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An Mme. de Grignan
Les Rochers, 4. Oktober 1684
Mein Sohn verdankt meiner Anwesenheit, daß er von einer Menge lästiger Gäste befreit wurde. Das freut mich, denn, wie Du weißt, ertrage ich nicht leicht gewisse Aufdringlichkeiten, und da ich nicht so glücklich bin, träumen zu können wie Du, werde ich ungeduldig und grob. Gott sei Dank, wir sind in Ruhe; ich lese, wenigstens habe ich die Absicht, ein Buch zu lesen, von dem mir Mme. de Vins so viel vorgesprochen hat, »Die Reformation in England«Das erwähnte Werk war Burnets Geschichte der Reformation in England, ins Französische übersetzt von Rosemond..
Ich war bei der Prinzessin de Tarente, die von Dir spricht und meinen Schmerz versteht, die Dich liebt und mich liebt und die jeden Tag zwölf Tassen Tee trinkt. Sie macht einen Aufguß wie wir, und schüttet dann noch mehr als die Hälfte der Tasse voll siedenden Wassers; es wurde mir ganz übel. Sie behauptet, das heile sie von all ihren Leiden, und versicherte mich, der LandgrafDer Landgraf Karl von Hessen-Kassel, ihr Neffe., nehme jeden Morgen vierzig Tassen. »Aber, Madame, es sind vielleicht nur dreißig.« »Nein, vierzig, er war auf den Tod 179 krank, und das erweckte ihn sichtlich wieder zum Leben.« Nun, das muß man alles hinunterschlucken. Ich sagte ihr, daß es mich freute, ganz Europa gesund zu wissen, da ich sie ohne Trauer sähe. Sie antwortete, Europa befinde sich wohl, wie ich an ihrer Kleidung sehen könne, aber sie fürchte, bald Trauer für ihre Schwester, die KurfürstinCharlotte von Hessen-Kassel, Gemahlin Karl Ludwigs von Bayern, Kurfürsten am Rhein., tragen zu müssen. Du siehst, die deutschen Verhältnisse sind mir sehr geläufig. Bei alledem ist sie aber gut und liebenswürdig.
An den Grafen Bussy-Rabutin
Paris, 14. Mai 1686
Alle Ihre Vergnügungen, Ihre Scherze, Ihre Briefe und Verse haben mich sehr unterhalten, und ganz besonders, was Sie zur Verteidigung La Fontaines gegen die häßliche Kritik schreiben. Ich hatte es selbst schon leise all denen gesagt, welche die boshafte Satire loben wollten. Der Autor zeigt meiner Meinung nach deutlich, daß er nicht von Welt ist und nicht zum Hof gehört; sein Geschmack ist so pedantisch, daß man nicht hoffen kann, er werde sich ändern. Es gibt gewisse Dinge, die man nie begreift, wenn man sie nicht gleich zu Anfang begriffen hat. Man kann hartköpfigen und spröden Menschen unmöglich den Reiz der La Fontaineschen Fabeln klarmachen. Das bleibt ihnen verschlossen, aber meine Türe auch. Sie sind nicht wert, diese Schönheiten je zu verstehen, und sind dazu verdammt, sie zu tadeln, und selbst von den gescheiten Leuten getadelt zu werden. Wir sind vielen derartigen Pedanten begegnet. Zuerst gerate ich immer in Zorn, und dann versuche ich sie zu belehren, aber das ist ganz unmöglich. Man müßte von Grund auf bauen, denn das Ausbessern gäbe zu viel Mühe. Jetzt meinen wir, man könne nur zu Gott für sie beten, denn keine menschliche Macht ist imstande, sie zu erleuchten. 180
An M. d'HerigoyenD'Herigoyen war Pächter des Sévignéschen Guts Le Buron.
Paris, 23. April 1687
Ich willige mit Freuden in Ihren Vorschlag, an den Mühlen und Pachthöfen die nötigen Ausbesserungen machen zu lassen, ebenso an den Wassergräben und Wiesen. Mein Gott, haben Sie geglaubt, ich wollte meine Güter nicht instand setzen, um sie gut zu verpachten? Es ist ja in meinem Interesse, machen Sie also alles und berechnen Sie es als Ehrenmann und guter Familienvater. Zeigen Sie M. de Trévaly alles, was Sie verbessert haben; er wird meine Geschäfte besorgen, wenn er dort ist; besprechen Sie sich mit ihm und gehorchen Sie ihm wie mir. Wenn Sie inzwischen dem Abbé de Bruc begegnen, erzählen Sie ihm von dem Stand unsrer Geschäfte und von allem, was Sie tun, um sie in die Höhe zu bringen. Er ist einer meiner guten Freunde, ist klug und versteht alles.
