Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Das Jahr 1632 war, wie in Deutschland für die Liga und für den Kaiser, so auch in den Niederlanden und dem Verhältniß zu Frankreich für die Krone Spanien unglücklich gewesen. Mastricht war in die Hände der Republik gefallen, die Aristokratie in Frankreich, auf welche Spanien zählte, niedergeworfen, der Herzog Gaston von Orleans, der sich an ihre Spitze setzen wollte, besiegt und zu neuer Flucht genöthigt worden.
Darum fühlte jedoch die spanische Regierung keinerlei Anwandlung, vor dem Uebergewicht, das sich Cardinal Richelieu in Frankreich und Europa verschaffte, zurückzuweichen; im Jahre 1633 war es vielmehr sehr ihr Ernst, einen neuen Einbruch Gastons, von dessen Aussichten im Zusammenhang mit einer zwar besiegten, aber um so tiefer beleidigten und immer mächtigen Partei sie sich eine übertriebene Vorstellung bildete, zu veranlassen. Die Königin-Mutter, Maria Medici, die alle Höfe mit Agitationen zu Gunsten ihres jüngeren Sohnes erfüllte, gab die Hoffnung nicht auf, mit ihm nach Frankreich zurückzukehren, die Ausübung der Gewalt dem Cardinal zu entreißen und sie in den Händen ihrer Freunde und Anhänger zu concentriren. Ihre Umtriebe bildeten in dieser Zeit ein sehr eingreifendes Moment der allgemeinen Weltbewegung.
Die Absicht des Königs von Spanien war nun, zu einem neuen Einfall Gastons auch die Hülfe Wallensteins herbeizuziehen, und kein Zweifel ist, daß dieser dazu Hoffnung gemacht hatte. Im Mai benachrichtigt der König die Infantin, daß Wallenstein den Herzog von Orleans mit tausend Reitern und sechstausend Mann zu Fuß zu unterstützen versprochen habe; der Herzog von Lothringen sollte durch Subsidien in den Stand gesetzt werden, ebenfalls zu rüsten; man hoffte Gaston nachdrücklicher zu unterstützen, als es vor dem Jahre geschehen war En todo caso conviene que no se deve aventurar come la vez passada (Philipp IV. an die Infantin, 21. Mai; Archiv zu Brüssel)..
Damit standen aber bei weitem umfassendere Absichten in Verbindung.
Infantin Isabella, die ihre Tage sich neigen fühlte, und die niederländischen Stände hatten durch besondere Gesandtschaft Philipp IV. aufgefordert, einen seiner Brüder mit der Verwaltung der Niederlande zu betrauen Khevenhiller XII, 7.. Dieser wählte dazu den jüngeren Don Fernando, der zwar, um zu einem guten Einkommen zu gelangen, in den geistlichen Stand getreten und bereits zu der höchsten geistlichen Würde, dem Cardinalat, erhoben worden war, aber von Jugend auf eine überwiegende Neigung zu weltlichen Beschäftigungen kundgegeben hatte. Man erinnerte sich, wie er traurig hinter den Fenstern stand, wenn seine Brüder auf dem Platz vor ihm zu Pferde stiegen. Doch hatte er sich wissenschaftliche Bildung angeeignet; er erschien geistig angeregt, liebenswürdig, unterrichtet, und zog durch ein angenehmes Aeußere an; er lebte und webte in der Idee der spanischen Monarchie, wie sie damals der Graf Olivarez wenigstens am Hofe wieder in Geltung gebracht hatte Mocenigo, relazione di Spagna 1630. .
Ihn den nächsten Weg von Coruña aus nehmen zu lassen, wäre jedoch nicht thunlich gewesen, da die Holländer die See beherrschten; er ging zuvörderst nach Italien, um von da über die Alpen, den Rhein entlang, mit bewaffnetem Gefolge oder mit einem Heere seinen Zug nach den Niederlanden zu nehmen.
Denn noch hielt man an der Idee der engsten Verbindung mit der deutschen Linie fest: und dann sollten Tyrol, die Vorlande, Elsaß, die Pfalz, Lothringen eine Kette von Stationen nach den Niederlanden bilden. Man meinte den Holländern auf diese Weise nachdrücklich beikommen und sie zur Anerkennung wenigstens der Oberhoheit des Königs von Spanien unter irgend einem Titel, etwa dem eines Protectors, nöthigen zu können. Es war die letzte Hoffnung der legitimen Dynastie, wenigstens den Schein der Oberherrschaft zu retten.
In diesem Sinne wurde der Beschluß gefaßt, unter dem Governator von Mailand, Herzog von Feria – einem Manne, der sich ebenfalls feurig zu der altspanischen Idee bekannte und vor einigen Jahren in Graubünden den Anlaß zu dem Ausbruch des Krieges gegeben hatte –, ein Heer im Elsaß aufzustellen, das in Italien gebildet, in den Werbeplätzen, die man ihm am Oberrhein einräume, auf 20,000 M. zu Fuß und 4000 zu Pferde verstärkt werden sollte Vergl. Anbringen des königl. spanischen Botschafters, Marchese de Castañeda bei Hallwich I. S. 577.. Es sollte dem Cardinal-Infanten – denn so ward Don Fernando bezeichnet – den Weg nach den Niederlanden bahnen, so daß er in den Stand gesetzt werde, zu jeder Unternehmung gegen Frankreich kräftig mitzuwirken. Feria wurde zum General des Heeres ernannt, ohne daß man vorher mit dem Kaiser Rücksprache genommen hätte.
Denn das setzte man voraus, daß der Kaiser dem, was man in Madrid beschließe, zuletzt allezeit seine Beistimmung geben würde: war es doch immer die Größe des Gesammthauses, die man im Auge hatte. Diesmal machten der Kaiser und dessen Minister die Spanier aufmerksam, daß dies Verfahren den dem Generalissimus bei der Uebernahme des Commandos gemachten Versprechungen entgegenlaufe: man habe ihm zugesagt, daß kein von ihm unabhängiger Heerführer im Umkreise des Reiches commandiren solle. Aber die Spanier schienen das nicht so hoch anzuschlagen: denn Wallenstein sei doch immer der Unterthan des Kaisers und müsse sich zuletzt dem Willen desselben fügen; auch habe König Philipp so große Verdienste um ihn, daß der General nicht widerstreben werde.
