Paul Schreckenbach
Die von Wintzingerode
Paul Schreckenbach

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XXVIII. Kapitel.

Am Abend des elften Juni gab der Rat von Heiligenstadt dem Kurfürsten und seinem Hof auf dem Rathause ein Fest. Die Sitte forderte es, daß eine Stadt, die der Landesherr mit seinem Besuche beehrte, ihrem hohen Gaste solche Aufmerksamkeit erwies.

Man hatte freilich einigen Zweifel, ob der Kurfürst der Einladung folgen werde. Denn das Verhältnis zwischen ihm und seinen treuen Untertanen hatte sich durch seine persönliche Anwesenheit nicht gebessert. Man hörte nichts davon, daß die strengen Maßregeln des Propstes von Nörten die Mißbilligung seines Herrn gefunden hätten, im Gegenteil, der Kurfürst schien noch viel glaubenseifriger zu sein, als sein Vikar. Er war offenbar ganz und gar im Banne der schwarzen Väter der Gesellschaft Jesu, die nie von seiner Seite wichen, wo er auch ging und stand. Sie galten alles bei ihm, das sah jedes Kind. Der ganzen Bürgerschaft ließ er die Einladung zugehen, die Predigten fleißig zu besuchen, die alltäglich Pater Thyreus in der Liebfrauenkirche hielt, und es hieß in der Stadt, wenn man fortfahre, diese Einladung nicht zu beachten, so werde er den Besuch der katholischen Gottesdienste endlich befehlen. Jedermann traute ihm solche Willkür zu.

So traten denn die drei Abgesandten des Rats, die ihm die Einladung überbringen sollten, in sehr gedrückter Stimmung vor sein Angesicht. Sie waren auf einen ungnädigen Bescheid, ja auf eine Absage gefaßt. Aber wider Erwarten wurden sie huldreich aufgenommen. Der Kurfürst erklärte sich ohne Zaudern bereit, der Gast seiner guten Stadt Heiligenstadt zu sein, und auch der Graf von Hohnstein, der anstandshalber mit eingeladen werden mußte, verschmähte es nicht, sein Erscheinen bei dem Gelage zuzusagen.

Diese Nacht hatten Barthold und seine Vertrauten zu ihrem großen Schlag ausersehen. Gab die Stadt dem Kurfürsten ein Fest, so konnte es nicht auffallen, wenn man auch die kurfürstlichen Knechte bewirtete. Man konnte, wenn die Herren beim Trunke saßen, auch einige Fässer schweren Bieres den Söldnern hinschaffen, die an den Stadttoren Wache hielten. Da war gewiß keiner unter allen, der das verschmähte, und man vermaß sich, die Wächter bis Mitternacht so trunken zu machen wie Ratten, die in ein Metfaß gefallen sind.

Kurz vor Mitternacht pflegte Kurfürst Daniel mit seinen Begleitern aufzubrechen, wenn er irgendwo geladen war. Von den Herren war dann auch keiner mehr nüchtern, darauf konnte man mit Bestimmtheit rechnen. Sie würden gewiß alle sogleich ihr Lager aufsuchen und in Schlaf verfallen. Dann sollte um ein Uhr der Wintzingerode in die Stadt gelassen werden, das Bergtor aufsprengen und mit seinen Reitern das Stift überfallen. Wo der Kurfürst und der Hohnsteiner schliefen, hatte man genau erkundet.

Das Gelingen des Anschlages schien auch dadurch noch wahrscheinlicher zu werden, daß der größte Teil der kurfürstlichen Streitmacht zur Zeit nicht in der Stadt lagerte. Die Bürgerschaft, hatte Stralendorf erklärt, könne diese Last auf die Dauer nicht ertragen, und deshalb hatte man die umliegenden Dörfer mit zu Quartieren gemacht. Einen sonderbaren, günstigen Zufall mußten die Verschworenen darin sehen, daß nur die westlich und südlich gelegenen Dörfer mit Knechten belegt wurden. Die Ortschaften, die zwischen der Stadt und dem Bodenstein lagen, waren sämtlich davon frei geblieben.

In der Frühe des bedeutungsvollen Tages kam Kurt Fiedeler noch einmal nach dem Schlosse, um dem Ritter den letzten Bericht zu erstatten. Herr Barthold schloß sich mit ihm ein und verhandelte wohl zwei Stunden geheim mit ihm. Dann verließ der Müller den Bodenstein wieder und ritt bis Reinholterode. Von dort ging er zu Fuß in die Stadt zurück, um keinen Argwohn zu erregen.

