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Der Ausbruch des Weltkrieges im August 1914 brachte für Dudweiler dieselben Stimmungen und Erlebnisse wie für den ganzen Kreis. Die waffenfähigen Männer zogen ins Feld, der Grubenbetrieb stockte, Frauen und Mädchen arbeiteten für die im Felde stehenden Truppen. Am Bahnhof war ein großer Kaffeekessel aufgestellt; auch wurden Eßwaren, Zigarren und Zigaretten an die durchfahrenden Krieger verteilt. Der vaterländische Frauenverein verarbeitete 75 Pfund Wolle, die von dem Kreisverein vom Roten Kreuz beschafft war. In den Strickstunden der schulentlassenen weiblichen Jugend wurden 100 Pfund Wolle verarbeitet.
Die Sanitätskolonne war im Etappengebiet tätig. Vorträge über Obst- und Gemüseverwertung, sowie über Kriegsernährung wurden gehalten. 60 Feuerwehrleute waren eingezogen. Im Jahre 1916 hatten 40 Bergleute aus Dudweiler das Eiserne Kreuz erhalten.
6000–7000 Männer wurden aus Dudweiler zum Heeresdienst eingezogen; von diesen sind 536 gefallen.
Die männliche Jugend wurde in Jungmannschaften auf den Heeresdienst vorbereitet.
Im Jahre 1915 zählte man 300 Jungmannen im Alter von 16–19 Jahren. Sie waren in 2–3 Kompagnien gegliedert; die Übungen leitete der Gemeindebaumeister Liebig.
Eine Folge des Krieges war die wachsende Zahl der Eigentumsveränderungen.
Sie betrug im Jahre 1914: 41 |
1915: 33 |
1916: 62 |
1917: 98 |
1918: 92 |
99 Der Krieg stellte die Gemeindeverwaltung vor ganz neue Aufgaben. Die Familien der im Felde stehenden Krieger mußten unterstützt werden; es wurden monatliche Familienvorschüsse in der Höhe von 28 000 Mark geleistet und zu deren Bestreitung eine Anleihe von 100 000 Mark aufgenommen. Das Schulhaus in Jägersfreude wurde als Isolierhaus für ansteckende Krankheiten eingerichtet. Lebensmittel mußten von der Gemeinde angekauft und zum Kleinverkauf ausgeboten werden, zunächst 100 Zentner Schmalz und 6000 Zentner Kartoffeln; Milchkarten wurden zur gleichmäßigen Versorgung der Kinder und Kranken ausgegeben; Einrichtungen für Massenverpflegungen wurden getroffen, 20 Milchkühe angeschafft und eine Lebensmittelkommission gewählt. Der Bergfiskus zahlte 304 000 Mark für die Verpflegung der Familienangehörigen der im Felde stehenden Bergleute. Eine Ortskohlenstelle wurde eingerichtet und eine Kohlenkommission gewählt, um für gerechte Verteilung des Brennstoffes zu sorgen. Den Gemeindearbeitern wurden Teuerungszulagen von 15% bewilligt, Anzüge und alte Möbel angekauft, um sie an Bedürftige billig abzugeben.
Zur Ludendorffspende für Kriegsbeschädigte gab die Gemeinde 1000 Mark. Der Gemeindehaushalt stieg auf die Summe von mehr als 7 Millionen Mark.
Zur Deckung der vielfachen Verpflichtungen, welche die Gemeinde hat auf sich nehmen müssen, war sie genötigt, eine Anleihe von 600 000 Mark aufzunehmen; auch wurde die abgeschaffte Hundesteuer wieder eingeführt. In der Rechnung des Jahres 1918 ergab sich ein Fehlbetrag von 954 332 Mark.
Da große Wohnungsnot sich bemerkbar machte, so richtete die Gemeinde zusammen mit Sulzbach ein Mieteinigungsamt ein und gewährte für Neubauten Baukostenzuschüsse. Diese wurden zu einem Drittel (81 627 Mark) vom Kreis zurückerstattet. Im Oktober 1919 kam es in Dudweiler zu Plünderungen, durch die besonders die Geschäftshäuser von Levy und Witwe Tröger mitgenommen wurden. Die Gemeinde wurde für diese Ausschreitungen, die sie nicht verhindern konnte, haftpflichtig gemacht. Der Witwe Tröger wurde ein Vorschuß von 15 000 Mark gegeben.
Das Jahr 1920 brachte steigende wirtschaftliche Not. Der Mangel an Milch und Fett machte sich in empfindlicher Weise bemerkbar. Die Kohlenversorgung wurde auf 48 Zentner jährlich 100 beschränkt, womit viele Familien nicht auskommen konnten. Die Gemeinde hatte eine schwebende Schuld von 2½ Millionen Mark für geleistete Lebensmittelvorschüsse aufgenommen. In der Gemeinderechnung von 1919 stellte sich wieder ein Fehlbetrag von 627 086 Mark heraus.
Der unglückliche Ausgang des Krieges hatte auch in Dudweiler zu großen Veränderungen geführt.
