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Drittes Kapitel,

Als Herr Lovel sich in seiner neuen Wohnung in Fairport häuslich eingerichtet hatte, dachte er daran, seinem Reisegefährten den erbetenen Besuch abzustatten. Er tat es nicht früher, weil bei aller Gutmütigkeit und Gelehrsamkeit der alte Herr doch in seiner Sprache und seinem Benehmen zu ihm bisweilen einen Zug der Ueberlegenheit hatte durchblicken lassen, der nach dem Erachten des Jüngern bei weitem das überstieg, was sich bei dem Altersunterschied entschuldigen ließ.

Er wartete daher, bis sein Gepäck aus Edinburgh eingetroffen war, damit er der Mode des Tages entsprechend Toilette machen und sein Äußeres, dem gesellschaftlichen Range anpassen konnte, den einzunehmen er sich berechtigt glaubte oder wußte.

Es war der fünfte Tag nach seiner Ankunft, als er sich nach dem Wege erkundigt hatte, und sich auf den Weg machte, in Monkbarns seine Reverenz zu erweisen. Ein Fußpfad führte über einen mit Heidekraut bewachsenen Hügel und über ein paar Wiesen, und auf ihm gelangte er zu dem Hause, das an der entgegengesetzten Seite dieses Hügels lag und eine hübsche Aussicht auf die Bucht mit all ihren Schiffen hatte.

Von der Stadt durch den ansteigenden Boden abgeschnitten, der es gleichzeitig vorm Nordwestwind schützte, nahm sich das Haus einsam und versteckt aus. Von außen mutete es wenig an. Es war ein unregelmäßiger altmodischer Bau, von dem ein Teil Wirtschaftsgebäude gewesen war, in welchem der Vogt des Klosters gewohnt hatte, als es noch den Mönchen gehört hatte. Hier hatten die Klosterbrüder das Korn aufgespeichert, das sie als Bodenzins von ihren Vasallen bekamen, denn mit der ihrer Klasse eigenen Schlauheit ließen sie sich alle herkömmlichen Abgaben in Materialien entrichten, und daher kam auch, wie der gegenwärtige Eigentümer gern erzählte, der Name Monkbarns, das heißt soviel wie Mönchsspeicher.

Zu den Überresten der Vogtswohnung hatten die nachfolgenden Laien-Insassen je nach den von ihrem Hausstand erforderten Räumlichkeiten verschiedene Zusätze gemacht, und da dies unter einer ebenso großen Mißachtung der Bequemlichkeit innen wie der architektonischen Regelmäßigkeit nach außen geschehen war, so sah das Ganze recht zusammengewürfelt aus.

Umschlossen war es von hohen Hecken von gestutztem Taxus und Stechpalmen, von denen einige noch die Geschicklichkeit des topiarischen Künstlers Ars topiaria, die Kunst, Taxushecken zu phantastischen Figuren zurechtzuschneiden, ein lateinisches Gedicht dieses Titels gibt eine schnurrige Beschreibung des Verfahrens. zeigten und bizarre Lehnstühle, Türme und die Figuren vom heiligen Georg und dem Drachen darstellten.

Ein großer Taxus aber war von der Scheere verschont geblieben, und auf einem Gartensitz in seinem Schatten sah Lovel seinen Freund mit der Brille auf der Nase sitzen, emsig vertieft in eine Londoner Zeitung. Leise rauschte das Sommerlüftchen im raschelnden Gezweig, und von den Wogen her, die am Ufersande sich kräuselten, kam fernes Murren.

Herr Oldbuck stand sofort auf und ging seinem Bekannten entgegen, den er mit einem herzlichen Händedruck begrüßte.

»Meiner Treu,« sagte er, »ich glaubte schon, Sie hätten sichs anders überlegt und hätten die Leute von Fairport so langweilig gefunden, daß Sie sich schon wieder, wie wir sagen, englisch empfohlen hätten, wie es mein alter Freund und Kollege im Antiquitätenfache, Mac-Cribb, gemacht hat, als er mit einer meiner syrischen Münzen über alle Berge ging.«

»Ich hoffe, mein guter Herr, Sie haben so etwas nicht ernstlich von mir befürchtet.«