An M. d'Herigoyen
Paris, 14. Juni 1687
Sie waren verstimmt, als Sie mir schrieben, Mr. d'Herigoyen, und hätten besser gewartet, bis Ihre üble Laune vorüber war. Sie wiederholen mir zwei- oder dreimal, daß ich meine Briefe immer mit der Frage beginne, wo Sie sich aufhalten. Ich sehe in der Frage kein Unrecht, da ich weiß, daß Sie weder in Vannes noch in Nantes sind. Ich habe niemals auch nur einen Augenblick gezweifelt, daß Sie meine Geschäfte wieder besorgen würden. De La Jarie hat mir im Laufe des Jahres viertausend Franken zu zahlenDe La Jarie war der frühere Pächter von Le Buron., und da ich durch Sie schon dreitausend davon erhalten habe, und von Ihnen gegen billigen Zins noch tausend verlange, die ich nötig brauche, sind Sie beleidigt. Ich kenne viele Leute, die froh gewesen 181 wären, mir gefällig zu sein. Nach soviel Güte und Vertrauen meinerseits verweigern Sie mir eine Bitte in rauher und unhöflicher Art. Das ist nun abgetan; ich bin froh, Sie zu kennen. Man hatte mir in einer Weise von Ihnen gesprochen, daß ich überzeugt war, ich könnte Ihnen den Vorschlag machen. Sie werden mich sehr verbinden, wenn Sie mir die Abrechnung schicken und mir sagen, was de La Jarie an Reparaturen zu bezahlen hat und was auf meine Rechnung kommt.
An den Grafen Bussy-Rabutin
Paris, 17. Juni 1687
Nur die Daten meiner Geburt und meiner Heirat hatte ich im Gedächtnis behalten. Aber ohne deren Zahl zu vermehren, will ich das Datum meiner Geburt, das mich verstimmt und niederdrückt, vergessen, und an seine Stelle das meines Witwentums setzen; denn diese Zeit war im ganzen angenehm und glücklich.
An M. d'Herigoyen
Paris, 30. Juli 1687
Ich habe Ihren Wechsel von tausend Franken erhalten, Mr. d'Herigoyen, und werde ihn gutschreiben. Es ist mir leid, daß die Summe, die Sie mir schicken, weder von den Rückkaufsgeldern, noch von den dreizehnhundert Franken genommen ist. Es wäre mir lieber gewesen, Sie hätten die zweitausend Franken, die Sie mir an Allerheiligen zu bezahlen haben, behalten, um sie mir zusammen zu schicken. Aber das Unglück verfolgt mich in jeder Weise, und ich bin Ihnen für die Vorausbezahlung dankbar. Sie wissen, daß ich mit Recht Geld von andrer Seite erwarten konnte, aber alles bleibt mir aus, so wie Ihnen. Wie nachlässig war de La Jarie, und was haben Sie seinethalb für Plage! Ich bin fest überzeugt, wir müssen die äußersten Mittel anwenden; ich will meinem Sohne deshalb schreiben, der sich meine Geschäfte 182 angelegen sein läßt. Das Anerbieten, das Sie mir wegen eines neuen Pächters machen, ist sehr freundlich, und ich bitte Sie, daran zu denken, wenn wir genötigt sein sollten, uns zu trennen. Ich wäre froh, wenn Sie Ihrem Anerbieten gemäß fortfahren wollten, dafür zu sorgen, daß de La Jarie mir seine Schuld abträgt. Nur Sie allein sind imstande, mit ihm fertig zu werden.