Aber wie wenig kannten sie da den Herzog von Friedland! Er hatte das Commando übernommen, um vollkommen Meister der kaiserlichen Waffen zu sein und den Frieden seinen Gedanken gemäß zu schließen. Bei der Eröffnung des Vorhabens brauste sein Jähzorn auf. Von einem unabhängigen Genossen der Heerführung wollte er unter keiner Bedingung hören. Man suchte ihn durch Mittheilung einer sehr ausgedehnten Vollmacht, die ihm der König von Spanien behufs einer neuen engen Vereinigung zugedacht, zu beruhigen. In der Aufwallung, in der er war und die an Wuth grenzte, ließ er sie nicht einmal so weit lesen, daß er ihren Inhalt recht verstanden hätte, und brach die Conferenz ab. Später scheint es ihn gereut zu haben; er wollte dann die Vollmacht wieder haben; aber man hielt nicht für rathsam, sie ihm auszuhändigen.
Denn schon gingen die politischen Directionen überhaupt auseinander.
Die Spanier waren nicht gegen den Frieden in Deutschland, da sie dadurch in den Stand zu kommen meinten, ihre Waffen gegen Frankreich zu wenden Philipp IV. an Villani, 21. Mai. Er soll die Fortsetzung der Subsidien versprechen. Si el Empdor y el Duque di Mequelenburg dieren ordenes fixas para que las tropas de Gronsfeld, de Merode y las de Aldringer vengan siempre que fueren llamadas in Flandes.. Wallenstein aber verwarf die Absicht eines offenen Bruches mit dieser Macht in diesem Augenblick unbedingt: denn sie stehe in so engem Verhältniß mit den Schweden, diese aber mit den deutschen Protestanten, daß davon die verderblichste Rückwirkung erfolgen müsse. Und noch war von Alters her der Name der Spanier den Deutschen beider Confessionen widerwärtig: ihre Politik in den letzten Jahren hatte die alten Antipathien aufgefrischt. Von ihrem selbständigen Auftreten in Deutschland ließ sich nichts erwarten, als die Erneuerung der alten Gehässigkeit, die auf den Kaiser und seinen General zurückfallen mußte.
Dazu kam noch ein anderes Moment von sehr persönlicher, aber zugleich allgemein politischer Bedeutung.
Wallenstein hatte darauf Verzicht geleistet, Mecklenburg zu behaupten, aber – wie ihm ja das Lehn nur auf Grund seiner durch seine Leistungen erwachsenen Geldansprüche ertheilt worden war – nicht ohne diese festzuhalten; unter allen Umständen war ihm ein Aequivalent und zugleich für die neue Unternehmung eine Belohnung zugesagt. Worin aber sollte diese bestehen? Von welcher Seite sollte sie gegeben oder genommen werden? Von den evangelischen Fürsten oder den katholischen, aus einem Reichsland oder den kaiserlichen Erblanden? Man hat damals gemeint, er habe mit seinem Besitz in Schlesien und Böhmen die Lausitzen, welche als Unterpfand an den Churfürsten von Sachsen verpfändet waren, zu verbinden, dabei aber seine reichsfürstliche Würde zu wahren gedacht. Die, welche den Angelegenheiten und Verhandlungen nahe standen, haben das angenommen, und ohne Zweifel ist davon die Rede gewesen. Kaiserliche Staatsmänner gedenken der Schwierigkeiten, die es haben würde; sie meinen durch ihre Unterthanenpflicht verhindert zu werden, darauf einzugehen.
Ueberdies aber würde das dem immer höher strebenden Ehrgeiz nicht einmal genügt haben.
In dem Widerstreit der europäischen Mächte und der beiden Religionsparteien in Deutschland, der Protestanten selbst unter einander, über die Herstellung der Pfalz, der Lande und der Churwürde, hatte Wallenstein die Absicht gefaßt, seine Entschädigung in diesem Lande zu suchen, mit der bestimmten Erwartung, daß die churfürstliche Würde damit verbunden und nach dem Tode des Churfürsten Maximilian auf ihn übertragen werden sollte.
Was ihm dazu den nächsten Anlaß gab, war die anerkannte Nothwendigkeit, das protestantische Interesse zu befriedigen, wozu es gleichsam gehörte, daß die erste weltliche Chur nicht in den Händen eines so eifrigen Katholiken wie Maximilian von Baiern blieb, während die Katholiken sich mit Händen und Füßen dagegen sträubten, die calvinistische Familie, die sie am meisten haßten, wieder in den Besitz dieser bedeutenden Stellung im Reiche gelangen zu lassen. Wallenstein meinte von beiden Parteien angenommen werden zu können; er schmeichelte sich, das Vertrauen der einen und der andern zu genießen Als persona confidente all' una e l' altra religione, wie er in dem italienischen Entwurf zu diesem Abkommen bezeichnet wird.. Das pfälzische Haus dachte er, so viel man urtheilen kann, nicht vollständig zu depossediren: Maximilian von Baiern werde sich mit der Erwerbung der Oberpfalz für sein Haus und dem lebenslänglichen Besitz der Churwürde begnügen, und wolle er es nicht in Güte, so werde man ihn dazu zwingen. Sobald er durch den Frieden freie Hände bekommen, wollte er nach dem westlichen Deutschland vordringen, um das Land, aus dem jetzt die Spanier verjagt waren, zurückzuerobern und in Oberdeutschland auf immer Stellung zu nehmen. Er dachte zugleich Baden-Durlach und selbst Würtemberg, das sonst doch einen oder den andern Tag an das Haus Oesterreich zurückfallen müsse, zu erwerben. Das war das Stück Erde, das er sich ausersehen hatte: fürwahr, darüber hätte er Mecklenburg vergessen können. Damit bot sich zugleich die vollste Befriedigung seines Ehrgeizes dar. Wahrscheinlich hoffte er Maximilian auch zu überleben; aber noch mehr kam ihm darauf an, ihm die Zukunft abzugewinnen. Durch diese Zusage und die daraus für ihn und das Haus, das er zu gründen dachte, eröffnete Aussicht würde er unmittelbar einen überwiegenden Einfluß in den Reichsgeschäften gewonnen, – verbunden auf der einen Seite mit der kaiserlichen Autorität, auf der andern mit den protestantischen Churfürsten und als Verfechter des Interesses, das er im Reiche durchgeführt, würde er die Wiedereinrichtung der geistlichen und territorialen Verhältnisse gutentheils in die Hand bekommen und bei dem Frieden das entscheidende Wort gesprochen haben Die Absicht auf die Pfalz erhellt aus dem Schreiben Arnims 29. Juni / 9. Juli an den Churfürsten von Sachsen, bei Helbig, Wallenstein und Arnim, S. 22: »habe so viel vernommen, daß Er (Friedland) seine Mühe (für den Frieden) nicht vergebens angewendet haben wolle, suchet die Unterpfalz anstatt Mecklenburg für sein Recompens.« Für den ganzen Plan ist ein Schreiben Castañeda's vom 5. Juli im Archiv zu Brüssel entscheidend. Esta alentado o engañado (es freue ihn, obgleich er sich dabei täuschen könne) con que ha de entrar en posession del palatinato inferior y que el Emperador le dara la investidura y el voto electoral despues de las dias de Babiera y su resolucion es, en viendo se defembarazado encaminarse a occuparle con las armas y si bien dizen que se le offrecen los principes protestantes, no sè la parte que el empr tenga en esto pero bien se sabe que pretende gue el rey nro señor le de si en da (defienda?) la posession, y en esto e caso si deven considerar los intereses de Babiera y las malas satisfaciones de Ingalaterra y si estas pueden causar algun disturbo..