Bei Tische war Herr Barthold von großer Schweigsamkeit, so wortkarg und einsilbig, daß es allen auffiel. Als das Mahl sich dem Ende näherte, winkte er Klaus zu sich heran, trat mit ihm in eine Ecke und gab ihm leise einen Befehl, der den Junker in großes Erstaunen zu setzen schien. Er blickte den Vater verwundert an, aber der sagte kurz: »Du wirst es hernach sogleich erfahren, warum ich das tue.«

Gehorsam ging Klaus aus dem Gemach und kehrte erst nach einer längeren Weile zurück. »Es ist geschehen, Vater, was du befohlen hast«, meldete er.

Da erhob sich Herr Barthold von seinem Sitze, räusperte sich stark, und alles wurde still.

»Liebe Frau, liebe Kinder und Hausgenossen. Ich will Euch etwas künden, was Euch seltsam und verwunderlich dünken wird. Bis jetzt habe ich's in meinem Herzen verborgen gehalten, denn ich wußte nicht, ob es gelingen würde. Aber vorhin hat mir Kurt Fiedeler aus Heiligenstadt gute Kunde gebracht. Nun darf ich hoffen, daß Gottes Segen mit meinen Waffen sein wird.«

Darauf enthüllte er bis ins einzelne seinen Plan, den Kurfürsten aufzuheben und nächtlicherweile nach dem Bodenstein zu bringen und schloß mit den Worten: »Ich habe die Burg verschließen lassen und Befehl gegeben, daß kein Mensch das Tor passieren darf. Das bleibt so, bis ich mit Gottes Hülfe zurückkomme. Den Befehl führt, während ich nicht hier bin, mein Sohn Klaus.«

Dröhnender Beifall brach unter den reisigen Knechten aus, als er geendet hatte. Frau Käthe aber eilte auf ihn zu, schlang ihre Arme um seinen Nacken und rief mit Tränen in den Augen: »Barthold Barthold! in welche Gefahr begibst du dich!«

Der Ritter strich ihr liebevoll über das Haar, in dem schon hie und da Silberfäden schimmerten. »Sei ruhig und vertraue auf Gottes Hülfe! Wie oft bin ich in meinem Leben in Gefahr gewesen, manchmal in größerer als heute! Eines Kriegsmannes Weib muß immer einen tapferen Mut behalten.«

»Wenn dich die Mainzer fangen, töten sie dich!« klagte Frau Käthe.

»Drum eben geb' ich mir Mühe, sie selbst zu fangen!« lachte Herr Barthold.

»Vater!« rief Klaus, »laß mich reiten! Ich bin wohl alt genug, ein Reiterfähnlein zu führen! Laß das meine erste Waffentat sein!«

»Soll ich dich der Gefahr aussetzen, um mich zu schonen?« fragte der Ritter unwillig.

»Für mich ist die Gefahr längst nicht so groß wie für dich. Fällst du in der Pfaffen Hand, so ist es dein Tod. Werde ich gefangen, so habe ich nur eine längere Haft zu gewärtigen.«

»Das ist nicht ganz unrichtig«, erwiderte Barthold. »Auch traue ich deinem Mute vollkommen. Aber zu einer ersten Waffentat eignet sich solch ein Überfall schlecht, er fordert gleich das Höchste und Schwerste. Da wäre ein Strauß auf freier Heide besser. Zudem mangelt dir die Ortskenntnis. Du hast das Martinsstift nie betreten, ich bin zuzeiten Albrechts von Brandenburg hundertmal darin gewesen, habe dort mancherlei erlebt, kenne alle Gänge und Schliche. – Und nun, bitte, widerredet mir nicht!« fügte er hinzu, als auch seine Frau und seine Töchter Miene machten, Klaus zu unterstützen. »Ich vertraue dir viel an, mein Sohn, Habe und Ehre deiner Mutter und Schwestern, das feste Schloß, das Leben vieler tapferer Männer. Willst du mir geloben, das alles treulich zu behüten und niemals, so lange du lebst und atmest, die Burg zu übergeben ohne mein Geheiß, wenn ich gefangen werden sollte?«

»Ja, Vater, das gelobe ich dir bei Gott und meiner Ehre«, sagte Klaus und reichte ihm seine Rechte.

