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Eh noch der Abend anbrach, langte die ungeheure Kutsche wieder in Meaux an. Nach einander kamen heraus St. Romain, der alte Abbé, Elisabeth, Margoton und zuletzt wurde Frau von Tarneau herausgehoben und in einen Stuhl gesetzt, um darin ins Haus getragen zu werden. Unerwartet war allen St. Romains Ankunft. Er wendete sich zuerst an den Marquis, erfaßte Nannons Hand und sagte: »Diese meine liebenswürdige Schwester hat mich bekehrt. Nehmen Sie mich als Ihren Sohn auf und werden Sie mein Fürsprecher bei Herrn von Tarneau.«
191 Und zu diesem sich kehrend fuhr er fort: »Es kann Ihnen kein Geheimniß mehr sein, daß ich Ihre Tochter liebe und von ihr wieder geliebt werde. Der Unfall, den mir die Eifersucht jenes jungen Mannes in Ihrem Hause zuzog, als ich dasselbe heimlich besuchte, von der Hand meiner schwesterlichen Freundin geleitet, brachte mir einen Brief an Sie in die Hand. Ich beeile mich, Ihnen denselben zuzustellen. Wahrscheinlich ist er aber gelesen worden; denn der König schien seinen Inhalt zu kennen.«
»Nicht möglich!« widersprach Benoit. »Jenen Brief habe ich in der Tasche. Hier ist er.«
»Und hier ebenfalls einer,« bemerkte St. Romain, »den man mir bei meiner Freilassung zustellte. Er führt Ihre Addresse, Herr von Tarneau.«
»So öffne ich beide, um dies Räthsel zu lösen,« sagte der Parlamentsadvocat, und nahm zuerst den, welchen ihm St. Romain übergab. Ein seltsames Lächeln schwebte um seinen Mund, als er das Blatt entfaltet und gelesen hatte.
»Hören Sie den höchst sonderbaren Inhalt 192 dieses Briefes,« wandte er sich zur ganzen Gesellschaft und las mit lauter Stimme:
»Der König befiehlt Ihnen, Ihre Tochter Elisabeth von Tarneau heute noch mit dem Offizier Roger von St. Romain zu vermählen, bei seiner schweren Ungnade. Ich die Königin!«
Prinz Condé machte ein verdrießliches Gesicht.
»Dieses Befehls hätte es nicht bedurft, um unsre Kinder zu verbinden,« sagte Tarneau zu la Boulage.
»Nun so feiern wir doppelte Hochzeit und eine sogar auf Befehl des Königs,« versetzte der Marquis.
»Wem aber haben wir diese Freude zu verdanken?« ließ sich der alte Debarques vernehmen, »der gnädigsten Prinzessin von Montpensier und dem Herrn Abbé Bertault, die zusammen den Orestes auf meine Bühne brachten. Und wenn dieser Orestes wohl viel Unheil angestiftet, so hat er doch auch dieses Gute bewirkt.«
»So wollen wir den Orestes auf der Hochzeit leben lassen!« rief Boulage.
193 Die Prinzessin schlug erröthend die Augen nieder.
Die Bestrebungen der Condéischen Partei hatten keine Kraft mehr. Mazarin hielt einige Monate darauf seinen prächtigen Einzug in Paris. Die Königin bot Alles auf, ihn glänzend zu empfangen. Von nun an blieb er neun Jahre lang bis an seinen Tod ungestört der Beherrscher Frankreichs und der zärtlichste Freund der Königin. Die heldenmüthige Prinzessin von Montpensier verheurathete sich nie, und vertrauerte ihr Leben auf ihren Gütern. Prinz Condé war genöthigt, den Feinden Frankreichs zu dienen, bis ihm nach einer Reihe von Jahren Ludwig XIV. die Rückkehr gestattete. St. Romain trat aus dem Kriegsdienst und übernahm die Verwaltung seiner Güter; Benoit und Nannon glänzten 194 bald als ein Paar Lichter der theatralischen Kunst, und spielten auf dem Théâtre français, vom Könige geschätzt und vom Volke geliebt.
Berühmtere Dichter bearbeiteten den Orestes, so oft er aber aufgeführt wurde, sah man die Familie im Theater versammelt.