Karl Storck
Mozart – Sein Leben und Schaffen
Karl Storck

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11. Die Entführung aus dem Serail und aus dem »Auge Gottes«

"Ich versichere Sie, daß hier ein herrlicher Ort ist und für mein Metier der beste Ort von der Welt.« So hatte Wolfgang mitten in den heftigsten Kämpfen mit dem Erzbischof an seinen Vater geschrieben. Und dieses Urteil über Wien als Musikstadt bestand zu Recht. Es ist ja auch auf Jahrzehnte hinaus von nun an der Mittelpunkt deutschen Musiklebens geblieben. Hier herrschte im wahrsten Sinne des Wortes musikalische Kultur.

Ein weitsichtiger Kunstpolitiker, ein kunstliebender Herrscher, der große Mittel zur Verfügung stellt, hat es in der Hand, an irgend einer Stelle ein blühendes öffentliches Musikleben hervorzurufen. Aber darin liegt noch nicht musikalische Kultur. Wie das musikalische Kunstwerk, nicht gleich den Erzeugnissen der anderen Künste, einmal geschaffen, dauernd dasteht, sondern zum wirklichen Leben der jedesmaligen liebevollen Neuschöpfung bedarf, wie also neben die Produktion mit höchster Bedeutsamkeit die Reproduktion tritt, so wird man von musikalischer Kultur nur sprechen können, wenn die Aufnahmefähigkeit für Musik hoch gesteigert ist. Wir preisen Weimar als den Musenort an der Ilm; aber es bedarf keiner besonders tiefgehenden kulturgeschichtlichen Studien, um zu erkennen, daß die Gemeinde, die unsere großen Dichter in Weimar hatten, sehr eng, daß der Widerhall, den ihre Werke fanden, doch nur klein war. Ihre ungeheure Wirkung beruhte auf der Tragfähigkeit des Buches, der Möglichkeit, durch alle Lande deutscher Zunge auf beredten Blättern zu jedem empfänglichen Herzen, zu jedem starken Geiste zu sprechen. Aber von eigentlicher literarischer Volkskultur kann man auch beim Weimar Karl Augusts nicht sprechen. Vielleicht haben wir in diesem Sinne überhaupt noch nie eine literarische Volkskultur besessen und jedenfalls in der Neuzeit auch noch nie eine Kultur der bildenden Künste, wohl aber im höchsten Maße eine musikalische Kultur.

Sicher ist die Musik gerade in deutschen Landen in höherem Maße als jede andere Kunst imstande, eine umfassende Kulturkraft zu werden. Der Genuß der Dichtung setzt eine höhere geistige Schulung voraus. Je bedeutsamer die dichterischen Werke werden, um so tiefer dringen die in ihnen behandelten Fragen, um so höher stiegen die vorgetragenen Gedanken. Es werden immer nur enge Gebiete der Literatur sein, die das Volk als Gesamtheit zu packen vermögen, und es ist leider nicht zu leugnen, daß durch die Einflüsse der gesamten geschichtlichen Entwicklung diese literarischen Gebiete für das deutsche Volk nicht groß sind, sich wenigstens seit etlichen Jahrhunderten auf die Lyrik beschränken. Ganz wenige Dichtungen machen da eine Ausnahme, und sicher liegt die höchste kulturelle Bedeutung Schillers in der Tatsache, daß es ihm gelungen ist, wenigstens in dreien seiner Dramen (Räuber, Kabale und Liebe, Tell) mit höchster Kunst Stoffe für das Theater zu behandeln, die von so allgemeiner Wirkungskraft sind, daß hier der Begriff »Nationalbühne« im höchsten Sinne des Wortes erfüllt ist.

In höherem Maße als die Literatur ist die bildende Kunst zur Trägerin der Volkskultur geeignet, denn sie erheischt nur den lebendigen Sinn des Auges zu ihrem Verständnis. Aber gerade dieser Sinn bedarf einer gewissen, zum großen Teil unbewußten, aber darum nicht minder eindringlichen Schulung, um wirklich für Kunst und fast noch mehr für die Kunstform in der Natur empfänglich zu sein. Es ist gewiß tragisch, aber darum nicht minder wahr, daß die gesamte Lebensführung, die doch eigentlich die uns von der Natur verliehenen Sinnenkräfte schärfen sollte, dazu beiträgt, die uns angeborene freudig-naive Einstellung des Auges auf den Genuß der Schönheit, das bei jedem Kinde zu beobachtende Aufmerken auf jeden Gegenstand, das unendlich reiche Sehen, im Laufe der Zeit immer mehr abzuschwächen. Jedes Naturvolk ist in dieser Fähigkeit des Sehens den sogenannten Kulturvölkern unendlich überlegen. Was diese an Stelle jener rein sinnlichen Fähigkeit zu entwickeln vermögen, ist die ausgesprochen künstlerische Kultur des Augensinnes. Aber dazu bedarf es nicht nur einer langen Überlieferung; Vorbedingung oder doch wenigstens hohe Begünstigung dafür ist doch auch die Umgebung der Natur. Die Klarheit der Linienführung in der italienischen Landschaft ist ebenso bedeutsam wie die duftige Luft der französischen. Beide Landschaften bergen keine Geheimnisse, liegen übersichtlich vor den Augen. Die durchbrochene deutsche Landschaft dagegen wirkt mit den überall vorhandenen Senkungen, den vielen Gebüschen, die ja alle etwas Unsichtbares umschließen können, mit der stark wechselnden Wolkenbildung weniger als Erscheinung auf den Sinn des Auges, als durch dieses Auge auf die innerlich tätige Phantasie. Vor allen Dingen aber gehören zur Entwicklung einer künstlerischen Kultur günstige äußere Verhältnisse, die entweder, wie etwa in Italien, geradezu auf dem Vererbungswege überkommen werden können oder in der günstigen sozialen und ökonomischen Lage eines Landes beruhen. Die hohe künstlerische Kultur, die das deutsche Bürgertum im 15. und 16. Jahrhundert auszeichnete, ist dessen Zeuge. Seither war gerade Deutschland, zumal nach dem Dreißigjährigen Kriege, ein armes Land geworden, das an die künstlerische Ausschmückung seines Lebens kaum denken konnte, wo es schwer genug war, dieses Lebens Notdurft zu erfüllen.

Aber was für die anderen Künste vom Übel war, geriet der Ausbildung der Musik zum Heile. Wir haben uns so sehr daran gewöhnt, Deutschland als den Hort der Musik zu betrachten, daß diese Erscheinung gemeinhin auf die Uranlage unseres Volkstums zurückgeführt wird. Auch Viktor Hugo meinte in jenem berühmten Dithyrambus auf die Bedeutung Deutschlands für die Welt, der sein Buch »Shakespeare« ziert, daß »der höchste Ausdruck Deutschlands nur durch die Musik« gegeben werden könne. Es ist bei einem Volke, das seit mehr als einem Jahrtausend in der Fähigkeit, von anderen Völkern Kultur zu empfangen und diese zu verarbeiten unvergleichlich ist, doppelt schwierig, die Uranlage seines Volkstums zu untersuchen. Aber selbst wenn wir diese vorwiegend musikalische Anlage des deutschen Volkes annehmen, so bleibt es doch eine nach meinem Gefühl bei weitem nicht genug beobachtete Tatsache, daß diese Veranlagung dann erst sich bedeutsam entfaltet hat, als durch schwere äußere Schicksale das Deutschtum überhaupt mit Vernichtung bedroht war. Für das musikalische Schaffen an sich, aber ganz scharf für die vorwärtsbewegende Entwicklung der Musik ist Deutschland bis in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts von ganz geringer Bedeutung gewesen. Alle großen Errungenschaften der Musik – der gregorianische Choral, die Entwicklung zur Mehrstimmigkeit, der einstimmige begleitete Gesang, damit die Oper, die wichtigsten Anregungen für die Instrumentalmusik – sind bis dahin in anderen Ländern gewonnen worden. Gewiß hat sich Deutschland schon damals als sehr fähig zur Aufnahme und Verarbeitung des Überkommenen erwiesen, aber selbst ist es nicht bedeutsam schöpferisch hervorgetreten. Jedenfalls ist bis zu dieser Zeit die Betätigung Deutschlands in den bildenden Künsten und der Literatur jener in der Musik weit überlegen. Erst als der deutsche Staat zertrümmert, als die gesamte äußere deutsche Lebenskultur vernichtet war, als sich Literatur und bildende Kunst offiziell in die Knechtschaft der Fremde begaben, so daß die Zugehörigkeit zu den vornehmen und gebildeten Kreisen geradezu die Loslösung, ja einen Gegensatz zum eigenen Volkstum bedeutete, – erst da entdeckte dieses unterdrückte und bedrückte deutsche Herz die Musik als Trösterin und Befreierin. Befreierin aus der Enge des äußeren Lebens, die nicht behindert werden konnte durch noch so traurige äußere Verhältnisse. Es war die Kunst der abseits vom großen Leben Stehenden, der Einsamen, die das Fundament schuf für den riesenhaften Wundermann Joh. Seb. Bach. Als bescheidene Kantoren hinter den Orgeln der kleinen deutschen Nester saßen jene Männer, die die majestätische Architektur der Musik am reinsten und gewaltigsten erfaßt haben. Aus den gleichen Verhältnissen ging der Welteroberer Händel hervor, der dann die Fähigkeit der deutschen Natur zur Herrschaft in diesen Zeiten nationaler Sklaverei bewies wie kein anderer.

Die Musik ist in Wahrheit die Erweckerin deutschen Lebens gewesen, sie hat das Erdreich vorbereitet, den Acker gepflügt, so daß nachher die Saat der Dichtung in so unvergleichlich schneller und reicher Weise aufgehen konnte. Denn die Musik ist eine Kunst des Volkes. Jeder vermag ihr nahezukommen und, was wichtiger ist, jeder vermag sie auszuüben. Hier erweist sich die ungeheure und mit den entsprechenden Verhältnissen auf den anderen Kunstgebieten gar nicht zu vergleichende Bedeutung der Reproduktion in der Musik noch rein als Segen, nicht als Fluch der Verweichlichung des Geschmacks und des Charakters, noch als Verleitung zum blöden und hochmütigen Dilettantismus, wie wir ihn heute haben. Aber man denke daran, wieviel Tausende damals in den Kirchenchören singend mitwirkten, also künstlerisch tätig waren; wieviel Tausende bescheidener kleiner Instrumentalisten in allen Kirchen und Kirchlein Deutschlands musizierten. Wie sie dann diese Musik hinaustrugen aus der Kirche ins Leben, so daß am bescheidensten Ort Kunst aus dem Leben herauswuchs und so ganz mit diesem Leben verwuchs, das von den meisten Volksgewohnheiten, von den meisten Volkseinrichtungen, geschweige denn von den Volksfesten die Musik gar nicht zu trennen ist.

Damit diese musikalische Kultur aus einer Herzensangelegenheit der Einsamen, aus der Religion der Gemeinde und der Unterhaltung eines bescheidenen Lebens zur bewußten Schönheitskultur werden konnte, bedurfte es eines anderen Schauplatzes, als Nord-, Mittel- und Südwestdeutschlands, wo sich bislang die neuere deutsche Geistesentwicklung vollzogen hatte. Dieser Schauplatz war Wien.

Man hat es seither als ein » Capua der Geister« oft gescholten. Zum Teil sicher mit Recht. Seit Jahrzehnten schließt auch die Bezeichnung » Capua des Gemüts« einen Tadel ein, obwohl man nicht verkennen sollte, daß diese Wiener Sentimentalität, die dem dortigen Volksstück und dem Wiener Lied so leicht einen üblen Beigeschmack gibt, doch auch heute noch den Wert in sich trägt, von einer immer materialistischer und berechnender werdenden Weltauffassung abzulenken. Diese Weichheit des Gemüts war aber vor allen Dingen zu einer Zeit wertvoll, als es galt, die Sprödigkeit und Härte, die sich in einer langen Zeit der Not auf das deutsche Leben gelegt hatte, zu überwinden. Gewiß, den höchsten Wert brachten jene, die mit der vulkanischen Urgewalt eines glühenden Empfindens diese ungeheure Schuttmasse durchbrachen und mit den Feuerbränden ihrer Leidenschaft in vorher ungeahnte Höhen emporlohten, ein vorher nie gekanntes Feuer der Begeisterung entfachten. Aber wenn wir sehen, wie ein Klopstock, wie selbst ein Goethe durch die Sentimentalität hindurchgegangen sind, sollte man nicht verkennen, daß diese offenbar eine Notwendigkeit zur Gesundung war. Und wenn die Herrlichkeit Goethes darauf beruht, daß er diese Sentimentalität rasch überwand, so müssen wir wiederum bedenken, daß die Entwicklung der Masse sich nur langsam vollzieht, für sie auf lange Zeit hinaus notwendig oder doch segensreich ist, was der begnadete Einzelne in kurzer Frist für sich nutzbar machen kann. Und dann wollen wir nicht vergessen, daß diese Wiener Sentimentalität an Ort und Stelle ein gesundes Gegengewicht hat in der Wiener Lustigkeit. Und damit komme ich auf die dritte hervorstechende Eigenschaft Wiens, durch die es wohl am segensreichsten geworden ist für die deutsche Kultur, durch die es immer wieder auf diese Kultur befruchtend einwirken kann: Wien ist auch das » Capua der Sinne«, die Stätte froher, schöner Sinnlichkeit. Die starke Geistigkeit der deutschen Natur, das Nachinnen-Gekehrtsein des deutschen Lebens haben die mangelnde Ausbildung der Sinne und damit eine Abschwächung derselben zur Folge. So kommt es, daß die deutsche Kunstauffassung im Empfinden für die Schönheit der Form in bedauerlichem Maße versagt, und noch verhängnisvoller ist die Rückwirkung dieser Einstellung auf das Leben, für dessen schöne Gestaltung durch die Kunst wir zu wenig Fähigkeit beweisen. Niemals soll es uns beikommen, zu bedauern, daß die Kunst dem Deutschen in so hohem Maße Herzenssache ist, daß sie vor allem einen Wert seines Innendaseins, seines seelischen und geistigen Lebens bedeutet. Aber ebensowenig dürfen wir verkennen, daß darin eine Einseitigkeit liegt, die uns um die köstlichste Erdenfrucht der Kunst betrügt. Erst diese schöne Lebensgestaltung bringt die höchste Harmonie unseres Daseins, und wir haben ja das Glück, auf einen Goethe verweisen zu können und damit den Beweis zu erbringen, daß deutschem Wesen die Vereinigung, der höchste Ausgleich und damit doch gleichzeitig auch die höchste Steigerung dieser Befruchtung des seelisch-geistigen und des sinnlichen Lebens durch die Kunst möglich ist.

Nun ist Wien für die Entwicklung einer mehr sinnlichen Auffassung der Kunst die günstigste Stätte, die wir in deutschen Landen haben. Gerade die Sentimentalität bewirkt dann, daß diese Sinnlichkeit einen deutschen Charakter bewahrt. Die Schönheit der Natur Wiens hat dazu ebenso beigetragen wie die Rassenmischung seiner Bewohnerschaft. Gerade für die Musik mußte diese Blutmischung in der Bevölkerung besonders segensreich werden. Es ist nicht zu verkennen, daß in unserer deutschen Musik der Rhythmus nicht jene Urlebenskraft darstellt, die er ist. Jedenfalls ist durch das harmonische Empfinden das rein rhythmische Gefühl stark zurückgedrängt. Hier wirkt in Wien zweifellos das slawische und ungarische Element außerordentlich belebend. Nicht umsonst haben die Volksweisen dieser Völker vor allem durch ihre Rhythmen auf unsere großen Musiker so stark gewirkt. Und es ist kein Zufall, daß die Entwicklung des deutschen Tanzes, in dem sich doch die höchste Rhythmik der körperlichen Lebensbetätigung offenbart, in Wien vor sich gegangen ist. Von Italien aber kam jenes starke Empfinden für die Schönheit der Linienführung, die sich in der Musik als Melodie im volkstümlichen Sinne des Wortes offenbart. So waren hier tatsächlich alle starken Lebenselemente der Musik zwanglos vereinigt und offenbarten sich in ihren natürlichen Lebensformen, so daß der geniale Künstler gewissermaßen an den Quellen dieses Lebens zu schöpfen vermochte und in sich den harmonischen Ausgleich vollziehen konnte zwischen den bei allen anderen Völkern sich fast nur einzeln darbietenden Wesenskräften der Musik.

Für diese Entwicklung der Musik in Wien wurde es sicher auch zum Vorteil, daß hier vom Sturm und Drang, von der wilden Leidenschaftlichkeit und, später, den schweren Geisteskämpfen, unter denen die neue deutsche Dichtung in Mitteldeutschland, Norden und Westen durchgesetzt wurde, fast nichts zu spüren war. Nicht als ob hier geistige Stumpfheit geherrscht hätte, und als ob eine solche für die Entwicklung der Musik besonders günstig wäre; aber es fehlte doch der eigentliche Kampf. Man erhielt die Ergebnisse der Kämpfe, die drüben durchgemacht wurden. Mit jenen Kämpfen war eine Fülle rein geistiger Arbeit verbunden. Kritik auf allen Gebieten des Lebens mußte in schärfstem Maße geübt werden. So gewiß nun diese ungeheure Lebendigkeit, diese Anspannung aller Kräfte einen herrlichen Anblick gewährt, so sehr eine solche Zeit, wie verschiedene Beispiele belegen, günstig ist für das Herauswachsen einer die stärksten Probleme des Menschenlebens gewaltig ergreifenden Literatur, – die Musik gedeiht besser im Frieden.

