und Ruhe, um seine Armee herzustellen. Die, welche in dem letzten Feldzug, der letzten Schlacht ihre Pflicht nicht gethan hatten, wurden mit einer Strenge, die an Grausamkeit streifte, bestraft, die, welche die Zufriedenheit des Generals erworben, mit glänzenden Belohnungen geehrt. Die Regimenter wurden in den Quartieren erfrischt und verstärkt, und alles vorbereitet, um im Frühjahr drei verschiedene Corps nach Baiern, Franken und Schlesien ins Feld rücken zu lassen.

Bei alledem aber – auf die Erblande zurückgeworfen, deren Vertheidigung aus eigenen Hülfsquellen er einst selbst für unmöglich erklärt hatte, und nicht mehr fähig, eine an Zahl überlegene Armee, auf die er von jeher seine Sache gestellt hatte, aufzurichten – war er sehr geneigt, die Hand zum Frieden zu bieten.

Der dänische Gesandte, Graf Wartensleben, der von Christian IV., welchem die im Kriege anwachsende Macht von Schweden nicht eben angenehm sein konnte, zu einer Friedensvermittelung nach Wien geschickt worden war und jetzt von da nach Dresden ging, besuchte auf seinem Wege den Herzog von Friedland. Der sagte ihm: »er fühle jetzt, daß er alt werde; er sei von Krankheiten geplagt der Ruhe bedürftig; er besitze eine Stellung, die ihm genügen könne; von der Fortsetzung des Krieges dürfte er sich keinen Zuwachs an Reputation versprechen, sondern eher das Gegenteil.« »Niemals,« fügte er hinzu, »habe er größere Vorbereitungen zum Kriege gemacht, aber doch niemals heißere Begierde gehabt, Frieden zu machen. Von dem, was er persönlich prätendiren könne, sei er bereit einiges nachzulassen, um das große und nothwendige Werk nicht zu hindern Brandenburgische Schrift über den »Verlauf in Dresden an den Kanzler Oxenstierna«..« – Versicherungen, die noch über das hinausgingen, was sich erwarten ließ. Auch hätte Graf Wartensleben nichts darauf gegeben, hätte er nicht einen Brief gesehen, worin Wallenstein den Kaiser aufforderte, auf Frieden zu denken und die Menschen von sich entfernt zu halten, deren Bemühen nur immer sei, Zwietracht zu säen.

Wir wissen, wie man in Wien nach dem Zusammentreffen von Nürnberg über den Frieden dachte. Die Anmahnung galt den religiösen Antipathien des Kaisers, die durch die eifrigkatholische Partei unaufhörlich rege erhalten wurden.

Wartensleben fand in Dresden auch den Churfürsten von Brandenburg, der eben aus Preußen zurückgekehrt und nach Dresden gekommen war, um mit seinem Nachbar, dessen Ansehen und Macht die seine damals noch übertraf, über Krieg und Frieden zu Rathe zu gehen.

Das Jahr zuvor hatte man in Sachsen in geistlicher und politischer Beziehung die Bedingungen aufgestellt, unter denen eine Pacification stattfinden könne. Sie enthalten nahezu das, was man in Wien voraussetzte, doch gehen sie noch tiefer ein. Mit der einfachen Zurücknahme des Restitutionsedicts wurden darin auch alle die früheren Anliegen, welche die Reichstage beschäftigt hatten, verbunden: Beschränkung des geistlichen Vorbehaltes auf seinen ursprünglichen Wortlaut, so daß er auf die protestantischen Stifter nicht bezogen werden könne; Erneuerung der ferdinandeischen Declaration; Austrag entstehender Streitigkeiten nicht beim kaiserlichen Hofe, sondern vor den Städten beider Religionen; paritätische Besetzung des Kammergerichts und des Reichshofraths. Es waren eben die Punkte, auf welche Pfalz und Brandenburg früher gedrungen hatten, und die deshalb unerledigt geblieben waren, weil Sachsen sie nicht unterstützt, sondern sich vielmehr für die kaiserliche Auffassung erklärt hatte. Nun aber, angegriffen und in seinem besonderen Dasein gefährdet, machte Johann Georg diese Anträge zu seinen eigenen. Dem wurden nun die in dem Kriege entstandenen neuen Forderungen hinzugefügt: Abschaffung der Contributionen und Confiscationen im Namen des Kaisers, sowie Unterlassung auswärtiger Kriegsunternehmungen ohne förmlichen Reichsbeschluß; Herstellung von Mecklenburg und der Pfalz; Versicherung wegen der mit Schweden eingegangenen Verträge »Summa desjenigen, was uff Seiten der Evangelischen bey der Keyserlichen Majestät und den catholischen Stenden zu suchen und darauf zu bestehen billig erachtet wird:« – ein Aufsatz, der in Torgau unter dem Titel Media pacis von Sachsen an Brandenburg mitgetheilt worden war. Archiv zu Dresden..

