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Fünftes Kapitel.

Das Theater in Fairport war eröffnet, aber kein Herr Lovel erschien auf der Bühne, noch lag in dem Wesen und Benehmen des jungen Mannes etwas, das Herrn Oldbucks Vermutung, sein Reisegefährte sei ein Bewerber um die Gunst des Publikums, hätte bekräftigen können. Regelmäßig erkundigte sich der Altertümler bei einem altmodischen Barbier, der die einzigen drei Perücken im Sprengel frisierte – trotz der Kosten und des Zeitaufwandes durfte er sie immer noch regelmäßig pudern und kräuseln, und er verteilte daher seine Zeit unter die drei letzten Kunden, die ihm im Wechsel der Mode treu geblieben waren – regelmäßig, wie gesagt, erkundigte sich Herr Oldbuck bei dieser Person nach den Neuigkeiten des kleinen Theaters in Fairport, und jeden Tag erwartete er, von Herrn Lovels Auftreten zu hören. Der alte Herr hatte sich fest vorgenommen, zu Ehren seines jungen Freundes nicht nur selber sich das Stück anzusehen, sondern sogar sein Weibsvolk mitzunehmen. Aber der alte Jakob Caxon brachte keine Nachricht, die ihn zu einem so entscheidenden Schritt, sich eine Loge zu kaufen, hätte veranlassen können.

Er brachte im Gegenteil die Mitteilung, es lebe jetzt ein junger Mann in Fairport, aus dem die Stadt (mit diesem Begriff meinte er alle Klatschmäuler, die selber nichts zu tun haben und daher sich die faule Zeit damit vertreiben, daß sie sich um anderer Leute Angelegenheiten bekümmern) nicht klug werden könne. Er suche keinen Umgang, ja vermeide sogar den Verkehr, den nach seiner äußeren Vornehmheit und auch aus einiger Neugierde viele Leute ihm angeboten hätten.

Und doch könne man sich nichts Regelmäßigeres und einem Abenteurer Unähnlicheres denken als seine Lebensweise, die zwar einfach, aber doch so wohl geordnet sei, daß alle Leute, die geschäftlich mit ihm zu tun hätten, des Lobes über ihn voll wären.

Dieser Tugenden könne sich freilich ein Held des Kothurns nicht rühmen, dachte Oldbuck bei sich selber. So hartnäckig er auch gewohnheitsmäßig an seinen Meinungen festhielt, so hätte er doch wohl oder übel die in diesem Fall gefaßte Meinung aufgeben müssen, hätte nicht Caxon in seinem Bericht den folgenden Zusatz gemacht:

»Der junge Herr, das haben viele gehört, hat oft mit sich selber gesprochen und im Zimmer herumspektakelt, als wenn er einer von dem Komödiantenvolk wäre.«

Außer diesem einzigen Umstand konnte jedoch nichts Herrn Oldbucks Annahme bestätigen, und es blieb ein ungelöstes Rätsel, was ein wohlgebildeter junger Mann ohne Freunde, Beziehungen oder Beschäftigung irgendwelcher Art in Fairport zu tun haben könne. Augenscheinlich machte er sich weder aus Portwein noch aus Whist etwas. Er vermied es, an den geselligen Zusammenkünften einer der beiden Parteien, in die sich die Einwohnerschaft von Fairport schied – wie die ja auch in größeren Städten der Fall ist – teilzunehmen. Er war zu wenig Aristokrat, um dem Klub der königlichen Blaublütler beizutreten, und zu wenig Demokrat, um sich mit einer Gesellschaft der sogenannten Volksfreunde zu verbrüdern, die der Kreis auch das Glück hatte zu besitzen. Kaffeelokale waren sein Abscheu, und für einen Teetisch – leider kann es nicht verschwiegen werden – hatte er wenig Sympathie. In der Tat, seit der Name in Romanen oder Erzählungen gebräuchlich war – und das ist schon sehr, sehr lange her – hatte es noch nie einen Herrn Lovel gegeben, über den so wenig Bestimmtes bekannt war und über den alle Welt nur Beschreibungen in so ausschließlich negativer Form vorzubringen gewußt hätte.

Ein negativer Umstand jedoch war sehr wesentlich, es wußte niemand etwas Schlechtes von Lovel. Wäre dies der Fall gewesen, so wäre es in der Tat schleunigst ruchbar geworden, denn das natürliche Verlangen, vom lieben Nachbar übel zu reden, wäre in seinem Falle von keinem Gefühl der Sympathie für einen so einsiedlerischen Menschen gemildert worden.