»Es wäre ebenso schlecht gewesen, wenn Sie sich wieder davon geschlichen hätten, ohne, mir das Vergnügen eines Wiedersehens zu gewähren. – Da hätten Sie mir lieber meinen kupfernen Otho selber stehlen können. – Aber kommen Sie, ich will Sie in mein Sanctum sanctorum führen – in meine Zelle, wie ich es nennen könnte, denn abgesehen von zwei nichtsnutzigen Exemplaren Weibsvolk–« mit diesem verächtlichen Ausdruck, den er von seinem Kollegen im Antiquitätenfach, dem zynischen Anthony a Wood entlehnt hatte, pflegte Herr Oldbuck das schöne Geschlecht im allgemeinen und seine, Schwester und Nichte im besonderen zu bezeichnen –, »die unter dem müßigen Vorwand einer Verwandtschaft sich in meinen vier Pfählen festgesetzt haben, lebe ich hier ebenso als Coenobit wie mein Vorgänger John of the Girnell, dessen Grab ich Ihnen auch einmal zeigen werde.«

Mit diesen Worten ging der alte Herr voran durch ein niedriges Tor, aber ehe er hineintrat, blieb er plötzlich stehen und deutete auf, wie er es nannte, einige Spuren einer Inschrift, die er kopfschüttelnd als völlig unleserlich erklärte.

»Ach, wenn Sie bloß wüßten, Herr Lovel, was diese zerbröckelnden Spuren von Buchstaben mich gekostet haben! So viel hat keine Mutter je um ihr Kind ausgestanden – und alles ohne Erfolg. – allerdings habe ich fast völlige Gewißheit darüber, daß diese zwei letzten Zeichen die Figuren oder Lettern L V sind, und uns einen guten Anhalt geben für das wirkliche Alter dieses Gebäudes. Wir wissen nämlich aus anderer Quelle, daß es vom Abt Waldimir um die Mitte des vierzehnten Jahrhunderts gegründet worden ist, und ich gebe zu, dieses Mittelornament ließe sich schon noch entziffern, wenn man bessere Augen hat als ich.«

»Mich dünkt,« sagte Lovel, um auf die Stimmung des alten Herrn einzugehen, »es sieht ganz aus wie eine Bischofsmütze!«

»Da haben Sie ganz gewiß recht! Da haben Sie recht! Das ist mir noch gar nicht aufgefallen – da sehen Sie, wenn man jüngere Augen hat! – eine Mitra, eine Mitra, das stimmt in jeder Beziehung.«

Die Ähnlichkeit war nicht größer, als die Wolke des Polonius mit einem Walfisch oder einem Wiesel gehabt hatte, indessen war sie hinreichend, das Gehirn des Altertümlers in Tätigkeit zu bringen.

»Eine Mitra, mein teurer Herr,« fuhr er fort, indem er den Weg durch ein Labyrinth von unbequemen dunklen Gängen führte und seine Erörterung mit mehreren notwendigen Winken zur Vorsicht begleitete, »eine Bischofsmütze, mein werter Herr, wird unserm Abte ebensogut stehen wie einem Bischof – er war ein insulierter Abt und stand an der ersten Stelle in der Liste – drei Stufen, sehen Sie sich vor – ich weiß freilich, Mac Cribb bestreitet es, es ist aber ebenso Tatsache, wie daß er mir meinen Antigonus weggenommen hat, ohne mich drum zu fragen – der Name des Abtes von Trotcosey, Abbas Trotcosiensis, findet sich, an der Spitze der Parlamentslisten vom vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert – es ist sehr wenig Licht hier, immer läßt das verflixte Weibsvolk die Waschzuber im Gange hier stehen! – nun hier an der Ecke nehmen Sie sich in acht, steigen Sie zwölf Stufen hinunter, und Sie haben es geschafft.«

Herr Oldbuck hatte inzwischen den Boden der Wendeltreppe erreicht, die in sein eigenes Zimmer führte, öffnete eine Tür, schob ein Stück Tapete zurück, von dem sie bedeckt war, und sein erster Ausruf war:

»Was habt ihr hier zu suchen, ihr Schlumpen?«

Ein schmutziges, barfüßiges Dienstmädchen ließ ihren Schrubber fallen, als es sich über der frevelhaften Beschäftigung ertappt fand, im Sanctum sanctorum aufzuräumen und flüchtete zu einer gegenüber liegenden Tür vor dem zornroten Antlitz ihres Herrn. Ein sanft aussehendes junges Weib, das die Arbeit überwacht hatte, hielt, allerdings ein wenig eingeschüchtert, stand.