Mit alledem war Churfürst Georg Wilhelm sehr einverstanden; aber es genügte ihm noch nicht: namentlich waren es zwei Punkte, in denen er weiter gehen wollte. Der sächsische Entwurf gedachte einer Beilegung der pfälzischen Sache auf richtigem billigem Maße. Brandenburg meinte, daß man die Uebertragung der pfälzischen Chur auf Baiern nimmermehr zugeben könne: denn dadurch würde die katholische Majorität im Churfürstenrathe befestigt werden: und was stehe den Evangelischen bevor, wenn einmal das Reichsvicariat auf Baiern übergehe? Hauptsächlich brachte es zur Sprache, daß in den Gebieten der Krone Böhmen die freie Religionsübung nicht allein, sondern auch der gleiche Antheil der Evangelischen an den öffentlichen Aemtern wiederhergestellt werden müsse. Würde man den hitzigen Eifer der jesuitischen Rathgeber nicht mäßigen, so würden auch die Nachbarn sich keiner Sicherheit erfreuen: sei doch eben von Böhmen die ganze Unruhe ausgegangen.

Weder hierüber, noch auch für den Fall, daß der Friede überhaupt nicht erreicht werden könne, über die Art und Weise, wie alsdann der Krieg fortzusetzen sei, konnte man sich verständigen. Der Churfürst von Sachsen wünschte die Direktion in seine Hand zu bringen; Schweden dachte er auszuschließen, Brandenburg behandelte er als untergeordnet. Einmal ist es darüber zu einem persönlichen Mißvernehmen zwischen den beiden Churfürsten gekommen, doch nicht zu einer Entzweiung. Sie haben vielmehr zuletzt eine militärische Cooperation verabredet. Georg Wilhelm war einverstanden, daß ein bereits von sächsischer Seite eingeleiteter pacificatorischer Versuch sofort ins Werk gesetzt würde Chemnitz II, 29, aus den von Brandenburg an den Reichskanzler geschehenen Mittheilungen..

Unmittelbar nach der Schlacht von Lützen hatte sich der unermüdliche Vermittler, Landgraf Georg von Hessen, mit einem Erbieten seiner guten Dienste in dem Mediationsgeschäft an den Kaiser gewendet und sich dann im December an den Hof seines Schwiegervaters Johann Georg nach Dresden begeben. Durch eine Antwort von Wien, welche nach langem Verzug dort bei ihm einging, in seinem Vorhaben bestärkt, meldete er weiter, daß er Mittheilungen von Belang, welche die Reichsberuhigung fördern und über alle vorkommenden Fragen Licht geben würden, mündlich zu machen wünsche. Jene sächsischen Vorschläge waren ihm mitgetheilt worden, ohne daß er sich amtlich darauf beziehen durfte, denn man wollte sie einer allgemeinen Genehmigung der evangelischen Stände vorbehalten; doch entnahm er daraus, worauf es ankam, und gewann für seine Verhandlungen eine feste Grundlage. Der kaiserliche Hof willigte in eine Zusammenkunft des Landgrafen und seiner Räthe mit einigen leitenden Mitgliedern des kaiserlichen geheimen Rathes, die zu Leitmeritz gehalten werden sollte Schreiben Ferdinand II. an Wallenstein, 9. und 11. März 1633 bei Hallwich, Wallensteins Ende I, S. 169. S. 174..