Nur in einem Punkte traute man ihm nicht recht über den Weg. Da er auf seinen einsamen Spaziergängen viel mit dem Bleistift arbeitete und mehrere Ansichten vom Hafen gezeichnet hatte, darunter auch den Signalturm und die Batterie mit den vier Geschützen, so verbreiteten ein paar biereifrige Kannegießer das Gerücht, dieser geheimnisvolle Fremdling müsse ein französischer Spion sein. Demzufolge war auch der Herr Sheriff bei Herrn Lovel gewesen, aber das »Interview« hatte dahin geführt, daß der Beamte seinen Verdacht völlig aufgegeben hatte, denn nicht nur wurde der junge Mann in seiner Behausung ganz ungeschoren gelassen, sondern er wurde, wie glaubwürdig berichtet wurde, sogar zweimal zu Tisch gebeten, welche beiden Einladungen eine höfliche Ablehnung erfuhren. Ueber den Inhalt der Auseinandersetzung aber bewahrte der Beamte der Obrigkeit tiefes Schweigen, nicht nur dem Publikum im großen und ganzen gegenüber, sondern auch vor seinem Schreiber, seiner Frau und seinen zwei Töchtern, die sonst in allen Fragen der Amtspflicht seinen geheimen Kabinettsrat bildeten.

All diese Einzelheiten, die Herr Caxon getreulich dem Gutsherrn von Monkbarns zutrug, ließen Lovel in der Meinung seines Reisegefährten sehr gewinnen.

»Ein anständiger, verständiger Bursche,« sagte er zu sich selber, »er hält es unter seiner Würde, die Dummheiten und den Mumpitz der Fairporter mitzumachen. – Ich muß mich ein wenig seiner annehmen – ich muß ihn zu Tisch laden – und ich will auch Sir Arthur schreiben, daß er nach Monkbarns kommen und ihn kennen lerne soll. – Da muß ich mal mit meinem Weibsvolk reden.«

Nachdem demgemäß eine solche Beratschlagung stattgefunden hatte, wurde ein Sendbote – kein Geringerer als Caxon selber – beauftragt, sich auf einen Weg nach Schloß Knockwinnock einzurichten und einen Brief mitzunehmen an den sehr ehrenwerten Sir Arthur Wardour von Knockwinnock, Baronet.

Dieses Schreiben lautete folgendermaßen:

»Sehr werter Sir Arthur!

Am Donnerstag den 17. curr. stilo novo veranstalte ich, zu Monkbarns ein Symposion von Zoenobiten und ersuche Sie, daran teilzunehmen und um 4 Uhr pünktlich zu erscheinen. Wenn meine schöne Feindin, Fräulein Isabella, uns die Ehre erweisen kann und mitzukommen will, so wird mein Weibsvolk nur zu stolz sein eine solche Verbündete in Sachen des Widerstandes gegen schwere Disziplin und direkte Knechtung zu erhalten. Wenn nicht, so werde ich das Weibsvolk für diesen Tag dem Pastor auf den Hals schicken. Ich habe einen jungen Bekannten Ihnen vorzustellen, in welchem eine Spur von besserem Geiste steckt, als sonst unserer hirnverbrannten Zeit zu eigen ist – hat Respekt vor älteren Herren und weiß auch ganz hübsch Bescheid über die Klassiker – und da ein solcher junger Mann naturgemäß den Pöbel um Fairport herum verachten muß, so wünsche ich ihm eine ebenso vernünftige wie ehrwürdige Gesellschaft zu zeigen.

Ich verbleibe, sehr werter Sir Arthur

etc. etc. etc.«

»Fliegen Sie mit diesem Briefe, Caxon,« sagte der alte Herr, und hielt ihm sein Schreiben hin, signatum atque sigillatum, »fliegen Sie mit diesem Briefe nach Kockwinnock und bringen Sie mir eine Antwort zurück. Fliegen Sie, wie wenn der Stadtrat zusammengetreten wäre und nur noch auf den Herrn Vorsteher und der Herr Vorsteher auf seine frisch gepuderte Perücke wartete.«

Während Caxon auf seinem Hin- und Rückwege sich befindet, ist es wohl ganz am Platze, dem Leser mitzuteilen, zu welchem Hause ihn seine Sendung führte.

Wir haben bereits gesagt, daß Herr Oldbuck wenig Verkehr mit den Edelherren der Umgegend pflegte, abgesehen von einer einzigen Person. Dies war Sir Arthur Wardour, ein Baronet aus altem Geschlecht und von großem Vermögen, aber trotzdem mißlichen Verhältnissen.

