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Leise vor sich hinfluchend hatte der alte Knecht Jakob Holstein den finster blickenden Geilhaus bis ans äußerste Tor der Burg geleitet. Er mißbilligte die Milde gründlich, die sein Herr dem Gefangenen erwiesen hatte, und konnte es nicht verstehen, warum der gestrenge Ritter den Schuft nicht einfach hängen ließ. Anderswo stach man den Kerlen die Augen aus oder hetzte sie auf einen Hirsch geschmiedet zu Tode, die man bei einmaligem Wildfrevel ertappte – dieser Bursche, den man zum zweiten Male auf fremder Wildbahn ergriffen hatte, sollte mit lumpigen sechs Monaten davonkommen! War das erhört? Heiliges Kreuz! Ging da nicht alle Gerechtigkeit zum Teufel? War sein Herr ein altes Weib geworden, daß er solches Gelichter laufen ließ?
Jakob Holstein war ernstlich erzürnt und legte das auch dadurch an den Tag, daß er den Wilddieb nicht ruhig zum Tore hinausgehen ließ, sondern ihn mit Tritt und Faustschlag hinaus beförderte und dann das Tor krachend hinter ihm zuschlug. Solches war ihm zwar nicht befohlen, aber ein treuer Knecht tut auch einmal von selbst etwas Gutes.
Arnold Geilhaus raffte sich mühsam aus dem Schnee auf und wankte den Berg hinunter. Ihm war zumute wie einem Trunkenen. Er vermochte kaum noch zu gehen, denn er hatte ein halbes Jahr in der engen, halb dunkeln Gefängniszelle gesessen, wo er nur mühsam in seinen Ketten sich drehen und wenden konnte. Dazu hatten ihn Tag und Nacht die finstersten Gedanken gepeinigt. Zwar sein Weib und Kind wußte er versorgt. Sein Brotherr, Ritter Hans von Wintzingerode, war mit seinem Vetter, dem Bodensteiner, verfeindet, wenn auch zurzeit äußerlich Friede war. In seinem Dienste hatte er das Wild verfolgt, das in die Bodensteiner Waldungen hinüber gewechselt war, darum würde er sicher die unglückliche Familie seines Försters nicht im Stich lassen.
Um so trüber standen die Dinge für ihn selbst. Der Ritter, in dessen Hand er gefallen war, konnte ihn ohne weiteres hinrichten lassen, das wußte er wohl. Die von Wintzingerode hatten im Gericht Bodenstein das Recht über Leden und Tod, und die peinliche Gerichtsordnung Kaiser Karls V. setzte die Todesstrafe auf sein Verbrechen. Jeden Tag, wenn sein Wärter ihm die karge Nahrung brachte, zitterte er für seinen Hals und meinte, man werde ihn zum Galgen hinausführen.
Allmählich war dann diese Furcht verschwunden. Hätte der Ritter seinen Tod gewollt, so hätte er nicht so lange mit seinem Urteil gezögert. Offenbar wollte man seines Lebens schonen, er sollte seine Tat im Kerker büßen. Aber wie lange würde das dauern? Wenn Barthold ihn jahrelang gefangen hielt, ja wenn er ihn im Kerker verfaulen ließ, so würde kein Hahn danach krähen. Eine Fürbitte seines Herrn würde nichts fruchten, und sonst würde sich niemand seiner annehmen; denn er war ein auf handhafter Tat ergriffener Verbrecher, und der Herr, der ihn strafte, war in seinem Recht.
