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Dies ist ganz natürlich, denn wenn jemandem das Glück anderer ärgerlich ist, so wird er notwendig auch wünschen, daß sie unglücklich werden möchten. Und welche Freude, wenn sein Wunsch erfüllt wird!
Wenigstens sah man dies an dem neidischen Fikchen. Das war noch ihre einzige Freude, die sie in ihrem betrübten Leben bisweilen aufheiterte, daß doch hier und da noch Leute teils durch ihre eigene Schuld, teils durch Unglücksfälle in betrübte Umstände gerieten.
Als ihre Muhme, die Hofrätin, von deren Hochzeit ihre Mutter beinahe den Tod hatte, Witwe wurde, so heiterte sich ihr ganzes Gesicht auf. Ist's möglich? sagte sie zu der Frau, die ihr davon die erste Nachricht gab, ist's möglich? Da hast du es, Frau Hofrätin! Ich gönne niemandem etwas Böses, aber – der Frau geschieht schon recht. Das war ja nicht zum Ausstehen, was die Frau groß tat. Ich denke aber, nun wird es sich schon legen – die gute Einnahme fällt nun weg – an Staat und gute Bissen ist sie gewöhnt – ich will gar nicht hinsehen, was da herauskommen wird. Auf dem Misthaufen kann sie noch sterben, die große Hofrätin, die.
Und bei diesen Gedanken klopfte ihr Herz so freudig, wie das Herz einer Braut, wenn sie den Bräutigam umarmt. So wenig sie auch sonst von Gesellschaft hielt, so ließ sie doch die Frau, die ihr diese freudige Botschaft gebracht hatte, diesmal nicht von sich. Sie mußte zu Tische bleiben und den ganzen Abend bei ihr zubringen. Das war ein herrlicher Abend! Da mußten die meisten Häuser die Musterung passieren. Da wurden Neuigkeiten erzählt, die anderen Leuten ganz unbekannt waren. Von den meisten Häusern hieß es: mit diesen Leuten hat es nicht lange Bestand; ich will es wohl noch erleben, daß sie aus der Stadt gehen müssen. Denk' sie an mich, Frau Ursel!
Da davon geredet wurde, daß Jungfer Rebeckchen zu Falle gekommen wäre, kam Fiekchen den ganzen Tag nicht nach Hause. Sie durchzog die Straßen, teils um diese erfreuliche Begebenheit, wo möglich denselbigen Tag noch durch die ganze Stadt auszubreiten, teils um selbst davon eine recht umständliche Nachricht einzuziehen.
So gewiß ist es, daß man seinen Kindern erst den Neid lehren müsse, wenn sie einmal zur Freude über ihres Nebenmenschen Unglück aufgelegt sein sollen.