Sein Vater, Sir Anthony, war Jakobit gewesen und hatte alle Begeisterung für diese Partei an den Tag gelegt, so lange man ihr noch mit bloßen Worten nützlich sein konnte. Niemand hat die Zitrone mit einer bezeichnenderen Handbewegung ausgedrückt, und niemand konnte mit mehr Geschick einen gefährlichen Trinkspruch ausbringen, ohne dabei unter die Paragraphen des Strafgesetzbuches zu fallen; und vor allem, niemand hat auf den Erfolg der Sache annähernd soviel und annähernd so anhänglich getrunken.

Aber als 1745 die Hochlandsarmee heranrückte, schien der Eifer des würdigen Baronets ein wenig nachzulassen, während doch gerade die Konsequenz eine Steigerung erheischt hätte. Er schwatzte in der Tat viel davon, daß er für die Rechte Schottlands und Karl Stuarts seinen Mann stellen wolle; aber sein Sattel paßte nur auf eins von seinen Pferden, und das konnte kein Pulver riechen und war auch nicht dazu zu bringen. Vielleicht teilte der würdige Eigentümer die Bedenken dieses scharfsinnigen Vierfüßlers und begann zu denken, was dem Tiere solches Grausen einflöße, könne auch dem Reiter nicht zuträglich sein.

Dieweil Sir Anthony Wardour schwatzte und trank und zauderte, rückte der herzhafte Amtmann von Fairport (der niemand andres war als der Vater unseres Altertümlers) an der Spitze einer Schar von Bürgern aus, besetzte im Namen Georgs II. ohne weiteres Knockwinnock, nahm die vier Kutschpferde in Beschlag und verhaftete den Besitzer. Kurz darauf wurde Sir Anthony laut königlichem Haftbefehl nach dem Tower zu London geschickt, und mit ihm ging sein Sohn Arthur, damals noch ein Jüngling. Da man ihnen aber nichts als offenkundige Verräterei auslegen konnte, so wurden Vater und Sohn wieder in Freiheit gesetzt und kehrten nach ihrem Herrenhause Knockwinnock zurück, um auch weiterhin fünf Klaftern tiefe Gesundheiten aus das Haus Stuart zu trinken und zu erzählen, was sie alles für die königliche Sache gelitten hatten.

Und so sehr wurde dies zu einer Art Gewohnheit, daß nach seines Vaters Tod Sir Arthur noch immer unentwegt für das Haus Stuart betete, selbst als die Familie schon längst erloschen war.

Sonst führte Sir Arthur dasselbe Leben wie die Mehrzahl der schottischen Krautjunker – jagte, angelte, gab Diners und ging zu Diners – war bei Pferderennen und Landtagen zugegen, war Vizestatthalter und Administrator der Chauseeverwaltungskommission. In seinen vorgerückten Jahren, als er für den Sport in Feld und Wald zu faul und auch zu schwerfällig wurde, las er statt dessen ab und zu schottische Geschichte, und da er allmählich Geschmack an Raritäten zu finden begann – freilich ging die Liebhaberei nicht sehr tief und blieb auch ohne Fachkenntnis – so wurde er ein intimer Freund seines Nachbars, des Herrn Oldbuck von Monkbarns, und Mitarbeiter in seinen antiquarischen Beschäftigungen.

Es bestanden aber zwischen den beiden wunderlichen Heiligen verschiedene Meinungsverschiedenheiten, die manchmal zu kleinen Mißstimmungen führten. Sir Arthur war als Altertümler von grenzenloser Leichtgläubigkeit, und Herr Oldbuck war – trotz der Geschichte mit dem Praetorium im Kaim of Kinprunes – viel bedenklicher und vorsichtiger, ehe er eine Legende als giltige oder authentische Münze annahm. Sir Arthur hätte sich selber des Verbrechens der Majestätsbeleidigung für schuldig erachtet, wenn er an der Existenz eines einzigen in der fürchterlichen Reihe von einhundertundvier schottischen Königen gezweifelt hatte, – eine Ahnenreihe, aus die Jakob IV. seinen Anspruch auf den Thron begründete und deren Porträte noch jetzt grimmig von der Galerie von Holyrood herunterschauen.

Oldbuck aber als kniffliger mißtrauischer Mann gab nicht viel auf göttliches Erbrecht und machte sich gern über diese geheiligte Ahnenreihe lustig.