Herr Barthold hielt die Hand fest in der seinen und fügte hinzu: »Und noch eins. Man muß auf alles gefaßt sein. Sollte ich fallen, so wird Bertram hier Herr. Er hat nun einmal das Recht hierzu und hat mir gelobt, mein Testament zu ehren. Ihm übergib die Burg, ihm allein, nicht dem Hohnsteiner. Ist Bertram erst einmal Herr der Burg, so kann ihn niemand hinaustreiben. Dann werden es die Pfaffen dulden müssen, daß die verhaßten Wintzingerodes auch weiter Herren sind auf dem Bodenstein.«

»Auch das gelobe ich dir, Vater!« sagte Klaus.

»So sollen dir alle Knechte, die zurückbleiben, den Treueid schwören in deine Hand, denn du stehst hier an meiner Statt, solange ich fern bin.«

Der Nachmittag verging unter allerlei kriegerischen Vorbereitungen. Gegen sechs Uhr abends trat Herr Barthold in voller Rüstung in das Gemach der Frauen, um Abschied zu nehmen.

»Mutter!« rief Anna von Bünau, als Frau Käthe ihren Gatten unter heißen Tränen umfangen hielt und gar nicht wieder loslassen wollte, »Mutter, weine nicht! Gott wird den Vater glücklich zurückführen. Gott weiß es, wäre ich ein Mann, mich sollte niemand abhalten, mit ihm zu reiten!«

Aber Frau Käthe war durch nichts zu beruhigen, und die jüngeren Töchter weinten mit, da sie die Mutter so verstört und fassungslos sahen.

»Barthold, tue mir's zuliebe und bleibe hier, ich bitte dich! Laß Klaus reiten! Mir ist so bange, zum Sterben bange! Ich habe die letzte Nacht einen wirren, bösen Traum gehabt. Einen großen schwarzen Sarg sah ich auf dem Schloßhof stehen!«

»Träume sind Schäume!« sagte Herr Barthold. »Soll ich sterben im Kampf mit Mainz, so kann das auch hier mir begegnen. Wie leicht kann mich ein Geschoß verwunden, wenn die Feinde unser Schloß beschießen sollten! Dann wären wir alle vom Tode bedroht, nicht nur ich allein. Mut, Mut, liebe Frau! Zeige dich tapfer und stark, wie du immer gewesen bist! Gottes Hand wird mit mir sein. Lebe wohl und bete für mich.«

Mit der größten Mühe gelang es endlich dem Ritter, die Schluchzende zu beruhigen und sich aus ihrer Umarmung zu lösen. Aber als er gegangen war und sein Schritt draußen verhallte, brach Frau Käthe mit einem lauten Schrei ohnmächtig zusammen. –

Mit dreißig Reitern und sechs ledigen Rossen verließ Herr Barthold den Bodenstein. Es war auserlesenes Kriegsvolk, was er mit sich genommen hatte, kaum einer darunter, der nicht schon aus früheren Gefechten Narben im Antlitz trug. Alle hatten das Haupt mit der schweren Eisenhaube bedeckt, doch war grobe graue Leinwand über das blinkende Metall gezogen. Auch über den Panzer hatten der Ritter und die anderen, die Brustharnische trugen, einen Leinenkittel geworfen. Die meisten waren überhaupt nicht geharnischt, sondern ritten im Lederkoller dahin. Das einzige, was alle gemein hatten, waren die breiten rot und weißen Binden, die sie um den Leib und den linken Oberarm geschlungen hatten.

Langsam und gemächlich zog die reisige Schar des Weges, denn man hatte Zeit und wollte die Rosse nicht ermüden. In weitem Abstand ritten links und rechts, vorn und hinten einzelne Reiter, damit man eine herannahende Gefahr rechtzeitig bemerken könne. Der Zug ging nicht die offene Landstraße entlang, hielt sich vielmehr weit abseits von ihr und bewegte sich, soweit es irgend möglich war, durch Hohlwege und auf Waldpfaden vorwärts. Alle Ortschaften wurden in weiten Bogen umgangen. Deshalb langte man trotz des frühzeitigen Aufbruches erst nach Einbruch der Dunkelheit beim Heiligenstädter Stadtwald an. Denn da das Bergtor und das Listemannsche Haus im Süden der Stadt lagen, so wollte man auf dem bewaldeten Iberge Rast halten und von dort, wenn von den Türmen die erste Stunde herüberklang, ins Tal hinunterreiten. Das Erscheinen eines roten Lichtes sollte dann das Zeichen sein, daß die Verschworenen bereit seien und dem Überfall nichts im Wege stünde.