Es ist eine der auffälligsten Erscheinungen in der Geschichte der Künste, daß in der Musik alle großen Bewegungen des geistigen und seelischen Lebens später zum Ausdruck gekommen sind als in den anderen Künsten. Man braucht ja nur daran zu denken, daß Palestrina, die reinste Verkörperung des mittelalterlichen Kirchengeistes, erst zur Wirkung gelangt, als auf den anderen Kunstgebieten die Hochrenaissance bereits vorbei ist; daß die musikalische Renaissance erst 1600 im Musikdrama ihr charakteristisches Werk schafft; daß später Richard Wagner die reinste Romantik verkörpert zu einer Zeit, als in unserer Literatur der Realismus bereits in höchster Blüte stand und der Naturalismus sich überall ankündigte. Und auch unser Mozart selber, auch wenn man ihn nicht fälschlich bloß als unvergleichlichen Rokokokünstler ansieht, sondern in ihm den Geist Rousseaus wirksam erkennt, läßt doch noch nichts von dem Sturm und Drang, von dem Faustischen, Titanischen, Prometheischen ahnen, das gerade zu seiner Zeit unsere ganze Dichtung einem Vulkane vergleichbar macht. Erst Beethoven bringt in der Musik diese Weltstimmung zur Geltung.

Allerdings muß man nun hinzusetzen, daß alle diese bedeutsamen Lebensregungen zweifellos in der Musik ihren reinsten, ihren unvermischtesten und darum auch eindrucksvollsten Ausdruck erhalten haben. Nicht einmal der gotische Dom ist so überirdisch, so übersubjektiv, so ganz Gesamtheitsausdruck, und zwar Ausdruck einer Gesamtheit, die ihr Ziel in einem Jenseits hat, wie Palestrinas Musik. Und die Sehnsucht nach dem Wiederbesitz des Altertums, als die sich doch die Renaissance äußerte, ist nirgendwo statt einer Wiedergeburt des bereits Gewesenen so ganz Neugeburt der Individualitäls-Sehnsucht der Menschheit geworden wie in der einstimmigen, von Instrumenten begleiteten Musik, zu der jene Renaissancebestrebungen führten. Nirgendwo ist die Liebenswürdigkeit des Rokoko so lauter und rein verbunden mit der Gefühlsseligkeit der süßen Schwärmerei der Rousseauzeit wie in Mozarts Opern. Nirgendwo ist das Faustische, das Titanische unvermischter Lebensinhalt einer ganz ungeheuren Kunst als bei Beethoven. Und endlich hat ja auch die Romantik sich nirgendwo gestaltungskräftiger, lebensfähiger und lebensspendender gezeigt als in Wagners Musikdramen. Sicher stehen dieses späte Erscheinen und die vollkommene Reinheit und Größe der Erscheinungen zu einander in Wechselbeziehung. Die Musik als Ausdruck entsteht erst, wenn das Herz übervoll ist von einem Gefühl, einem Empfinden. Die Musik ist gewissermaßen das Ventil, durch das die die Seele überfließenden Gefühle ausströmen. Es ist nicht die Zeit der schwachen Ahnungen noch auch die der mühseligen Kämpfe um das Neue, in der dieser Zustand der Seele eintritt, sondern erst, wenn dieses ganze Neue als Besitz von einem Menschen umschlossen werden kann, so daß er davon übervoll wird. Es setzt diese Möglichkeit eine gewisse Ruhe voraus. Es muß ein Gefühl so stark sein, daß es stetig wird, nicht von anderen berührt und beeinflußt. Ich möchte sagen, die Musik sei die am wenigsten journalistische aller Künste. Sie kann nicht im Tagestreiben, im Tagesleben gedeihen. Oder dann höchstens in jenen kleinen Formen des Liedes oder irgendeiner schlagenden Melodie, wie sie z.B. bei allen Revolutionen eine große Rolle gespielt haben. Sonst aber muß für die Musik am günstigsten sein, wenn ein starkes Empfinden sich voll ein- und ruhig ausleben läßt.

Das war im damaligen Wien der Fall, vor allen Dingen auf den Gebieten des Empfindungslebens. Es fehlte hier die Ablenkung durch ein Tatleben, ja sogar die Betätigungsmöglichkeit auf dem Gebiete des sozial- und nationalpolitischen geistigen Schaffens. Dem Bürgerlichen blieben zur höheren geistigen Betätigung nur Wissenschaft und Kunst. Aber auch der größte Teil des Adels wußte in dieser Zeit keine andere Beschäftigung. Des militärischen Lebens war man nach den schweren Anstrengungen des Siebenjährigen Krieges müde; die Staatsmaschine lief so gleichmäßig und ruhig, daß da auch keine lockenden Aufgaben winkten. So hat sich auch der Adel in Deutschland, vor allen Dingen in Österreich, niemals eifriger um die Musik bemüht als in dieser Zeit. Es war zuvor in der Barock- und Rokokozeit so außerordentlich viel gebaut worden, daß dafür wenig mehr zu tun war. Überall standen die zierlichen Landschlößchen, die nach einem heiteren Gesellschaftsleben verlangten. Die Kunst der Geselligkeit aber ist in unvergleichlichem Maße die Musik. Die Musik ist des ferneren die billigste Kunst, erst recht bei den damaligen sozialen Verhältnissen, wo man sich das Hausorchester aus den Dienstboten zusammenstellte. Endlich ist die Musik jene Kunst, bei der der Dilettant es am weitesten bringen kann, weil er hier das Gebiet des Reproduzierens nicht zu verlassen braucht, um doch das volle Empfinden des Kunstschaffens zu haben. Die Namen Haydns, Mozarts und Beethovens (und zwar der dieses letzteren, des großen Revolutionärs, am allermeisten) sind aufs engste mit einer langen Reihe von Namen österreichischer Adelsfamilien verbunden. Diese drei Künstler haben ihr bestes Publikum im Adel gehabt. Und erst mit Schubert verschiebt sich das Verhältnis zugunsten des Bürgerstandes. Bei der Generation der Schumann, Mendelssohn, Chopin denken wir gar nicht mehr an den Adel. Das nachfolgende Virtuosentum setzt das breite Bürgertum der Städte, im höchsten Sinne sogar die Hochfinanz voraus. Und die herrlichste Bedeutung Wagners als Kunstpolitiker liegt darin, daß er das Volk in seiner Gesamtheit wieder aufruft und sich mit seiner Kunst so ans ganze Volk wendet, wie es seit dem deutschen Volkslied Kunst nicht mehr getan hatte, außer in einzelnen Dramen Schillers, der ja in all diesen Dingen mit Wagner eng verwandt ist.

Man muß sich diese sozialen Schiebungen in der Geschichte der Kunst öfter klarmachen, als es zu geschehen pflegt. Vor allen Dingen werden auch die Schicksale der Künstler uns dadurch viel verständlicher und natürlicher. Man hört immer wieder die Verwunderung darüber aussprechen, daß Mozarts Kunst im Volke keinen stärkeren Widerhall gefunden habe, daß er nicht durch die Parteinahme des Volkes zu einer bedeutenden Lebensstellung emporgetragen worden sei. Aber dieses Volk kam gerade auf dem Gebiete, zu dessen Bebauung sich Mozart am meisten berufen fühlte, in der Oper, als Kunstempfänger fast gar nicht in Betracht. Die Oper hatte sich bislang als höfische Unterhaltungsgattung entwickelt. Das Verständnis derselben setzte einen gebildeten Kunstgeschmack voraus, wie ihn nur eine fachmusikalische Erziehung geben kann. Man muß etwas von Gesangstechnik verstehen, man muß Formempfinden haben, um an der alten italienischen Oper Gefallen zu finden. Bisher war das Volk doch lediglich als Zuschauer geduldet worden. Erst jetzt fing man an, daran zu denken, die Teilnahme dieses Volkes zu wecken. An verschiedenen Stellen wird der Plan einer Nationalbühne, einer Nationaloper aufgenommen. Aber das alles waren doch erst Anfänge, die überall wieder ins Stocken gerieten. Andererseits ist es nun sehr leicht begreiflich, daß die Adelskreise an Mozarts Opernmusik nicht das volle Gefallen fanden. Von Natur konservativ, waren sie in der Bewunderung der alten italienischen Oper erzogen und kamen Mozarts Opern gegenüber ebensowenig auf ihre Kosten, wie die Italiener selber. Das mochte kaum einem von ihnen klarer zum Bewußtsein gekommen sein, als dem aus derselben Kunsterziehung hervorgegangenen Kaiser Joseph II., der, trotzdem er Mozart wohlwollte und doch auch ein sehr geistreicher Mann war, überdies national fühlte, nach der Aufführung der Entführung zu Mozart nichts anderes zu sagen wußte als: »Zu schön für unsere Ohren, und gewaltig viel Noten, lieber Mozart.«

Diese Musik war eben zu anspruchsvoll, zu sehr den ganzen Menschen erheischend und nicht mehr auf bloße Unterhaltung bedacht. Deshalb mochte man in diesen Kreisen auch Gluck eigentlich nicht leiden, und dieser hatte nach Frankreich gemußt, um seine Opernreform durchzusetzen. In Frankreich aber war ihm die dortige Kunstüberlieferung günstig, während sie in Deutschland, das in musikalischer Hinsicht eine italienische Provinz darstellte, entgegenstand. Man fühlt es überall nach, daß Mozarts Zeitgenossen, vor allem die maßgebenden Stellen, viel eher geneigt gewesen wären, ihn als Instrumentalmusiker anzuerkennen. Und das hat tiefe Gründe. In dieser Instrumentalmusik wirkte seit langem deutscher Geist. Hier hatte man nicht gegen Überlieferungen zu kämpfen. Man muß ja immerhin auch bedenken, daß wir es zu leicht als tragisch empfinden, wenn die soziale Stellung eines Mannes nicht mit seiner künstlerischen in Harmonie kommen will. Aber Mozarts pekuniäre Erfolge sind gewiß eher besser gewesen als die anderer Komponisten; ich meine, soweit eben die Erwerbsmöglichkeit durch Kompositionen allein für jene Zeit in Betracht kommt. Was Mozart nicht erlangen konnte, war die sichere feste Lebensstellung. Man sollte sich dabei aber auch nicht verhehlen, daß es ein sehr enger Kreis war, in dem Mozart diese Stellung zu gewinnen suchte, daß er ein in praktischer Hinsicht sehr ungeschickter Mensch war und doch wohl auch in seiner ganzen Art so wenig zum Beamtentum geeignete Eigenschaften bewährte, daß es zumal bei einem sehr sparsamen Monarchen begreiflich erscheint, wenn er nicht gerade eine neue Stellung für ihn schuf, wenn es im übrigen gewandteren Leuten gelang, die vorhandenen Stellen ihm abzujagen. Es muß doch seine Gründe gehabt haben, wenn der Vater Mozarts dauernd allen praktischen Lebensplänen seines Sohnes das größte Mißtrauen entgegensetzte. Gewiß, das alles ist sehr traurig, aber so unbegreiflich ist es keineswegs. Und schwerlich haben spätere Zeiten, die unsere mit eingeschlossen, Grund, sich da überlegen zu dünken. Man muß auch bedenken, daß Österreich damals sehr arm war.

So darf sich uns aus der Kenntnis der späteren Schicksale Mozarts kein ironisches oder schmerzliches Empfinden aufdrängen, wenn wir jene Briefstelle lesen, die an den Beginn dieser Ausführungen gestellt ist. Wien war in der Tat »dermalen der günstigste Ort für einen Mann von seinem Metier«, und war sicherlich auch der günstigste Ort für Mozart selbst. Mozarts feinnervige, so ganz von harmonischer Schönheit erfüllte Künstlernatur bedurfte eines vornehmen Umganges. Es verlangte ihn nach dem Verkehr in seinen, geistig angeregten, für Schönheit empfänglichen Kreisen. Aus hundert Stellen seiner Briefe geht hervor, wie wohl er sich in solcher Umgebung fühlte, wie schmerzlich ihn alles Unfeine berührte. Andererseits vertrug er keinen Zwang. Es mußten Menschen sein, die eine Frohnatur vertrugen, die sehr leicht über die von der gesellschaftlichen Etikette gezogenen Stränge schlug. Ich glaube nicht, daß Mozart beides irgendwo in der Welt besser hätte finden können, als beim Adel in Wien. In der Tat hat er hier auch das höchste gesellschaftliche Entgegenkommen, die denkbar freundlichste Aufnahme gefunden, und er erwähnt auch nicht ein einziges Beispiel, daß ihm jemals in diesen Kreisen der gesellschaftliche Abstand in verletzender Weise nahegelegt worden wäre, während das doch offenbar in Salzburg sehr oft geschehen ist. Das will denn doch in der Zeit vor der französischen Revolution ganz außerordentlich viel bedeuten. Nun aber kam hinzu, daß Mozart sich eigentlich nur bei kunstempfänglichen, musikfreudigen Leuten wohlfühlte. Und auch in der Hinsicht konnte er eine bessere Gesellschaft, als den österreichischen Adel, nicht treffen, in dem, wie Mozart selber später (8. Mai 1782) an seinen Vater schreibt, unter den Frauen und Männern eine Menge sehr guter Dilettanten waren. Auch hat er selber seine treuesten und gelehrigsten Schüler in diesen Kreisen gefunden.

Aber auch für die Oper, die Mozart so sehr am Herzen lag, schien Wien damals der beste Platz zu sein. Kaiser Joseph II. hatte die nationale Bedeutung des Theaters erkannt. Schon 1776, noch vor Maria Theresias Tode, hatte er das Wiener Theater dem ungünstigen Einfluß privater Geschäftsmacherei entzogen und es zum Hof- und Nationaltheater gemacht, wodurch es rasch eine bedeutsame Höhe erreichte. Denn der früher übliche Charakter einer höfischen Unterhaltungsstätte wurde ebenso glücklich vermieden. Die allgemeine Teilnahme der Bürgerschaft und eine lebhafte Kritik steigerten die Leistungen der tüchtigen Schauspieler und verliehen diesen auch eine höhere soziale Bedeutung, als sie früher den Genossen des Hanswursts beschieden gewesen war. So fand Mozarts Theaterliebe hier reiche Nahrung. »Meine einzige Unterhaltung«, berichtet er der Schwester, »besteht im Theater; ich wollte Dir wünschen, hier ein Trauerspiel zu sehen. Überhaupt kenne ich kein Theater, wo man alle Arten Schauspiele vortrefflich aufführt, aber hier ist es. Jede Rolle – die mindeste, schlechteste Rolle ist gut und doppelt besetzt.« Auch die Oper versuchte der Kaiser dem nationalen Gedanken dienstbar zu machen. Es war schade, daß hier sein persönlicher Geschmack nicht mit seinen Unternehmungen im Einklang stand, denn er liebte vor allem die Italiener und blieb dauernd Anhänger einer leichten, sinnlich gefälligen Musik. So mögen es wohl mehr Gründe einer gewiß berechtigten, aber doch gerade gegenüber der Kunst meist übel angewandten Sparsamkeit gewesen sein, wenn er das Ballett und die kostspielige italienische Oper aufhob. Die Stelle der letzteren sollte nun ein Nationalsingspiel einnehmen.

Das Singspiel, dessen Entwicklungsgeschichte wir weiter unten bei der Würdigung der »Entführung« näher kennen lernen werden, war damals in ganz Deutschland wohl die beliebteste Theaterunterhaltung. Das deutsche Volk erhielt hier zum erstenmal auf der Bühne einen seiner Natur angemessenen Gesang. Den Theaterdirektoren war die Gattung besonders deshalb willkommen, weil sie einerseits das musikliebende Publikum anzog, andererseits keine besonderen Kosten verursachte. Denn im allgemeinen wurden diese Singspiele nicht von den teuren Gesangskräften, sondern vom Schauspielerpersonal aufgeführt. Dem Kaiser war, wie gesagt, diese »billige« Kunst recht willkommen. So wurde denn auch rasch der erste Versuch mit den gerade vorhandenen Kräften, unter denen nur die von der italienischen Oper zurückgebliebene Sängerin Katharina Cavalieri höheren Ansprüchen genügte, unternommen. Einige stimmbegabte Schauspieler übernahmen die anderen Rollen, für den Chor wurden die nötigen Kräfte aus den Kirchengesangvereinen zusammengestellt. Auf diese Weise wurde am 17. Februar 1778 die Wiener deutsche Oper mit der Operette »Die Bergknappen« des Bratschisten Umlauf eröffnet. Das nächste Jahr brachte dann noch vierzehn weitere kleine Werke, meist Übersetzungen aus dem Französischen und Italienischen, einige wenige auch von Wiener Musikern neu komponiert.