Ein andrer heikler Punkt war der gute Ruf der Königin Maria, den der Baron aufs ritterlichste behauptete, wahrend der Lord ihn trotz ihrer Schönheit und trotz ihres Unglücks angriff. Wenn ihre Unterhaltung sich auf noch spätere Zeiten erstreckte, so fanden sich Gründe zur Uneinigkeit fast auf jeder Seite der Geschichte. Oldbuck war aus Prinzip ein hartnäckiger Presbyterianer und ein Freund von revolutionären Grundsätzen und von der protestantischen Dynastie, und Sir Arthur war in all diesen Stücken sein gerades Widerspiel. Der einzige Punkt, in dem sie eins waren, war treue Liebe und Anhänglichkeit für den Herrscher, der zur Zeit auf dem Throne saß. So kam es denn mitunter zu heißen Plänkeleien zwischen beiden, in welchen Oldbuck nicht immer seinen kaustischen Humor unterdrücken konnte, während bei dem Baronet oft die Erinnerung an die Beschlagnahme der Kutschpferde und die Besetzung seines Herrenhauses durch Oldbucks Vater zum Durchbruch kam und zugleich seine Wangen und seine Redeweise erhitzte.

Und letztens einmal, als Herr Oldbuck die Meinung gefaßt hatte, daß sein Freund und Kamerad in mancher Hinsicht ein richtiger Esel sei, war er der Unhöflichkeit, diese ungünstige Meinung zu äußern, näher gekommen, als die Vorschriften der modernen Höflichkeit es gestatten. In solchen Fallen gingen sie oft in tiefem Groll auseinander und waren fest entschlossen, in Zukunft sich überhaupt nicht mehr anzusehen.

Aber jeder wußte doch, daß ihm die Gesellschaft des andern durch langjährige Gewohnheit zur Gemütlichkeit erforderlich war, und so war der Bruch zwischen beiden immer bald wieder geheilt. Dann bekundete immer Oldbuck, der sehr richtig kalkulierte, daß der Baron in seiner Empfindlichkeit wie ein kleines Kind sei, stets seinen überlegnen gesunden Sinn und machte mitleidsvoll die ersten Schritte zur Versöhnung. Und wenn gar einmal der Bruch unheilbar zu sein schien, so gelang es doch stets den liebevollen Bemühungen und der Vermittlung der Tochter des Baronets, Fräulein Isabella Wardour, die neben einem Sohne – jetzt in fremdem Lande beim Militär – die ganze Familie ausmachte.

Sie wußte sehr wohl, wie unentbehrlich Herr Oldbuck ihrem Vater zum Zeitvertreib und zur Gemütlichkeit war, und stets war ihre Einmischung von günstigem Erfolge. Da sie aber in diesen Streitigkeiten in der Regel die Partei ihres Vaters ergriff, wenn auch in scherzhafter Weise, so nannte Oldbuck sie immer seine schöne Feindin – im Grunde aber hielt er von ihr mehr als von irgend einer andern Person ihres Geschlechtes, von dem er ja, wie wir gesehen haben, kein Bewunderer war. Noch eine andere Beziehung bestand zwischen diesen Ehrenmännern, die abwechselnd einen abstoßenden und anziehenden Einfluß auf ihren Verkehr hatte. Sir Arthur wünschte immer zu borgen, und Herr Oldbuck war nicht immer willens zu leihen. Dahingegen wünschte Herr Oldbuck immer regelmäßig Zurückzahlung, und Sir Arthur war nicht immer – ja fast nie in der Lage, dem vernünftigen Wunsche nachzukommen, und bei so entgegengesetzten Neigungen kam es gelegentlich zu Verdrießlichkeiten. Dennoch bestand, alles in allem, der Geist gegenseitiger Anpassung, und sie trotteten durchs Leben wie zwei angeschirrte Hunde – gelegentlich haperte es und sie knurrten einander an, aber zu einem völligen Stillstand oder daß gar einer den andern erwürgt hatte, soweit kam es nie.

Eine kleine Mißstimmung, wie wir sie beschrieben haben, ob sie nun aus Geschäften oder aus politischer Plänkelei entstanden sein mochte, hatte die Häuser Knockwinnock und Monkbarns wieder einmal entzweit, als der Bote des letzteren erschien, seine Sendung zu erfüllen. In seinem altgotischen Zimmer, dessen Fenster auf der einen Seite auf den ruhelosen Ozean hinausschauten und auf der andern eine Aussicht auf die lange schnurgerade Allee boten, saß der Baron und blätterte gerade in einem dickleibigen Folio, ab und zu einen gelangweilten Blick nach den Sonnenflecken werfend, die auf dem dunkelgrünen Laub und den glatten Stämmen der breitwipfligen Linden der Allee zitterten.

