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31. Kapitel.

Schluß-Urteile.


Da »Jesus« und »Nietzsche« nicht in Konkurrenz mit einander stehen, kommt ein relativer Wert dieser Typen nicht in Frage.

»Jesus« steht und fällt mit der Wirklichkeit des andern, des ewigen Lebens. Ich nehme an, daß er mit der Wirklichkeit des ewigen Lebens steht. Ich nehme auch an, daß das Kreuz Jesu der Wegzeiger ist, der an der letzten Wegscheide auf »den« Weg zum ewigen Leben hinweist.

Vielleicht ist Nietzsche bis zu dieser letzten Wegscheide gekommen und da an dem Kreuze scheu geworden. Doch läßt sich das von einem Dritten nicht beurteilen und geht einen Dritten auch nichts an. Vielleicht ist Nietzsche auch gar nicht bis zu dieser Wegscheide gekommen, weil er unterwegs an der »Christenheit« scheu geworden ist.

Darin hatte er dann Recht. Den Glauben an das ewige Leben als zeitliches Glück zu schätzen verfälscht sowohl das Verhältnis zur Ewigkeit wie das Verhältnis zur Zeit.

Dann bleibt aber immer noch die Frage, ob Nietzsche dem Menschen, der nach ewigem Leben kein (von uns aus gesehen: noch kein) Verlangen hat, in der Zeit, in der sich dessen ganzes Leben abspielt, den richtigen Weg gewiesen hat. Ob er also den Typus Mensch wirklich erhöht hat.

Deute ich Nietzsche in bonam partem (und dann, wie ich glaube richtig), so ist diese Frage zu bejahen. Zarathustra ist ein höherer, Mensch. Trotz allem!

Aber Zarathustra fängt sich unrettbar in dem »Es war«. Das Vergangene am Menschen zu erlösen und alles »Es war« umzuschaffen, bis der Wille spricht: »Aber so wollte ich es! So werde ichs wollen!« – das gibt es nicht. Wer das vollbracht haben will, erlaubt sich nicht bloß eine dichterische Übertreibung, sondern belügt sich selbst.

Wahrheit kann es sein, daß was der Mensch so nicht gewollt hat so doch gut war. Entschließt sich der Mensch sich dies einzugestehen, so springt er von dem Weg »Zarathustra« über auf den Weg »Jesus«.

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Hubert & Co., G. m. b. H. Göttingen

 


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