An sich geneigt, dem General Genugthuung zu verschaffen, konnten doch die Spanier an seinen Absichten auf die Unterpfalz keinen Gefallen haben. Sie hatten da von jeher selbst festen Fuß zu fassen gesucht: es gehörte in ihr mitteleuropäisches System; – zugleich aber mußten sie auf den König von England Rücksicht nehmen, der an dem Rechte seiner Neffen, namentlich auch auf die Churwürde festhielt; bei ihren Absichten gegen Frankreich durften sie ihn nicht entfremden. Und überdies war es ihnen widerwärtig, daß ein Unterthan, den sie für ihr Geschöpf hielten, in den großen Angelegenheiten des Hauses Oesterreich in der Welt seinen eigenen Anspruch zur Sprache brachte. Der päpstliche Nuntius Rocci erzählt, einer ihrer thätigsten Beamten aus Mailand, Namens Villani, habe kurz vorher den General, als von den in Deutschland zu treffenden friedlichen Abkommen die Rede war und dieser seinen eigenen Anspruch mit Nachdruck hervorkehrte, aufgefordert, seine Privatsache dem allgemeinen Interesse zu opfern. Aber Wallenstein hatte sich zusichern lassen, daß bei den Friedensunterhandlungen seinen Ansprüchen Rechnung getragen werden solle; er hielt sie für so gut begründet, wie irgend einen andern, der erhoben werden könne, zumal Entwürfe für die allgemeine Wohlfahrt damit in Verbindung standen. Schon das Wort, erzählt man, habe ihn in eine so heftige Aufwallung gebracht, daß er nicht weiter mit Villani unterhandeln wollte. Villani erkrankte und ist bald darauf gestorben: nicht gerade zum Verdruß der päpstlichen Bevollmächtigten, die ihn für eine Art von Satan erklären: denn nur darum habe er unter allen Bedingungen in Deutschland Frieden zu machen gewünscht, um den Krieg in Italien wieder zu entzünden. Längere Zeit hielt sich ein Spanier, Navarro, in dem Feldlager Wallensteins auf. Er zeigt sich empört über die eigensüchtigen Gesichtspunkte, die der General verfolge: wenn eine Provinz erobert werden könnte, würde er es nicht zugeben, es geschähe denn durch ihn; er würde dann lieber sehen, daß sie verloren ginge. So zeigt sich der spanische Gesandte in Wien, Castañeda, in allen seinen Berichten erfüllt von bedauernder Verachtung über die Unselbständigkeit und die Unordnung der kaiserlichen Regierung und von Unwillen über die Anmaßung und Rücksichtslosigkeit des Generals, gegen den er ein tiefes Mißtrauen kundgiebt Ihr Inhalt ist durch den Aufsatz Dr. Wittichs in den preußischen Jahrbüchern, Jan. 1869: Wallenstein und die Spanier, näher bekannt geworden. Vor Jahren hatte ich selbst die spanischen Papiere in Brüssel eingesehen; sie sind aber erst seitdem in Ordnung gebracht und recht zugänglich geworden. Es ist mir sehr zu Statten gekommen, daß Herr Dr. Wittich die Güte gehabt hat, mir seine Excerpte mitzutheilen..
Bei alledem ist es doch damals zu keiner eigentlichen Entzweiung gekommen.
Die Spanier gaben die Aufstellung einer unabhängigen Armee im Elsaß auf; wenn Feria dann doch seine Truppen dahin führte, so geschah es unter der ausdrücklichen Versicherung, daß er den Anordnungen Wallensteins mit Vergnügen Folge leisten werde Con gusto conformarse a sus dictamenes. . Der Cardinal-Infant erklärte, daß es ihm nur darauf ankomme, sich den Durchzug nach den Niederlanden offen zu halten. Wallenstein gab selbst mit Ostentation zu erkennen, daß er die allgemeine Politik der Spanier theile. Er ließ den Herzog von Orleans wissen, daß er ihn nach Frankreich zurückführen wolle, sobald er selbst seinen Frieden mit den Churfürsten geschlossen habe.
In diesem Verhältniß keineswegs der Entzweiung, aber einer gewissen Verstimmung geschah, daß man sich ihm von der andern Seite näherte.
Auch an dieser Stelle erhellt, was anderwärts gezeigt worden ist, daß es nicht bloße Eroberungslust war, was die damalige französische Regierung vermochte, in die deutschen Angelegenheiten einzugreifen: Cardinal Richelieu fühlte sich vielmehr durch die Combination der noch nicht beschwichtigten inneren Gährung und der feindseligen Anstrengungen der spanischen Macht in seiner Autorität nicht allein, sondern selbst in seiner Existenz gefährdet.
»Noch immer sind die Angelegenheiten unentschieden,« so drückt sich Pater Joseph damals in einem seiner Briefe aus, »aber der König wacht über die gerechte Sache.« Seine Gesandten sollten die protestantischen Stände in Deutschland ermahnen, standhaft zusammenzuhalten, mit der Versicherung, daß er sie nicht verlassen werde, und die Holländer auffordern, auf keinen Stillstand einzugehen, sondern sich vorzubereiten, im nächsten Frühjahr im Felde zu erscheinen. Jedermann weiß, mit welchem Erfolg seine Gesandten ihren Auftrag vollzogen. Die Holländer wurden vermocht, die bereits eingeleiteten Unterhandlungen über einen Stillstand abzubrechen; indem die Allianz zwischen Schweden und Frankreich erneuert und befestigt wurde, gelang es zugleich unter ihrer Mitwirkung, das Bündniß der vorderen Reichskreise mit den Schweden zu Stande zu bringen, welches dem schwedischen Kanzler einen Einfluß sicherte, der, wenn auch nicht unbeschränkt, doch für einen Fremden in Deutschland ohne Beispiel war. Für die Verhandlungen von Heilbronn wird derselbe Zweck angegeben, wie bei jener Negotiation von Leitmeritz: die Herstellung der verjagten Fürsten, Freiheit der Religion, die Grundgesetze des Reiches überhaupt und die Satisfaction der Schweden; aber in ihrer zu Grunde liegenden Tendenz sind sie einander geradezu entgegengesetzt. Dort ist der österreichische, hier der französische Gesichtspunkt überwiegend.