Die Wiener waren aber in musikalischer Hinsicht zu sehr verwöhnt worden, als daß ihnen jetzt diese bescheidenen Leistungen lange genügt hätten. So mußte man auf die Gewinnung besserer Gesangskräfte bedacht sein. Aus diesem Grunde war Aloysia Weber von München weggeholt worden; für hochdramatische Partien gewann man in Antonia Bernasconi, die bereits zehn Jahre früher in des jungen Mozarts »Mitridate« die wichtigste Frauenrolle gesungen hatte, eine berühmte Kraft. Sie war übrigens, trotz ihres italienischen Namens, genau so wie die treffliche Koloratursängerin Cavalieri, eine geborene Deutsche. Therese Teyber war eine sehr gute Soubrette. Dazu kamen neben verschiedenen brauchbaren Sängern für kleinere Rollen der vorzügliche Tenorist Adamberger und der Bassist Fischer, einer der größten Schauspielersänger, über die die deutsche Bühne je verfügt hat. Damit war nun die Vorbedingung erfüllt, um das bisher musikalisch recht dürftige deutsche Singspiel bedeutend zu steigern. Leider aber fehlten die Komponisten und die geeigneten Stücke. Gluck komponierte seit seiner »Iphigenie auf Tauris« nicht mehr, bearbeitete nur seine bereits vor einem Vierteljahrhundert französisch gegebenen »Pilgrime von Mekka« für die deutsche Bühne. Sein musikalischer Erbe, Antonio Salieri, (1750-1825), war zu sehr Italiener, als daß er für eine deutsche Oper hätte tätig sein können. Sein »Rauchfangkehrer« (1781) hatte denn auch wenig Erfolg. Nun hätte man ja den Spielplan aus der großen Zahl der in Norddeutschland mit stärkstem Erfolge gegebenen Singspiele von Hiller, Benda, Schweitzer, André, Reichardt und anderen sehr leicht bereichern können, wäre nicht die Abneigung gegen diese norddeutsche »lutherische« Musik unüberwindlich gewesen. Dieser Gegensatz hatte natürlich auch den musikalischen Grund, daß man hier in Wien doch eine reichere gesangsmäßige Ausbildung des Musikalischen verlangte, als in jenen norddeutschen Singspielen üblich war. So fehlte also für diese allgemein ersehnte neue deutsche Oper der geeignete Mann. Wer war für diese in jeder Hinsicht bedeutsame Aufgabe mehr berufen als unser Mozart?

So schien es eine in jeder Hinsicht günstige Schicksalsfügung, daß Wolfgang nach Wien gekommen war.

Für das reich bewegte nächste Lebensjahr sind wir durch Mozarts Briefe aufs beste unterrichtet. Gerade weil der Vater ihn die Verärgerung über den Streit mit dem Erzbischof andauernd merken ließ, befleißigte sich Wolfgang doppelt, ihm seine unveränderte Liebe und Anhänglichkeit zu bezeugen. So ließ er auch kaum einen Posttag vorübergehen, ohne Briefe nach Salzburg zu senden. Und da er sie nun nicht mehr »mit der Sauhistorie« (16. Juni l781) zu füllen brauchte, unterhielt er die daheim vor allem wieder über sein künstlerisches Schaffen und Wollen. Allerdings dauerte die Ruhe nicht lange; bald mußte er einen neuen ebenso wichtigen Lebensschritt seinem Vater gegenüber begründen und durchkämpfen. Gleichzeitig mit der »Entführung aus dem Serail« bereitete sich jene »Entführung aus dem Auge Gottes« vor, wie er später scherzhaft seine Verheiratung mit Konstanze Weber zu bezeichnen pflegte. Da im Leben beides ineinandergeht, wollen wir es auch in unserer Darstellung nicht trennen.

Nun war also Mozart auch für die Gestaltung seines äußeren Lebens ganz auf sich selbst angewiesen. Der Vater hat es ihm recht schwer gemacht. Anstatt dem in allen praktischen Dingen so wenig Veranlagten und obendrein ganz Unerfahrenen mit wohlwollendem Rat zur Seite zu stehen, hat er ihn durch überflüssige Ermahnungen und Quängeleien und die stete Krittelei alles bereits Getanen nur unsicher gemacht und sicher oft dadurch gerade das Gegenteil von dem erreicht, was er bezweckte. Wir können die grundgütige Natur Wolfgangs, seine tiefe Liebe und Verehrung für den Vater an nichts besser ermessen, als daß er sich trotzdem niemals zu irgend einem scharfen Wort hinreißen ließ. Das bezeugt gleichzeitig, daß der im praktischen Leben wohl oft recht unsichere Künstler seelisch und geistig außerordentlich weit gereift war. Auch der Kampf, in den er um seiner Liebe willen mit dem Vater geriet, bezeugt das. Uns Heutigen kommt es ja, wenigstens in der Theorie, als selbstverständlich vor, wenn ein Mann die Rechte seiner Liebe gegen allen äußeren Widerstand durchsetzt. Für die Zeit Mozarts war das noch etwas Ungewöhnliches. Noch war damals die Autorität der Eltern gegenüber ihren Kindern so uneingeschränkt, daß es das Gewöhnliche war, daß der Ehebund der Jugend aus den Erwägungen des Alters heraus geschlossen wurde. Wolfgang hat von früh an nicht nur alle irgendwie berechnenden Erwägungen bei der Wahl seines Herzens ausgeschlossen; er hat an seiner Liebe auch dann treu festgehalten, als er sich eingestehen mußte, daß auch aus geistigen und ethischen Erwägungen heraus Gegengründe zu Recht bestanden. Keiner unserer Dichter hat überzeugender vom sieghaften Rechte der Liebe gesungen, als Mozart es gelebt hat. Auch darin ist er das Kind einer neuen Zeit. Und wenn die »kluge« Welt, wie ja fast immer, auch in diesem Fall, recht behalten hat – er hat seine Handlungsweise nie bereut; ihm ist sicher niemals der Gedanke gekommen, daß er anders hätte handeln können, als er es nach dem Gebote seiner inneren Stimme getan hatte.

Die erste Zeit ließ sich äußerlich ja keineswegs günstig an. Es war inzwischen der Hochsommer herangerückt. Die vornehmen Herrschaften waren auf dem Lande. Wolfgang, der nur sehr ungern unterrichtete, hatte sich von vornherein zum Grundsatz gemacht, nur wenige Klavierstunden zu geben, dafür seinen Preis aber so hoch zu stellen, daß er sich auch äußerlich von der Masse der Stundengeber abhob. Er verlangte sechs Dukaten für zwölf Stunden (ein Dukaten etwa 9 ½ Mark heutigen Geldes). Zunächst hatte er nur eine einzige Schülerin, die Gräfin Rumbeck, die später für eine der bedeutendsten Klavierspielerinnen galt. Doch konnte er sich damit allenfalls durchschlagen und benutzte die viele freie Zeit, um tüchtig zu komponieren, u.a. sechs Klaviersonaten, die im Herbst auf Subskription erscheinen sollten. Denn zunächst war natürlich auch damit nur wenig zu machen, trotzdem die Gräfin Thun und andere vornehme Damen es übernommen hatten, um Abnehmer zu werben.

Besser ließ es sich mit der Oper an. Der Intendant Graf Rosenberg hatte bei einer im Hause Thun veranstalteten Aufführung den »Idomeneo« gehört; außerdem hatte Mozart seine Operette »Zaide« mitgebracht. War nun diese auch wegen des Textbuches unmöglich, so hatte doch die Musik dem Inspizienten der Oper, Stephanie d. J., einen so guten Eindruck gemacht, daß er ihm ein neues Stück zu schreiben versprach. Nun erfreute sich dieser Stephanie keines guten Rufes; er galt für unzuverlässig und eigennützig. Wolfgang war vor ihm auf der Hut, glaubte aber doch, und zwar diesmal mit Recht, daß er sich auf den Dichter, dessen Geschicklichkeit er sehr hoch schätzte, verlassen dürfe.

Inzwischen erhoben sich neue Schwierigkeiten. Als Mozart Anfang Mai das Haus des Erzbischofs hatte verlassen müssen, war es ihm sehr willkommen gewesen, bei der ihm von Mannheim her so vertrauten Familie Weber ein Unterkommen zu finden. Der Vater Weber war gestorben. Die Mutter war, als ihre Tochter Aloysia unter so günstigen Bedingungen nach Wien engagiert war, mit ihren drei anderen Töchtern dahin übergesiedelt und lebte nun mit diesen, seitdem Aloysia den Schauspieler Lange geheiratet hatte, in nicht gerade glänzenden Verhältnissen. Auch wenn sie tatsächlich von ihrem Schwiegersohn so unterstützt worden ist, wie dieser in seiner Selbstbiographie behauptet, mußte es ihr doch willkommen sein, einige Zimmer vermieten zu können. Wolfgang seinerseits fühlte sich in diesem Hause sehr behaglich. Man nahm ihm alle die kleinen Haushaltungssorgen, die für ihn eine wahre Qual bedeuteten, freundlichst ab und wahrte auch alle denkbare Rücksicht auf sein künstlerisches Schaffen. Dem Vater aber kam dies alles nicht geheuer vor. Er war der festen Überzeugung, daß schon in Mannheim die Familie Weber seinen Sohn ins Garn gelockt hatte und vermutete, daß er auch jetzt wieder eingesponnen werden sollte. Der kluge Mann mag wohl im Recht gewesen sein, wenigstens soweit die Mutter Weber in Betracht kam. Aber ebenso unverkennbar ist, daß für Wolfgang seine Unbefangenheit in allen diesen Dingen eine größere Sicherheit darstellte, als wenn er immer auf die Schlechtigkeit und Berechnung der Menschen aufmerksam gemacht wurde, für die er ja doch kein Verständnis und darum auch keine Gegenwaffe in sich trug. Jedenfalls drang der Vater jetzt darauf, daß sein Sohn eine andere Wohnung nehme. Der willigte gern ein, sobald er nur etwas Passendes gefunden haben würde. Er mag sich ja nicht allzu eifrig danach umgetan haben. Was er bei den ihm bekannten Familien Meßmer und Aurnhammer haben konnte, paßte ihm gar nicht. Dafür war dem Vater das Gerücht geworden, er werde eine Tochter der Frau Weber heiraten. Darauf antwortete Wolfgang am 25. Juli 178l: »Ich sage noch einmal, daß ich schon längst im Sinne gehabt, ein anderes Logis zu nehmen, und das nur wegen dem Geschwätz der Leute, und mir ist leid, daß ich es wegen einer albernen Plauderei, woran kein wahres Wort ist, zu tun gezwungen bin. Ich möchte doch nur wissen, was gewisse Leute für Freude haben können, ohne allen Grund so in den Tag hinein zu reden. Weil ich bei ihnen wohne, so heirate ich die Tochter; von verliebt sein war gar die Rede nicht, über das sind sie hinausgesprungen; sondern ich logiere mich ins Haus und heirate. Wenn ich mein Lebetag nicht ans Heiraten gedacht habe, so ist es gewiß jetzt, denn (ich wünsche mir zwar nichts weniger als eine reiche Frau) wenn ich jetzt wirklich durch eine Heirat mein Glück machen könnte, so könnte ich unmöglich aufwarten, weil ich ganz andere Dinge im Kopf habe. Gott hat mir mein Talent nicht gegeben, damit ich es an eine Frau hänge und damit mein junges Leben in Untätigkeit dahinlebe. Ich fange erst an zu leben, und soll es mir selbst verbittern? Ich habe gewiß nichts über den Ehestand, aber für mich wäre er dermalen ein Übel. Nun, da ist kein ander Mittel, ich muß, wenn es schon nicht wahr ist, wenigstens den Schein vermeiden, obwohl der Schein auf nichts anderem beruht, als daß ich da wohne; denn wer nicht ins Haus kommt, der kann nicht einmal sagen, daß ich mit ihr so viel Umgang habe wie mit allen andern Geschöpfen Gottes; denn die Kinder gehen selten aus, nirgends als in die Komödie, und da gehe ich niemals mit, weil ich meistens nicht zu Hause bin zur Komödienstunde. Ein paarmal waren wir im Prater, und da war die Mutter auch mit, und ich, da ich im Hause bin, konnte es nicht abschlagen, mitzugehen; und damals hörte ich noch keine solchen Narrensreden. Dann muß ich aber auch sagen, daß ich nichts als meinen Teil zahlen durfte, – da die Mutter solche Reben selbst gehört und auch von mir aus weiß, so muß ich sagen, daß sie selbst nicht mehr will, daß wir zusammen wohin gehen sollen, und mir selbst geraten, wo anders hinzuziehen, um fernere Verdrießlichkeiten zu vermeiden. Denn sie sagt, sie möchte nicht unschuldigerweise an meinem Unglück schuld sein. Das ist also die einzige Ursache, warum ich schon längst (seitdem man so schwätzt) im Sinn gehabt, wegzuziehen, und insoweit Wahrheit gilt, habe ich keine, was aber die Mäuler anbelangt, habe ich Ursache; und wenn diese Reden nicht gingen, so würde ich schwerlich wegziehen, denn ich werde freilich leicht ein schöneres Zimmer bekommen, aber die Kommodität und so freundschaftliche und gefällige Leute schwerlich. Ich will auch nicht sagen, daß ich im Hause mit der mir schon verheirateten Mademoiselle trotzig sei und nichts rede, aber verliebt auch nicht. Ich narriere und mache Spaß mit ihr, wenn es mir die Zeit zuläßt (und das ist nur abends, wenn ich zu Hause soupiere, denn morgens schreibe ich in meinem Zimmer und nachmittags bin ich selten zu Hause) und also, sonst weiter nichts. Wenn ich die alle heiraten müßte, mit denen ich gespaßt habe, so müßte ich leicht 200 Frauen haben.«

In der Tat war Mozart im Umgang mit Frauen immer sehr lebhaft und von einer Liebenswürdigkeit und Gefälligkeit, die oft falsche Vorstellungen erweckt haben mag. Das war wohl auch der Fall bei der Familie Aurnhammer, deren Tochter Josephine für eine der besten Klavierspielerinnen Wiens galt. Wolfgang verkehrte sehr viel im Hause, spielte eifrig mit der jungen Dame; als man ihn aber recht deutlich merken ließ, daß eine noch viel innigere Verbindung willkommen wäre, auch der Vater von Salzburg aus bedeutete, daß ihm dieser Verkehr nicht unangenehm sei, bewährte sich Wolfgang wieder einmal als scharfer Beobachter und zeigte in einem ausführlichen Briefe an den Vater, daß er noch nichts von der Salzburger »Schlimmheit« eingebüßt hatte. Aber mit so bitterem Spott er die Familie und die Tochter überschüttete, er war doch immer wieder gutmütig genug, ihr in ihren künstlerischen Unternehmungen behilflich zu sein.

Inzwischen hatte sich seine Opernangelegenheit entschieden. Am 1. August konnte er dem Vater berichten: »Nun hat mir vorgestern der junge Stephanie ein Buch zu schreiben gegeben ... Das Buch ist ganz gut. Das Sujet ist türkisch und heißt: »Belmont und Konstanze oder: Die Verführung aus dem Serail.« Die Sinfonie, den Chor im ersten Alt und Schlußchor werde ich mit türkischer Musik machen. Mad. Cavalieri, Mademoiselle Teyber, Mr. Fischer, Mr. Adamberger, Mr. Dauer und Mr. Walter werden dabei singen. Mich freut es so, das Buch zu schreiben, daß schon die erste Arie von der Cavalieri und die von Adamberger und das Terzett, welches den ersten Akt schließt, fertig sind. Die Zeit ist kurz, das ist wahr, denn im halben September soll es schon aufgeführt werden; allein die Umstände, die zu der Zeit, da es aufgeführt wird, dabei verknüpft sind und überhaupt alle andern Absichten erheitern meinen Geist dergestalt, daß ich mit der größten Begierde zu meinem Schreibtisch eile und mit größter Freude dabei sitzen bleibe. – Der Großfürst von Rußland wird hierherkommen, und da bat mich Stephanie, ich sollte, wenn es möglich wäre, in dieser kurzen Zeit die Oper schreiben; denn der Kaiser und Graf Rosenberg werden jetzt bald kommen, und da wird gleich gefragt werden, ob nichts Neues in Bereitschaft sei; da wird er dann mit Vergnügen sagen können, daß der Umlauf mit seiner Oper (die er schon lange hat) fertig werden wird, und daß ich extra eine dafür schreibe, – und er wird mir gewiß ein Verdienst daraus machen, daß ich sie aus dieser Ursache, in dieser kurzen Zeit zu schreiben übernommen habe.« Diese günstigen Umstände beflügelten seine Schaffenskraft, so daß er bereits eine Woche später berichten kann: »Ich bin den Augenblick eben mit dem Janitscharenchor fertig. Adamberger, die Cavalieri und Fischer sind mit ihren Arien ungemein zufrieden. – Ich hab' der Gräfin Thun was fertig ist hören lassen; sie sagte mir auf die Letzt, daß sie sich getraue mit ihrem Leben gutzustehen, daß das, was ich bis dato geschrieben, gewiß gefallen wird. – Ich gehe in diesem Punkt auf keines Menschen Lob und Tadel, bevor so Leute nicht alles im ganzen gehört oder gesehen haben, sondern folge schlechterdings meinen eigenen Empfindungen – Sie mögen aber daraus sehen, wie sehr sie damit muß zufrieden gewesen sein.« Schon am 22. August war der erste Akt fertig. Da aber jetzt die Nachricht kam, daß der Großfürst erst im November eintreffen würde, konnte er seine Arbeit ruhiger, »mit mehr Überlegung« schreiben.