Man hat damals bezweifelt, ob auch der Churfürst von Brandenburg davon gewußt, dazu seine Einwilligung gegeben habe: aber so verhält es sich doch. Er hat eines Tages den Landgrafen besucht, um ihm zu seinem Vorhaben Muth einzusprechen. Bei einem Bankett, das bei dem Herzog von Holstein am 10. März stattfand, hat er demselben Glück dazu gewünscht So ergiebt sich aus einer Anmerkung zu dem Bericht über eine mit Oxenstierna vorgegangene Verhandlung des Landgrafen.. Das war eines Sonntags: den andern Morgen, eines Montags, trat der Landgraf seine Reise an; er nahm seinen Weg über Töplitz.

An der böhmischen Grenze wurde er von ein paar Compagnien Kroaten empfangen, an der Elbe von einem der vornehmsten Reiterobersten Friedlands in dessen Namen und unter bewaffnetem Geleit nach dem Städtchen geführt, wo die Truppen Spalier bildeten. Zwei Stunden vor ihm waren die kaiserlichen Bevollmächtigten eingetroffen, welche ihm, als er ihnen sofort einen Besuch machen wollte, um allen Anschein von Superiorität zu vermeiden, auf der Gasse entgegenkamen. Der vornehmste unter ihnen war der Bischof von Wien, der nach wie vor als einer der Vertrauten und Vertreter der friedländischen Politik am Hofe angesehen wurde.

Nach einer kurzen Besprechung am folgenden Tage, in welcher der Landgraf besonders betonte, daß es zunächst nur darauf ankomme, dem Churfürsten von Sachsen Licht darüber zu verschaffen, wie weit man von kaiserlicher Seite zu gehen gedenke, und zwar in den allgemeinen sowohl wie in seinen besonderen Angelegenheiten, begannen die Conferenzen am 14. März früh um sieben in der Behausung des Landgrafen, der die Verhandlungen persönlich leitete.

Er brachte vor allem die Befriedigung der Schweden zur Sprache, auf die es auch deshalb ankam, weil ohne eine solche ein allgemeiner Friede nicht zu hoffen war. Die kaiserlichen Gesandten bemerkten, daß man sie nicht vom Kaiser erwarten könne, da der König in Regensburg zum Reichsfeind erklärt worden sei. Der Vorschlag des Landgrafen war, den Schweden ein paar Orte als Lehen des Reiches zu überlassen. Die Kaiserlichen sprachen sich nicht geradezu dagegen aus; sie meinten, der Kaiser könne wenigstens stillschweigen und conniviren.

Der zweite Artikel betraf die Herstellung der Pfalz. Der reichsrechtlich wichtigste Punkt, die Uebertragung der Chur auf Baiern, ward dabei nicht erwähnt; so weit ging Sachsen auch jetzt noch nicht, um sie mit wahrem Eifer anzufechten. Nur der Rückgabe der dem pfälzischen Hause entrissenen Landschaften wurde gedacht. Die kaiserlichen Bevollmächtigten stellten eine solche in Aussicht, wiewohl nicht vollständig: der Kaiser würde darüber selbst Land und Leute verlieren.

Am ausführlichsten sprach man über die Interessen der Religion und der protestantischen Fürsten. Die Bevollmächtigten waren geneigt, die geistlichen Güter, die innerhalb der evangelischen Territorien gelegen seien, zurückzugeben; man erörterte die Frage, wie es gehalten werden sollte, wenn solche etwa zur Ausstattung eines Bisthums gehörten. In Bezug auf die eingezogenen Erzstifter waren sie nicht so eingehend; der Kaiser schien namentlich den Anspruch seines Sohnes auf Halberstadt und Magdeburg noch behaupten zu wollen, wogegen der Landgraf, schon im Interesse seines Schwiegervaters, vorstellte, daß das unter den veränderten Umständen nicht mehr möglich sei.