Aber war das wirklich Recht, was da an ihm geübt wurde? Wenn die Bauern und die kleinen Leute dieser Gegend, in der er ein Fremdling war, des Abends beim brennenden Kienspan zusammensaßen, dann erzählte manchmal der oder jener von der Zeit, in der es geschienen hatte, als ob alle Rechte der Großen und Gewaltigen in den Staub sinken wollten. Scheu und verstohlen sprachen die ältesten Leute von dem, was damals geschehen war, wie die Herren von Adel alle so klein geworden wären, wie man die Schlösser und Klöster geplündert habe, und wie ein paar Wochen lang der arme Mann Herr gewesen wäre über all seine Bedrücker. Stolze, hochgebietende Grafen wären damals christliche Brüder geworden und hätten die zwölf Artikel beschworen. Diese zwölf Artikel hätten die Gerechtigkeit Gottes enthalten, daß Gott der Herr alle Menschen frei haben wolle, so daß nach seinem Willen keiner des andern Knecht sei, daß Wald und Weide, Jagd und Fischfang allen in gleicher Weise zu eigen sein sollten, und vieles andere mehr, was den Armen und Geringen wie der Gesang der himmlischen Heerscharen erklang. Obwohl Geilhaus das Kleid eines herrschaftlichen Jägers trug, hatte er solche Worte stets mit gierigen Ohren eingesogen, ja er hatte hin und wieder Leute aufgesucht, von denen er hoffen durfte, über diese Lehren mehr zu erfahren. In seinem Dorfe fand er sie nicht, denn die Untertanen derer von Wintzingerode hatten sich anno fünfundzwanzig an dem Aufruhr nicht beteiligt, und deshalb war ihre Ortschaft von der wütenden Pfeifferschen Rotte niedergebrannt werden. Sie klagten zwar auch über mancherlei Lasten, und wenn sie im Kruge zusammensaßen und sich am Dünnbier die Köpfe erhitzten, so schimpften sie wohl einmal über den gestrengen Junker, aber nur, wenn es ganz gewiß niemand hörte. Im allgemeinen herrschte bei einem gewissen Wohlstande unter mildem Regiment auch ziemliche Zufriedenheit bei den Hintersassen der Wintzingerode. Dagegen in Worbis und noch mehr in Duderstadt gab es manchen kümmerlichen kleinen Weber und manchen alten Handwerksgesellen, der einst als blutjunger Mensch mit im Kreise gestanden hatte, wenn Thomas Münzer predigte, und in dessen Seele die Erinnerung an den dämonischen Mann und seine Lehre noch nicht gestorben war. Manche erwarteten noch immer, daß seine Verkündigung wahr werden sollte, und hofften, das Kommen Gottes zum Gericht und den Anbruch des tausendjährigen Reiches nach der Ausrottung der Gottlosen zu erleben. Unter den Gottlosen verstanden diese Leute vornehmlich die Adligen, die Pfaffen und überhaupt alle, die reich und mächtig waren oder schienen.
Wie Feuerfunken in einem Haufen Zunder, so zündeten ihre Worte in Arnold Geilhaus´ Seele. Seiner wilden, trotzigen Natur war alles, was Dienstbarkeit und Untertänigkeit hieß, aufs höchste zuwider, er hatte schon manch bitteren Tag erlebt, weil er sich nicht beugen wollte, weil er manchmal vergaß, daß er ein geringer Knecht war. Nun bewies man ihm aus Gottes Wort, daß alle Menschen Brüder seien, und daß nach Jesu Christi ausdrücklichem Gebote keiner des anderen Meister und Herr sein sollte. Alle die harten Fronden, die auf dem armen Manne lasteten, alle die hohen Rechte, die sich die Mächtigen anmaßten, beruhten nur auf Schwert und Gewalt, nicht auf Gottes Willen, sondern Gott wollte sogar die Stolzen im ewigen Gerichte strafen, die sich über seine Kinder zu Herren aufwarfen. Bald war er nicht nur ein Anhänger, er wurde ein Prophet und heimlicher Verkünder dieser Lehren. Er gewann Anhang unter den kleinen Leuten in der Gegend, er war auf dem besten Wege, ein gefährlicher Aufwiegler und Hetzer zu werden. Die Kerkerhaft hatte seinen Trotz keineswegs gebrochen. Was hatte er denn getan, daß man ihn einsperren durfte und in Ketten warf wie ein wildes Tier? Ein Recht hatte er geübt, das jedem zustand, denn Gott hatte zu allen Menschen gesagt: Herrschet über alles Tier, das auf Erden kreucht. Und deshalb riß man ihn fort von Weib und Kind und ließ ihn hier unter der Erde liegen auf halbfaulem Stroh! Warum? Weil die Herren wider Gottes Wort allein haben wollten, was allen gehörte. Räuber und Diebe waren sie, wenn sie auch in stolzen Häusern wohnten und prunkvolle Wappen führten und Ehre genossen im ganzen Lande. Ein wütender Ingrimm gegen die Mächtigen, insbesondere gegen seinen Bedrücker, ein Haß, der sich nicht mit Worten aussprechen ließ, hatte sich immer tiefer in des Gefangenen Seele eingefressen.–
Nun war er frei. Die frische, schneidende Winterluft spielte in seinen Haaren und weitete seine Brust. Vor ihm lag die herrliche Landschaft im Glanze der Sonne. Von waldumgebenem Berge grüßte aus der Ferne seines Herrn Burg, der Scharfenstein, herüber, drunten im Tale sah er durch die kahlen Äste der Bäume die schmucken Häuser des Dorfes Wintzingerode schimmern. Einen Augenblick vergaß er all seinen Haß und seine wilden Rachegedanken. Ein jähes Glücksgefühl kam über ihn. Dort wohnten Weib und Kind, die würde er wiedersehen, sein schönes, junges Weib und sein liebes Kind! Der Bube, den er als Säugling zuletzt gesehen, mußte nun über ein Jahr alt sein, konnte wohl schon »Vater« sagen und schwankte ihm vielleicht auf ungeschickten Beinchen entgegen, wenn er heimkam.
