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Herrn Wippchen in Bernau.
Gegen Ihren Entschluß, den englisch-afghanischen Krieg nunmehr, wie Sie sich auszudrücken belieben, links wüthen zu lassen, haben wir nichts einzuwenden. Die Ereignisse schienen uns in letzter Zeit allerdings einen schleppenden Gang angenommen zu haben, und wir sahen es Ihren Berichten an, daß Sie sich vergeblich Mühe gaben, ihnen eine neue und interessante Seite abzugewinnen. Aber wir möchten deshalb Ihre Beiträge nicht ganz entbehren und bitten Sie, auf einen Ersatz zu denken. Wir können gerade in diesem Augenblick Ihre Mitarbeiterschaft nicht missen, da wir den Lesern nichts zu bieten vermögen, was sie so fesselt wie Kriegsberichte. Der Culturkampf auf der einen und die Zollreform auf der 113 andern Seite sind so ziemlich Alles, womit wir die Spalten füllen müßten, und diese Stoffe haben die Leser derart ermüdet, daß sie kaum noch deren Beachtung finden. Und nun gar die Menschen- und Rinderpest, – schon die Worte schrecken den Leserkreis zurück.
Wir glauben vertrauensvoll Ihre nächste Zuschrift und mit derselben die Eröffnung einer neuen Reihe fesselnder Berichte erwarten zu dürfen.
Ergebenst
Die Redaktion.
* * *
Bernau, den 30. Januar 1879.
Als ich meinen jüngsten Brief dem Stephan übergeben hatte, war mir wohl. Ich glich dem Brief, ich war frei, mir war ein Stein statt Brod vom Herzen gefallen. Nun wollte ich mich des Winters freuen, den Schnee genießen, die Eisrosen am Fenster pflegen. Ich verehre den Winter, wenn die Fische miteinander unter Einer Eisdecke spielen und ich auf geflügelten Schlittstiefeln darüber hingleite, oder, fester in meine zottigen Pelzhandschuhe gehüllt, von munteren Schlittenglocken gezogen über die Flocken rase. Nun aber, nach Ankunft Ihres Schreibens, komme ich mir vor wie 114 Cincinnatus, der, behaglich auf seinem Pfluge ausgestreckt, plötzlich aufgefordert wird, das Procul negotiis an den Nagel zu hängen und die Zügel des Staatsschiffs wieder zu ergreifen. Dahin sind die Träume von beschaulicher Bärenhaut. Ich thue, was Cincinnatus an meiner Stelle that, und erfülle Ihren Wunsch. Was nützte es auch, wenn ich Landgraf würde? So wähle ich denn von zwei aut das kleinste und sage wieder wie Faust zum Dintenfaß: »Nun komm' herab, krystallne, reine Schale!« Rasch wie ein Nu bin ich bei der Hand.
Vorher nur noch – verzeihen Sie das harte Wort! – eine Bitte. Es ist so traurig, wenn das Ei klüger sein will als der Columbus, oder deutlicher: wenn Sie jedes Wort, das ich schreibe, klauben, wenn Sie mir nach jedem Bericht eine Gardine predigen, wenn Sie, sobald meine Phantasie über das Gewöhnliche hinausstrebt, mir förmlich einen Schuhriegel vorschieben!
Lassen Sie mich frei von der Leber sprechen, die Sie ja auch so gerne essen. Jedes Ihrer tadelnden Worte ist mir ein Dorn im Ohr, denn es vernichtet mir irgend einen Vogel, den ich abgeschossen, irgend ein Schwarzes, in das ich getroffen zu haben glaube. Ich muß es natürlich dulden, aber ich habe in solchen Momenten keinen Zahn, den ich nicht fletsche, keine Geduld, die mir nicht reißt, keine Faust, die ich nicht balle, keine Stirn, die ich nicht runzle, denn Briefe, wie Sie sie mir schreiben, kann ich nicht hinter den 115 Schwabenspiegel stecken. Sie brauchen mir für meine Arbeiten wahrlich nicht den Hof zu schneiden, und ich werde Sie nicht für jede Beleidigung vor die Mündung meines Degens fordern, um sie mit ganz besonderem Saft abzuwaschen, aber meine Feder braucht Gerechtigkeit, Anerkennung und Aufmunterung, denn sie ist keine eitle Pfaufeder, und es müssen schlechte Brüder sein, unter denen sie nicht so viel werth wäre, wie jede andere.