Die paritätische Besetzung des Kammergerichts und des Reichshofraths verweigerten die Bevollmächtigten nicht geradezu; nur davon wollten sie nichts hören, daß eine solche Maßregel auch auf den geheimen Rath des Kaisers ausgedehnt würde; sie versicherten, das werde derselbe nun und nimmermehr zugeben.

Und ebenso stark war ihr Widerspruch, als der Herstellung der alten Zustände in Böhmen, auch der Freiheit der Wahl, gedacht wurde. Sie warnten davor, der Partei, die in Wien auf die Fortsetzung des Krieges dringe, wie dazu auch mannichfaltige Hülfe angeboten werde, nicht noch mehr Rückhalt zu verschaffen. Für das Reich waren sie erbötig, das Prinzip der Religionsfreiheit, wie es jetzt mit Rücksicht auf die Territorialhoheit gefaßt wurde, zuzugestehen, nicht jedoch in Böhmen. Denn warum sollte der Kaiser nicht ebenso gut das Recht der Verfügung in dieser Hinsicht haben, wie jeder andere Fürst in seinem Gebiete Relation der Herren Hessischen Räthe, als S. Fürstl. Gnaden von Leutmaritz zurückgekommen. 17./27. März. (Im Dresdner Archiv.)?

Man sieht: in Beziehung auf die besonderen österreichischen Interessen, die Autonomie des kaiserlichen Hofes, die seiner Räthe und seiner Erblande, waren sie unerbittlich; in den Anliegen des Reiches jedoch traten sie näher herbei, als bisher. Worauf alles ankam, eine gleiche Berechtigung der beiden Religionsparteien in den verschiedenen Territorien und den Reichsgerichten wollten sie anerkennen; sie verstanden sich zur Restitution eines Theiles der Pfalz und waren geneigt, eine Befriedigung Schwedens zu genehmigen; sie wünschten nur zu wissen, worauf hierbei eigentlich die Absicht gehe.

Die beiden Parteien waren noch weit von einander; aber eine Verständigung lag allerdings in der Möglichkeit der Dinge. Die Absicht war gefaßt, demnächst, noch im Frühjahr, dafür einen Friedenskongreß zu Stande zu bringen, der in Breslau, oder vielleicht auf dem Schloß in Prag gehalten werden könne. Dafür wäre dann ein Waffenstillstand vonnöthen gewesen. Man ließ zunächst nur dem Churfürsten von Sachsen wissen: wenn er nach Böhmen vordringen sollte, so würde er veranlassen, daß man ihn in seinem Gebiete heimsuche und es mit Feuer und Schwert verheere; unterlasse er es aber, so werde auch er keine Feindseligkeit erfahren.

Diese Verhandlungen sind ohne persönliche Theilnahme Wallensteins gepflogen worden: aber der Bischof von Wien hatte noch vorher Rücksprache mit ihm darüber genommen; man war berechtigt, wenn nicht in jedem einzelnen Punkt, doch im Allgemeinen seine Uebereinstimmung vorauszusetzen. In diesem Sinne hat er, als ihm von demselben Mittheilung gemacht wurde, die Antwort gegeben: was zu des heiligen Reiches Ansehen und Wohlstand diene, dazu wolle er an seinem Ort mitwirken. Unter diesen Aspecten griff er wieder zu dem Schwert.