An den Grafen Bussy-Rabutin
Paris, 2. September 1687
Ich habe Ihre Briefe aus Cressia erhalten, mein lieber Vetter, und einigen Trost aus ihnen geschöpft, denn ich bin tief traurig. Vor zehn Tagen ist mein guter Onkel gestorben; Sie wissen, was er seiner geliebten Nichte war. Er hat mir alles Gute erwiesen, hat mir sein ganzes Vermögen zugewendet, hat das Vermögen meiner Kinder erhalten und vermehrt. Er hat mich aus dem Abgrund gezogen, in dem ich mich bei dem Tod M. de Sévignés sah. Er hat Prozesse gewonnen, hat alle meine Güter in guten Stand gesetzt und unsre Schulden bezahlt. Er hat das Gut, auf dem mein Sohn lebt, zu dem schönsten und angenehmsten gemacht, das man sich denken kannLes Rochers.. Er hat meine Kinder verheiratet. Kurz, seiner fortwährenden Sorge verdanke ich die Ruhe und den Frieden meines Lebens. Sie verstehen wohl, daß man bei so großen Verpflichtungen und so langer Gewohnheit schmerzlich leidet, wenn es gilt, sich auf immer zu trennen. Auch den Tod alter Leute empfindet man gar sehr, wenn so viel Ursachen zur Liebe vorhanden waren und man immer zusammenlebte. Mein Onkel war achtzig Jahre alt, und sein Alter lastete schwer auf ihm. Er war kränklich, und sein Zustand machte ihn traurig. Das Leben war nur noch eine Last für ihn, was hätte man ihm wünschen sollen? Eine Verlängerung seiner Leiden? Diese Betrachtungen halfen mir, mich in Geduld zu fassen. Seine Krankheit war die eines Mannes von dreißig Jahren: heftiges 183 Fieber und eine Lungenentzündung. In sieben Tagen endete er sein langes ehrenvolles Leben, und er war so voller Frömmigkeit, Reue und Liebe zu Gott, daß wir auf dessen Gnade für ihn hoffen.
Das alles hat mich die letzten vierzehn Tage betrübt und beschäftigt. Mein Herz ist kummervoll, aber dankbar. Wir haben keine undankbaren Herzen, denn ich erinnere mich, was auch Sie aus Dankbarkeit und Freundschaft über das Verdienst und die Eigenschaften Mr. de Saint-Aignans dachten und schrieben.
An den Präsidenten de MoulceauM. de Moulceau war Präsident der Rechnungskammer zu Montpellier.
Den 24. Oktober 1687
Es war durchaus nicht Corbinelli, der mich vom Schreiben abgehalten hat; vernehmen Sie folgende Liste von guten und schlechten Gründen. Erstens erinnere ich mich sehr gut, daß ich Ihnen zuletzt geschrieben habe, und daß Sie mich vernachlässigten und nach einer Antwort schmachten ließen. Dann kam eine lange Trauerzeit; mein guter Onkel, der Abbé de Coulanges, war leidend und starb vor zwei Monaten. Ich hatte so viel Ursache, ihn zu lieben. Er war mein Vater, mein Wohltäter, dem ich alle Ruhe und Freude meines Lebens verdankte, denn er hatte alle meine Geschäfte in guten Stand gebracht. Ich habe ihn aufrichtig betrauert und werde ihn mein ganzes Leben lang betrauern, und nicht allein den Abbé, sondern auch die Abtei, die hübsche Abtei, wohin ich Sie einmal brachte und der zu Ehren Sie auf dem Weg ein schönes Couplet reimten, und wo mein Sohn auf einem Thron von Rasen in einem Wäldchen saß und uns voller Begeisterung eine ganze Szene aus »Mithridate«Trauerspiel von Racine. deklamierte. Er traf den Ton und die Bewegung, und überraschte uns derart, daß Sie sich im Schauspiel wähnten.
Einige Zeit nach dem Tod des guten Onkels entschloß 184 ich mich, nach Bourbon zu gehen; früher wollte ich nicht hin, um ihn nicht zu verlassen. Ich habe die Reise mit der Herzogin de Chaulnes gemacht, und bin dort von der Einbildung und Furcht gequält worden, daß mein Leiden von Bedeutung wäre. Sei es nun wahr oder falsch, ich bin zufrieden und bedaure die Reise nicht. Vor sechs Tagen bin ich zurückgekommen. Meine Tochter sagte mir, Sie hätten mir geschrieben, um mich aufzuwecken. Nun gut, mein Herr, ich bin wach. Sie sagen ferner (das alles weiß ich nur vom Hörensagen, denn Mme. de Grignan hat natürlich den Brief verloren), Sie sagen also, daß Sie ein Sprichwort haben, es sei leichter der Welt Valet zu sagen, als sich daran zu gewöhnen, von seinen Freunden vergessen zu werden. Ist es so? Darüber kann ich Sie beruhigen und Ihnen in voller Wahrheit sagen, daß ich Sie am wenigsten von allen Menschen in der Welt vergessen kann. Wenn man Ihren Geist und Ihre Herzensgüte erkannt hat, ist es nicht so leicht, das aus dem Gedächtnis zu verwischen. Sagen Sie Ihrem Sprichwort, daß es nicht mehr imstand sein wird, Sie durch seine Betrachtungen zu demütigen, und daß ich immer das für Sie bin, was ich war und mein ganzes Leben sein werde.