Es war ein sonderbarer Zufall, daß der Landgraf Georg von Hessen von Leitmeritz und der französische Gesandte Feuquieres von Heilbronn kommend, auf der Landstraße zwischen Naumburg und Schulpforta einander begegneten. Sie stiegen beide aus und wechselten einige Worte freundlicher Begrüßung, an die Feuquieres auf der Stelle auch mehrere politische Fragen knüpfte, nicht allein, wie sich der Churfürst von Sachsen befinde, sondern auch was seine Absichten seien: der Landgraf erwiderte, sie seien auf einen wohlgeachteten Frieden gerichtet; dasselbe Ziel, sagte Feuquieres, verfolge auch sein König: – aber wie sei wohl dazu zu gelangen? Der Gesandte dachte der zu Heilbronn geschlossenen Conföderation, der Landgraf sprach nur sein Erstaunen aus, daß man eine solche hinter dem Rücken der protestantischen Churfürsten geschlossen habe, und suchte loszukommen »Wir haben mit Beflissenheit glimpflich abgebrochen und uns in der Straße mit Gespräch nicht länger aufhalten lassen.« Schreiben des Landgrafen. Eckhardsberge, 28. April 1633. Hier war es wohl, wo ihn Feuquieres selbst aufsuchte. In seiner Relation giebt er eine Notiz davon: er kam dadurch nicht weiter.. Nach entgegengesetzten Seiten setzten sie dann ihre Reise fort.
In Dresden mußte sich Feuquieres bald überzeugen, daß es ihm unmöglich sein werde, den Churfürsten von Sachsen für den heilbronner Bund und die französisch-schwedische Allianz zu gewinnen: so entschieden waren die ablehnenden Antworten, die man ihm gab.
Dagegen eröffnete sich ihm unerwartet die Aussicht, den Herzog von Friedland selbst, auf den noch mehr angekommen wäre, auf seine Seite zu ziehen.
Wenn man sich erinnert, wie alle diese Unruhen entsprungen und die Gefahren der deutschen Freiheiten und des Protestantismus aus der Ueberwältigung der böhmischen Stände hervorgegangen waren, so schien eine Sicherung des deutschen Reiches schwerlich erreichbar, wenn diese nicht wieder in ihr altes Wesen hergestellt wurden.
Auch von einer Seite, von der man es nicht erwarten sollte, ist dies hervorgehoben worden. Der englische Gesandte Armstruther hat in seinen Gesprächen mit den deutschen Fürsten besonders darauf Nachdruck gelegt, daß den Böhmen ihr freies Wahlrecht zurückgegeben werden müßte. Denn sehr möglich, daß dann wieder ein evangelischer Fürst erwählt werde, der dann seine Rechte als deutscher Churfürst geltend machen könne; und wenn Oesterreich ein Königreich verliere, so liege darin ein großer Gewinn für die protestantische Welt.
Daß England, etwa zum Vortheil der pfälzischen Familie, die Sache in die Hand nehmen sollte, war jedoch nicht zu erwarten; aber konnte das nicht durch die Böhmen selbst geschehen?
Niemals hatten die ausgewanderten Böhmen die Hoffnung aufgegeben, nicht allein in ihr Vaterland zurückzukommen, sondern in demselben auch eine der alten entsprechende Verfassung unter einem König ihrer Wahl wiederherzustellen. Bald auf den Einen, bald auf den Andern der böhmischen Großen hatten sie hiebei ihr Augenmerk gerichtet, auch wohl auf Bethlen Gabor, oder Mansfeld, oder Wallenstein. Zwischen den Ausgewanderten und den Zurückgebliebenen bestand fortwährend mancherlei Verbindung. Auf einer solchen beruhten jene momentanen Annäherungen zwischen Wallenstein und Gustav Adolf, deren wir gedachten. Die Schweden knüpften an die in der Tiefe gährende Opposition der Bevölkerung gegen das Haus Oesterreich allezeit große Hoffnungen. Ausdrücklich deshalb ward Thurn im Frühjahr 1633 nach Schlesien geschickt, weil er mit manchen großen Herren des Landes noch in alter Verbindung stand, und in seiner Instruction angewiesen, nicht alle Anhänger des Kaisers als Feinde zu behandeln: denn unter ihnen gebe es Viele, welche unter den königlichen Schutz genommen zu werden wünschten. Diese möge er der Krone Schweden zu verpflichten trachten und sein Bemühen dahin richten, daß die Kräfte der Katholischen in den Erblanden gebrochen, die der Evangelischen verstärkt würden Auszug der Instruction bei Chemnitz II, 37..
Wenn nun der alte Führer der ständischen Interessen in dem Reiche Böhmen an der Spitze eines ansehnlichen Heeres in einer der vornehmsten Provinzen erschien: wie hätten nicht alle Hoffnungen der Ausgewanderten erwachen sollen?
Der vornehmste Sitz derselben war Dresden, wo sie sich um den Grafen Kinsky gruppirten, der wegen seiner früheren Stellung bei den Reichthümern, die er bei Zeiten gerettet hatte, als ihr Oberhaupt angesehen werden konnte. Mit denen trat nun Feuquieres in vertrauliche Beziehungen. Denn nur auf den ausgesprochensten Gegensatz mit dem kaiserlichen Hofe, den der französische Gesandte repräsentirte, konnten sie ihre Hoffnungen gründen. Kinsky, der Schwager Terzka's, der früheren Verhandlungen schwerlich unkundig und durch die Gerüchte über die Entzweiung Wallensteins mit den Spaniern ermuthigt, nahm nun den Gedanken, daß der Herzog die Krone von Böhmen annehmen müsse, wieder auf. Man wollte wissen, daß Wallenstein, um sich gegen den Kaiser zu erklären, nur darnach aussehe, den Rückhalt einer andern Macht zu gewinnen. Welche aber hätte es gegeben, die ihm eine größere Sicherheit hätte gewähren können als die französische? Und welch ein Vortheil war es wieder für diese, den General auf ihre Seite zu ziehen, welcher sich an der Spitze der feindlichen Kriegsmacht einen großen Namen erworben und mehr als einmal Frankreich bedroht hatte Daß dieser Antrag von Kinsky und nicht von Feuquieres herrührte, hat Röpell (Raumer'sches Taschenbuch v. J. 1845, S. 276) aus den späteren französischen Aktenstücken dargethan. Mit ausdrücklichen Worten sagt dies aber auch Feuquieres selbst in der Relation über seine Reise, welche in den mémoires pour l'histoire du Cardinal-Duc eingeschaltet ist – II, 175: II lui (à Feuquieres) fut fait quelque ouverture touchant l'accomodement du duc de Friedland par le comte de Kinsky. Die lettres et négociations de Feuquières, 1753, machen dies Actenstück nicht entbehrlich.!