Mit langen Schritten lief er den Berg hinab, ging durchs Dorf, ohne nach rechts und links zu blicken, immer nur das eine Ziel im Auge, sein Haus, das jenseits der Hahle lag.
Hochaufatmend von dem schnellen Laufe blieb er ein kurzes Weilchen stehen, als er vor der langen niederen Hütte stand, dann klinkte er leise die Tür auf.
Aber entsetzt taumelte er zurück, als hätte er einen schweren Schlag vor die Stirn erhalten. War das sein Weib, die da so krank mit bleichem, blutlosem Antlitz in den Linnen lag, seine Gertrud, die er so rosig und frisch zurückgelassen? Und da – in der Mitte des Zimmers – heiliger Gott – war es ein Blendwerk, was er sah? Da stand ein kleiner, plump gezimmerter Sarg, und ein abgezehrtes Kindergesicht lag still und friedlich mit wächsernen Zügen auf dem Kissen – sein Kind war tot.
Die Frau richtete sich mühsam in die Höhe und sah ihn an. Da stürzte er auf sie zu und sank vor dem ärmlichen Lager auf die Knie. Sie umfaßte mit den Armen sein Haupt und schluchzte laut auf.
»Gestern, ach Mann, wärst du gestern gekommen!« sagte sie leise mit müdem Tone. »Da hättest du den Kleinen noch einmal gesehen. Gestern mittag ging's zu Ende. Er hatte die Bräune, sie ist im ganzen Dorfe. Ich habe sie überstanden, aber das Kind war zu schwach.«
Geilhaus lag einige Augenblicke regungslos. Dann aber fuhr er mit einem heiseren Schrei in die Höhe. Sein Gesicht war von Wut verzerrt, seine Augen traten aus ihren Höhlen, und seine Hände spreizten sich krampfhaft aus, als wollte er sich auf jemand stürzen und ihn erwürgen.
»Hunde!« schrie er, »Mörder sind sie alle, alle! Und diesen Hund, der mich eingesperrt hat, daß ich mein Kind nicht sehen konnte in seiner Todesstunde, – ich erschieße den Hallunken, so wahr Gott lebt, ich schieße ihn nieder! Rache dieser Adelsbrut, Rache!«
»Die Rache ist mein, ich will vergelten, spricht der Herr«, sagte eine tiefe, klare Stimme hinter ihm. Geilhaus fuhr herum und sah einen Mann in geistlichem Gewand an der Tür stehen. Er blickte in ein paar freundliche und doch scharfe und durchdringende lichtbraune Augen und in ein Antlitz, das eine große Ähnlichkeit mit dem des seligen Doktor Martin Luther aufwies. Es war das Antlitz des Herrn Conrad Schneeganß, Pfarrers zu Kirchohmfeld und Wintzingerode.
