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Meinem Weibe.

Mein holdes Weib, mit deinen sonngen Augen
Und deiner klaren, warmen Herzensruh –
Viel mag zu flüchtgem Glück dem Manne taugen,
Wer aber taugt zu ewgem Glück, wie du?
Du, der die Güte von der Stirne leuchtet,
Du, der das Mitleid still die Blicke feuchtet!
Weltfroh und doch der Weltlust ganz entrückt,
Die nur ein Glück kennt – daß sie mich beglückt.
Auch dich, mein Liebling, hab ich hier gefunden,
Dein schönes Antlitz und dein weich Gemüt,
Hier, wo mir alles Gute je erblüht.
Gedenkst du noch der hellen Maienstunden?
Ihr wart die ersten frühen Sommergäste,
Du und die Deinen, in dem holden Neste;
Im Herrenstüblein saßen wir beim Wirt
Allabendlich, zu zehnt, zu sechst, zu viert:
Der zeitunglesend, jener schlummertrunken,
Du mit der Arbeit – und ich selbst versunken
In deinem Anblick, während tief und still
Die Wanduhr tickt' – – das echte Landidyll.
Und unser Schifflein, denkst du denn auch dies?
Das weiße Schifflein, wie's vom Ufer stieß?
Ach, jeden Morgen, wenn die Berge glänzten,
Fuhr ich hinaus mit meiner kleinen Fee;
Die Wasserlilien spiegelten im See,
Und an dem Ufer, an dem baumumkränzten,
Zog unser Kahn. – Wie war dies Blau so klar,
Wie leuchtete dein blondes, offnes Haar,
Wenn du vom Steuer dich herniederbogest
Und Schilf und Rosen aus der Tiefe zogest,
Und wenn sich stumm die dunkelgrünen, langen
Seeblumen über deine Hände schlangen.
Dein Arm, dein Schoß war ganz damit bedeckt,
Die Wasserrose in das Haar gesteckt,
Und leise singend, saßest du an Bord,
Ich sah das Schilf im Morgenwind sich wiegen,
Es rauscht der Kiel, das Schifflein gleitet fort –
Ist eine Nixe mir ins Boot gestiegen?

So war dein Bild; ich bebte stumm und sann –
Ein lachend Kind und ein verträumter Mann.
Und einmal wieder fuhren wir hinaus;
Der Tag war hell, doch du sahst ernster aus
Als sonst; im Wasser spielt' der Sonnenschein –
Da brach die Kraft. Wir waren so allein.
Da fing ich an von süßem Leid zu sagen,
Von bangen Nächten und von selgen Tagen,
Und wie's mich ruhlos durch die Welt hin triebe,
Und von dem Schönsten auf der Welt: der Liebe.

Doch immer bleicher ward dein Angesicht,
Und gleich der Seeflut regtest du dich nicht,
Und leise Tränen perlten dir herab.
Wir blickten stumm ins feuchte Grün hinab.
›Auch du bist elend – du, mein Sonnenkind,
(Sprach ich halblaut) wie wir es alle sind?
Schweig nur, ich weiß es, deine Ruh ist Trug,
Dein Herz schlägt nimmer, wie es ehmals schlug,
Sturm ist darinnen, ob der Tag auch blaut.
Dich hab ich lieb, o Gott, o Gott, mir graut,
Lieb, wie kein Menschenherz dich lieben kann,
Und wen hast du lieb? – – der glückselge Mann!‹
Da fuhr das Schifflein auf den grünen Strand,
Auf meinem Hals lag eine weiße Hand,
Und meine Lippen schloß ein selger Kuß.
»So laß mich sagen, was ich sagen muß,
(Sprachst du ganz leis) – nun bin ich ewig dein!
Was fragst du noch? – Kanns denn ein andrer sein?«
Fern wie ein Traum liegt jener Sommermorgen,
Und längst geworden sind wir Weib und Mann
Und teilen Lebensglück und Lebenssorgen;
Hier aber wars, wo unser Glück begann. –

Und überall regt sich dein liebes Walten.
Selbst auf dem Tisch da, auf dem blanken, alten,
Vor dem ich sitze, spür ich deine Hände.
Wie sorgtest du, eh du gegangen bist,
Daß ich in allem, was jetzt um mich ist,
Im Winter selbst den Liebesfrühling fände!
Noch ist der Tisch mit einem Strauß geschmückt
Von grünem Feldklee, den du selbst gepflückt;
Dabei die Schale, um mir aufzuwarten
Mit goldnen Äpfeln aus dem eignen Garten;
Und selbst an meinen Schlaf hast du gedacht,
Denn vor dem Leuchter liegt ein Blatt: »Gut Nacht!«
Wie dank ich dir dies Gute, das ich habe:
Das so der Liebe ganzes Frohgefühl
Mir jeden Tag klärt, wär er noch so schwül!
Das ist der Frauen schöne Gottesgabe,
Daß sie das Kleinste selber uns vergolden
Mit einem Lichtstrahl, einem herzensholden. –

So sitz ich selig denn am alten Tische,
Der welke Strauß ist mehr als jeder frische,
Und stille sag ich mirs im Herzen zu:
Mein guter Stern, mein ganzer Trost bist du!
Es fällt die Fahrt auf blauer Flut mir ein,
Und leise klingts: Kanns denn ein andrer sein?

 

*

 


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