Wenn man überhaupt keine Kriegführung verstehen kann, ohne die politische Lage zu kennen, in welcher die Waffen zu einem vorgesetzten Zweck einzugreifen bestimmt sind, so ist das in verdoppeltem Maße der Fall, wo ein Feldherr auftritt, der auch über den Frieden zu entscheiden hat und mit den allgemeinen Interessen zugleich seine persönlichen selbstbewußt und unaufhörlich im Auge behält. An regelmäßigen Friedensunterhandlungen, etwa unter dänischer Mediation, und einem allseitigen, behufs derselben zu bewilligenden Stillstand war dem Herzog von Friedland nichts gelegen. Er wollte Führung und Stillstand der Waffen, Unterhandlung und Abschluß ausschließend in seiner Hand vereinigen. Daß der König Gustav Adolf gefallen war, der einzige Nebenbuhler im Felde, den er anerkannte, gab ihm trotz dem Vortheil der schwedischen Armee ein erhöhtes Selbstgefühl, das er auf seine sprichwörtliche Weise gröblich und treffend ausgedrückt hat »Es könnten doch zwei Hannen auf einem müst sich nit vertragen.« Sesyma.. In den deutschen Gebieten gab es Niemand – denn auch Churfürst Maximilian wurde durch die Angriffe, die sich eben gegen ihn richteten, von seiner Hülfe abhängig –, der ihm hätte widerstreben können. Die Protestanten meinte er mit sich fortzureißen und zu beherrschen, da sie durch das Verhältniß zu dem König, das ein persönliches war, nicht mehr gebunden wurden.

Wollte er etwas ausrichten, so durfte er nicht in Böhmen gleichsam eingeschlossen bleiben. Er meinte, vor allen Dingen in Schlesien, und damit in den österreichischen Erblanden, Herr werden zu müssen und dann den von allen Seiten gegen dieselben herandringenden feindlichen Heerführern entgegengehen zu können.

Daß er nun aber dort gegen die vereinigten Sachsen, Brandenburger und Schweden das Kriegsglück in offenem Feld versuchen würde, war von Anfang an nicht zu erwarten. Dahin führten weder die bereits geschehenen Annäherungen, noch auch jene an Sachsen geschehene Warnung, die einen Krieg im vollen Verstande des Wortes ausschloß Antelmi, der hierauf besonders achtete, ist darüber ausführlich.. Der etwas schwerfällige Pomp, mit welchem der Herzog sein Gitschin verließ – vierzehn sechsspännige Carossen, eine lange Reihe von Gepäckwagen mit rothem Juchten bedeckt, ein in neuen Livreen glänzender zahlreicher Hofhalt –, kündigte doch nicht einen schlagfertigen Kriegscapitän an: er schien mehr eine hohe Meinung von den Mitteln geben zu sollen, über die man noch gebiete. Gallas, der die kaiserlichen Truppen in Schlesien befehligte und wohl auch allein etwas auszurichten gemeint hätte, bekam den gemessenen Befehl, nichts zu unternehmen: denn wer hätte für den Ausgang stehen können? Indem nun der Generalissimus, dessen Sammelplatz in Königingrätz war, in Schlesien einrückte, gewannen die Kaiserlichen die Uebermacht der Zahl und der Führung. Denn von den protestantischen Führern weiß man, daß sie nicht eben gut zusammengingen. Die Kaiserlichen nahmen, nachdem sie Nimptsch besetzt hatten, eine feste Stellung, gegen welche die Evangelischen anzugehen Bedenken trugen; eines Tages bemerkten diese von den Höhen, die sie eingenommen hatten, daß es im feindlichen Heere, im Thal vor ihnen, lebendig wurde; das Herz schlug ihnen vor Freude, denn sie wünschten nichts mehr als eine Feldschlacht; aber gerade das Gegentheil geschah.

Eine der Maximen des Herzogs von Friedland war, das Eine zu verstehen zu geben und das Andere zu thun. Indem er sein Kriegsvolk in Schlachtordnung stellte, bot er Unterhandlung an. Sein Vertrauter Terzka erschien bei den Vorposten, um den sächsischen Generallieutenant Arnim, der als solcher den höchsten Rang im protestantischen Heere hatte, zu einer Zusammenkunft einzuladen. Dazu war der Herzog selbst in seiner Sänfte in die Nähe gekommen.

