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Im Hausflur.

»O Gott, so spät noch!« rief entsetzt die Alte,
Als sie die Finger um die Klinke krallte.
»Seid Ihr denn nicht erstarrt am Weg hierher?
Erwartet hätt ich Euch heut nimmermehr,
Zu solcher Stund, in solchem Schnee rundum –
Da gehen all die bösen Geister um.«

Ich aber sprach: »Noch ist es ganz geheuer.
Jetzt geh hinauf und mach ein gutes Feuer.«
Die Alte ging; ich sah mich schweigend um.
Es war so winterselig hier und stumm:
Eisblumen deckten Schloß und Riegel ganz
Und woben glitzernd mir den Willkommkranz;
Tief in dem Hausflur stand die grüne Bank,
Darauf die Nelken, die einst rot und schlank
Im Sommerduft vor meinem Fenster hingen.
Ich hör den Brunnen seine Weise singen,
Am Hirschgeweih hängt noch der Hut verwahrt
Mit welken Blumen von der letzten Fahrt.
So spür ich rings die holden Lebenszeichen,
Doch alles schläft den tiefen Schlaf, den weichen,
Und auch die eigne Seele wird mir weich.
Die Treppen steig ich leis empor beim Schimmer
Des kleinen Lichts – in meine alten Zimmer;
Mir ists, als stieg ich in ein Himmelreich!

 

*

 


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