Im November 1918 bildete sich ein Arbeiter- und Soldatenrat, der das Rathaus, den Schlachthof und die Lagerschuppen besetzte, einen Wirtschafts-Ausschuß einsetzte und einen Vorschuß von 500 Mark von der Verwaltung erhob.
Die Besetzung des Dorfes durch französische Truppen machte dieser eigenmächtigen Herrschaft ein Ende. Die Kosten ihrer Verwaltung (die ungefähr drei Wochen dauerte) beliefen sich ohne Licht und Brand auf 7500 Mark und mußten von der Gemeinde übernommen werden.
Für einen Überfall, der zwischen Dudweiler und Sulzbach auf einen französischen Motorfahrer gemacht worden war, mußte die Gemeinde 10 000 Mark als Kontribution und als Kaution für zwei Geiseln 2000 Mark bezahlen. Eine Anzahl Bergleute wurde verhaftet und ausgewiesen. Auch den Oberbergrat Neff, den Direktor der Grube Dudweiler, traf dieses Los.
Vor dem Weltkrieg hatten die bürgerlichen Parteien in Dudweiler das politische Übergewicht.
Bei der Reichstagswahl am 12. Januar 1912 wurden in der Bürgermeisterei Dudweiler 3056 Stimmen für das Zentrum, 2127 Stimmen für die nationalliberale Partei und 304 Stimmen für die Sozialdemokratie abgegeben.
Nach der Revolution wurde das Wahlrecht auf alle männlichen und weiblichen Personen über 20 Jahre ausgedehnt; infolgedessen verstärkten sich die Stimmen der Sozialdemokraten sehr. Bei der Wahl zur deutschen Nationalversammlung am 19. Januar 1919 erhielt die Sozialdemokratie in Dudweiler 6112 Stimmen, das Zentrum 2745 und die Demokraten mit der deutschen Volkspartei 1542 Stimmen. In der ganzen Bürgermeisterei erhielten 101 die Sozialdemokraten 7579, das Zentrum 3595, die Demokraten und die deutsche Volkspartei 1854 und die deutschnationale Partei 6 Stimmen. Bei der Wahl zur preußischen Landesversammlung am 26. Januar 1919 wurden 5560 sozialdemokratische Stimmen abgegeben, während das Zentrum 2615, die Demokraten und die Volkspartei 1263 und die deutschnationale Partei 43 Stimmen erhielten. Durch Neuwahlen im Jahre 1920 verstärkte sich der Gemeinderat auf 36 Mitglieder, die zum größten Teil der sozialdemokratischen Partei angehörten; es war aber keine Frau unter den gewählten Mitgliedern. Die Abstimmung vollzog sich fortan nach politischen Parteien; die sozialdemokratische Partei hatte dabei dem Zentrum und der Mittelstandspartei gegenüber die Mehrheit. Sämtliche Steuersonderrechte der Beamten wurden aufgehoben.
Die Sitzungen des Gemeinderats wurden für öffentlich erklärt, der Bergmann Helfgen zum Gemeindevorsteher und der Kaufmann Johann Heinrich Wunn zu seinem Stellvertreter gewählt. Auch die Ämter der Bezirkspfleger wurden nach Parteien verteilt, so daß sieben Stellen auf die sozialdemokratische Partei, drei auf die Zentrumspartei und zwei auf die Arbeiter- und Mittelstandsvereinigung fielen.
Die Mehrheit des Gemeinderates suchte auch die Einnahmen der Gemeinde zu erhöhen. Der Schlachthof wurde für 80 000 Mark verpachtet. Der Preis für ein Familiengrab für eine Person wurde auf 2000 Mark, für jede weitere Person auf 1000 Mark festgesetzt. Der Schlachtzwang wurde aufgehoben, der Gemeindeschuppen für 200 000 Mk. verkauft, die Steuerzuschläge von 500% auf 650% erhöht, ferner eine Luxus-Wohnsteuer beschlossen, die freilich von der Regierungskommission abgelehnt wurde. An Kriegerwitwen wurden Rentenvorschüsse in der Höhe von 130 460 Mk. gewahrt. Für Verluste der Gemeinde bei dem Kartoffeleinkauf gewährte der Kreis einen Zuschuß von 162 000 Mk.
Das Gemeinde-Gas- und Wasserwerk wurde, da der auf 30 Jahre abgeschlossene Vertrag abgelaufen war, in den eigenen Betrieb der Gemeinde übernommen und zur Abfindung der Gasanstalt-Betriebsgesellschaft in Berlin eine Anleihe von 3 700 000 Mk. zu 4½% bei der Kreissparkasse in Saarbrücken aufgenommen. 102
Zum Bau einer Kaserne wurde der französischen Militärverwaltung ein Grundstück auf dem Kitten verkauft unter der Bedingung, daß der dortige Spielplatz nicht beeinträchtigt wird. Zur Hebung der Bautätigkeit wurden Unternehmer von Neubauten von der Kommunalsteuer befreit. Infolge der Einführung des Achtstundentages mußte die Belegschaft vermehrt werden. Die Berginspektion IV beschäftigte im Jahre 1919 an 4000 Bergleute und 148 Beamte. Die französische Grubenverwaltung baut etwa 300 Häuser für Bergleute in der Nähe von Jägersfreude. 103