»Hinaus!« schrie Geilhaus. »Pfaffengewäsch! Das fehlte mir noch! Hinaus!«
Seine Frau umklammerte ängstlich seine Hand, die er wie zum Schlage gegen den Pfarrer erhoben hatte. »Um Gottes willen, Mann, versündige dich nicht. Der Herr Pfarrer hat mich jeden Tag besucht und das Kind gepflegt, und seine Frau hat mir viel Gutes getan, ich wäre vielleicht ohne sie gestorben.«
Geilhaus ließ den Arm sinken und warf sich mürrisch auf einen Stuhl. »Stehts so, dann dank ich Euch, Herr Pfarrer. Aber nun laßt uns allein. Was wollt Ihr hier Worte machen, wo der Tod eingekehrt ist? Spart das Euch und uns!«
»Das Wort, das ich Euch bringe, ist nicht mein Wort, sondern das unseres Gottes. Ich spreche zu Euch im Namen dessen, der die Mühseligen und Beladenen erquicken will«, erwiderte der Pfarrer ernst und freundlich. »Ich kam vom Kirchhofe hinter Euch her und folgte Euch, weil ich glaubte, Ihr würdet nach dem Troste verlangen, den unser Heiland durch meinen Mund Euch bietet.«
Geilhaus lachte grell auf. »Da irrt Ihr, Herr. Altweibertrost will ich nicht. – Mich tröstet nur eins«, schrie er in neuausbrechender Wut, »und Gott soll mich verdammen, wenn ich mir diesen Trost nicht suche!«
Der Pfarrer blickte dem Rasenden traurig in das haßentstellte Gesicht und fragte dann ruhig: »Ihr wollt Euch an Herrn Barthold rächen?«
»Bei dem dreieinigen Gott, das will ich! Sein Blut über ihn!« knirschte Geilhaus.
»So wollt Ihr aus einem Wilddiebe zum Mörder werden? Und dies unsinnige und frevelhafte Vorhaben bekräftigt Ihr im Namen des dreieinigen Gottes? Arnold Geilhaus, ich warne dich, ja als dein Mitbruder in Christo bitte ich dich und flehe dich an: Laß die Stimme des Satans nicht mächtig werden in deiner Brust! Jede Rache verbietet der Herr, und deine Rache ist noch dazu auch nach Menschenurteil töricht und ungerecht. Was ist dir denn geschehen? Du hast gefrevelt gegen das Gesetz, davon überzeugt dich dein eigenes Gewissen. Die Obrigkeit hätte dich zum Tode führen können, denn sie trägt das Schwert nicht umsonst. Statt dessen läßt der Ritter nach kurzer Haft dich laufen, unverletzt und unbeschädigt. Also nicht nach Recht hat Herr Barthold mit dir gehandelt, sondern nach Gnade!«
Der Pfarrer hielt unwillkürlich inne bei diesen Worten, als erwarte er eine heftige Gegenrede des anderen. Aber nichts dergleichen geschah. Über Geilhaus war eine starre Ruhe gekommen, die seltsam, fast unheimlich abstach gegen den rasenden Zorn, den er vorher an den Tag gelegt hatte. Er schaute dem Sprechenden nur unverwandt ins Gesicht mit Augen, die vor Haß und Hohn glitzerten und funkelten.
«Daß Euer Kind gestorben ist, während Ihr gefangen saßet, dafür kann kein Mensch«, fuhr der Pfarrer fort. »Das ist Gottes Schickung. Sie hat, wie Euch, das halbe Dorf betroffen. Gott sendet sie Euch, daß Ihr Euch demütigt unter seine gewaltige Hand und Eure Sünde erkennt und von Herzen bereut.«
»Ich habe gegen Gottes Gesetz nicht gesündigt«, sagte Geilhaus kalt.
Verwundert blickte ihn der Pfarrer an. »Seid Ihr nicht zum zweiten Male auf einer fremden Wildbahn ergriffen worden? Und, Geilhaus, hättet Ihr nicht zwanzig oder dreißig Mal ergriffen werden können?« fragte er.