Als die Schar das kleine Flüßchen Geislede durchschritten hatte und sich dem finsteren Gehölz näherte, klang von dort aus scharf und durchdringend der Ruf eines Käuzchens. Sofort befahl der Ritter, zu halten, und ließ wiederholt einen scharfen Pfiff ertönen. Das Käuzchengeschrei kam darauf immer näher, und endlich traten aus dem Dickicht zwei Männer hervor. Sie waren von Bartholds Freunden in Heiligenstadt abgesandt, um ihm die letzten Nachrichten zu überbringen.

»Es ist alles sicher, Herr!« meldeten sie. »Der große Schmaus auf dem Rathause hat schon angefangen, die Tore sind geschlossen. Kein Mensch in der Stadt ahnt, was wir im Schilde führen.«

»Gut, gut!« versetzte der Ritter. »Ist die Luft auf dem Iberg rein?«

»Die Warte ist unbesetzt. Ihr könnt getrost dort lagern.«

»Dann vorwärts. Ihr führt uns den Waldpfad bis vor!« gebot Herr Barthold. »Strecker, Ihr bleibt bei mir, Deinhard führt die Spitze.«

Schweigend setzte sich der Zug in Bewegung und schlängelte sich langsam durch das Holz aufwärts, bis man endlich auf einem Vorsprunge des Ibergs unweit einer alten Kapelle Halt machte. Dort ließ Herr Barthold auf einer kleinen Wiese absatteln, stellte Wachen nach allen Seiten aus und befahl, die mitgebrachten Vorräte auszupacken und einen Imbiß einzunehmen. »Die Nacht ist noch lang«, sagte er, »und in etwa drei Stunden werden wir scharfe Arbeit haben.«

Er selbst setzte sich mit den beiden Fähnleinführern Rudolf Thiemer und Hans von Zedwitz ganz vorn an den Berghang, wo zwei riesige Linden ihren Schatten warfen. Denn der Vollmond war hinter den Wolken hervorgetreten und übergoß die ganze Gegend mit so hellem Glanz, daß es wohlgetan war, sich im Dunkeln zu halten. Zu einem nächtlichen Überfall paßte das freilich so schlecht wie möglich, aber man hatte sich die Nacht nicht wählen können.

Die Stadt lag von hier aus so nahe, daß man nicht nur die Umrisse der Kirchen und ihrer Türme, sondern selbst einzelne Häuser deutlich unterscheiden konnte. Zuweilen kamen auf den Wellen des Windes verworrene Klänge einer Musik herübergeweht. Sie rührten von den Geigen und Flöten her, die auf dem Rathaus zur Erlustierung der erlauchten Gäste gespielt wurden.

Stunde auf Stunde verrann. Hier verlosch ein Licht, dort ein anderes, bis fast die ganze Stadt in Dunkel gehüllt war. Kurz nach Mitternacht klang auf einmal laute Musik von drüben her, und man sah, wie sich ein heller rötlicher Schein die alte Ratsgasse entlang bewegte.

»Sie geleiten ihren Erzpfaffen mit Pauken und Zimbeln und Fackeln in sein Gelaß. Nun wird bald unsere Stunde kommen!« sagte Herr Barthold.

Endlich schlug es vom Turm der Liebfrauenkirche ein Uhr.

»Aufsitzen!« gebot der Ritter, und in wenigen Minuten war alles fertig. »Keiner spricht mehr ein Wort, nur wer etwas zu melden hat, der sagt's! Jetzt leise und langsam den Berg hinab!«

Die Talsohle war erreicht. Man mußte noch ein Gehölz durchreiten, dann hielt der Reitertrupp auf den Wiesen einige hundert Schritte vor der Stadtmauer.

»Zehn Mann, das erste Fähnlein, reiten mit mir zu Listemanns Haus! Die übrigen brechen sofort ins Bergtor ein, wenn ich rufe. Zedwitz, du führst sie!«

Rudolf Thiemer drängte sein Roß an Barthold heran. »Herr, seht dort! Was kommt dort von der Stadt her auf uns zu?«

Der Ritter hob sich in den Bügeln und blickte gespannt nach vorn. Etwas Wunderliches lief auf sie zu. Hüpfend springend, sich duckend, dann wieder vorwärts schnellend, kam es näher. Es war im dichten Nebel, der aus den Wiesen aufstieg, nicht zu erkennen.