Inzwischen war er nun wirklich umgezogen. Den Vater aber hatte die »schlimme« Schilderung der Familie Aurnhammer doppelt verstimmt, einmal weil er seine guten Heiratspläne vernichtet sah, und vor allem wohl, weil er hier den Einfluß der Familie Weber witterte. So mußte ihm Wolfgang am 5. September schreiben: »Aus dem, wie Sie mein letztes Schreiben aufgenommen, sehe ich leider, daß Sie (als wenn ich ein Erzbösewicht oder ein Dalk oder beides zugleich wäre) mehr dem Geschwätz und Schreiberei anderer Leute trauen als mir, und folglich gar kein Vertrauen auf mich setzen. Ich versichere Sie aber, daß mir dies alles gar nichts macht; die Leute mögen sich die Augen aus dem Kopf schreiben, und Sie mögen ihnen Beifall geben, wie Sie wollen, so werde ich mich deswegen um kein Haar ändern und der nämliche ehrliche Kerl bleiben wie sonst. Und das schwöre ich Ihnen, daß wenn Sie es nicht hätten haben wollen, daß ich ein anderes Quartier nehmen sollte, ich gewiß nicht würde ausgezogen sein; denn es kommt mir vor, als wenn einer von seinem eigenen kommoden Reisewagen sich in einen Postwagen setzte. – Doch stille davon, denn es nützt doch nichts, denn die Faxen, die Gott weiß wer Ihnen in den Kopf gesetzt hat, überwiegen doch immer meine Gründe. Nur das bitte ich Sie, wenn Sie mir etwas schreiben, das Ihnen an mir nicht recht ist, und ich schreibe Ihnen dann wieder meine Gedanken darüber, so halte ich es allzeit für etwas, das zwischen Vater und Sohn geredet ist, also ein Geheimnis, und nicht als etwas, das andere auch wissen sollen. Mithin bitte ich Sie, lassen Sie es dann dabei bewenden und adressieren Sie nicht an andere Leute; denn bei Gott, andern Leuten gebe ich nicht fingerlang Rechnung von meinem Tun und Lassen, und sollte es der Kaiser sein. Haben Sie immer Vertrauen auf mich, denn ich verdiene es. Ich habe Sorge und Kümmernisse genug hier für meinen Unterhalt; verdrießliche Briefe zu lesen ist dann gar keine Sache für mich. Ich habe vom Anfang, als ich hierher kam, von mir ganz allein leben müssen, was ich durch meine Bemühung habe erhalten können; die andern haben immer ihre Besoldung dabei bezogen ... Aus allen Ihren Briefen sehe ich, daß Sie glauben, daß ich nichts tue, als mich amüsieren; da betrügen Sie sich wohl stark, ich kann wohl sagen, daß ich gar kein Vergnügen habe, gar keins, als das einzige, daß ich nicht in Salzburg bin.«

Nun erfuhr leider auch die Arbeit an der Oper eine unliebsame Unterbrechung, da Mozart wesentliche Änderungen des Textes für notwendig befunden hatte. Die zogen sich reichlich lang hin, so daß er am 6. Oktober klagt: »Nun verliere ich aber bald die Geduld, daß ich nichts weiter an der Oper schreiben kann; ich schreibe freilich unterdessen andere Sachen, jedoch die Passion ist einmal da und zu was ich sonst vierzehn Tage brauchte, würde ich nun vier Tage brauchen. Ich habe die Arie ex A, von Adamberger, die von der Cavalieri ex B und das Terzett in einem Tage komponiert und in anderthalb Tagen geschrieben; es würde aber auch freilich nichts nützen, wenn die ganze Oper schon fertig wäre, denn sie müßte doch liegen bleiben, bis dem Gluck seine zwei Opern zustande gekommen sind, und da haben sie noch ehrlich daran zu studieren.«

So gelang also auch diesmal das Äußere nicht in dem erhofften Maße. Man hatte beschlossen, Glucks »Iphigenie auf Tauris« in deutscher Bearbeitung, seine »Alceste« italienisch mit den einheimischen Kräften aufführen zu lassen, um so dem Großfürsten eine Vorstellung von der Leistungsfähigkeit zu geben. Für Mozart bedeutete diese Aufnahme zweier Werke des Altmeisters nicht nur die Zurückstellung der in Arbeit stehenden komischen Oper, sondern auch die Zerstörung seines Lieblingswunsches, den »Idomeneo« für Wien neu zu bearbeiten, wobei er daran gedacht hatte, die Rolle des Königs für Baß umzuschreiben, und doch sicher auch die des Idamante aus einer Kastraten- in eine Tenorrolle zu verwandeln. Wäre das geschehen, so würde das Werk sicher noch heute auf der Bühne lebendig sein.

So mußte also auch diese Hoffnung begraben werden. Mozart war ja gewiß vom Glück nicht verwöhnt, aber es zeugt doch für die vollkommene Neidlosigkeit seiner Natur, daß ihm auch nicht ein böses Wort entschlüpft. Erst Mitte November erhielt er wieder etwas für seine Oper zu arbeiten. Wenige Tage später traf dann das »Großtier«, der Großfürst mit seiner Gemahlin, ein. Kurz vorher war auch das herzogliche Paar von Württemberg mit der Prinzessin Elisabeth, die dem Erzherzog Franz zur Braut bestimmt war, und ihr Bruder Ferdinand in Wien eingetroffen. »Der Herzog ist ein charmanter Herr, wie auch die Herzogin und Prinzessin. Der Prinz aber ist ein achtzehnjähriger Stecken und ein wahres Kalb.«

Hier tat sich für Mozart wieder eine Hoffnung auf. Die Prinzessin, deren Ausbildung in Wien vollendet werden sollte, mußte auch einen Musiklehrer bekommen. Da der jüngste Bruder des Kaisers, Erzherzog Maximilian, von Mozart die höchsten Stücke hielt und überall für ihn eintrat, durfte dieser wohl hoffen, die Stelle zu erhalten, wodurch er nicht nur zu einem sicheren Einkommen, sondern überdies zu den günstigsten Verbindungen gekommen wäre. Aber die Fürsprache Maximilians, der später als Kurfürst von Köln ein trefflicher Gönner Beethovens geworden ist, kam offenbar zu spät. Des Kaisers Wohl war von vornherein auf Salieri gefallen. »Bei ihm ist nichts als Salieri«, klagt Mozart. Allerdings schätzte der Kaiser diesen Italiener sehr hoch, der keineswegs jener Theaterbösewicht war, als den ihn die Mozartbiographie häufig hingestellt hat. Daß er schließlich nicht freiwillig beiseite trat, um dem jungen Nebenbuhler Platz zu machen, ist doch menschlich begreiflich. Allerdings hätte Salieri Mozart wenigstens den Klavierunterricht überweisen können, da er selber nur die gesangliche Schulung der Prinzessin übernommen hatte. Dafür wurde aber ein untergeordneter Musiker gewählt. Der Kaiser hegte übrigens von Mozart als Klavierspieler schon damals große Stücke. Das zeigte sich, als er den jungen Künstler am 24. Dezember zu einem Wettbewerb mit Clementi, der damals für den glänzendsten Virtuosen galt, zu Hofe befahl. Wir haben von Clementi und Mozart Berichte über dieses Zusammentreffen, das beide übereinstimmend als sehr vornehmen Wettbewerb zwischen zwei hervorragenden Spielern und bedeutenden Klavierkomponisten schildern. Bemerkenswert ist, daß, wie Clementi sagt, Mozarts äußeres Auftreten so elegant gewesen sei, daß er ihn zunächst für einen kaiserlichen Kammerherrn gehalten hatte. Auch sein Urteil über Mozarts Spiel klingt ganz begeistert. »Ich hatte bis dahin niemand so geist- und anmutsvoll vortragen gehört; vorzugsweise überraschten mich ein Adagio und mehrere seiner extemporierten Variationen, wozu der Kaiser das Thema wählte. Mozart hat dagegen über Clementi sehr scharf geurteilt. »Er ist ein braver Cembalist, damit ist auch alles gesagt. Er spielt gut, wenn es auf die Exekution der rechten Hand ankommt; seine Force sind die Terzenpassagen. Übrigens hat er um keinen Kreuzer Gefühl und Geschmack – mit einem Wort: ein bloßer Mechanikus.« Das stimmt mit unserem musikgeschichtlichen Urteil nicht überein, wobei allerdings festzustellen ist, daß Clementi selber zugibt, er habe in der damaligen Zeit einer äußeren Virtuosität gehuldigt und erst später das gesangreiche Spiel ausgebildet. Jedenfalls war Mozart auch in diesem Fall von jeglichem Neidgefühl frei, was sich auch in der sehr feinen Höflichkeitsbezeugung äußert, daß er später das erste Thema der Sonate, die Clementi bei diesem Wettstreit spielte, zur Grundlage des Allegro der Ouvertüre zur »Zauberflöte« machte.

Während sich so eine bedeutsame Wendung in der Gestaltung seines künstlerischen Berufes immer wieder hinauszögerte, beschleunigte gerade diese Unsicherheit der gesamten Verhältnisse die Entwicklung seiner Liebesangelegenheit. Da Wolfgang immer von rückhaltloser Wahrheitsliebe gegenüber seinem Vater gewesen ist, ist ihm unbedingt zu glauben, daß er, als er bei Webers wohnte, keinerlei Heiratsabsichten hatte. Sicher hat gerade das wiederholte Mahnen seines Vaters und das viele Gerede der Leute ihn erst zur steten Beschäftigung mit diesem Gedanken gebracht. Nun kam hinzu, daß ihm, der von Kindheit an immer bemuttert worden war, das Leben in einer gemieteten Stube höchst unbehaglich sein mußte. Das war bei Webers doch ganz anders gewesen. Er hatte gleich in den ersten Tagen gemerkt, daß ihm »viele Kommoditäten in seinem neuen Logement abgingen, besonders wegen dem Essen; wenn ich recht notwendig zu schreiben hatte, so wartete man mit dem Essen, solange ich wollte, und ich konnte unangezogen fortschreiben und dann nur zur andern Tür zum Essen hineingehen sowohl abends als mittags. Jetzt, wenn ich nicht Geld ausgeben will und mir nicht das Essen in mein Zimmer bringen lassen will, verliere ich wenigstens eine Stunde mit dem Anziehen (welches sonst nachmittags meine Arbeit war) und muß ausgehen, abends besonders. Sie wissen, daß ich mich gemeiniglich hungrig schreibe.«

Alle diese Stimmungen haben rasch zur Reife gebracht, was im Keim doch wohl schon vorhanden war. Er wurde sich seiner Liebe zu Konstanze Weber bewußt; es befestigte sich in ihm die Überzeugung, daß er mit ihr glücklich werden würde, und so tat er den entscheidenden Schritt und verlobte sich. In einem Brief vom 3. Dezember an den Vater hatte er auf eine Ermahnung, daß er an seine unsterbliche Seele denken solle, mit den Zeilen geantwortet: »Eben weil ich das nur zu gewiß weiß und glaube, so habe ich nicht alle Ihre Wünsche so, wie Sie gedacht haben, erfüllen können.« Dieser Satz hatte sofort das Mißtrauen des Vaters geweckt, der von seinem Sohn Aufklärung verlangte. Nun legte ihm dieser in seinem Brief vom 15. Dezember 1781 offen sein ganzes Herzenserlebnis dar: »Liebster Vater! Sie fordern von mir die Erklärung der Worte, die ich zu Ende meines letzten Briefes hingeschrieben habe! – O wie gerne hätte ich Ihnen nicht längst mein Herz eröffnet; aber der Vorwurf, welchen Sie mir hätten machen können, auf so was zur Unzeit zu denken, hielt mich davon ab – obwohl Denken niemalen zur Unzeit sein kann. – Mein Bestreben ist unterdessen, etwas wenig Gewisses hier zu haben – dann läßt es sich mit der Hilfe des Unsichern ganz gut hier leben – und dann – zu heiraten! – Sie erschrecken vor diesem Gedanken? – Ich bitte Sie aber, liebster, bester Vater, hören Sie mich an! – Ich habe Ihnen mein Anliegen entdecken müssen, nun erlauben Sie auch, daß ich Ihnen meine Ursachen, und zwar sehr gegründete Ursachen, entdecke. Die Natur spricht in mir so laut, wie in jedem andern und vielleicht lauter als in manchem großen, starken Lümmel. Ich kann unmöglich so leben wie die meisten dermaligen jungen Leute. – Erstens habe ich zu viel Religion, zweitens zu viel Liebe des Nächsten und ehrliche Gesinnungen, als daß ich ein unschuldiges Mädchen anführen könnte, und drittens zu viel Grauen und Ekel, Scheu und Furcht vor den Krankheiten und zu viel Liebe zu meiner Gesundheit, als daß ich mit H... herumbalgen könnte. Daher kann ich auch schwören, daß ich noch mit keiner Frauensperson auf diese Art etwas zu tun gehabt habe. Denn wenn es geschehen wäre, so würde ich es Ihnen auch nicht verhehlen; denn Fehlen ist doch immer dem Menschen natürlich genug, und einmal zu fehlen wäre auch nur bloße Schwachheit, – obwohl ich mir nicht zu versprechen getraute, daß ich es bei einmaligem Fehlen bewenden lassen würde, wenn ich in diesem Punkte ein einziges Mal fehlte. – Darauf aber kann ich leben und sterben. Ich weiß wohl, daß diese Ursache (so stark sie immer ist) doch nicht erheblich genug dazu ist; – mein Temperament aber, welches mehr zum ruhigen und häuslichen Leben als zum Lärmen geneigt ist, – ich, der von Jugend auf niemals auf gewohnt war, meine Sachen, was Wäsche, Kleidung und dgl. anbelangt, achtzuhaben, – kann mir nichts nötiger denken als eine Frau. – Ich versichere Sie, was ich nicht Unnützes öfters ausgebe, weil ich auf nichts achthabe. – Ich bin ganz überzeugt, daß ich mit meiner Frau (mit dem nämlichen Einkommen, das ich allein habe) besser auskommen werde als so, – und wie viele unnütze Ausgaben fallen nicht weg? – Man bekommt wieder andere dafür, das ist wahr, allein – man weiß sie, kann sich darauf richten und mit einem Worte, man führt ein ordentliches Leben. – Ein lediger Mensch lebt in meinen Augen nur halb, – ich hab' halt solche Augen, ich kann nicht dafür – ich habe es genug überlegt und bedacht – ich muß doch immer so denken.

Nun aber, wer ist der Gegenstand meiner Liebe? – Erschrecken Sie auch da nicht, ich bitte Sie. – Doch nicht eine Weberische? – Ja, eine Weberische? – aber nicht Josepha – nicht Sophie – sondern Konstanze, die mittelste. – Ich habe in keiner Familie solche Ungleichheit der Gemüter angetroffen wie in dieser. – Die Älteste ist eine faule, grobe, falsche Person, die es dick hinter den Ohren hat. – Die Langin ist eine falsche, schlechtdenkende Person und eine Kokette. – Die Jüngste – ist noch zu jung, um etwas sein zu können, – ist nichts als ein gutes, aber zu leichtsinniges Geschöpf! Gott möge sie vor Verführung bewahren. – Die Mittelste aber, nämlich meine gute, liebe Konstanze ist – die Marterin darunter, und eben deswegen vielleicht die gutherzigste, geschickteste und mit einem Worte die beste darunter; – die nimmt sich um alles im Hause an – und kann doch nichts recht tun. O mein bester Vater, ich könnte ganze Bögen vollschreiben, wenn ich Ihnen alle die Auftritte beschreiben sollte, die mit uns beiden in diesem Hause vorgegangen sind; wenn Sie es aber verlangen, werde ich es im nächsten Briefe tun. – Bevor ich Sie von meinem Gewäsche frei mache, muß ich Sie doch noch näher mit dem Charakter meiner lieben Konstanze bekanntmachen. – Sie ist nicht häßlich, aber auch nichts weniger als schön, – ihre ganze Schönheit besteht in zwei kleinen, schwarzen Augen und in einem schönen Wachstum. Sie hat keinen Witz, aber gesunden Menschenverstand genug, um ihre Pflichten als eine Frau und Mutter erfüllen zu können. Sie ist nicht zum Aufwand geneigt, das ist grundfalsch – im Gegenteil ist sie gewohnt, schlicht gekleidet zu sein – denn das wenige, was die Mutter ihren Kindern hat tun können, hat sie den zwei andern getan, aber ihr niemalen. – Das ist wahr, daß sie gern nett und reinlich, aber nicht propre gekleidet wäre; – und das meiste, was ein Frauenzimmer braucht, kann sie sich selbst machen; und sie frisiert sich auch alle Tage selbst – versieht die Hauswirtschaft, hat das beste Herz von der Welt – ich liebe sie und sie liebt mich von Herzen – sagen Sie mir, ob ich mir eine bessere Frau wünschen könnte?

