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XIV.

An dem Morgen desselben Tages, da die bleiche Rosi mit ihrem Vater nach Kufstein fuhr, wurde auch zu Langkampfen, in dem Dorf, ein Rößlein eingespannt, und Herr Florian Weitenmoser stieg feiertäglich aufgeputzt in das Wägelein, um gleichfalls in die Stadt zu fahren. Die Mutter, welche er beim Frühstück von dem neuen Stand der Sache unterrichtet hatte, war mit der letzten Wendung sehr zufrieden. Sie meinte in Übereinstimmung mit ihrem Sohne, jetzt müsse die traurige Geschichte doch bald jenes glückliche Ende nehmen, auf das sie sich so freue.

»Und wenn du mir,« sagte sie fröhlichen Mutes, »nicht als Hochzeiter heimkommst, so schlag' ich dir die Haustür vor der Nase zu!«

So fuhr denn der Florian in Langkampfen ab, ungefähr zur selben Zeit, wie der alte Hechenplaickner in der Sewi, denn die Entfernung ist zwar etwas kürzer, jedoch der Weg auch etwas schlechter.

Als aber der Florian damals über die Kufsteiner Brücke fuhr, stand einer da, der auf ihn wartete: Dieser trat näher und fragte: »Wo kehrst denn ein, Florian? Ich stehe schon seit einer Stunde auf der Brücke, damit du mir ja nicht auskommst.«

»Wie weißt denn du, daß ich heut um neun Uhr über die Brücke fahre?«

»Nu, heut ist ja die Verhandlung – das wissen wir in Walchsee so gut wie du – das weiß man ja überall. Ich denk' schon lang' an dich, Florian! ich wär' so gern nach Langkampfen gegangen, aber du bist ja in Bayern draußen gewesen.«

Florian bestellte ihn zum Auracher Bräu, und als dort ausgespannt, das Pferd versorgt und er die Treppe hinaufgeschritten war, kam ihm der Valentin Hinterbichler schon entgegen.

»Ich hab' dir nur sagen wollen –«

»Daß du an allem schuld bist?«

»Meinen möchte man's,« entgegnete der Valentin lächelnd, »aber du kannst noch alles rechtmachen! es wird noch alles gut!«

Und damit begann derselbe die Ereignisse, die seit der Unterredung im Hirschengarten vorübergegangen, in den gehörigen Zusammenhang zu bringen. Da wir aber diesen bereits kennen, so darf sich die Erzählung kürzer fassen und braucht nur zu erwähnen, daß der Valentin seinen Vortrag mit der Behauptung schloß: Von ihm, dem Florian, hänge jetzt alles ab; aber alle, die es gut mit ihnen meinten, sähen den einzigen Ausweg aus diesen Verwickelungen in einer fröhlichen Hochzeit.

Damals erzählte der Valentin, wie sich von selbst versteht, auch das ganze Zwiegespräch, das er mit der Rosi im Garten gepflogen, und wie fein, fein, fein sie gewesen. Nicht ein schlimmes Wörtlein habe sie trotz ihrer Aufregung über den Florian herausgebracht, vielmehr immer durchblicken lassen, wie sehr er ihr am Herzen liege. Zu allerletzt nur habe sie im tiefsten Schmerze geklagt, wie abscheulich man in Langkampfen droben mit einem armen Mädel umgehe, und diese Worte könne er ihr auch nicht übel nehmen. Ihre Verteidigung habe sie vortrefflich geführt; er habe, wie der Florian ja wisse, schon vorher nichts auf das Geschwätz gehalten und jetzt glaube er wahrhaftig gar nicht mehr daran. Von allen Seiten höre man nur Gutes über das schwer betroffene Mädchen; sie sei noch immer der Liebling der ganzen Gegend. Alles nehme Teil an ihr und alles wünsche ihr Glück und Segen.

Diese Mitteilungen, die allerdings uns nichts Neues bieten, kamen dem Florian doch sehr gelegen. Er lauschte voll inniger Freude, als ihm der Valentin die Unterredung, in der das Mädchen so »fein« gewesen, in so sympathischer Darstellung berichtete. In seinen Augen bedurfte die schöne Rosi zwar keiner Reinigung mehr, aber die Art und Weise, wie der Valentin von ihr sprach, war ihm doch ein Labsal.

Deswegen war der Florian auch sehr nachsichtig mit seinem Jugendfreund. Wer die größere Schuld trage, war ohnedem nicht leicht zu bestimmen, und da keiner dem andern etwas vorwerfen wollte, so schieden sie mit einem gemütlichen Händedruck und blieben einander so gut wie sie sich vorher gewesen.

Zu unseres Valentins näherer Würdigung dürfte aber doch hervorzuheben sein, daß derselbe als heiratslustiger Bauernsohn seit mehreren Jahren schon zu verschiedenen Mädchen seiner Gattung in mehr oder weniger zarten Beziehungen stand, welch letztere er bald verwelken und bald wieder frisch ergrünen ließ, je nachdem Zeit und Umstände dieses oder jenes anzuraten schienen. Seine liebste Huldin war früher die Baumgartner Lise von der Feistenau, auch eines wohlhabenden Landmanns hübsches Töchterlein, aber diese hatte er seit längerer Zeit vernachlässigt, denn ihr Vater wollte sie nicht aus dem Hause lassen, ehe die ältere Schwester oben weggeheiratet habe. Dieses erfreuliche Ereignis schien sich jetzt endlich vorzubereiten und der Valentin war denn auch schon in der Feistenau gewesen und hatte sehr angenehme Aussichten heimgebracht. Solches war gleich nach dem Passionsspiel geschehen, denn die damalige Leidenschaft für die Rosi Hechenplaickner hatte er in der Tat sofort eingezogen, als er von der Begebenheit zu Erl gehört – was wir alles nur anführen, damit der Leser nicht etwa dem wackern Valentin ein unverdientes Mitleid zuwende – gleich als wäre Florians schöner Stern nur aus seinem Unstern herausgewachsen oder als hätte er aus Liebesgram ein vernichtetes Leben hingeschleppt.


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