Zwischen Kinsky und Feuquieres nun wurde ein Memoire verabredet, von welchem man sich die erwünschte Wirkung versprach. Kinsky hat es mit seiner Hand geschrieben: die Forderungen waren von Feuquieres dictirt. Darin erinnern sie Wallenstein an die Erfahrung, die er von der Unzuverlässigkeit des Kaisers bereits gemacht habe, und bemerken ihm, daß er leicht aufs neue das Opfer derselben werden dürfte: warum wolle er sich nicht lieber den Feinden des Kaisers zugesellen, die durch den Bund von Heilbronn mächtiger geworden seien als jemals? Im Verein mit denselben könne er sich zum Meister von Böhmen machen und die Krone dieses Landes sich selbst aufs Haupt setzen.
So im Allgemeinen gefaßt, schwebte aber der Antrag noch gleichsam in der Luft. Ohne noch eine Antwort von Wallenstein bekommen zu haben, brachte Kinsky einige Fragen zum Vorschein, welche eine weitere Erklärung erforderlich machten. Welches Unternehmen man von Wallenstein verlange? Ob er Sachsen, Brandenburg, Schweden in das Verständniß ziehen solle? Wie Frankreich gegen Baiern gesinnt sei? Der Gesandte antwortete: das Erwünschteste würde sein, wenn Friedland sich zum Meister von Böhmen mache und dann geradezu gegen Oesterreich vordringe; um Baiern, das noch zu Oesterreich halte, werde sich Frankreich nicht kümmern; Mittheilung an Sachsen und Brandenburg würde besser noch verschoben werden. Der französische Hof hat diese Antwort später gebilligt und wahrscheinlich Erbietungen unmittelbarer Geldhülfe hinzugefügt. Wie mit Schweden und Holland, so nun auch mit dem Herzog von Friedland verbündet, meinten die Franzosen Meister von Europa zu werden.
In unseren Tagen muß dieser Antrag noch auffallender erscheinen, als im damaligen Augenblick, in welchem die schwedischen Obersten und Staatsmänner sich Reichslande und Abteien als Lehne der Krone Schweden übertragen ließen und Bernhard von Weimar unter derselben Autorität die Bisthümer Würzburg und Bamberg in ein Herzogthum Franken verwandelte. Die Franzosen gaben ihm und den Anderen die von ihnen angenommenen Titel ohne Scrupel und erkannten dadurch die neuen Besitznahmen vorläufig an. Schon trug man sich dort mit den weitaussehendsten Entwürfen. Man hat wohl davon gesprochen, daß Wallenstein im Besitz der böhmischen Krone zum römischen König, und der König von Frankreich, Ludwig XIII., alsdann zum römischen Kaiser gewählt werden könne. Cardinal Richelieu würde Churfürst von Trier geworden sein.
Fragt man nun, ob Wallenstein auf die Aufforderung, sich der Krone von Böhmen zu bemächtigen, eingegangen ist, oder nicht, so findet man nur, daß er sie im Laufe des Jahres 1633 von August bis December unbeantwortet gelassen hat. Der Gesandte glaubte seinen Antrag für abgelehnt halten zu müssen.
Dennoch ist unleugbar, daß Wallenstein, wenn nicht gerade diese Idee, doch eine nahe verwandte, die leicht dahin führen konnte, bei den Schweden zur Sprache gebracht hat.
Auch bei ihm war die Sache durch die Emigranten angeregt worden. Man weiß, daß Graf Kinsky nach der Schlacht von Lützen einem gefangenen Kaiserlichen ansehnliche Versprechungen gemacht hat, wenn er den Vorschlag, die Krone von Böhmen anzunehmen, an den General bringen wolle. Die Emigranten versichern, daß Wallenstein, indem er wieder aus Böhmen aufbrach, eine sehr bündige Eröffnung darüber an den schwedischen Reichskanzler habe gelangen lassen; der habe ihm geantwortet, er möge nur Ernst damit machen, so werde es ihm an seiner Unterstützung nicht fehlen »Wenn ihme ein Ernst wäre, sich zum König in Böheim aufzuwerfen und er solches in Effectu thun würde.« (Sesyma.). Und gewiß hat im Mai 1633 eine geheime Communication zwischen Wallenstein und Oxenstierna Statt gefunden: wir wissen es aus dem Munde Oxenstierna's; er hat dem englischen Agenten davon gesprochen Der englische Agent Curtius meldet im September 1633: que depuis le mois de May le Baron de Bubna avoit porté telle asseurance, que Fridland ne respiroit que la restitution des libertés de sa patrie et la repatriation des exilés: que Mr le Chancelier ne désavoua pas, qu'on ne luy ait parlé de telle chose.. Doch reichte sie nicht so weit, wie man angenommen hat. Wallenstein sprach die Absicht aus, die Zurückführung der Emigranten und die Herstellung der Freiheiten seines Vaterlandes in die Hand zu nehmen. Das gehörte in den Gedankenkreis der Toleranz und Herstellung, in welchem er den Feldzug überhaupt unternahm. Aber die Emigranten machten diesen Unterschied nicht. Sie sahen ihre Herstellung nur dann für gesichert und selbst für möglich an, wenn dem Lande seine eigene Krone zurückgegeben würde, für die sie zunächst wenigstens Wallenstein bestimmt hatten. Alle ihre Hoffnungen erwachten, da es nun wieder zu einer Annäherung zwischen dem General-Herzog und den Schweden kam, denen diese Combination schon deshalb willkommen sein mußte, da sie ihnen eine sichere Allianz gegen Polen verschafft hätte. Sie waren sehr betroffen, als sie inne wurden, daß sie sich getäuscht. Wallenstein schob den Gedanken in unbestimmte Ferne und wollte nicht mehr davon reden hören. Graf Thurn hatte bisher gerühmt, er denke dem Friedländer auch einmal die Krone von Böhmen aufzusetzen; jetzt sagte er, er wolle für alle Zukunft nichts mit der Sache zu thun haben, auch wenn Wallenstein sie wieder aufnehmen sollte. Er drückte sich darüber so lebhaft aus, daß hinwieder Wallenstein, der es durch Terzka erfuhr, darüber ungehalten wurde. Terzka gab dessen Zögerungen den Sterndeutern Schuld, von denen ihm gesagt werde, daß die Zeit zu der ihm bevorstehenden Größe gleichwohl noch nicht gekommen sei.