Das muß ich Ihnen noch sagen, daß damals, als ich quittierte, die Liebe noch nicht war, sondern erst durch ihre zärtliche Sorge und Bedienung (als ich im Hause wohnte) geboren wurde. – Ich wünsche also nichts mehr, als daß ich nur etwas weniges Sicheres bekomme (wozu ich auch gottlob wirklich Hoffnung habe), so werde ich nicht nachlassen. Sie zu bitten, daß ich diese Arme erretten – und mich zugleich mit ihr – und ich darf auch sagen, uns alle glücklich machen darf. – Sie sind es ja doch auch, wenn ich es bin? – Und die Hälfte von dem Sichern, was ich bekommen werde, sollen Sie genießen, mein liebster Vater! – Nun habe ich Ihnen mein Herz eröffnet und Ihnen meine Worte erkläret. – – Nun haben Sie Mitleiden mit Ihrem Sohne! Ich küsse Ihnen tausendmal die Hände und bin ewig dero gehorsamer Sohn.«

Man kann sich vorstellen, wie der Vater durch diese Nachrichten niedergeschmettert wurde. So hatten sich also alle seine Befürchtungen bestätigt. Ihm, der die praktische Antüchtigkeit Wolfgangs kannte, stand es fest, daß dieser, wenn er ohne feste Stellung heiratete, seinem sozialen Elend entgegenging. Dann mißtraute er der Familie Weber aufs schärfste. Auch auf Wolfgangs Beurteilung der Frauen gab er nichts, da dieser sich ja bereits in Aloysia Weber so schwer getäuscht hatte. Hinzu kam, daß der Vater bereits mehr wußte, als Wolfgang ihm in diesem Briefe mitteilte. Er hatte erfahren, daß sein Sohn ein schriftliches Eheversprechen gegeben hatte. So schien ihm das Ganze ein abgekartetes Spiel gewesen zu sein, wodurch der unerfahrene Mensch ins Netz gelockt worden war. Aber Wolfgang ließ sich nicht überzeugen. In einem Briefe vom 22. Dezember suchte er dem Vater zu erklären, wie alles gekommen sei. Der Vormund der Weberschen Kinder hatte ihm den Umgang mit Konstanze untersagt. »Was blieb mir also für ein Mittel übrig? – Eine schriftliche Legitimation zu geben oder das Mädchen zu lassen. – Wer aufrichtig und solid liebt, kann der seine Geliebte verlassen? – Kann die Mutter, kann die Geliebte selbst nicht die abscheulichste Auslegung darüber machen? – Das war mein Fall. Ich verfaßte die Schrift also, daß ich mich verpflichte, in Zeit von drei Jahren, die Mademoiselle Konstanze Weber zu ehelichen; wofern sich die Unmöglichkeit bei mir ereignen sollte, daß ich meine Gedanken ändern sollte, so sollte sie alle Jahre 300 fl. von mir zu ziehen haben. – Ich konnte ja nichts Leichteres in der Welt schreiben, denn ich wußte, daß es zu der Bezahlung dieser 300 fl. niemals kommen wird, – weil ich sie niemals verlassen werde. Und sollte ich so unglücklich sein, meine Gedanken verändern zu können, so würde ich recht froh sein, wenn ich mich mit 300 fl. davon befreien könnte, – und die Konstanze, wie ich sie kenne, würde zu stolz sein, um sich verkaufen zu lassen. – Was tat aber das himmlische Mädchen als der Vormund weg war? – Sie begehrte von der Mutter die Schrift, sagte zu mir: »Lieber Mozart! ich brauche keine schriftliche Versicherung von Ihnen, ich glaube Ihren Worten so« – und zerriß die Schrift. – Dieser Zug machte mir meine liebe Konstanze noch werter, und durch diese Kassierung der Schrift und durch das Versprechen auf Parole d'honneur des Vormunds, diese Sache bei sich zu halten, war ich wegen Ihnen, mein bester Vater, einesteils in etwas beruhiget. Denn für Ihre Einwilligung zur Heirat (da es ein Mädchen ist, dem nichts als Geld fehlt) war mir nicht bange zu seiner Zeit, – denn ich kenne Ihre vernünftige Denkungsart in diesem Falle. – Werden Sie mir verzeihen? – Ich hoffe es! – ich zweifle gar nicht.«

Allerdings war der Vater von der schlimmsten Seite her aufgeklärt worden. Wolfgang war wohl mit Recht »ganz voll Zorn und Wut über die schändlichen Lügen des Erzbuben Winter«. Dieser junge Komponist Peter Winter, ein Schüler Abt Voglers, war seit Mannheim Wolfgang sehr feindlich gesinnt. Er hatte, als er auf der Reise von Wien nach Salzburg durchreiste, dem Vater denkbar Schlechtes über Wolfgang, vor allem aber über die Familie Weber mitgeteilt. Winter, der später in Glucks Fußstapfen trat, der Komponist des »Unterbrochenen Opferfestes«, hat im allgemeinen durch sein barsches Auftreten sich den Ruf eines ehrlichen, geradsinnigen Mannes erworben. Seine dauernde Gegnerschaft gegen Mozart brauchte ja nicht Schlechtigkeit, sondern könnte die volle Überzeugung des treuen Voglerschülers sein. Aber es ist doch nachgewiesen, daß Winter kein so gerader Charakter war, wie er schien; und daß er wenigstens Wolfgang beim Vater wohl schwer verleumdet hat, scheint unzweifelhaft, obwohl zugegeben werden muß, daß das ganze Leben im Hause Weber einem, der nicht mit verliebten Augen hinkam, wenig erfreulich gewesen sein mag. Jedenfalls genügte dem Vater zunächst die Erklärung, die ihm sein Sohn schickte, nicht, oder er war auch zu empört, so daß er diesem den erwarteten Brief vorenthielt. Ganz aufgeregt schreibt Wolfgang am 9. Januar 1782: »Ich verstehe nicht, daß ich keinen Brief bekomme. – Sollten Sie so böse sein über mich? – Daß ich Ihnen die Sache so lange verschwiegen, darüber können Sie böse sein, da haben Sie recht. Doch wenn Sie meine Entschuldigung darüber gelesen haben, so können Sie mir schon verzeihen. Und daß ich mich zu verheiraten wünsche, darüber können Sie doch nicht böse sein? – Ich glaube, daß Sie hierin meine Religion und gute Denkungsart am besten haben erkennen können. – O, ich könnte Ihnen auf Ihr letztes Schreiben wohl vieles antworten und viele Einwendungen machen; allein meine Maxime ist: was mich nicht trifft, das achte ich auch nicht der Mühe wert, daß ich davon rede; – ich kann mir nicht helfen, ich bin einmal so. – Ich schäme mich ordentlich, mich zu verteidigen, wenn ich mich falsch angeklagt sehe, – ich denke nur immer, die Wahrheit kommt doch an den Tag. – Nun – ich kann Ihnen von dieser Sache nicht mehreres schreiben, weil ich noch keine Antwort auf meinen letzten Brief habe. – Neues weiß ich nichts, mithin leben Sie wohl. – Ich bitte Sie noch einmal um Verzeihung – und bitte Sie um Nachsicht und Mitleiden für mich. – Ohne meine liebste Konstanze kann ich nicht glücklich und vergnügt sein, – und ohne Ihre Zufriedenheit darüber würde ich es nur zur Hälfte sein, machen Sie mich also ganz glücklich, mein liebster, bester Vater! Ich bitte Sie.«

Und an diesen in den Schlußsätzen ausgesprochenen Entschlüssen war nichts zu ändern. Gern gab Wolfgang den Vorhaltungen seines Vaters zu, daß er selber nicht gerade klug vorgegangen sei, daß die Madame Weber und der Vormund Thorwarth aus zu vieler Sicherheit für sich selbst und ohne Vertrauen gegen ihn gehandelt hätten. Aber »Verführer der Jugend«, das sei auch wieder übertrieben. »Wenn das wahr wäre, was Sie da geschrieben, daß man mir zur Liebe Tür und Tor eröffnet, mir alle Freiheit im Hause gelassen, mir alle Gelegenheit dazu gegeben etc. etc., so wäre die Strafe doch auch noch zu auffallend. – Daß es nicht so ist, brauche ich nicht erst zu sagen: – mir tut die Vermutung weh genug, daß Sie glauben können, daß Ihr Sohn so ein Haus frequentieren könnte, wo es also zugeht. – Nur so viel muß ich Ihnen sagen, daß Sie just das Gegenteil davon glauben dürfen.« Und wenn er zugeben mußte, daß die Mutter gern trank, »und zwar mehr als eine Frau trinken sollte«, daß sie wohl den Gedanken habe, aus dieser Heirat Vorteil für sich zu ziehen – auf seine Konstanze ließ er nichts kommen. »Nur noch dieses – denn ohne dieses könnte ich nicht ruhig schlafen – muten Sie nur meiner lieben Konstanze keine so schlechte Denkungsart zu, – glauben Sie gewiß, daß ich sie mit solchen Gesinnungen unmöglich lieben könnte.« Wolfgang trug eben die Sicherheit seines persönlich reinen Empfindens in sich und damit besaß er auch wirklich den Instinkt der rechten Menschenkenntnis. Er hat sich auch von seinem Standpunkt aus in Konstanze nicht getäuscht. Deshalb schreibt er auch ganz zuversichtlich dem Vater: »Ich wünschte nichts, als daß wir bald zusammenkommen, damit Sie sie sehen und – lieben. Denn Sie mögen die guten Herzen – das weiß ich.«

Bei ihm spielte hier auch das Mitleid mit dem Mädchen, das unter der Unverträglichkeit ihrer Mutter viel zu leiden hatte, stark mit. So tat er denn auch alles, um zwischen seiner Braut und denen daheim ein besseres Verhältnis anzubahnen. Sie schrieb zunächst an die Schwester, schickte dem Nannerl kleine Geschenke, besorgte auch wohl mal eine Nachschrift unter den Briefen des Sohnes. Wolfgang ließ auch dann nichts gegen seine Konstanze aufkommen, als er selber schwer unter ihrem Charakter zu leiden hatte und doch auch deutlich erkennen mußte, daß der Mangel an guter Erziehung bei ihr nicht so leicht würde verwunden werden können. Dieser Jüngling, dem man so oft eine oberflächliche, wenn nicht gar frivole Lebensauffassung zugeschrieben hat, war in Wirklichkeit ein Mann von hohem sittlichem Ernst. Das geht auch aus jenem Briefe hervor, in dem er seiner Geliebten ein Benehmen verwies, an dem die damalige, im allgemeinen doch recht leichtfertige Zeit wohl kaum Anstoß genommen hätte. »Liebste, beste Freundin! Diesen Namen werden Sie mir ja doch noch wohl erlauben, daß ich Ihnen geben darf? So sehr werden Sie mich ja doch nicht hassen, daß ich nicht mehr Ihr Freund sein darf und Sie nicht – mehr meine Freundin sein werden? Und – wenn Sie es auch nicht mehr sein wollen, so können Sie es mir doch nicht verbieten gut für Sie, meine Freundin zu denken, wie ich es nun schon gewohnt bin. Überlegen Sie wohl, was Sie heut' zu mir gesagt haben. Sie haben mir (ungeachtet allen meinen Bitten) dreimal den Korb gegeben und mir gerade ins Gesicht gesagt, daß Sie mit mir nichts mehr zu tun haben wollten. Ich, dem es nicht so gleichgültig ist wie Ihnen, den geliebten Gegenstand zu verlieren, bin nicht so hitzig, unüberlegt und unvernünftig, den Korb anzunehmen. Zu diesem Schritte liebe ich Sie zu sehr. Ich bitte Sie also noch einmal, die Ursache dieses ganzen Verdrusses wohl zu überlegen und zu bedenken, welche war, daß ich mich darüber aufgehalten, daß Sie so unverschämt unüberlegt waren Ihren Schwestern, NB. in meiner Gegenwart zu sagen, daß Sie sich von einem Chapeau haben die Waden messen lassen. Das tut kein Frauenzimmer, welches auf Ehre hält. Die Maxime in Kompanie mitzumachen, ist ganz gut. Dabei muß man aber viele Nebensachen betrachten; ob es lauter gute Freunde und Bekannte beisammen sind? ob ich ein Kind oder schon ein Mädchen zum Heiraten bin? besonders aber ob ich eine versprochene Braut bin? hauptsächlich aber, ob lauter Leute meinesgleichen oder niedrigere als ich, besonders aber vornehmere als ich dabei sind? – Wenn es sich wirklich die Baronin [Waldstädten] selbst hat tun lassen, so ist es ganz was anderes, weil sie schon eine übertragene Frau (die unmöglich mehr reizen kann) ist – und überhaupt eine Liebhaberin vom etcetera ist. Ich hoffe nicht, liebste Freundin, daß Sie jemals so ein Leben führen wollten wie sie, wenn Sie auch nicht meine Frau sein wollen. Wenn Sie schon dem Triebe, mitzumachen – obwohl das Mitmachen einer Mannsperson nicht allzeit gut steht, desto weniger einem Frauenzimmer, – konnten Sie aber unmöglich widerstehen, so hätten Sie in Gottes Namen das Band genommen und sich selbst die Waden gemessen (so wie es noch alle Frauenzimmer von Ehre in meiner Gegenwart in dergleichen Fällen getan haben), und sich nicht von einem Chapeau (ich, – ich – würde es niemalen im Beisein anderer Ihnen getan haben), ich würde Ihnen selbst das Band gereicht haben, desto weniger also von einem Fremden, der mich gar nichts angeht. – Doch das ist vorbei und ein kleines Geständnis Ihrer dortmaligen, etwas unüberlegten Aufführung würde alles wieder gutgemacht haben und – wenn Sie es nicht übelnehmen, liebste Freundin – noch gutmachen. Daraus sehen Sie, wie sehr ich Sie liebe. Ich brause nicht auf wie Sie – ich denke – ich überlege und ich fühle. Fühlen Sie, haben Sie Gefühl, so weiß ich gewiß, daß ich heute noch ruhig werde sagen können: Die Konstanze ist die tugendhafte, ehrliebende, vernünftige und getreue Geliebte des rechtschaffenen und für sie wohldenkenden Mozart.« (29. April 1782.)

Da der Vater einsehen mußte, daß nichts gegen diese Liebe auszurichten sei, drang er um so mehr darauf, von seinem Sohn zu erfahren, wie es sich mit dem »wenigen Gewissen« verhalte, von dem er ihm geschrieben hatte. Wolfgang glaubte drei Eisen im Feuer zu haben. Da war der reiche Fürst Liechtenstein, der sich eine Harmoniemusik einrichten wollte, zu der Mozart die Stücke setzen sollte. Eine zweite Aussicht bot der Erzherzog Maximilian, bei dem Wolfgang in der Tat alles galt und bei dem er sicher Kapellmeister geworden wäre, wenn der Erzherzog damals bereits Kurfürst von Köln gewesen wäre. Aber einstweilen war er noch Koadjutor. So blieb am wichtigsten der Kaiser selbst. Die Reden des Kaisers gegen ihn hatten ihm Hoffnung eingeflößt. Und so suchte Mozart auch, um besser die Gunst des Kaisers zu erlangen, sich der Fürsprache des – Kammerdieners Strack zu versichern. Das ist nun so recht bezeichnend für die damaligen musikalischen Kulturzustände, daß ein Kammerdiener die ausschlaggebende Persönlichkeit in musikalischen Dingen war.

Joseph II. war ein sehr eifriger, aber nicht gerade geschmackvoller Liebhaber der Musik. Zwar war er musikalisch gründlich gebildet; seine schöne Baßstimme war gut geschult, er spielte Cello und Viola, auch Klavier, und besaß eine große Gewandtheit im Partiturspiel. Aber er huldigte doch ganz dem italienischen Geschmack, in dem er durch Salieri bestärkt wurde, und bevorzugte in der Instrumentalmusik ganz leichte, gefällige Unterhaltungsstücke. Von den »Spässen« eines Haydn wollte er bekanntlich nichts wissen, auch Mozart war ihm im Grunde viel zu gediegen. In der Tat war die eigentlich maßgebende Kraft für die Musikwahl bei den täglich im engsten Kreise stattfindenden Nachmittagskonzerten der Kammerdiener Strack, mit dem Salieri sicher zusammenarbeitete, um keinen Wandel eintreten zu lassen. Denn obwohl die vielen Vorwürfe, die gegen Salieri als Mensch erhoben worden sind, nicht zutreffen, obwohl er ein durchaus rechtlicher und wohlwollender Mann war, so hätte es doch einer ganz bedeutenden menschlichen Größe bei ihm bedurft, wenn er es über sich vermocht hätte, seine eigene künstlerische Stellung dadurch zu erschüttern, daß er Mozart, dessen Überlegenheit er wohl erkannte, in den Vordergrund geschoben hätte. Ebenso hat sicher die Kammerdienerseele Stracks gefühlt, daß bei dieser Gattung von Musik für seinesgleichen eine maßgebende Stellung nicht mehr zu behaupten war. Man darf also sicher annehmen, daß Salieri und Strack eher alles gegen Mozart, als auch nur etwas für ihn taten. Wolfgang tat also sehr klug daran, wenn er sich nicht allzu sehr auf diese Aussichten verließ, sich sogar etwas zurückhielt, wie er denn am 10. April seinem Vater auf das nach Salzburg gelangte Gerücht, der Kaiser werde ihn in seine Dienste nehmen, antwortete: »Die Ursache, daß ich Ihnen nichts davon geschrieben, ist, weil – ich selbst kein Wort davon weiß. Daß auch hier die ganze Stadt davon voll ist und mir schon eine Menge Leute dazu gratuliert haben, ist sicher, und daß beim Kaiser auch ist davon gesprochen worden und er es vielleicht im Sinn hat, will ich ganz gern glauben, – aber bis Dato weiß ich kein Wort. So weit ist es gekommen, daß es der Kaiser im Sinn hat, und das ohne daß ich dazu einen Schritt getan habe. Ich bin etwelchemal zum Herrn v. Strack (welcher gewiß mein recht guter Freund ist) gegangen, um mich sehen zu lassen, und weil ich gern mit ihm umgehe; aber nicht oft, um ihm nicht beschwerlich zu fallen und keine Gelegenheit zu geben, als hätte ich Absichten dabei; – und wenn er als ein ehrlicher Mann reden will, so muß er sagen, daß er nicht ein Wort von mir gehört hat, welches ihm hätte Anlaß geben können nur zu denken, daß ich bleiben möchte, geschweige erst zum Kaiser zu kommen. Wir sprachen nichts als von Musik. Aus eigenem Triebe also und ohn' all Interesse redet er so vorteilhaft von mir beim Kaiser. Ist es so weit ohne mein Zutun gekommen, so kann es auch so zum Schluß kommen. Denn rührt man sich, so bekömmt man gleich weniger Besoldung – der Kaiser ist ohnehin ein Knicker. Wenn mich der Kaiser haben will, so soll er mehr bezahlen, denn die Ehre allein, beim Kaiser zu sein, ist mir nicht hinlänglich.«