»Es ist ein Hase«, sagte Herr Barthold.

»Nein, ein Mensch!« riefen Thiemer und Zedwitz wie aus einem Munde.

»Er sieht uns! Er will zu uns! Seht, wie er winkt!«

Die Gestalt keuchte heran. Es war ein Mann, der in rasender Eile daherstürmte. Ächzend und nach Atem ringend fiel er vor Bartholds Pferd zu Boden. »Zurück, Herr!« stieß er hervor. »Alles verraten, Listemanns Haus besetzt! Sie sind mir auf den Fersen!«

Zur Bestätigung seiner Worte dröhnte in demselben Augenblicke dumpfes Getöse vom Bergtor herüber.

Barthold war tief erblaßt, faßte sich aber auf der Stelle.

»Helft dem Manne aufs Pferd und dann zurück! Fort!«

Er wandte sein Roß. »Nicht den Berg hinauf! Über Geisleden«, schrie er.

Da tauchte aus dem Gehölz im Rücken ein Reiter auf, dann zwei – drei – zehn – zwanzig und mehr. Überall ward's lebendig. Die Hellebarden und Spieße zahlreicher Fußknechte blitzten im Mondlicht.

»Ergebt Euch, Wintzingerode!« rief eine helle Stimme von drüben. Es war Stralendorf, der den Hinterhalt gestellt hatte.

»Den Teufel will ich!« brüllte Balthold und spornte sein Roß. »Drauf! Folgt mir! Durch!«

Wie ein Sturmwind brauste die Reiterschar auf die Kurfürstlichen los, allen voran der Ritter auf seinem riesigen Fuchs. In furchtbarem Anprall sprengten sie die feindlichen Reiter auseinander, eine breite Gasse mähte Bartholds gewaltiges Schwert. Zwei Berittene hatte er vom Pferde gehauen, die dahinter stehenden Fußknechte stoben auseinander. Die Bahn schien frei. Da jagte noch ein Fähnlein heran, das im Hintertreffen gehalten hatte. »Kennst du mich, Wintzingerode?« schrie der hagere Gesell, der an der Spitze ritt. »Heute nehme ich Rache für Sievershausen!«

»Ha! Riedinger!« rief Barthold, und im Nu waren die beiden aneinander. Einen schweren Hieb, den der kurfürstliche Rittmeister herniedersausen ließ, fing Barthold auf, ein zweiter traf seine Stahlhaube, aber er drang nicht durch, und Riedingers Schwert zersprang. Blitzschnell glitt der vom Gaul herab und entging so Bartholds Gegenhieb. Dann duckte er sich und stieß von unten seinen Dolch dem Pferde des Ritters bis an das Heft in die Brust.

Hoch auf bäumte sich das edle Tier, schlug wild um sich und brach zusammen. Herr Barthold ward aus dem Sattel mit der Stirn gegen einen Baumstumpf geschleudert und lag regungslos da. Aus einer breiten Wunde strömte das Blut über sein Gesicht.

Die Seinen konnten ihn nicht aufnehmen, denn von allen Seiten drängten nun die Mainzer brüllend und schreiend heran. Kaum die Hälfte der Wintzingeroder Knechte vermochte sich zu retten. Die anderen wurden von den Gäulen gehauen und zu Gefangenen gemacht.

Als Herr Barthold zur Besinnung kam, fand er sich gefesselt in einem kellerartigen Raum wieder. Vor ihm stand ein Mann, der ein Licht in der Hand hielt, und der ihn mit schadenfrohen Blicken anstarrte. Es war Bunthe.

»Erkennt Ihr mich, Edler von Wintzingerode?« höhnte er. »Denkt Ihr noch der Tage, da ich Eures Oheims Schreiber war, und Ihr mir die schöne Sophie Gelling abspenstig machtet? Wißt Ihr noch, wie Ihr mich mit den Hunden hetzen wolltet, als ich Euch entgegentrat? Ich habe das alles wohl im Herzen bewahrt. Nun kommt meine Rache.«

Herr Barthold erwiderte nur ein einziges Wort: »Schurke!«

Der Propst trat an ihn heran und wollte ihn ins Antlitz schlagen. Aber der Gefesselte warf ihm einen so furchtbaren Blick zu, daß er, wie von einem Grauen ergriffen, zurücktrat und hinauseilte. »Der Kerl hat wahrlich den Teufel in sich«, murmelte er und bekreuzte sich heftig.


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