Die Gestirne gingen da wohl mit der Politik Hand in Hand; sie entsprachen den natürlichen Tendenzen.
Unter den Emporkömmlingen, die das Glück versuchten, ist Wallenstein einer der solidesten und bedächtigsten. Er konnte daran denken, unter dem Kaiser die religiösen und politischen Rechte seines Vaterlandes zu erneuern; aber wie verschieden davon ist es, daß er die Hand nach der Krone von Böhmen ausstrecken sollte! Nicht allein wenn es mißlang, war alles, was er für sich erreicht hatte, und was er seinem Geschlecht zu hinterlassen beabsichtigte, verwirkt und verloren, sondern selbst wenn es gelang, konnte er nicht wohl darauf rechnen. Ohne den Kaiser würde er dem Anstürmen der zurückkommenden Emigranten gegenüber kaum seinen eigenen Besitz, den er ihnen abgewonnen hätte, haben behaupten können. Wenn man das Wahlrecht der Stände herstellte, wer stand ihm dafür, daß sich diese nicht unter schwedischem Einfluß ein evangelisches Oberhaupt suchen würden? Wie viel mehr Werth hatte für ihn der Erwerb der pfälzischen Chur, als der dieser zweifelhaften Krone!
Die Anträge, die ihm geschahen, definitiv und auf immer zurückzuweisen, lag jedoch auch nicht in seinem Sinn. Er konnte ein andermal in den Fall kommen, derer zu bedürfen, die sie ihm machten. Zunächst schien es ihm Verdienst genug, wenn er nicht darauf einging. Dem kaiserlichen Hofe hat er wenigstens eine Andeutung davon gemacht; er hat ihn wissen lassen: von feindlicher Seite seien ihm die höchsten Würden angetragen worden; aber von diesen Stößen, so drückt er sich aus, könne seine Gesinnung nicht durchlöchert werden. Er sei durch die Pflicht gewappnet, welche ihm sein Dienst und sein Gewissen auferlege.
Nur wollte er den einflußreichen und thätigen Feinden gegenüber, die er am Hofe hatte, zugleich auf eigenen Füßen stehen, vor allem seines Heeres unbedingt sicher sein, das ihm die Stellung verschaffte, in der man seine Allianz suchte und seinen Plänen Gehör gab. Mit Nachdruck hielt er darüber, daß Aldringer, der dem Churfürsten von Baiern zur Seite stand, doch nicht vollkommen von demselben abhängig wurde; neue Hülfstruppen, die er nach der Donau geschickt, bekamen den Befehl, lediglich vertheidigungsweise zu Werke zu gehen und unter anderem jedes Belagerungsunternehmen zu vermeiden. In Schlesien wurden Offiziere entfernt, denen man nicht vollkommen traute, andere schlecht behandelt, so daß sie sich selbst entfernten. Dies Verfahren machte auf den Hofkriegsrath, den der Churfürst von Baiern mit seinen Klagen bestürmte, so viel Eindruck, daß sich der Präsident desselben, Graf Schlick, nach dem Feldlager begab, um dem General Vorstellungen zu Gunsten des Churfürsten zu machen und überhaupt persönlich Erkundigungen einzuziehen. Wie hätte das aber nicht wieder auf Wallenstein einen sehr unangenehmen Eindruck machen sollen? Man erzählt, dem Grafen Schlick sei, als er die gegenseitige Stellung der Armeen übersah, das Wort entfallen, er würde den Feind schlagen, wenn er ihn so in seinen Händen hätte. Wallenstein mußte davon um so mehr verletzt werden, da es eben die Summe seiner Politik anfocht, welche in der Anbahnung eines Verständnisses mit den Protestanten lag.
Wallenstein lebte und webte darin, es zu Stande zu bringen.
Bisher hatte es sich daran gestoßen, daß die sächsischen geheimen Räthe, unter denen ein Werthern der angesehenste war, Bedenken trugen, in eine so enge Verbindung mit Friedland einzutreten, wie die vorgeschlagene war: denn indem man einen Feind versöhne, könne man wohl in den Fall kommen, aus den Freunden Feinde zu machen; – sie wollten sich mit den Schweden nicht entzweien. Bei den Verhandlungen über die Verlängerung des Stillstandes war es zu Irrungen gekommen, in deren Folge die Feindseligkeiten wieder ausbrechen zu müssen schienen: Wallenstein schickte sich zur Belagerung von Schweidnitz an, Arnim zur Rettung dieses Platzes. Aber die Neigung zum Frieden war auf beiden Seiten überwiegend. Eine neue Zusammenkunft zwischen Friedland und Arnim im Angesicht der beiden Lager fand Statt und darauf ein Gastmahl, welches Terzka gab – unter freiem Himmel, im Schatten eines kleinen Gehölzes –, bei dem man sich zur Erneuerung des Stillstandes auf fernere vier Wochen entschloß, um für die weiteren Verhandlungen Zeit zu gewinnen (I capi tutti) regalati dal colonel Terzica sotto l' ombra degli alberi di un picciolo bosco con un sontuosissimo convito. Antelmi. (Archiv für österr. Geschichtsqu. Bd. XXVIII.) Vgl. Wallenstein an Arnim, 2. Sept., bei Förster. (12./22. August). Man sagte: in dieser Zeit solle nach der in Leitmeritz genommenen Verabredung unter dänischer Mediation über den allgemeinen Frieden verhandelt werden.
Nicht darauf jedoch, sondern auf seine eigenen Unterhandlungen mit den beiden Churfürsten, zunächst dem sächsischen, und dessen Generalen, wollte Wallenstein den Frieden begründen.
Man kann denken, mit welcher Aufmerksamkeit die Anhänger des Hofes, namentlich Graf Schlick, den Bedingungen nachforschten, welche zwischen ihnen besprochen oder gar festgesetzt würden. In einem für den Kaiser bestimmten Bericht, der, wenn nicht alles täuscht, eben von Schlick selbst herrührt, werden die Punkte verzeichnet, über welche Wallenstein mit Arnim, dem Herzog Franz Albert von Sachsen-Lauenburg, damaligem sächsischem Feldmarschall, und dem Grafen Thurn einverstanden sei. Sie sind eine Erweiterung der Artikel, deren wir schon gedacht haben, und von der allergrößten Merkwürdigkeit.