Wie er im Grunde seines Herzens dachte, das ging schon aus seinem Briefe vom 23. Januar hervor: »Wenn ich von unserm lieben Gott schriftlich haben könnte, daß ich gesund bleibe und nicht krank sein werde, – o, so wollte ich mein liebes, treues Mädchen noch heute heiraten. – Ich habe nun drei Skolarinnen. – Da komme ich den Monat auf 18 Dukaten. – Denn ich mache es nicht mehr mit 12 Lektionen, sondern monatlich. – Ich habe mit Schaden erfahren, daß sie oft ganze Wochen ausgesetzt; nun aber mögen sie lernen oder nicht, so muß mir jede 6 Dukaten geben. – Auf diese Art will ich noch mehrere bekommen, – doch brauche ich nur noch eine, mit vier habe ich genug, das macht 24 Dukaten, das sind 102 fl. und 24 kr. – Mit diesem kann man hier mit einer Frau (still und ruhig, wie wir zu leben wünschen) schon auskommen, – allein wenn ich krank werde, – so haben wir keinen Kreuzer einzunehmen. – Ich kann freilich das Jahr wenigstens eine Oper schreiben, ich kann alle Jahre eine Akademie geben, – ich kann Sachen stechen lassen – Sachen auf Subskription herausgeben, – es gibt auch andere bezahlte Akademien, besonders wenn man lange in einem Orte ist und schon Kredit hat. – Solche Sachen wünsche ich mir aber nur als Akzidentien und nicht als Notwendigkeiten zu betrachten – doch – wenn es nicht geht, so muß es brechen, – und ich wage es lieber auf diese Art, als daß ich lange warten sollte. – Mit mir kann es nicht schlechter – sondern es muß immer besser gehen.« Ein Mann von Mozarts Begabung hatte allerdings das Recht, diese Hoffnung zu hegen, zumal da sich damit ein so rastloser Fleiß verband, wie wir ihn bei ihm wieder bewundern müssen. Denn auch in dieser Zeit der vielfältigsten und unangenehmsten Aufregungen und Ablenkungen hat er niemals gerastet. Im November 1781 waren sechs Sonaten für Klavier und Violine erschienen. Jetzt in der Fastenzeit am 3. März gab er eine Akademie, in der er die besten Stücke aus »Idomeneo« aufführte und dann selber sein D-Dur-Konzert spielte, zu dem er sich ein neues Rondo komponiert hatte, das »großen Lärm« machte. Er schätzte es sehr hoch und schickte es nur seiner Schwester, die es wie ein Kleinod verwahren sollte. Zum Schluß hatte er dann in seiner hinreißenden Weise phantasiert, so daß die Akademie sehr erfolgreich war. Dann hatte er auch die Akademie des Fräulein Aurnhammer durch eine »expreß dazu komponierte Sonate zu zweien unterstützt, die allen Sukzeß gehabt hat«. Für seine Schülerinnen schrieb er leichte Sachen, als Variationen und dergleichen. Auch drei Arien mit Variationen schrieb er zu dieser Zeit. Er hatte also vollkommen recht, wenn er über die Vorhaltungen der Schwester, daß er zu wenig schreibe, etwas ungehalten wurde. »Du darfst aus dem, daß ich Dir nicht antworte, nicht schließen, daß Du mir mit Deinem Schreiben beschwerlich fällst! – Ich werde die Ehre, von Dir, liebe Schwester, einen Brief zu erhalten, allezeit mit dem größten Vergnügen aufnehmen; – wenn es meine (für meinen Lebensunterhalt) notwendigen Geschäfte zuließen, so weiß es Gott, ob ich Dir nicht antworten würde! – Habe ich Dir denn gar niemals geantwortet? – Also, Vergessenheit kann es nicht sein – Nachlässigkeit auch nicht, mithin ist es nichts als unmittelbare Hindernisse – wahre Unmöglichkeit! – Schreibe ich meinem Vater nicht auch wenig genug? – Schlecht genug, wirst Du sagen! Aber um Gottes willen – Sie kennen doch beide Wien! – Hat ein Mensch (der keinen Kreuzer sicheres Einkommen hat) an einem solchen Orte nicht Tag und Nacht zu denken und zu arbeiten genug? – Unser Vater, wenn er seine Kirchendienste und Du Deine paar Skolaren abgefertigt hast, so können Sie beide den ganzen Tag tun, was Sie wollen, und Briefe schreiben, die ganze Litaneien enthalten, – aber ich nicht. Ich habe meinem Vater schon letzthin meinen Lebenslauf beschrieben, und ich will ihn Dir wiederholen. – Um 6 Uhr früh bin ich schon allezeit frisiert, um 7 Uhr ganz angekleidet. Dann schreibe ich bis 9 Uhr. Von 9 Uhr bis 1 Uhr habe ich meine Lektionen, dann esse ich, wenn ich nicht zu Gaste bin, wo man dann um 2 Uhr und auch 3 Uhr speist, wie heute und morgen bei der Gräfin Zichy und Gräfin Thun. Vor 5 Uhr abends oder 6 Uhr kann ich nichts arbeiten, und öfters bin ich durch eine Akademie daran verhindert; wo nicht, so schreibe ich bis 9 Uhr. Dann gehe ich zu meiner lieben Konstanz, – allwo uns das Vergnügen, uns zu sehen, durch die bitteren Reden ihrer Mutter mehrenteils verbittert wird – welches ich meinem Vater im nächsten Brief erklären werde – und daher gehört der Wunsch, daß ich sie sobald möglich befreien und erretten möchte. – Um halb 11 Uhr oder 11 komme ich nach Haus; – das besteht von dem Schuß ihrer Mutter oder von meinen Kräften, ihn auszuhalten. – Da ich mich wegen den vorfallenden Akademien und auch wegen der Unsicherheit, ob ich nicht bald da, bald dort hingerufen werde, auf das Abendschreiben nicht verlassen kann, so pflege ich (besonders wenn ich früher nach Hause komme) noch vor dem Schlafengehen etwas zu schreiben. Da verschreibe ich mich öfters bis 1 Uhr – und dann wieder um 6 Uhr auf. – Liebste Schwester! Wenn Du glaubst, daß ich jemals meinen liebsten, besten Vater und Dich vergessen könne, so – – doch still! Gott weiß es, und das ist mir Beruhigung genug, – der soll mich strafen, wenn ich es kann! – Adieu.«

Und auch die Oper schlief keineswegs, wenn auch die Aufführung immer mehr hinausgeschoben wurde und die zahlreichen Veränderungen im Textbuch vielen Aufenthalt verursachten. Am 8. Mai hatte er der Gräfin Thun den zweiten Akt »vorgeritten«, am 29. Mai kündigte er an, daß wenige Tage später die erste Probe sei. Allerdings gab es auch jetzt allerlei Kabalen, so daß es des ausdrücklichen Befehls des Kaisers bedurfte, bevor die Oper am 16. Juli 1782 im Burgtheater gegeben wurde. Die höchsten Erwartungen wurden übertroffen. Das gedrängt volle Haus spendete reichen Beifall, der Dakapo-Rufe war kein Ende. In rasch aufeinander folgenden Aufführungen bürgerte sich das Werk endgültig auf der deutschen Bühne ein.

»Die Entführung aus dem Serail«

»schlug alles nieder. Alles unser Bemühen, uns im Einfachen und Beschränkten abzuschließen, ging verloren, als Mozart auftrat.« Mit diesen Worten kennzeichnete Goethe, als er in den Annalen auf seine eigene Bemühung um die Hebung des deutschen Singspiels zurückblickte, die Bedeutung von Mozarts Schöpfung.

Goethe, über dessen Verhältnis zur Musik oft recht absprechend von oben herab geurteilt wird, mag in der Tat für eigene musikalische Tätigkeit nicht so hervorragend veranlagt gewesen sein, daß ihm ein nachhaltigeres Bemühen um die Ausbildung seiner Fähigkeiten lohnend erschienen wäre. Es mögen da aber ebensogut äußere Verhältnisse mitgewirkt haben. Ich glaube das sogar. Denn wir haben andererseits keinen Dichter, der dauernd solche Sehnsucht nach Musik fühlte, der vor allen Dingen so genau erkannte, welche Bedürfnisse die Musik bei einer Dichtung erfüllt finden muß, mit der sie sich vereinigen will. Und Goethe, der Lyriker, der nach eigenen Geständnissen innerlich seine Lieder sang, wenn er sie schuf, der der Geliebten rät: »Nur nicht lesen! Immer singen, und ein jedes Blatt ist dein!« hat zeitlebens in der Vereinigung von Musik und Dichtung das erstrebenswerte Ziel einer besonders glücklichen und beglückenden Kunsterscheinung gesehen. So lag ihm denn auch die Oper besonders am Herzen. Wir müssen vor allem bedenken, daß die Zeit seiner wichtigen Entwicklung vor die große Periode der deutschen Musik fällt; daß er ferner in Weimar keine Gelegenheit hatte, große Musik zu hören und andererseits auch niemals mit jenem wirklich bedeutenden Komponisten zusammentraf, – seine Begegnung mit Beethoven hatte er erst als Sechzigjähriger – der das zu verwirklichen imstande gewesen wäre, was ihm innerlich vorschwebte. Sonst wären sicher manche Opernpläne, die ihm jetzt nur einmal in Gedanken aufschössen, zur Ausführung gekommen. Was Goethe damals auch im kleinen Weimar hören konnte, waren einerseits die deutschen Singspiele und dann im Jahre 1784 eine Folge von italienischen komischen Opern. Später hat er bei seinem Aufenthalt in Italien seine Kenntnisse gerade auf diesem Gebiete vertieft. Diese Bekanntschaft mit Singspiel und komischer Oper hat ihn zur Dichtung von acht Singspielen veranlaßt, über die man doch gewöhnlich zu leichten Sinnes hinweggeht. Ihn reizte eine Gattung, in der »Leben, Bewegung mit Empfindung gewürzt, alle Arten Leidenschaften ihren Schauplatz finden. Besonders freute ihn die Delikatesse und Grazie, womit der Komponist gleichsam als ein himmlisches Wesen über der irdischen Natur des Dichters schwebt.« Daß Goethe sich dann besonders zum Singspiel und der Opera buffa, dagegen nicht zur Opera seria hingezogen fühlte, hat, wenn es auch von ihm nirgendwo ausgesprochen wird, den tiefsten Grund darin, daß für seine so ganz mit dem Leben verwachsene und aus diesem herauswachsende Kunst die Opera seria zu sehr künstliches Gebilde, zu unlebendig war. Andererseits konnte ihn doch der Zustand, in dem sich Opera buffa und Singspiel darboten, nicht befriedigen.

Die komische Oper, zu der wir das Singspiel im großen und ganzen einrechnen können, ist überall aus der Auflehnung des gesunden volkstümlichen Kunstempfindens gegen die künstlich gezeugte und aus rein artistischer Kunstanschauung am Leben erhaltene große Oper entstanden. Inhalt, Charaktere und Art der Komposition blieben hier im letzten Sinne volkstümlich. Bei der italieniichen Opera buffa tritt dieser Charakter rein musikalisch nicht so deutlich als Gegensatz zur Opera seria hervor, weil ja auch diese eine Schöpfung der Italiener war. Viel deutlicher zeigt sich diese innere Gegensätzlichkeit der beiden Gattungen in jenen Ländern, wo die Opera seria als Fremdkörper wirken mußte. Auch in Frankreich, das sich seine eigene ernste nationale Oper ausgebildet hatte, konnte diese Kunstgattung das eigentliche Volksempfinden nicht befriedigen.

Wir haben uns hier nur mit Deutschland zu beschäftigen. Da dieses in seiner Kunst damals noch nicht universal, sondern bloß international war, überrascht es uns nicht, daß die Auflehnung des deutschen Empfindens gegen die hier unbestrittener als anderswo herrschende italienische Oper erst durch die Anregung der Fremde erwacht ist.

Schon 1727 hatte das englische Volksbewußtsein sich in Gays » Bettleroper« gegen die Alleinherrschaft der italienischen Oper aufgelehnt. Die zahlreich eingestreuten Volks- und Gassenlieder verschafften dem Werk ungeheuren Erfolg und viele Nachahmungen, unter denen »Der Teufel ist los« (The devil to pay) mit der Fortsetzung »Der fröhliche Schuster« die erfreulichsten waren. Dieses Werk war bereits 1743 nach Berlin verpflanzt worden, hatte aber hier keinen Erfolg, was leicht erklärlich ist, da die englischen Melodien in Deutschland keinen Wiederhall fanden und obendrein ohne alle Begleitung gesungen wurden. Neun Jahre später gewann mit dem gleichen Stück der vielgewandte Leipziger Theaterdirektor Heinr. Gottfr. Koch einen glänzenden Erfolg. Er, der schon längst italienische Intermezzi für ein deutsches Publikum bearbeitet hatte, ließ auch dieses englische Stück durch Chr. F. Weiße (1726-1804) gründlich umarbeiten. Der Erfolg konnte nicht nutzbar gemacht werden, weil der Siebenjährige Krieg dazwischentrat und das Theater ganz in den Hintergrund drängte. Für das deutsche Singspiel wurde aber dieser Aufschub von Vorteil, da Weiße 1759 zu längerem Aufenthalt nach Paris ging.

Im gleichen Jahre (1752), in dem Koch Weißes Bearbeitung des englischen Vorbildes aufgeführt hatte, ist durch Rousseaus »Dorfwahrsager« der Anstoß zur Entwicklung des französischen Singspiels gegeben worden. Auch hier wurde die Gattung mit Jubel aufgenommen und der anschmiegsame Weiße gewann eine Fülle von Anregungen. Nach Hause zurückgekehrt, bearbeitete er 1766 nochmals jenes englische »Der Teufel ist los«; diesmal aber wurden die eingelegten Lieder mit ganz neuen Weisen versehen durch den Leipziger Musiker Joh. Adam Killer (1728-1804), dem in musikalischer Hinsicht der Ruhm des Begründers des deutschen Singspiels zukommt. Die Gattung hatte einen ungeheuren Erfolg. Das Volk, das bislang immer bloß geduldiger Zuschauer bei den Hoffestlichkeiten – eine solche war ja im Grunde die italienische Oper immer – gewesen war, erhielt hier seinen Stoff und hörte seine Musik; denn Hiller hatte ein ausgesprochenes Talent für volkstümliche Melodik. Der Erfolg war so, daß Dichter und Komponist überhaupt nicht rasch genug arbeiten konnten. In Norddeutschland zumal gewann dieses Singspiel im Theater das Übergewicht. In der Zeit von 1765 – 1785 sind in Deutschland weit über hundert verschiedene Singspiele geschaffen worden. Neefe, Wolf, Holly, André, Schweitzer, Stegmann, Benda, Reichardt, Schulz, waren neben Hiller die beliebtesten Komponisten. Wie so oft in der Kunstgeschichte wurden die Vorzüge des Singspiels, auf denen nicht nur sein äußerer Erfolg, sondern auch seine Bedeutung für die Entwicklung beruhte, bald zu schwer empfindlichem Nachteil. Es war ja gewiß ein großer Vorteil für unser damals doch literarisch noch ganz in den Anfängen steckendes Volk, daß es durch diese Singspielliteratur eine aus dem Volksleben geschöpfte, und wenn auch künstlerisch niemals bedeutende, so doch ganz gesunde Unterhaltungsliteratur erhielt. Aber bald erwiesen sich diese leicht gezimmerten, mit Hilfe der Musik alle Gefühle schnell weckenden und in künstlerischer Hinsicht doch zumeist recht dilettantischen Singspiele als böse Hemmung für die Entwicklung eines ernsten deutschen Dramas. In musikalischer Hinsicht war es ein unschätzbarer Vorteil gewesen, daß diese Singspiele von Schauspielertruppen aufgeführt wurden, bei denen die Komponisten nicht auf Gesangskunst rechnen durften. Dadurch waren sie nämlich gezwungen, volkstümliche Melodien zu geben, die jeder singen konnte. Das deutsche Lied verdankt dem Singspiel mehr als irgend einer anderen Kunstgattung. Dagegen war aus denselben Gründen die musikalische Entwicklung sehr beengt und für jedes musikalisch geschulte Ohr mag der keinerlei höheren Ansprüchen genügende Vortrag der eingestreuten Kompositionen oft recht qualvoll gewesen sein. So erklärt es sich, daß die meisten Dichter und Musiker wenigstens theoretisch sich zu Gegnern des Singspiels bekannten.