Geilhaus nickte. »Das langt nicht. Fünfzig Mal, hundert Mal.«
»So habt Ihr gesündigt wider das siebente Gebot«, sagte der Pfarrer ruhig. »Ihr habt Euch vergriffen an Eures Nächsten Eigentum.«
»Eigentum?« fragte Geilhaus spöttisch. »Wo steht denn geschrieben, daß die Tiere des Waldes das Eigentum eines einzelnen Menschen sind? Die heilige Schrift weiß nichts davon.«
»Mann!« rief seine Frau, die bisher mit angstvollen Mienen, aber schweigend das Zwiegespräch mit angehört hatte. »Mann! besinne dich! Willst du dem Herrn Pfarrer Gottes Wort erklären?«
»Seid ruhig, Frau Gertrud«, sagte der Pfarrer. »Mit Gottes Wort haben wirs hier nicht zu tun. Die heilige Schrift enthält das, was nötig ist zu unserer Seligkeit, weltliche Ordnungen sind nicht in ihr enthalten. Was davon steht in den Büchern des alten Bundes, das war für Israel geschrieben. Unsere Rechte und Gesetze macht unsere Obrigkeit, die nach dem Worte des heiligen Apostels Gewalt über uns hat nach Gottes Willen. Und eben, weil klar und deutlich geschrieben steht, daß Gott unseren Gehorsam will gegen unsere Herren, so haben wir uns ihren Gesetzen zu fügen, selbst wenn sie hart und streng sind. Und das sind sie gar manchmal, ich leugne es nicht. Aber wie sollte in dieser Welt, wo jeder nur auf seinen Vorteil sieht und seiner Lust folgt und seinen Trieben lebt – wie sollte in dieser Welt Friede und Ordnung herrschen ohne Härte und Strenge? Wilde Pferde brauchen ein hart Gebiß.«
»Seid Ihr fertig?« fragte Geilhaus höhnisch. «Ich habe keinen Priestermantel an, aber ich will Euch auch einmal predigen. Wißt Ihr, woran die ganze Lutherei noch ersticken und verderben wird? An Eurer Hundedemut, Ihr Herren im schwarzen Rocke. Die alten Pfaffen sind ja Heuchler und Blutsauger, aber sie haben doch einen steifen Nacken. Ihr beugt und schmiegt Euch vor der Obrigkeit, weil sie Gottes Dienerin ist, wie Ihr sagt. Jeder lutherische Pfaff kriecht vor dem kleinsten Herrn im Staube und leckt ihm die Stiefel ab, wenn ers befiehlt. Denn befiehlt er, dann hats Gott befohlen. Aber wie solltet Ihr auch nicht? Was wäret Ihr denn ohne diese Herren? Sie setzen Euch ein in Eure Pfründen und jagen Euch auch wieder fort, wenns ihnen gefällt. Und Ihr armseligen Junker- und Fürstenknechte, Ihr wollt Diener der Kirche des Herrn sein? Was ist denn Eure Kirche? Die Braut des allmächtigen Gottes ist sie nicht, von der der Prophet redet, denn sie ist gegründet auf die Schwerterspitzen der Gewaltigen. Wenn aber der Tag kommen wird, von dem geschrieben steht: Der Herr wird vertilgen die Gottlosen und wird die Gewaltigen vom Throne stoßen, dann werdet Ihr zugleich mit jenen ins ewige Feuer geworfen werden. Denn Ihr habt sie verstockt gemacht in Ihren Sünden.«
»Arnold«, ächzte die Frau in ihren Kissen, »hör auf, du tust Sünde.«
Der Pfarrer war erblaßt zurückgetreten. «Gott im Himmel – wer redet da aus Euch?« rief er erschrocken. »Das Kraut ist nicht auf Eurem Acker gewachsen! Das ist der Geist aus der Tiefe, der böse Geist von Mühlhaufen, der so unendlichen Jammer über dies Land gebracht hat. Man hat ihn im Blut ersticken wollen, aber er lebt.«
»Und er wird leben in Ewigkeit, denn der Geist des Herrn stirbt nicht«, rief Geilhaus.
Der Pfarrer schwieg eine Weile, dann sagte er traurig: »Wenn Ihr denn verharren wollt in Eurem bösen Wesen, dann ist es meine heilige Christenpflicht, den Herrn zu warnen vor Euern Mordanschlägen. Das wisset.«
»Tut das«, entgegnete Geilhaus. »Ihr werdet ihm damit nichts Neues sagen. Denn daß er glauben sollte, mich bände sein erzwungener Eid, das meint Ihr wohl selber nicht. Im übrigen werde ich mich hüten, sein Land noch einmal zu betreten, und hier stehe ich unter Herrn Hansens Schutz!«
»Auch der wird Euch keine Stunde schützen, wenn er erfährt, wes Geistes Kind Ihr seid«, sagte der Pfarrer.
»Was Bartholds Pfaffe schwatzt, kümmert Herrn Hans nicht«, versetzte Geilhaus höhnisch. »Indessen tut, was Euch beliebt. Hetzt gegen mich, wen Ihr wollt.«
«Ich sehe, mit Euch ist nicht zu reden«, sagte der Pfarrer. »Ihr seid verbissen in Eurem Grimme. Lebt wohl, Frau Gertrud, und betet mit mir, daß Gott der Herr Euern Mann vor schwerer Missetat bewahre.«