Darnach ist von einer Herstellung der Freiheit des protestantischen Bekenntnisses in den österreichischen Erblanden mit Einschluß selbst von Steiermark die Rede gewesen. Die Worte scheinen jedoch zu beweisen, daß das doch blos eine Idee des Grafen Thurn war Unter dem modernen Titel: Wallensteins Pläne und Benehmen, ist dieser Bericht, der den größten Werth hat, von Höfler in dem Archiv österreichischer Geschichtsquellen Bd. XI, S. 28, mitgetheilt worden, leider aus einer uncorrecten Handschrift. Man sollte sie correcter wieder drucken, und zwar mit den übrigen wichtigeren Aktenstücken, die jetzt für diese Geschichte zusammengebracht werden können. Die Worte sind: le pretensioni erano, und fu pretesa dal conte della Torre.. Den sächsischen Bevollmächtigten genügte die Herstellung der den Unruhen und dem Kriege vorangegangenen Zustände im Reiche. Vor allem hielt man daran fest, daß die beiden Armeen, die einander gegenüberstanden, sich zur Durchführung derselben und zur Entfernung der Fremden aus dem Reiche vereinigen sollten. Mit den Schweden glaubte man dabei doch nicht unbedingt zu zerfallen. Auch ihre Rückstände sollten wie die der sämmtlichen übrigen Truppen bezahlt werden und zwar durch die Reichsstädte, bei denen man allein Geld finden konnte. Soeben war nach der Thronbesteigung Wladislaws IV. in Polen der Anspruch der älteren Linie des Hauses Wasa auf den schwedischen Thron rege geworden. Wladislaw nannte sich den durch Geburt und Erbe rechtmäßigen König von Schweden; der Antrag an Oxenstierna war, daß der Kaiser dieses Recht nicht unterstützen werde; dem Kanzler ward sogar, da in Schweden selbst unter einer Königin, die ein Kind war, die Dinge zweifelhaft standen, die Krone dieses Reiches in Aussicht gestellt. Das Anrecht Brandenburgs wäre unverkürzt geblieben; Sachsen hätte die Disposition über Magdeburg und Halberstadt davongetragen; indem der Kaiser auf die Stifter Verzicht leistete, würde er die Lausitzen wieder erhalten haben. Arnim und Thurn sollten in den Stand der Reichsfürsten erhoben und, so wie Franz Albert von Lauenburg, mit ansehnlichen Dotationen ausgestattet werden. Sein Recht der Confiscation und Vergebung wollte Wallenstein zunächst in Schlesien zu Gunsten seiner Obersten anwenden. Für sich selbst behielt er sich, wie wir wissen, einen Theil der Unterpfalz, Baden-Durlach und Würtemberg vor: die Churfürsten sollten ihm diesen Besitz bestätigen. Das Recht der kaiserlichen Achtserklärung würde dadurch zwar aufrecht erhalten, aber doch an die Genehmigung der Churfürsten gebunden worden sein. In Würtemberg, wo damals der bisherige Administrator und der junge Herzog in bitterem Hader lagen, meinte er das Recht des Heimfalls an Oesterreich für sich selbst zur Geltung zu bringen: denn durch die Erwerbung dieses Landes würde sonst Oesterreich ein für die Protestanten schädliches Uebergewicht gewinnen; er dagegen mache sich anheischig, wenn er zum Besitz gelange, die Rechte der Fürsten und des Reiches mit gezogenem Schwert gegen Oesterreich zu vertheidigen Che sarebbe stato a spada tratta protettore de' privilegj e principi dell' impero et mantenitore della sicura pace e fede publica per interesse proprio contra ogni mutatione che potesss fare qui (in Wien) la corte. Archiv österr. Geschichtsqu. XI, 31.. So gereiche seine Erwerbung der Pfalz den Holländern zum Vortheil, da dann die Spanier sich daselbst nicht festsetzen würden. Den Widerspruch von Baiern befürchtete er nicht: denn es würde sich dabei nur an Frankreich lehnen können, diese Macht aber Bedenken tragen, gegen das Reich vorzuschreiten, wenn sie die beiden Churfürsten mit dem Kaiser vereinigt sehe.
Auf diese Verbindung war der ganze Plan gegründet. Er hatte insofern eine nationale Bedeutung, als dadurch Spanien und Frankreich, so wie Schweden von dem Reiche ausgeschlossen werden sollten. Die Vereinbarung der Bekenntnisse zur Anerkennung ihrer gegenseitigen Rechte sollte fortan die Einheit des Reiches constituiren.
Man wird das nicht als schon vollkommen vereinbart und beschlossen betrachten dürfen; aber es war nach verschiedenen Seiten hin überlegt und zeigt die obwaltende Tendenz.
Wäre blos von Entwürfen des Ehrgeizes und der Habsucht die Rede gewesen, so würden die Nachlebenden keinen rechten Grund haben, sich mit so vielem Eifer, wie es geschieht, darum zu kümmern; aber vor allen Dingen galt es doch den noch möglich erscheinenden Austrag der religiösen und territorialen Zerwürfnisse des deutschen Reiches, mit Behauptung seines nationalen Charakters, seiner Integrität und der alles zusammenhaltenden Grundgesetze.
Höchst unregelmäßig und zweifelhaft aber war das Verfahren.
Alles beruhte doch darauf, daß der Kaiser dem General eine unbedingte Vollmacht für Krieg und Frieden gegeben habe; Manche wollten nicht zugestehen, daß er dem Vertrag, den der General schließe, auch nur seine vorläufige Beistimmung zu geben habe Der General habe oder sollte haben: la total autorità di fare la pace o la guerra senza consenso limitatione o presaputa dell' imperatore.. Wie aber, wenn der Kaiser diese dennoch versagte? Wenn er sich der andern Partei, welche gegen die Anstellung des Generals gewesen war, unter veränderten Umständen wieder zuneigte? Niemandem konnte entgehen, daß sie sich gewaltig regte. Man war der Meinung, daß der General und die mit ihm einverstandene Armee diesen Widerstand zu brechen im Stande sei und die Befugniß dazu habe.
Wurde aber ein solcher Entschluß gefaßt, so konnte man auch die Schweden herbeizuziehen hoffen, und das wäre wieder das Mittel gewesen, Sachsen und selbst Brandenburg zu definitiver Annahme der ihnen gemachten Friedensvorschläge zu bringen. Vor allem Weitern wurde beschlossen, daß Arnim einen Versuch bei dem Reichskanzler machen solle, ihn für die Pläne, mit denen man sich trug, zu gewinnen.