Vom Grafen Bussy-Rabutin an Mme. de Sévigné
Chaseu, 5. November 1687
Ich bin sehr in Sorge um Sie, meine liebe Kusine, seit unser Freund Corbinelli mir meldete, daß Sie nach Bourbon gereist sind. Ich hätte Ihnen schon früher von meiner Unruhe gesprochen, wenn ich nicht die Absicht gehabt hätte, nach Fontainebleau und von da nach Paris zu gehen, nur um Sie zu sehen. Eine starke Erkältung hat aber meine Reise vereitelt, denn jetzt, wo ich fast gesund bin, ist die Jahreszeit nicht derart, daß man nach einer Krankheit an eine Reise denken könnte. So bin ich genötigt, Sie um Nachricht zu bitten. Wenn Sie etwa wieder von einem Rheumatismus in der rechten Hand befallen sein sollten, wie vor acht oder zehn Jahren, so bitten 185 Sie unsern Freund, mir über Ihre Gesundheit zu berichten. Ich habe Sie immer sehr lieb gehabt, meine teure Kusine, und selbst unsre kleinen Zerwürfnisse waren ein Zeichen, daß Sie mir nicht gleichgültig warenBussy-Rabutin hatte sich in früheren Jahren um die Gunst der jungen Marquise beworben, und als diese ihn nicht erhörte, sich in seinem frechen Buch »Histoire amoureuse des Gaules« dadurch gerächt, daß er ihr allerlei Liebesverhältnisse nachsagte. Ihren Ruf konnte er damit nicht gefährden, und Mme. de Sévigné gewährte ihm später die erbetene Verzeihung. Aber ich habe Sie doch nie so geschätzt und geliebt als jetzt. Ich sehe es daran, daß ich mehr als je fürchte, Sie zu verlieren. Was täte ich auf der Welt ohne Sie, meine arme, gute Kusine? Mit wem könnte ich lachen? Mit wem könnte ich geistreich sein? Von wessen Liebe könnte ich so überzeugt sein? Mit wem könnte ich so offen über alles reden? Denn die schöne Madelone, die zu meinen Freundinnen zählt, ist eben doch nicht Sie und würde Sie bei mir nicht ersetzenUnter Madelone versteht Bussy die Gräfin Grignan.. Ihr Mann und ihre Familie füllen ihr Herz und ihren Sinn vollkommen aus. Es bliebe mir also nur Ihre Nichte und unser Freund, und anstatt mich über Sie zu trösten, würden Sie mich nur an Sie erinnern und mein Bedauern aufs neue erwecken. Schonen Sie sich, meine liebe Kusine, es ist nicht allein in Ihrem Interesse, denken Sie auch an Mme. de Grignans Ruhe und an die unsre, da wir Ihre besten Freunde sind. Ich hatte Philosophie genug, mich über den Verlust der, wie ich glaube, mir gebührenden Ehren und Ämter nicht zu grämen, aber sie würde mir ganz und gar fehlen, wenn ich Sie missen sollte; dann könnte mir nur das echte Christentum helfen.
An den Grafen Bussy-Rabutin
Paris, 13. November 1687
Ich bekomme soeben einen Brief von Ihnen, mein lieber Vetter, den liebenswürdigsten und zärtlichsten von allen, die Sie je schrieben. Noch nie fand ich die Freundschaft so natürlich und so beredt ausgedrückt. Sie haben mich überzeugt, und ich glaube nun, daß mein Leben zur Erhaltung 186 und Verschönerung des Ihren nötig ist. Ich will Ihnen also Rechenschaft ablegen, um Sie zu beruhigen.