Die für mich wunderbarste Eigenschaft der herrlichen Natur Goethes, die sich auch bereits in seiner Jugend offenbarte, ist jene liebevolle Güte zu allen Erscheinungen, aus der heraus für ihn alles schon dadurch Daseinsrecht hat, daß es eben da ist. Wo die anderen leicht mit harten ästhetischen Urteilen zur Stelle sind, entdeckt er noch immer lebensfähige Keime. Und um dieser willen gibt er auch das Ganze nicht preis, sondern, sucht es zu stärken und zu entwickeln. So trat der Dichter, der im »Götz« die gewaltigen Naturinstinkte seines Volkes ausgelöst, mit dem »Werther« die Welt erschüttert hatte, auch dem Singspiel mit offenem Kerzen und freudigen Sinnen entgegen. In jenen ersten Monaten des Jahres 1775, die er später als die glücklichsten seines Lebens bezeichnete, hat er sein erstes Singspiel »Erwin und Elmire« geschaffen. Die vielerlei Hemmungen und Trübungen, die sich seinem Verhältnis zu Lilly entgegenstellten, die aber doch nicht so geartet waren, um tiefe Konflikte des Gemütslebens zu schaffen, mochten ihm nahelegen, auch für ein derartiges Verhältnis jenes »Freidichten« zu suchen, das er in den wilden Wertherstürmen seines Herzens so heilsam gefunden hatte. Diese gemütvolle, stärkste Empfindungen zulassende und doch überlegen spielende, zu einem harmonisch guten Ausgang hinzielende Stimmung ist die Grundlage, aus der eine echte deutsche komische Oper herauswachsen kann. »Erwin und Elmire« wurde 1775 von Johann André rasch in Musik gesetzt, hatte in dieser Gestalt ja auch vielen Erfolg. Dem acht Jahre älteren Freunde und bereits angesehenen Musiker wird Goethe kaum mit eigenen Vorschlägen gekommen sein; aber in dem Frankfurter Geniekreise war noch ein anderer jüngerer Musiker, PH. Chr. Kayser (1755-1823), auf den Goethe wie alle andern die höchsten Hoffnungen setzte, die sich freilich später nicht erfüllen sollten. An Kayser hat Goethe bei seinen späteren Singspielbemühungen immer gedacht.

Es ist nun – zumal es sich mit Mozarts Schaffen vielfach deckt – von höchstem Interesse, wie Goethe innerhalb des Namens des deutschen Singspiels sich eine bedeutende musikalische Entwicklung vorstellte. Der Brief, den er im Dezember 1779 mit dem auf der Rückreise aus der Schweiz vollendeten Singspiel »Jery und Bätely« an Kayser schrieb, ist so außerordentlich klar in der Erkenntnis der wesentlichen Eigenschaften der damals noch gar nicht vorhandenen deutschen komischen Oper und auch heute noch für den Stil dieser Oper so anregsam, daß ich mir nicht versagen kann, ihn hier vollkommen wiederzugeben: »Eins muß ich noch vorläufig sagen: ich bitte Sie, darauf achtzugeben, daß eigentlich dreierlei Arten von Gesängen drinnen vorkommen. Erstlich Lieder, von denen man supponiert, daß der Singende sie irgendwo auswendig gelernt und sie nun in ein oder der anderen Situation anbringt. Diese können und müssen eigne, bestimmte und runde Melodien haben, die auffallen und jedermann leicht behält. – Zweitens Arien, wo die Person die Empfindung des Augenblicks ausdrückt und, ganz in ihr verloren, aus dem Grunde des Herzens sind. Diese müssen einfach, wahr, rein vorgetragen werden, von der sanftesten bis zu der heftigsten Empfindung. Melodien und Akkompagnement müssen sehr gewissenhaft behandelt werden. – Drittens kommt der rhythmische Dialog. Dieser gibt der ganzen Sache die Bewegung. Durch diesen kann der Komponist die Sache bald beschleunigen, bald wieder anhalten, ihn bald als Deklamation in zerrissenen Takten tradieren, bald ihn in einer rollenden Melodie sich geschwind fortbewegen lassen. Dieser muß eigentlich der Stellung, Handlung und Bewegung des Akteurs angemessen sein, und der Komponist muß diesen immerfort vor Augen haben, damit er ihm die Pantomime und die Aktion nicht erschwere. Dieser Dialog, werden Sie finden, hat in meinem Stück fast einerlei Silbenmaß, und wenn Sie so glücklich sind, ein Hauptthema zu finden, das sich gut dazu schickt, so werden Sie wohltun, solches immer wieder hervorkommen zu lassen, durch Major und Minor, durch angehaltenes oder schneller fortgetriebenes Tempo die einzelnen Stellen zu nuancieren. Da gegen das Ende meines Stückes der Gesang anhaltend fortgehen soll, so werden Sie mich wohl verstehen, was ich sage, denn man muß sich alsdann in acht nehmen, daß es nicht gar zu bunt wird. Der Dialog muß wie ein glatter goldner Ring sein, auf dem die Arien und Lieder wie Edelsteine aufsitzen.« Ich füge gleich noch eine Stelle aus dem Brief vom 20. Januar 1780 hinzu: »Das Akkompagnement rate ich Ihnen, sehr mäßig zu halten, nur in der Mäßigkeit ist der Reichtum; wer seine Sache versteht, tut mit zwei Violinen, Viola und Baß mehr als andere mit der ganzen Instrumentenkammer. Bedienen Sie sich der blasenden Instrumente als eines Gewürzes und einzeln; bei der Stelle die Flöten, bei einer die Fagot, dort Hautbo (Hautbois), das bestimmt den Ausdruck, und man weiß, was man genießt, anstatt daß die meisten neueren Komponisten wie die Köche bei den Speisen einen Hautgout von allerlei anbringen, darüber Fisch wie Fleisch und das Gesottene wie das Gebratene schmeckt.«

Möchte man danach nicht sagen, daß Goethe einen Mozart ahnte, ersehnte? Daß ihm gleichzeitig eine Art von Leitmotiv als Mittel erschien, um alle Einzelheiten »aus dem Ganzen in das Ganze hineinzuarbeiten«, zeigt uns, wie ein umfassender Geist auch dort Gedanken von höchster schöpferischer Bedeutung hat, wo ihm die eigentliche Naturanlage fehlt (wie wir in musikalischer Hinsicht es für Goethe vielleicht zugeben müssen), wenn er das stete Streben Goethes teilt, der sich niemals an dem genügen ließ, was er errang, sondern bei allem, dem er sich zuwandte, auch das innere Wesen erkennen wollte.

Als dann Goethe die italienische Opera buffa näher kennen lernte, mußte in ihm der Gedanke kommen, die Kräfte dieser Kunstgattung für das deutsche Singspiel fruchtbar zu machen. Er hat damals seine älteren Singspiele »Erwin und Elmire« und »Claudine von Villa Bella« einer Umarbeitung unterzogen und fügte diesen in »Scherz, List und Rache« 1784 ein neues Werk hinzu. Goethe hatte erkannt, daß die lyrische Bühne aus ihrer Natur heraus besondere Forderungen stellen müsse, er sah ein, »daß alle Personen in einer gewissen Folge, in einem gewissen Maß zu beschäftigen seien, daß jeder Sänger Ruhepunkte genug haben müsse«. Diesen hundert Dingen, die zu beobachten sind, hätten die Italiener allen Sinn des Gedichtes aufgeopfert. »Ich wünschte, daß es mir gelungen sein möge, jene musikalisch-theatralischen Erfordernisse durch ein Stückchen zu befriedigen, das nicht ganz unsinnig ist.« Aber er war, wie er auch Herder gegenüber betonte, entschlossen, »durch manche Aufopferungen dem Komponisten und Akteur entgegenzuarbeiten. Das Zeug, worauf gestickt werden soll, muß weite Fäden haben, und zu einer komischen Oper muß es absolut wie Marli (ein Gittergewebe) gewoben sein.« Aber auch, daß die größere musikalische Ausgestaltung unbedingt ein reicheres Aufgebot der dichterisch-dramatischen Mittel bedinge, erkannte Goethe. Voll ruhiger Überlegenheit und von reifer Erkenntnis sind jene Zeilen, die er in den Annalen dieser Arbeit widmete. »Wer die kleine Oper ›Scherz, List und Rache‹ mit Nachdenken lesen mag, wird finden, daß dazu mehr Aufwand als billig gemacht worden. Sie beschäftigte mich lange Zeit. Ein dunkler Begriff des Intermezzo verführte mich und zugleich die Lust, mit Sparsamkeit und Kargheit in einem engen Kreise viel zu wirken. Dadurch häuften sich aber die Musikstücke dergestalt, daß drei Personen sie nicht zu leisten vermögen. Sodann hat der freche Betrug, wodurch ein geiziger Pedant mystifiziert wird, für einen rechtlichen Deutschen keinen Reiz, wenn Italiener und Franzosen sich daran wohl ergötzen möchten; bei uns aber kann die Kunst den Mangel des Gemüts nicht leicht entschuldigen. Noch einen Grundfehler hat das Singspiel, daß drei Personen gleichsam eingesperrt, ohne die Möglichkeit eines Chors, dem Komponisten seine Kunst zu entwickeln und die Zuhörer zu ergötzen, nicht genugsam Gelegenheit geben ... Man hätte die Theriakbüchsen des Doktors gern beleben mögen, um einen Chor zu gewinnen.« Hier folgt dann jene an den Beginn dieser Betrachtung gestellte Äußerung, daß alles dieses Bemühen, sich im Einfachen und Beschränkten abzuschließen, verloren ging, als Mozart auftrat. Aber das konnte kein Schmerz sein. Die Entführung aus dem Serail »schlug alles nieder«, weil sie eben die Erfüllung war; das gleiche galt von Mozart selber, der, wie wir ja aus vielen anderen Zeugnissen auch wissen, ganz der Musiker war, den Goethe sich ersehnte. Ist es nicht tragisch, daß zur gleichen Zeit unser größter dramatischer Komponist fruchtlos nach einem Operntext, und unser größter Dichter ebenso vergeblich nach dem geeigneten Komponisten für seine Singspieltexte suchte? Wie hemmend hat doch die Schwierigkeit des Verkehrs noch in jener Zeit auch auf den Austausch des Geistigen und Künstlerischen gewirkt! –

Wie der »unmusikalische« Goethe bei seinen Bestrebungen für das Singspiel dem Fachmusiker Kayser mit trefflichem Rate an die Hand ging, so hat auch Mozart, dessen dichterische Tätigkeit sich sonst auch nicht über die für den Hausgebrauch üblichen Gelegenheitsreimereien erhob, für die Entführung aus dem Serail dichterisch das Beste selbst getan. Was C. F. Bretzner (1748-1807) unter dem Titel »Belmonte und Konstanze oder die Entführung aus dem Serail«, eine Operette in drei Akten (Leipzig 1781), geschaffen hatte, war durchaus im gewöhnlichen Singspielcharakter gehalten und so auch von Andre komponiert worden. Das Werkchen behandelt einen in allen Literaturen heimischen Stoff, der in Deutschland gerade damals durch Wielands » Oberon« (1780) allgemein vertraut war. Auch Mozart hatte bereits in der »Zaide« einen ähnlichen Stoff behandelt.

Konstanze, die Verlobte Belmontes, ist mit ihrer Zofe Blondchen bei einer Lustfahrt auf dem Meere von Seeräubern entführt worden und nun in die Gewalt des Bassa Selim geraten, der sie umsonst um ihre Liebe bestürmt. Auch Pedrillo, Belmontes Diener, ist in des Bassa Gewalt und von diesem um seiner Geschicklichkeit willen zum Aufseher seiner Gärten gemacht worden. Pedrillo hat Belmonte benachrichtigt, wo er seine Konstanze zu finden habe. Belmonte unternimmt das Wagnis der Befreiung. Während er Pedrillo sucht, stößt er auf Osmin, den Aufseher des Landhauses, in dem die Gefangenen sich aufhalten, und wird von diesem um so heftiger abgewiesen, als Osmin in wilder Eifersucht auf Pedrillo entbrannt ist, da dieser von Blondchen, die der Bassa Osmin geschenkt hat, begünstigt wird. Doch weiß Pedrillo dem Bassa Belmonte als Baumeister zu empfehlen, so daß nun auch dieser im Landhaus Aufnahme findet. – Der zweite Akt zeigt uns, wie Blondchen schnippisch und dreist mit Osmins plumpen Liebeswerbungen fertig wird, während Konstanze nur mit Mühe des Bassa stürmische Leidenschaft abwehren kann. Es gelingt Pedrillo, Osmin zum Trinken zu verleiten und durch ein Schlafmittel unschädlich zu machen. So können die Liebenden sich endlich sehen und für die kommende Nacht den Fluchtplan beraten. – Der dritte Akt bringt die Ausführung dieses Planes. Mit einem Liede gibt Pedrillo das verabredete Zeichen; Belmonte entkommt glücklich mit Konstanze. Als Pedrillo mit Blondchen ihnen folgen will, kommt der wiedererwachte Osmin dazu, der durch die Leibwachen beide Paare einholen läßt. Furchtbar ist des Bassa Zorn, und das tragische Schicksal der Liebespaare scheint um so eher besiegelt zu sein, als der Bassa in Belmonte den Sohn des grimmigsten Feindes seiner Jugend erkennt. Aber durch die treue Liebe des jungen Paares wird er zur Milde gestimmt. Glücklich können sie von dannen ziehen. I Bei Bretzner liegt alles Dramatische im gesprochenen Dialog; die Singstücke sind nur eingelegt und wie bei allen Singspielen nur auf kleine Formen berechnet. Mozart, dem es natürlich nicht genügen konnte, einige Musikstückchen als Einlagen zu komponieren, der vielmehr ein echt musikdramatisches Werk schaffen wollte, übernahm es, Stephanie d. J. die Änderungen anzugeben, die ihm für die Komposition dienlich schienen. Stephanie hatte danach eigentlich nur die Worte zu finden für die Situationen, die Mozart sich geschaffen hatte. Ihm kam es vor allem darauf an, gerade aus diesen Situationen Material für Musik zu gewinnen und überall dort einzusetzen, wo die aus den Situationen und Charakteren erwachsenden Empfindungen Musik zuließen. Auf das einzelne Wort kam es unter diesen Umständen weniger an, sofern nur die sonstigen Bedingungen, zu denen nach damaliger Auffassung erst recht auch die zur Verfügung stehenden Sänger gehörten, einen natürlichen dramatischen Ausdruck zuließen. Das war, wie wir schon früher ausführten, im allgemeinen hier der Fall. Wie Mozart am Texte mitarbeitete, ergibt sich aus seinem Briefe an den Vater vom 26. September 1781: »Die Oper hatte mit einem Monolog angefangen, und da bat ich Herrn Stephanie, eine kleine Ariette daraus zu machen, – und daß anstatt nach dem Liedchen des Osmin die zwei zusammen schwatzen, ein Duett daraus würde. – Da wir die Rolle des Osmin Herrn Fischer zugedacht haben, welcher gewiß eine vortreffliche Baßstimme hat, obwohl der Erzbischof zu mir gesagt, er singe zu tief für einen Bassisten, und ich ihm aber beteuerte, er würde nächstens höher singen, so muß man so einen benutzen, besonders da er das hiesige Publikum ganz für sich hat. – Dieser Osmin hat aber im Originalbüchel das einzige Liedchen zu singen und sonst nichts, außer in dem Terzett und Finale. Dieser hat also im ersten Akt eine Arie bekommen und wird auch im zweiten Akt noch eine haben. Die Arie habe ich dem Herrn Stephanie ganz angegeben – und die Hauptsache der Musik davon war schon ganz fertig, ehe Stephanie ein Wort davon wußte.«

Die Arie, die Osmin im ersten Akt bekommen hat, »Solche hergelaufne Laffen«, ist die erste große komische Arie der deutschen Opernliteratur. Im zweiten Akt wurde in gleicher Weise aus einem Dialog zwischen BIondchen und Osmin ein komisches Duett, dagegen fiel ein Duett zwischen Blondchen und Konstanze weg. Dafür bekam Konstanze eine große Solo-Arie und auch Blondchen einen zweiten, durchaus der Situation angemessenen Gesang, während die Arie der Konstanze vom dramatischen Standpunkte aus eigentlich überflüssig ist. In dieser Art ging es weiter. Am meisten lag Wolfgang an der Umänderung des Schlusses des zweiten Aktes. In der Bretznerschen Vorlage steht die Entführung als großes Ensemble zu Beginn des dritten Aktes. Mozart erkannte sofort, daß dadurch der Höhepunkt der Oper an eine falsche Stelle geschoben würde, weil nach dieser großen musikalischen Entfaltung für den Rest keine Teilnahme mehr übrigbliebe. So wollte er dieses Quintett zu einem Finale machen und es an den Schluß des zweiten Aktes setzen, was durch Streichungen im Vorangehenden leicht zu bewerkstelligen war. Allerdings mußte dann, wie er selber sofort sagte, eine neue Verwicklung gefunden werden, wenn der dritte Akt überhaupt noch wesentlichen Inhalt haben sollte. Da es offenbar nicht gelang, diese neue Intrige zu finden, mußte dieser Plan fallen gelassen werden. Mozart verschaffte sich einen musikalisch bedeutenden Schluß für den zweiten Akt, indem er das Wiedersehen der Liebenden zum Quartett ausgestaltete und die Stimmung durch eine vorübergehende Eifersuchtswallung bereicherte. Und nun zeigt sich die hervorragende künstlerische Ökonomie Mozarts, die wir nicht genug bewundern können, vermöge derer jenes wunderbar harmonische Maßhalten in seinen Werken zustande kommt, das wir in der späteren Musik leider so oft vermissen müssen. Trotzdem Wolfgang sich von dem Entführungsquintett die höchsten Wirkungen versprach, trotzdem er es bereits weitgehend skizziert hatte, ließ er es nun aus Rücksicht auf das Ganze vollkommen fallen. Die ganze Entführungsszene wurde nun Dialog, nur Pedrillos Ständchen blieb stehen. Zur musikalischen Bereicherung erhielten Osmin und Belmonte Arien, die durchaus der Stimmung entsprechen. Den Schluß bildet eines jener damals so beliebten Vaudevilles, in welchem alle der Reihe nach des Bassa Selim Edelmut preisen.