»Wirklich, Onkel, dein Zimmer war einfach schon nicht mehr anzusehen, und ich bin eben gekommen und Hab aufgepaßt, daß Hanne alles wieder dahin gelegt hat, wo sie es weggenommen hat.«

»Und wie dürft ihr, du oder gar Hanne, es euch herausnehmen, euch in meine Privatangelegenheiten zu mischen? Mach dich an deine Näherei, du Affe, und laß dich hier nicht wieder sehen, wenn dir deine Ohren lieb sind. – Ich versichere Ihnen, Herr Lovel, daß der letzte Einbruch dieser Freundinnen der Reinlichkeit hier meiner Sammlung im höchsten Maße verderblich gewesen ist.«

Die junge Dame hatte Herrn Lovel einen Knicks gemacht und war dann entschlüpft.«

»Sie werden schier vergiftet werden von den Staubmassen, die sie aufgewirbelt haben,« fuhr der Altertümler fort, »aber ich versichere Ihnen, der Staub war vor einer Stunde noch steinalter, friedlicher, stiller Staub und wäre, es hundert Jahre lang geblieben, wenn nicht Hexen ihn aufgestört hätten, so wie sie alles auf der Welt aus der Ruhe bringen.«

Allerdings dauerte es ein Weilchen, bis Lovel durch die dicke Atmosphäre hindurch erkennen konnte, in welcher Art von Höhle sein Freund sein Quartier aufgeschlagen hatte. Es war ein hohes Gemach von Mittelgröße, das von hohen engen vergitterten Fenstern nur mattes Licht erhielt. Das eine Ende war ganz von Bücherregalen eingenommen, die an Raum bei weitem zu klein waren für die Unzahl von Bänden, die darauf standen. Sie waren daher auch in zwei bis drei Reihen hintereinander gestellt, während zahllose andere auf dem Boden und auf den Tischen herumlagen, inmitten eines Chaos von Landkarten, Stichen, Pergamentblättern, Bündeln von Papieren, alten Waffen und Stücken rostiger Rüstungen, Schwertern, Säbeln, Helmen und hochländischen, Schilden.

Hinter dem Stuhle des Herrn Oldbuck – einem alten mit Leder bezogenen Sorgenstuhl, der von beständigem Gebrauch ganz glatt abgerieben war – stand ein riesiger eichener Schrank, der an jeder Ecke mit Cherubsköpfen verziert war mit ausgebreiteten kleinen Entenflügeln und mächtigen Pausbacken. Oben, auf diesem Schranke standen Büsten, römische Lampen und Opferschalen, dazwischen auch ein paar Bronzefiguren.

Die Wände des Gemaches waren zum Teil bekleidet mit alter düsterer Tapete, auf der die denkwürdige alte Geschichte von Sir Gawaines Hochzeit dargestellt war, der übrige Teil war mit schwarzem Eichengetäfel versehen, woran zwei bis drei Bildnisse in Rüstung hingen – Gestalten aus der schottischen Geschichte, Lieblinge des Herrn Oldbuck – und ebenso viele in Perücken und Spitzenröcken, glotzäugige Porträte von Herrn Oldbucks Ahnen.

Ein großer altmodischer Eichentisch war bedeckt mit einer Unmasse von Papieren, Pergamenten, Büchern und allerlei unbeschreiblichem Tand und Krimskrams, die trotz all ihrem Rost und offenkundigem Alter nach nichts besonderem aussahen. Inmitten dieses Wirrwarrs von antiken Büchern und Gegenständen, mit einer Würde wie Marius unter den Ruinen von Karthago, saß eine große schwarze Katze, die ein abergläubisches Auge für den genius loci, den Schutzgeist des Gemaches hätte halten können. Der Boden wie der Tisch und die Stühle waren ebenfalls überflutet von dem marc magnum kunterbunten Plunders, und es wäre wohl ebenso schwer gewesen, einen bestimmten Gegenstand, den man gerade haben, wollte, darin herauszufinden, wie ihn, wenn man ihn gefunden hätte, zu irgend etwas zu gebrauchen.

Inmitten dieses Gerümpels war es nicht leicht, den Weg zu einem Stuhle zu finden, ohne über einen hingeworfenen Folioband zu stolpern oder – was ein noch unangenehmeres Pech gewesen wäre – ein Stück römischer oder englischer Keramik umzustoßen. Und wenn man, glücklich den Stuhl erreicht hatte, so mußten erst Stiche, die leicht beschädigt werden konnten, und antike Sporen und Schnallen, die ihrerseits sicherlich jeden beschädigt hätten, der sich unversehens hätte daraufsetzen wollen, mit behutsamer Hand davon heruntergenommen werden.