Das erste Zwiegespräch in der Mitte der beiden Feldlager haben sie allein gehalten; aber dann nahm Arnim, denn sonst würde er in den widerwärtigsten Verdacht gerathen sein und nicht einmal einen kurzen Stillstand haben schließen können, einige angesehene Offiziere schwedischen und brandenburgischen Dienstes mit sich. Er hatte niedergeschrieben, wie er die Eröffnung des Herzogs verstanden habe; dieser erklärte in Gegenwart der Anderen: so verhalte es sich, das sei seine wahre und rechte Meinung Bei Hallwich, Wallensteins Ende II, S. 274 ff. findet sich ein Bericht aus dem Lager, welcher übrigens wenig bemerkenswerthes bringt, aber von einer Conversation zwischen Wallenstein und dem brandenburgischen Begleiter Arnims, Burgsdorff, meldet, die sehr charakteristisch ist. Burgsdorff wendet gegen die Friedensunterhandlungen ein, daß man sich auf die Katholiken nicht verlassen könne. Wallenstein fragt, ob man denn die Katholischen überhaupt aus dem Reiche ausschließen wolle. »Das nicht,« sagt Burgsdorff, »aber bei den Jesuiten kam die Lehre auf, daß den Ketzern nicht Versprechungen gehalten werden dürften.« – »Weiß der Herr nicht,« entgegnete Wallenstein, »daß ich den Jesuiten so gram bin, ich will sie alle aus dem Reiche jagen. Und will der Kaiser nicht Frieden machen, so will ich ihn wohl dazu bewegen. Will der Herzog von Bayern keinen Frieden machen, so will ich ihn selbst bekriegen.«.

Im Angesicht der beiden noch einmal zum Schlagen bereiten Armeen, durch welches, wie auch der Erfolg ausfallen mochte, der Friede auf gleichmäßig annehmbare Bedingungen unmöglich werden mußte, hatte Wallenstein den Gedanken gefaßt, in diesem Augenblick eine Vereinbarung zu Stande zu bringen, um den Frieden zu dictiren. Einen allgemeinen Stillstand lehnte er ab und verhinderte ihn; einen besonderen setzte er in Gang. Die Feindseligkeiten zwischen beiden Armeen sollten eingestellt und die Kraft derselben » conjunctis viribus, ohne Respect einiger Person.« wider alle diejenigen vereinigt werden, welche sich unterfangen würden, das Reich noch ferner zu beunruhigen und die Freiheit der Religion zu hemmen.

Hatte er sich schon immer den ligistischen Tendenzen fern gehalten und eine Abkunft mit den Protestanten in Aussicht genommen, so war seine Meinung in diesem Augenblick, eine solche ungefähr im Sinne der Leitmeritzer Besprechung zugleich mit Rücksicht auf Befriedigung der Schweden abzuschließen und mit aller Macht durchzuführen.

Arnim verstand das so, daß das Reich in die frühere Verfassung, wie sie vor dem Kriege von 1618 gewesen war, wiederhergestellt werden sollte, in Bezug sowohl auf die Ehre und Privilegien der Stände, als auf die Religion und ihre Freiheit Vergl. Schreiben von Arnim an Wallenstein, 7. Juni 1633: bei Hallwich, Wallensteins Ende I, S. 396..

Auf dieser Grundlage sollte nun unterhandelt werden; Wallenstein erkannte sie an. Arnim säumte nicht, seinem Fürsten davon Nachricht zu geben, indem er ihn zugleich erinnerte, daß der Krieg in der Weise, wie er doch früher selbst vermeint hatte, auf Kosten der eingenommenen Landschaften nicht durchgeführt werden könne; schon beginne das Kriegsvolk, das man nicht bezahle, schwierig zu werden.

Ein Stillstand wurde auf vierzehn Tage geschlossen, während dessen die Offiziere gute Freundschaft mit einander machten – die evangelischen Obersten waren ein paar Tage hindurch die Gäste Friedlands – er wurde einmal unterbrochen, ohne daß es doch deshalb zu ernstlichen Feindseligkeiten gekommen wäre, und im August wieder auf vier Wochen erneuert.