Endlich – welch erfreulicher Anblick! ist etwas zu sehen, das sich bewegt, und Ursache gibt zu den üblichen Fragen: Wer ist das wohl? Und was mag er zu bestellen haben? An dem alten weißlich grauen Kittel, dem Hute, der halb Schlapphut, halb steifer Hut ist, war der abgedankte Perückenmacher zu erkennen, und so blieb denn nur noch die zweite der beiden Fragen aufzuwerfen. Und diese wurde bald beantwortet, indem ein Diener hereintrat.

»Ein Brief von Monkbarns, Sir Arthur!«

Mit der gebührlichen Miene der Würde, die ihren Standpunkt festzuhalten weiß, nahm Sir Arthur die Epistel entgegen.

»Nimm den alten Mann in die Küche, und laß ihm etwas Erfrischung geben,« sagte die junge Dame, deren mitleidiges Auge sein dünnes graues Haar und seine abgetragene Kleidung erkannt hatte.

»Herr Oldbuck, meine Liebe, lädt uns für Donnerstag, den 17. zu Tisch,« sagte der Baronet mit Unterbrechungen, »er scheint wahrhaftig zu vergessen, daß er sich neulich nicht gerade so höflich gegen mich benommen hat, wie wohl zu erwarten gewesen wäre.«

»Lieber Vater, du hast soviel vor dem armen Herrn Oldbuck voraus, daß es wohl kein Wunder ist, wenn er einmal ein wenig mißmutig wird. Aber ich weiß, er hat soviel Respekt vor deiner Person und vor deiner Konversation, und nichts würde ihm mehr leid tun, als wenn es an aufrichtiger Aufmerksamkeit sollte fehlen lassen.«

»Wahr, wahr, Isabella, und man muß auch seiner Herkunft manches zu gute halten, es fließt noch ein wenig von der deutschen Grobheit in seinen Adern, etwas von der der Partei der Whigs eigentümlichen hartnäckigen Auflehnung gegen alteingesessnen Rang und Vorrechte. Du wirst bemerken, er hat in keiner Debatte einen Vorteil vor mir, außer wenn er mit seiner chikanösen Beschlagenheit in Daten, Namen und allerlei nebensächlichen Ereignissen loslegt – eine ermüdende, gehaltlose Gedächtnisfaxe, die auch bloß dem Umstande zuzuschreiben ist, daß er von einem Handwerker abstammt.«

»Das mag ihm aber meiner Meinung nach bei historischen Untersuchungen sehr zu gute kommen.«

»Es führt zu einer unhöflichen rechthaberischen Führung jeder Debatte, und es führt auch zu einer kaufmännischen krämerhaften Manier in Geschäftssachen, die selbst ein Gutsbesitzer von einem zwei bis drei Generationen alten Geschlechte unter seiner Würde halten sollte – ich frage nur, versteht es wohl in Fairport irgend ein Ladenschwengel eines Händlers so gut, wie Monkbarns, eine Zinsenrechnung aufzusetzen?«

»Aber du nimmst doch seine Einladung an, Papa?«

»Na ja – jawohl, wir haben, glaube ich, gerade nichts weiter vor. Wer mag nur der junge Mann sein, von dem er spricht? Eine neue Bekanntschaft bei ihm ist eigentlich eine Seltenheit, und Verwandte hat er auch nicht – habe nie von welchen gehört.«

»Wahrscheinlich ein Verwandter seines Schwagers, des Kapitäns M'Intyre.«

»Sehr leicht möglich, jawohl, wir werden annehmen. Die M'Intyres stammen aus sehr alter hochländischer Familie. Du kannst sein Schreiben in zusagendem Sinne beantworten.«

Diese wichtige Angelegenheit war also erledigt. Fräulein Wardour bestellte für sich und Sir Arthur beste Grüße, und sie würden sich die Ehre geben, Herrn Oldbuck zu besuchen. Fräulein Wardour benutzte die Gelegenheit, ihre Feindseligkeiten mit Herrn Oldbuck zu erneuern, weil er sich solange nicht auf Knockwinnock habe sehen lassen.

Mit dieser Antwort trat Caxon, der inzwischen wieder zu Kräften und auch zu Atem gekommen war, den Rückweg nach dem Hause des Altertümlers an.


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