Endlich hatte Lovel glücklich Platz gefunden und stellte nun allerlei Fragen nach den seltsamen Dingen um ihn her, die sein, Wirt, so weit wie möglich, bereitwillig beantwortete. So führte er ihm einen großen Kolben oder Prügel vor, mit einer eisernen Spitze am Ende, der allem Anschein nach vor kurzem auf einem Felde neben einem alten Friedhofe im Gute Monkbarns gefunden worden war. Das Ding sah ganz aus wie einer jener Stöcke, die die hochländischen Schnitter auf ihren jährlichen Wanderungen von den Bergen herab tragen, aber Herr Oldbuck neigte entschieden zu dem Glauben, daß es seiner eigentümlichen Form nach einer jener Prügel sein müsse, mit denen die Mönche in Ermangelung andern kriegerischen Gewehrs ihre Bauern bewaffneten, woher auch die Schurken die Bezeichnung Colve-carles oder Kolb-kerls, das heiße Clavigeri oder Keulenträger führten. Daß es mit diesem Brauche seine Richtigkeit habe, sei zu ersehen aus der Chronik von Antwerpen und der von St. Martin, und diesen Autoritäten hatte Lovel nichts, entgegenzusetzen, da er bis auf diesen Augenblick noch nie von ihnen gehört hatte.

Herr Oldbuck zeigte zunächst Daumschrauben, unter denen den Covenanters in der guten alten Zeit die Gelenke geknackt hätten, und ein Halseisen mit dem Namen eines wegen Diebstahl verurteilten Kerls. Mannigfach und zahlreich waren die anderen Raritäten, die er zeigte. Am meisten aber war er auf seine Bücher stolz.

Die Sammlung war in der Tat merkwürdig und hätte Wohl den Neid eines Bibliophilen erregen können. Doch war sie nicht zu den enormen Preisen der Neuzeit gesammelt worden, die sicherlich selbst den passioniertesten wie frühesten Bücherfex, von dem die Geschichte weiß, zurückgeschreckt hätten, und für diesen erklären wir keinen geringern als den berühmten Don Quixote de la Mancha, denn abgesehen von anderen unwesentlichen Andeutungen aus nicht ganz zuverlässigen Quellen berichtet sein wahrheitsgetreuer Biograph, Cid Hamet Benengeli, von ihm, daß er Felder und Farmen gegen Folio- und Quartbände der ritterlichen Literatur eingetauscht hätte.

In dieser Abart der Bodenverwertung haben diesem guten irrenden Ritter Lords, Ritter und Adelige unserer Zeit nachgeahmt, wenngleich wir noch von keinem weiter gehört haben, der ein Wirtshaus für ein Schloß angesehen oder die Lanze gegen eine Windmühle gefällt hätte. Herr Oldbuck hatte es diesen Sammlern in ihren verschwenderischen Ausgaben nicht nachgetan, aber es hatte ihm Vergnügen gemacht, die Zusammenstellung seiner Bibliothek persönlich zu besorgen, und wenn es ihn auch mehr Zeit und Mühe gekostet hatte, so war er doch billiger dazu gekommen.