Wohin zielten nun die Verhandlungen, die man pflog?

Die Geschichtsbücher der Zeit sind mit ziemlich abenteuerlichen Entwürfen angefüllt, die aus den weitausgreifenden Worten, die man zu wechseln liebte, entsprungen sein mögen; die besser begründeten Nachrichten lauten nicht so ungeheuerlich.

Darnach gingen die Vorschläge Friedlands auf Freiheit der Religion, Herstellung der Vertriebenen in ihr altes Eigenthum und Frieden und Freundschaft mit den Schweden, denen eine stattliche Vergütung von dem gesammten Reich zugesagt werden solle. Ausschließend auf eigene Hand hat sie Wallenstein wohl nicht gemacht. In den römischen Papieren findet sich eine dem Nuntius zugegangene officielle Mittheilung des Wiener Hofes, welche wesentlich dasselbe enthält.

Die Absicht war, daß Mecklenburg und die Pfalz – diese doch wohl nur theilweise – hergestellt und das Herzogthum Pommern erhalten bleibe; die Schweden meinte man mit einigen befestigten Plätzen an der See und einem Hafen zu befriedigen: dagegen sollten die den deutschen Bischöfen, namentlich auch dem Erzbischof von Mainz, entrissenen Landschaften denselben zurückgegeben und das Reich überhaupt in den Zustand von 1622 hergestellt werden.

Ob 1618 oder 1622 als das Normaljahr gelten sollte, war eine der vornehmsten Fragen. Die Annahme des letzteren schloß den Bestand der in Böhmen nach der Wiedereroberung eingeführten politischen und religiösen Zustände ein; es war die Modification, in welcher der kaiserliche Hof die Bedingungen dem päpstlichen vorlegte 1. Che i duchi di Pomerania, di Meckelburg ed il Palatino restassero padroni de' loro stati; 2. che li Suedesi tornassero in Suezia ritenendo solamente un porto di mare con alcune piazze; 3. che si restituissero i vescovati occupati e cio che fu tolto a Magonza e che le cose dell' imperio restassero come erano nell' anno 1622. Rocci, 2. Giugno. Das Datum scheint zu beweisen, daß das Bedingungen waren, auf die man in Wien eingehen wollte und die bei den Anerbietungen Friedlands zu Grunde lagen..

Wir erfahren, daß zwischen Arnim und Friedland Discussionen hierüber stattgefunden haben: Arnim habe die Herstellung des allgemeinen Zustandes, wie er unter Kaiser Matthias war, gefordert, Wallenstein diesen Zeitpunkt als einen zu weit zurückliegenden bezeichnet. Unter den Bedingungen, welche als die Vorschläge Arnims dem päpstlichen Hofe ebenfalls mitgetheilt wurden, findet sich die Auskunft, daß Amnestie und Herstellung der verlornen Güter sich auch auf die Erblande erstrecken, über die Religion selbst aber der Kaiser zu disponiren haben solle Le proposizioni di pace, fatte a Friedland dall' Arnaim, furono le seguenti: che si perdoni ad ogni uno tanto ne stati patrimoniali dell' imperatore, quanto in tutto l'imperio; che si restituiscano gli stati e beni a quelli, che n' erano stati privati dal anno 1618 in qua; che si revochi l' editto de' beni ecclesiastichi; ognuno viva nella sua religione, ma nelli stati hereditarii resti a libera dispositione dell' imperatore, che nel rimanente si rimetta lo stato che fu nell' 1618, lasciandosi però al Bavaro la voce elettorale in sua vita. (Disp. di Grimaldi, 18. Giugno.) .

Man kann diese gegenseitigen Eröffnungen als eine Fortsetzung der in Leitmeritz gepflogenen Verhandlung ansehen; sie beruhen auf dem alten Wunsch, vor allem Sachsen wieder mit dem Kaiser zu versöhnen. Der Grundgedanke ist die Erhaltung der Integrität des Reiches mit möglichst geringen Abtretungen, welche keine weitere Rückwirkung haben sollten, und die Zurücknahme der auf die Restitution der geistlichen Güter und die Bestrafung der Rebellen bezüglichen Machtsprüche.