Wallenstein sah die Reise, die wegen der Stimmung des sächsischen Hofes gleichwohl nothwendig war, nicht einmal vollkommen gern. Mochte Oxenstierna beitreten oder nicht, so war er entschlossen, bei der gefaßten Absicht zu verharren. Aber Sachsen wollte vor allen Dingen entschuldigt sein, wenn es zu einer einseitigen Abkunft mit dem Kaiser schreite, in dessen Namen der General-Herzog unterhandelte.
Der schwedische Kanzler, der sich in Frankfurt a. M. aufhielt, wo ihn zahlreiche Gesandte fremder Mächte und deutscher Fürsten umgaben, ging dem sächsischen General nach Gelnhausen entgegen, auch darum, wie man annahm, um Besprechungen desselben mit den dort Anwesenden zu verhüten; die Zusammenkunft fand am Morgen des 2. September 1633 Statt.
Arnim, für umfassende Entwürfe sehr empfänglich, war doch von Natur behutsam und zurückhaltend. Es erhellt nicht, daß er dem Reichskanzler von den auf Schweden bezüglichen Ideen gesprochen hat; aber sonst ging er doch ziemlich weit heraus. Er gab ihm sichere Kunde, daß der General mit dem Hofe gespannt und bei demselben schlecht angeschrieben sei: seine Friedensbedingungen, bei denen auch Böhmens gedacht werde, sei er entschlossen unter allen Umständen durchzuführen; er denke sich dabei zugleich an seinen Gegnern für den ihm vor drei Jahren angethanen Schimpf zu rächen, wofern er nur auf die Hülfe der Protestanten und der Schweden rechnen könne; während er von Schlesien her nach Böhmen und Oesterreich vordringe, könne Bernhard auf Baiern losgehen und Horn den Spaniern im Elsaß die Spitze bieten. Aber Friedland, so fährt Arnim fort, sei nicht aller Befehlshaber in seiner Armee vollkommen sicher: damit Holk, der ihm unbedingt anhange, jede widerwärtige Regung zu unterdrücken vermöge, wäre es wünschenswerth, daß derselbe durch ein paar schwedische Regimenter verstärkt werde.
Axel Oxenstierna – der sich wohl einmal der Kälte gerühmt hat, mit der er die Hitze seines Königs Gustav Adolf mäßige –, ein Mann von unerschütterlicher Ruhe, scharfsinniger Umsicht, einem immer regen Argwohn, hörte Arnim mit Verwunderung an; aber Glauben maß er seiner Eröffnung nicht bei: je glänzender der Entwurf war, um so weniger wurde er davon bestochen. Er fand ihn zu vortheilhaft für die protestantische Seite, um wahr zu sein. Konnte doch Arnim nicht einmal von sich selbst sagen, daß er von dem Ernste Friedlands und seiner Absichten überzeugt sei. Oxenstierna wiederholte zuletzt nur eben seinen früheren Bescheid; er versprach Assistenz, wenn Friedland zur Ausführung seiner Absichten schreite.
Wallenstein war da auf eine sehr gefährliche Bahn gerathen.
Noch vermied er alles, was das Vorhaben als einen eigentlichen Abfall vom Kaiser erscheinen lassen konnte: – von einer Herstellung des Wahlrechts der böhmischen Stände war jetzt die Rede, aber noch nicht davon, daß er selbst die Krone erwerben wollte – er blieb dabei stehen, daß er die ihm entgegengesetzte Faction am kaiserlichen Hofe und in Baiern niederzuwerfen gedenke; aber wenn er meinte, dies nur durch einen Kriegszug nach den Erblanden selbst auszurichten: wo war da die Grenze zwischen Illoyalität und bloßer Unbotmäßigkeit? Wie nahe berührte sich das eine mit dem andern!
Hatte er aber beabsichtigt, durch eine Vereinbarung zugleich mit den Schweden und den deutschen Protestanten einen Druck auf den kaiserlichen Hof auszuüben, um ihn zur Annahme der Friedensentwürfe zu nöthigen, so bewies die Zusammenkunft in Gelnhausen, daß das in Bezug auf die Schweden nicht zu erreichen war. Zwischen Oxenstierna und Wallenstein war schon durch das Verhältniß der Schweden zu Frankreich eine nicht zu übersteigende Kluft befestigt. Denn bei allen seinen Eigenmächtigkeiten und Abweichungen wollte Wallenstein doch nicht etwa mit Frankreich gemeinschaftliche Sache machen. Er wollte die Protestanten befriedigen und dadurch mit Oesterreich versöhnen; er wollte zugleich die große Stellung, die er eingenommen, für sich selbst verwerthen und zu einer dynastischen auf immer entwickeln; dem Kaiser wollte er seinen Willen auflegen, aber nicht ihn stürzen.
Die Reise Arnims, und was davon verlautete, erweckte die allgemeine Vermuthung, daß es dennoch dazu kommen werde: man erwartete in Frankfurt alle Tage die Nachricht von dem erklärten Abfall des Friedländers Man entnimmt das aus einem Briefe des englischen Residenten Curtius, 9. Sept. 1633, der dann zugleich von der » importunité des bruits«, der » témérité populaire«, die in diesen Gerüchten zu Tage komme, spricht, dieselben gleichwohl verzeichnet; der friedländische Entschluß beschäftigte alle Gemüther..
Ganz anders war dieser selbst gesinnt. Bei der Conferenz, die er eines Abends nach der Rückkehr Arnims mit demselben hatte, wurden allerlei Möglichkeiten in bisheriger Weise erwogen; den andern Tag, als Herzog Franz Albert zu ihm kam, erklärte er, daß kein haltbarer Friede zu machen sei, es wäre denn, man habe die Fremden vom Boden des Reiches verjagt: zunächst möge Sachsen und Brandenburg sich mit ihm wider Schweden verbinden Franz Albert hat gesagt: che quando gli elettori non approvassero queste conditioni, li loro capi verrebbono al servitio imperiale. In dem Schreiben Arnims an den Churfürsten von Brandenburg, bei Förster III, 73-75, ist die Erwähnung Franz Alberts ausgefallen..
So hat er nach der andern Seite hin, indem er endlich den Widerstand gegen Feria's Vorrücken aufgab, demselben doch zur Bedingung gemacht, daß er unverzüglich nach den Niederlanden abziehen möge: denn mit dem Frieden sei die Anwesenheit fremder Truppen im Reiche nicht zu vereinbaren Il Generale ordinò che soccorso Brisaco s' intimasse al Feria, ch' egli potesse passarsene in Fiandra poichè l' armi forastiere con la pace erano excluse dall' imperio. (In dem angeführten italienischen Bericht.).
Vorher aber mußte man noch einmal schlagen.