»Ich kann Ihnen, Herr,« sagte er, »ein paar Sachen zeigen, die ich zusammengetragen habe – nicht durch Geldaufwand, denn das kann jeder reiche Mann – sondern in einer Art und Weise, die zeigt, daß ich was von der Sache verstehe. Sehen Sie dieses Pack von Balladen – keine davon stammt aus einer jüngeren Zeit als 1700 und einige sind sogar noch hundert Jahre älter. Das habe ich einer alten Frau abgezwiebelt, die es höher gehalten hatte, als ihr Gesangbuch. Tabak, Herr, Schnupftabak hab ich dafür gegeben. Für diese verstümmelte Abschrift der Complaint of Scottland habe ich dem letzten gelehrten Besitzer zwei Dutzend Flaschen starken Biers spendiert, und aus Dankbarkeit hat er es in seinem Testament mir vermacht. Diese kleinen Elzeviers sind die Souvenirs und Trophäen manches abendlichen und morgendlichen Weges durch Cowgate, Canongate, Bow und St. Mary's Wynd – und wo nur immer Trödler- und Althändlerbuden, zu finden waren. Wie oft hab ich gestanden und gefeilscht um einen halben Penny und nicht gleich ohne weiteres die erste Forderung des Krämers bewilligt, damit er nicht Verdacht wittern sollte, wie großen Wert ich dem Dinge beilegte und wie viel mir daran gelegen sei! Und dann die heimliche Freude, Herr Lovel, mit der man den Betrag zahlt und das Ding einsteckt – kalte Gleichgültigkeit heuchelt man, während die Hand vor Wonne zittert! – Und dann die Augen unserer reicheren und neidischen Konkurrenten zu blenden, indem man ihnen einen Schatz wie diesen zeigt (und er wies ihm ein kleines schwarz geräuchertes Büchlein von ganz winziger Form) – sich an ihrem Erstaunen und ihrer Begehrlichkeit zu werden – dies, mein junger Freund, sind die lichten Augenblicke im Leben, die Mühe und Schererei und beharrlichen Fleiß uns vergelten, denn ohnedem wird in unserm Fache vor allen andern nichts geschafft.«

Es bereitete Lovel nicht geringes Vergnügen, den alten Mann in dieser Weise reden zu hören, und obgleich er nicht sich zu der vollen Würdigung dessen, was er sah, versteigen konnte, so bewunderte er doch, soweit von ihm erwartet werden konnte, die verschiedenen Schätze, die Oldbuck ihm zeigte. Hier waren Ausgaben, die besonders hochgeschätzt waren, weil sie die ersten der betreffenden Werke waren, und hier waren, Ausgaben, die kaum weniger geschätzt waren, weil sie die letzten und besten waren. Hier war ein Buch, dessen Wert darin bestand, daß es die Schlußverbesserungen des Verfassers enthielt, und hier war wieder eins, dessen Wert – seltsamerweise – wieder darin bestand, daß es keine solche Verbesserungen enthielt., Das eine war kostbar, weil es ein Folio war, das andere, weil es ein Duodez war, einige, weil sie groß waren, andere, weil sie klein waren, beim einen lag der Wert im Titelblatt, bei andern in der Stellung der Lettern bei dem Worte Finis. Wie es schien, machten alle nur möglichen noch so unbedeutenden und winzigen Unterscheidungen den Wert eines Bandes aus, abgesehen von der unerläßlichen Eigenschaft der Seltenheit,

»Die Reize, an denen wir uns weiden,« sagte Herr Oldbuck, »mögen freilich der Jugend nicht so in die Augen springen wie die Schönheit einer jungen Dame, aber die Jugend wird weiser und lernt besser sehen, wenn sie in die Jahre kommt, wo sie Brillen trägt. – Doch warten Sie, ich habe ein Stücklein Rarität, das auch Sie vielleicht hochschätzen werden.«

Mit diesen Worten schloß Herr Oldbuck eine Schublade auf und nahm ein Schlüsselbund heraus, dann schob er ein, Stück Tapete beiseite, hinter dem die Tür zu einem kleinen Kabinett verborgen war. Auf vier Steinstufen stieg er dort hinunter, und nachdem er eine Weile zwischen Flaschen und Kannen herumgeklappert hatte, holte er zwei Weingläser mit langen Füßen und bauchigen Kelchen hervor – wie man sie auf Teniers Gemälde sieht – und eine Flasche alten echten Kanariensekt und ein Stück Diätkuchen auf einem kleinen silbernen Tablett von hochfeiner alter Arbeit.

»Von dem Tablett will ich gar nichts sagen,« bemerkte er, »es soll allerdings von dem alten verrückten Florentiner Benvenuto Cellini geschmiedet worden sein. Aber, Herr Lovel, unsere Ahnen tranken Sekt – Sie als ein Bewunderer des Dramas wissen, wo solche schöne Trinkszenen vorkommen. Na, auf einen guten Erfolg Ihrer Vorstellungen in Fairport!«

»Und aus Ihr Wohl, Herr, und auf noch recht reiche Vermehrung Ihrer Schätze!«

Nach einem Trunk, der so trefflich zu ihrem Zeitvertreib paßte, erhob sich Lovel, um sich zu verabschieden, und Herr Oldbuck machte sich fertig, ihn ein Stück des Weges zu begleiten und ihm einiges Bemerkenswerte auf dem Rückweg nach Fairport zu zeigen.


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