Konnte man aber nun auch mit einigem Grunde die Hoffnung fassen, damit zum Ziel zu kommen?

Die eifrig-katholische Partei am kaiserlichen Hofe, die Vertreter des Papstes und der Liga erklärten sich dagegen.

Wenn unter anderem der Vorschlag war, die eingezogene Chur bei Lebzeiten Maximilians von Baiern diesem zu lassen, dann aber an die Pfalz zurückzugeben – eigentlich eine Concession an Sachsen im Gegensatz gegen Schweden und Brandenburg –, so erweckte dies, so wenig es den Protestanten im Allgemeinen genügte, einen lebhaften Widerspruch unter den Katholiken. Denn dann würde, sagten sie, die Stimmengleichheit, die sich dem Katholicismus immer schädlich erwiesen hatte, wiederhergestellt werden. Man sprach nachtheilig von Pater Quiroga, dem dies nicht unannehmbar schien. Aber überhaupt setzte es den päpstlichen Nuntius in Aufregung, daß der kaiserliche Hof, wiewohl gewillt in den Erblanden Monarchie und Katholicismus aufrecht zu halten, indem er für diese die Norm des Jahres 1622 festhielt, doch die Neigung blicken ließ, im Reiche das Jahr 1618 anzunehmen. Der Nuntius Rocci machte den Fürsten Eggenberg auf die Gefahr, welche daraus für die Religion entspringe, und auf ihre Verluste aufmerksam, da ja damit das Restitutionsedict falle; er verwarf alle und jede Verabredung mit den Ketzern. Eggenberg erwiderte ihm, auch der Kaiser habe seine Theologen, durch die er unterrichtet werde, daß es ihm sehr wohl freistehe, mit den Andersgläubigen Verträge zu schließen, da sonst das volle Verderben der katholischen Kirche im deutschen Reiche vorauszusehen sei. Der Nuntius wendete sich an den Beichtvater des Kaisers, Lamormain, der bisher in den Angelegenheiten Wallensteins, als dessen Gegner er betrachtet wurde, nicht gehört worden war, an diesem Punkte aber wieder einsetzte, um zu seinem alten Einfluß zu gelangen.

Wallenstein kannte vorlängst diesen Gegensatz der geistlichen Grundsätze und Bestrebungen: es war derselbe, mit dem er von jeher auf seinem Wege hatte streiten, vor dem er ein paar Jahre zuvor hatte zurücktreten müssen. Bei seinem Wiedereintritt gab ihm der Kaiser die bündigsten Zusicherungen, ihnen keine Einwirkung auf die Geschäfte zu gestatten. Am Tage lag, wenn dieselben maßgebend wurden, so fielen seine Unterhandlungen in nichts zusammen. Wallenstein war entschlossen, diesmal nicht zu weichen, sondern seine Sache, was es auch kosten möge, durchzuführen. Darauf beziehen sich seine Ausfälle gegen die Jesuiten, denen er von Herzen gram sei, die er lieber aus dem Reiche verjagt zu sehen wünsche; nur deren Doctrin sei es, daß man den Ketzern keine Treue zu halten brauche; er sei entfernt davon: Gott möge keinen Theil an seiner Seele haben, wenn er es anders meine, als er sage. Und sollte der Kaiser keinen Frieden schließen, oder ihn nicht halten wollen, so werde er ihn dazu nöthigen. In dem Vollgefühl der Macht, die er an der Spitze der Armee und in Folge der ihm zugestandenen Bedingungen tatsächlich besaß, meinte er jedes Hinderniß, das ihm am kaiserlichen Hofe durch geistliche Einwirkungen bereitet werden könne, zu überwinden.

Schon trat ihm aber noch ein anderer Einfluß von größter Schwierigkeit der Behandlung in den Weg.


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