Ich beweise Ihnen dies heute. Sie wollen für den afghanischen Krieg einen anderen, hier ist er. Sie brauchen nur zu sagen: »Deus ex machina, deck' Dich!« und Ihr Wunsch ist erfüllt. Ich eröffne den Kaffernkrieg.
Es ist dies ein geldspieliges Unternehmen. Senden Sie mir mit wendendem Briefträger einen Vorschuß von 60 Mark oder, um die Summe rund zu machen, von 70 Mark. Der Cours des Sterlingdors ist 20.32.
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Capetown, Datum des Poststempels 1879.
W. Gestern bin ich am Cap der interessanten Umstände, oder, wie es sich decenter nennt, der guten Hoffnung angekommen. Die Reise war lang und höchst beschwerlich. Aus allen Blättern der Windrose blies der Aequinoctial-Boreas, so daß ich, furchtbar seeunwohl, die Cajüte hüten mußte. Ich möchte die Reise nicht täglich machen.
Hier bin ich in einer andern Welt. Von der Wüste her weht der heiße Samum, so daß man fortwährend einen 116 nassen Schwamm in der Tasche tragen muß. Trotzdem bin ich heute ausgegangen, um Neues zu hören. Ich erfuhr, daß der König der Zulus, Cetewayo, das Ultimatum der englischen Regierung abgelehnt hat und also mit den Engländern die Kriegspfeife rauchen will. So ist denn abermals ein Frieden herunterbeschworen. Man ist hier natürlich in großer Aufregung. Die Europäer hoffen auf einen vollständigen Sieg, während die Neger nicht so weiß sehen, sondern die Niederlage der Engländer erwarten. Man muß sich daher vor den Schwarzen sehr in Acht nehmen. Als mich heute ein Kutscher, der bei seinem Kameel stand, fragte: »Fahren wir?« und ich verneinte, wollte er ohrenscheinlich Streit anfangen, denn er sagte, ich solle ihn nicht um seine Farbe verschmähen, sie sei die schattige Livrei der lichten Sonne, die ihn als nahen Nachbar gepflegt habe, u. s. w. Ich antwortete, es fiele mir gar nicht ein, ihm seine Haut nachzutragen, ich sei ein friedsüchtiger Mensch, und ich hätte in meinem ganzen Leben noch keine Streitaxt ausgegraben. Da konnte er natürlich nichts machen.
Indem ich dem geehrten Leser für meinen folgenden Bericht ein arges Gemetzel mit aller Bestimmtheit verspreche, will ich für heute nur einige Details über Land und Leute geben, da über diese in meiner Heimath viele Enten verbreitet sind.
Der Zulu ist im Ganzen gutmüthig. Nennt man ihn Kaffer, so fühlt er sich dadurch nicht verletzt. In Europa 117 hält man die Zulukaffern, weil man sie nur gegen ein Entrée (Kinder die Hälfte) auftreten sieht, irrthümlich für Gastspieler, was aber die Wenigsten sind. Das Gros der Eingeborenen steht mit deutschen Theateragenten in durchaus keiner Verbindung.
Ihre Sprache ist unverständlich. Sie wohnen in Hütten, welche, wie das berühmte Lied von Schiller, aus Lehm gebaut sind und statt der Fenster kleine Luken haben.
Die Nahrung der Zulus ist sehr einfach. Sind sie hungrig, so stampfen sie Mais. Auch die Heuschrecke gilt als Delicatesse.
Die Männer treiben Polygamie, die Weiber Gartenbau.
Auf dem südafrikanischen Tafelland, so z. B. am Vaal im Griqua-Lande, werden Diamanten gefunden. Ich habe aber noch keinen gefaßt.
Soviel über das Zulukaffernland, das nun bald von den Hufen der Engländer zerstampft werden wird. Möge die Kriegsfurie eine kurze sein!