Ich beginne bei den letzten Lebenstagen meines teuern Onkels, des Abbé, dem ich, wie Sie wissen, so unendlich verpflichtet war. Ihm verdankte ich die Annehmlichkeit und die Ruhe meines Lebens. Ihm verdanken Sie die Heiterkeit, die ich in Ihre Gesellschaft brachte; ohne ihn hätten wir niemals zusammen gelacht; meine gute Laune, meine Lebhaftigkeit, die Gabe, die ich hatte, Sie zu verstehen, die Bildung, durch die ich verstand, was Sie sagten, und erriet, was Sie sagen würden. Mit einem Wort, als mich der gute Abbé aus dem Abgrund zog, in dem mich M. de Sévigné gelassen hatte, hat er mich zu dem gemacht, was ich war, Ihrer Achtung und Freundschaft wert. Sie haben sich schwer gegen mich vergangen, aber ich will es vergessen und Ihnen sagen, wie tief ich den Verlust der milden Quelle all meines Lebensglücks empfand. Er starb nach siebentägiger Krankheit am Fieber, wie ein junger Mann, in christlicher Ergebenheit, die mich sehr ergriff. Denn Gott hat mir so viel religiöses Gefühl ins Herz gelegt, daß ich sein Ende gefaßt mit ansehen konnte. Sein Leben währte achtzig Jahre; er hat in Ehren gelebt und ist christlich gestorben. Schenke uns Gott dieselbe Gnade! Es war Ende August, als ich ihn heiß beweinte. Hätte er so lange wie ich gelebt, ich hätte ihn nie verlassen. Aber als ich am 15. oder 16. September sah, daß ich nur zu frei sei, entschloß ich mich nach Vichy zu gehen, um wenigstens meine Einbildung zu kurieren, da ich eine Art Krampf in der linken Hand hatte, der mich einen Schlagfluß befürchten ließ. Der Plan, dorthin zu reisen, machte der Herzogin de Chaulnes ebenfalls Lust. Ich schloß mich ihr an, und da ich über Bourbon zurückkommen wollte, verließ ich sie nicht. Sie wollte nur Bourbon, so ließ ich Vichywasser kommen, das, in den Bourboner Brunnen gewärmt, ganz vortrefflich ist. Ich trank zuerst davon, und dann von dem Wasser in Bourbon; die Mischung ist sehr gut. Die beiden Rivalen haben sich ausgesöhnt, sie sind ein Herz und eine Seele. Vichy ruht sich am Busen von Bourbon aus und wärmt sich an seinem Herd, das heißt in dem Brausen seiner Quellen. Es ist mir sehr gut bekommen, 187 und als ich die Dusche vorschlug, fand man mich so gesund, daß man sie mir verweigerte, und sich über meine Angst lustig machte. Man erklärte sie für Einbildung und schickte mich als gesund nach Hause. Man hat es mich so fest versichert, daß ich es glaube und mich heute als gesund betrachte.
So steht es mit mir, mein lieber Vetter, und da Ihre Gesundheit von der meinen abhängt, schicke ich hier einen guten Vorrat für Sie. Vernachlässigen Sie Ihre Erkältung nicht, und machen Sie mich auch dadurch gesund. Wir müssen zusammengehen und dürfen einander nicht verlassen.
Seit drei Wochen bin ich von Bourbon zurück; unsere hübsche kleine Abtei war noch nicht wieder vergeben, so haben wir vierzehn Tage dort verbracht. Jetzt endlich hat man sie dem früheren Bischof von Nîmes bestimmt, einem sehr frommen Prälaten. Ich verließ sie vor drei Tagen, tief betrübt der holden Einsamkeit für immer Lebewohl zu sagen. Nach dem Abbé habe ich nun auch die Abtei beweint.
Ich weiß, daß Sie mir während meiner Reise nach Bourbon schrieben, aber was ich mir heute zu schreiben erlaubte, ist keine Antwort darauf. Ich habe der Versuchung nicht widerstehen können, meiner Feder freien Lauf zu lassen und von mir zu sprechen, ohne Rückhalt und ohne Maß. Verzeihen Sie mir; ein andermal werde ich mir so etwas nicht wieder erlauben; denn ich weiß es, und Salomo sagt es auch, daß der verächtlich ist, der stets von sich selbst redet.
Unser Freund Corbinelli sagt, um zu beurteilen, wie sehr wir andern beschwerlich fallen, wenn wir von uns selbst sprechen, müssen wir uns erinnern, wie beschwerlich uns die andern fallen, wenn sie von sich reden. Die Regel ist ziemlich allgemein, aber ich dachte heute eine Ausnahme machen zu dürfen, denn ich wäre froh, wenn Ihre Feder ebenso unbesonnen wäre wie die meine, und ich wäre entzückt, wenn Sie mir recht lange von sich erzählen wollten. Das hat mich zu meiner schrecklichen Plauderei verlockt, und in diesem Vertrauen entschuldige ich mich nicht weiter und umarme Sie, mein lieber Vetter, und die schöne Marquise de Coligny. 188