So entstand ein doch in allem Wesentlichen recht guter Operntext. Wenn die Handlung auch nicht spannend ist, so reicht sie doch zu, die Teilnahme des Hörers wachzuhalten, und bietet sehr günstige Grundlagen für eine natürliche Entwicklung der verschiedenartigen musikalischen Formen. Mozart verteidigte denn auch das Buch mit guten Gründen gegen die Bedenken seines Vaters: »Was des Stephanie seine Arbeit anbelangt, so haben Sie freilich recht. Doch ist die Poesie dem Charakter des dummen, groben und boshaften Osmin ganz angemessen, und ich weiß wohl, daß die Verseart darin nicht von den besten ist. Doch ist sie so passend mit meinen musikalischen Gedanken (die schon vorher in meinem Kopf herumspazierten) übereingekommen, daß sie mir notwendig gefallen mußte.«

Aber auch die Charaktere der Oper erwiesen sich im allgemeinen als außerordentlich günstig. Mit Belmonte schuf Mozart das Urbild jener liebenswürdigen Jünglinge, die seither zu den sympathischsten Gestalten der deutschen Oper gehören. Er selber fügte noch Tamino und Don Octavio hinzu; Max im Freischütz, Hüon (Oberon) sind die nächsten Nachfolger. Urdeutsche Gestalten auch darin, daß sie nicht durch wilde Leidenschaftlichkeit, sondern durch Stetigkeit eines tiefen innerlichen Empfindens sich auszeichnen. Die Konstanze ist etwas blasser; es offenbart sich hier wieder einmal, wie hemmend äußere Vorbedingungen wirken können. Aber so bedeutend das Zugeständnis an die Schulung der Sängerin Cavalieri ist, es dürfte doch schwierig sein, in der italienischen Oper eine Gestalt zu finden, bei der sich die Würde und Hoheit des jungen liebenden Weibes so eng verbunden mit weiblicher Hilfsbedürftigkeit und Anschmiegsamkeit zeigen. Das frische, etwas schnippische, derbe, aber kerngute, immer lustige Blondchen ist das Urbild jener großen Zahl von Soubrettenrollen, die Mozart selber noch mit Susanne, Zerline und Despina so glänzend bereichert hat. Pedrillo aber ist der erste jener Knappen, Begleiter, Diener, die in den deutschen Opern das volkstümliche und humoristische Element zu vertreten haben. Dabei ist es besonders erfreulich, daß dieser Buffo nicht durch Äußerlichkeiten komisch wirkt, daß er kein Hasenfuß und auch kein Dummkopf ist, sondern ein gerader, frischer, wackerer Bursche. Keiner hat in der Hinsicht von Mozart mehr gelernt als Lortzing. Am höchsten aber steht doch die Gestalt Osmins, die eigentlich ganz eine Schöpfung Mozarts ist. Wie diese in ihrem wilden Fanatismus und bestialischen Roheit schier dämonische Gestalt dauernd komisch wirken muß durch die Ohnmacht, die wütenden Ausgeburten ihrer blutrünstigen Phantasie in die Tat umzusetzen, durch die Schwäche gegenüber Wein und Weib, macht diese Schöpfung zu einer der glänzendsten der gesamten Weltliteratur. Und nun diese Charaktere in den denkbar verschiedensten Lagen eines stets erregten Empfindungslebens. Goethe hat an Kayser geschrieben (20. Juni 1785): »Die Alten sangen saltare comoediam. Hier soll eigentlich saltatio sein. Eine anhaltend gefällige, melodische Bewegung von Schalkheit zur Leidenschaft, von Leidenschaft zur Schalkheit.« Mozart hat jene Forderung der Alten schwerlich gekannt, aber sie entsprach seiner ureigenen Natur, keine Scheidewand aufzurichten zwischen ausgelassenster Stimmung und tiefstem Empfinden, sondern alles in jener Fülle und Einheit zu bieten, wie sie das Leben selbst zeigt. Das Ganze wird geadelt durch einen solchen Schönheitsausdruck der Melodie, daß es einem Lebenszustande entspricht, der so hoch über der Schwere des Alltags steht, wie das Springen, das Tanzen über dem gewöhnlichen Gehen: gehobene Lebensbetätigung, Freiheit und Schönheit, Überschwang der Bewegung, Lustigkeit aus Fülle der Kraft.

Als Musiker konnte Mozart gegenüber dieser vom Herkömmlichen sehr abweichenden Aufgabe sein Ziel natürlich nicht in der einfachen Übernahme der Formen der italienischen Oper in ein deutsches Werk sehen. Er hatte sich die Möglichkeit geschaffen, seine unvergleichliche Beherrschung aller Formen hier ausleben zu können, jede Form dort und nur dort anzuwenden, wo sie vollkommener Ausdruck wurde. Er war ja hier vollkommen frei. Auch der Text zwang ihn diesmal nicht zur Beibehaltung irgendwelcher italienischer Gewohnheiten. »Zum erstenmal haben in der Entführung deutsche Empfindung, deutsches Gefühl, deutsches Gemüt aus einer echten Künstlerseele durch vollkommene Beherrschung aller künstlerischen Mittel ihren Ausdruck gefunden. Man begreift, daß vor der reichen Fülle und lebendigen Wahrheit einer solchen Erscheinung alles zurücktreten mußte, was sein Heil in Formen suchte, die aus der Fremde entlehnt und nach äußeren Bedingungen gemodelt waren.« (Jahn I, 761.)

Um ein echtes Kunstwert zu schaffen, bedarf es nach Goethe des Zusammenwirkens von Vernunft, Verstand und Empfindung. Aus der Empfindung heraus muß das Kunstwerk temperamentvoll geschaffen werden, die Vernunft muß die kühnsten Ausdrucksmittel beherrschen, der Verstand muß das fertige Kunstwerk auf die Erfüllung der künstlerischen Bedingung hin prüfen, auf daß das Gute gefördert und erhalten werde. In wie hohem Maße Mozart diese Eigenschaften in Verbindung zeigte, beweist jener Brief vom 26. Sept. 1781, in dem er gleich zu Beginn der Arbeit dem Vater Bericht gibt: »Der Zorn des Osmin wird dadurch in das Komische gebracht, weil die türkische Musik dabei angebracht ist. – In der Ausführung der Arie habe ich Fischers schöne tiefe Töne schimmern lassen. – Das › Drum beim Barte des Propheten‹ ist zwar im nämlichen Tempo, aber mit geschwinden Noten, – und da sein Zorn immer wächst, so muß – da man glaubt, die Arie sei zu Ende das Allegro assai ganz in einem andern Zeitmaße und andern Tone eben den besten Effekt machen, denn ein Mensch, der sich in einem so heftigen Zorne befindet, überschreitet ja alle Ordnung, Maß und Ziel, er kennt sich nicht – und so muß sich auch die Musik nicht mehr kennen. – weil aber die Leidenschaften, heftig oder nicht, niemals bis zum Ekel ausgedrückt sein müssen, und die Musik, auch in der schaudervollsten Lage, das Ohr niemals beleidigen, sondern doch dabei vergnügen, folglich allezeit Musik bleiben muß, so habe ich keinen fremden Ton zum F (zum Ton der Arie), sondern einen befreundeten, aber nicht den nächsten, D minore, sondern den weitern, A minore, dazu gewählt. – Nun die Arie von Belmonte in A-dur: › O wie ängstlich, o wie feurig‹ wissen Sie, wie es ausgedrückt ist, – auch ist das klopfende Herz schon angezeigt – die Violinen in Oktaven. – Dies ist die Favorite-Arie von allen, die sie gehört haben – auch von mir – und ist ganz für die Stimme des Adamberger geschrieben. Man sieht das Zittern, Wanken, man sieht, wie sich die schwellende Brust hebt, welches durch ein Kreszendo exprimiert ist; man hört das Lispeln und Seufzen, welches durch die ersten Violinen mit Sordinen und einer Flöte mit im Unisono ausgedrückt ist. – Der Janitscharen-Chor ist als solcher alles, was man verlangen kann, kurz und lustig, und ganz für die Wiener geschrieben. – Die Arie von der Konstanze habe ich ein wenig der geläufigen Gurgel der Mademoiselle Cavalieri aufgeopfert. – › Trennung war mein banges Los, und nun schwimmt mein Aug' in Tränen‹ – habe ich, soviel es eine welsche Bravour-Arie zuläßt, auszudrücken gesucht. – Das › Hui‹ habe ich in ›schnell‹ verändert, also: ›Doch wie schnell schwand meine Freude‹. Ich weiß nicht, was sich unsere deutschen Dichter denken; wenn sie schon das Theater nicht verstehen, was die Opern anbelangt, so sollen sie doch wenigstens die Leute nicht reden lassen, als wenn Schweine vor ihnen stünden. Nun das Terzett, nämlich der Schluß vom ersten Akt. Pedrillo hat seinen Herrn für einen Baumeister ausgegeben, damit er Gelegenheit habe, mit seiner Konstanze im Garten zusammenzukommen. Der Bassa hat ihn in seine Dienste genommen; Osmin, als Aufseher und der davon nichts weiß, ist, als ein grober Flegel und Erzfeind von allen Fremden, impertinent und will sie nicht in den Garten lassen. Das erste, was ich angezeigt, ist sehr kurz, und weil der Text dazu Anlaß gegeben, so habe ich es so ziemlich gut dreistimmig geschrieben; dann fängt aber gleich das Major pianissimo an, welches sehr geschwind gehen muß, und der Schluß wird recht viel Lärmen machen, und das ist ja alles, was zu einem Schlüsse von einem Akt gehört: je mehr Lärmen, je besser – je kürzer, je besser, – damit die Leute zum Klatschen nicht kalt werden. Die Ouvertüre ist ganz kurz, wechselt immer mit Forte und Piano ab, wo beim Forte allezeit die türkische Musik einfällt, – moduliert so durch die Töne fort, und ich glaube, man wird dabei nicht schlafen können, und sollte man eine ganze Nacht hindurch nicht geschlafen haben.«

Ich muß bei Mozart immer wieder am meisten staunen über die Fülle der geistreichen und doch niemals aufdringlichen Einzelheiten, mit denen er die großen Würfe seiner als Elementarkraft wirkenden Erfindung bereichert. Niemals zerstören sie die herrlich geschwungene große Linie: sie sind wie die Farben in einem Gemälde van Eycks. Durch ihre Leuchtkraft, durch die vollendete Fülle ihres Reichtums beleben sie nur das Ganze und erhöhen den Reiz des gesamten Eindruckes. Und mag man sich noch so sehr bei eindringlicherer Beschäftigung in die Schönheit des einzelnen vertiefen – es bedarf nur des lebendigen Genusses dieser Werke und alles einzelne verschwindet wieder hinter der Ganzheit der natürlichen Notwendigkeit der Schöpfung.

Bis auf den heutigen Tag wirkt dieses Werk mit unverminderter Frische, und zwar nicht nur als Ganzes, sondern auch in seinen Teilen. Es ist eigentlich keine Nummer, die veraltet wäre. Am ehesten befremden die Arien Konstanzes durch das üppige Koloraturwerk. Aber eine glänzende Sängerin, die nicht mehr der Form dient, sondern sie beherrscht, wird diese Koloraturen mit den gefühlsmäßigen Gesangsstellen zur Einheit zusammenbringen. Prachtvoll sind die vier Arien Belmontes. Er hat gleich das erste Gesangsstück vorzutragen, das unmittelbar an die Ouvertüre anschließt, ja gewissermaßen deren Vollendung bietet. Denn die Eingangsmelodie »So soll ich dich denn sehen, Konstanze!« hörten wir bereits als Mittelsatz in der Ouvertüre, hier freilich in schwerblütigem Moll, während Belmonte die Stelle in Dur singt, wie um anzuzeigen, daß er nun das Ziel erreicht hat, das damals seinem Sehnen vorschwebte. Wie sehr Mozart selbst von Belmontes zweiter Arie »O wie ängstlich, o wie feurig« ergriffen war, haben wir aus seinem Brief ersehen. Die beiden andern Arien Belmontes sind voll jener gefaßten Sicherheit männlichen Empfindens, die kein anderer mit so schöner Ruhe zu verkünden wußte wie Mozart. Die Melodiebildung läßt die Zauberflöte vorausahnen; es waltet in ihr ein anderer Geist als in den italienischen Opern. Blondchen und Pedrillo treten natürlich nicht so bedeutsam hervor. Doch sei auf der ersteren Arie »Welche Wonne, welche Lust« hingewiesen, weil sie zeigt, wie Mozart innerhalb eines umschriebenen Charakters – hier der nicht bedeutenden Kammerzofe – zu steigern wußte, so daß die Wichtigkeit des Augenblicks vollauf zur Geltung kommt, ohne daß die Person aus ihrer Sphäre hinausgehoben würde. Unter Pedrillos Gesängen ragt die Romanze zur Zither im 3. Akt durch die fremdartige Färbung in Melodie und Rhythmus hervor.

Mit besonderer Liebe hat Mozart die Arien Osmins ausgearbeitet. Durchweg ist die fanatische Wildheit, die wollüstige Grausamkeit dieses ungeschlachten Wüterichs festgehalten, der in einem Märchen aus 1001 Nacht seinen Platz hätte, stände er nicht dank der meisterlichen Charakteristik in greifbarer Lebendigkeit vor uns. Selbst das behagliche Räckeln und Dehnen, womit er seine Auffassung von der Behandlung des Liebchens, das man gefunden, vorträgt, erhält durch die Molltonart und den Wechsel der schweren Tiefe mit dem hochaufschreienden Kehrreim etwas Unheimliches. Ja, wenn das Orchester nicht wäre, das sich über ihn lustig macht! Aber wie schmachten die Oboen, wenn er die Mädchen »lose Dinger« schilt, wie schwelgen Flöte, Oboe und Fagott in süßem Erinnern bei der Erwähnung von Spaziergängen in verschwiegenen Mondscheinnächten. Aus Mozarts Brief erfuhren wir, wie er dann im großen Auftritt den Zank Osmins mit Belmonte und Pedrillo bis zur sinnlosen Wut steigert. Osmin verbohrt sich mit aufgeregter Wollust in sein Schimpfen über die hergelaufenen Laffen, schwelgt in der Sicherheit seiner überlegenen Klugheit – hörte er nur, wie die Oboe sein »Ich hab' auch Verstand« auslacht! – und rast sich dann in einer Ausmalung der Todesqualen aus, die er den Fremden gönnt. Die Becken rasseln dazu, die große Trommel wird gleichzeitig mit Schlegel und Rute geschlagen, denn gerade die Maßlosigkeit des Ausdrucks der Wildheit soll die Komik auslösen. – Ebenso bedeutend durch die wilde Lustigkeit des Triumphs und die Befriedigung witternde, lüsterne Grausamkeit ist die zweite große Arie nach der Gefangennahme der Flüchtlinge. Als komische Gegenstücke zu diesen Auftritten sehen wir Osmin in seiner feigen Verliebtheit vor der »Katze« Blondchen und in der täppischen Trunkenheit im Zechduett mit Pedrillo. Ins fröhliche Ende kann er sich nicht schicken; halb erstickend an seinen Verwünschungen trollt er sich in ohnmächtiger Wut; mit ihm rauscht die Janitscharenmusik davon, die nicht nur örtliche Färbung ins Ganze brachte, sondern auch zur Erhöhung des Ausdrucks der Wildheit, des Fanatismus diente. –

»Ich getraue mir den Glauben auszusprechen,« urteilte K. M. v. Weber, »daß in der Entführung Mozarts Kunsterfahrung ihre Reife erlangt hatte und dann nur die Welterfahrung weiter schuf. Opern wie Figaro und Don Juan war die Welt berechtigt, mehrere von ihm zu erwarten. Eine Entführung konnte er mit dem besten Willen nicht wieder schreiben. In ihr glaube ich das zu erblicken, was jedem Menschen seine frohen Jünglingsjahre sind, deren Blütezeit er nie so wieder erringen kann, und wo beim Vertilgen der Mängel auch unwiederbringliche Reize fliehen.« Die »Entführung aus dem Serail« ist in der Tat ein Gelegenheitswerk im Goetheschen Sinne des Wortes. In Belmontes Gesängen konnte Mozart seine eigene Liebe, sein persönliches Sehnen aussprechen. Und im Osmin hat er den verschiedenen Peinigern seines jungen Lebens ein Denkmal gesetzt, mit jener göttlichen Künstlerschaft, die nicht verflucht, nicht zu vernichten sucht, sondern in der überlegenen Heiterkeit des beglückten Genius aus dem Widerwärtigen noch eine Quelle zur köstlichsten Erheiterung für sich und die Umwelt gewinnt.

Die Entführung hatte bei den Wienern einen glänzenden Erfolg. Der Kaiser zwar, der mit ihr sein Ziel, eine deutsche Oper zu gründen, hätte erfüllt sehen können, kam über jenes bereits erwähnte »Kompliment« nicht hinaus: »Zu schön für unsere Ohren und gewaltig viel Noten, lieber Mozart«, worauf er allerdings die treffende Antwort erhielt: »Gerade so viel Noten, Euer Majestät, als nötig sind.« Das Publikum aber zeigte sich nicht so befangen in der Überlieferung. Bei der zweiten Aufführung war das Theater noch voller, als das erstemal. In zwei Tagen hatte die Oper 1200 fl. getragen, und am 27. Juli heißt es in einem Briefe nach Hause: »Die Leute, kann ich sagen, sind recht närrisch auf diese Oper. Es tut einem doch wohl, wenn man solchen Beifall erhält.« Allenthalben wollte man seine Oper hören, und so machte er sich daran, sie für Harmoniemusik zu bearbeiten. Da erhielt er von Salzburg den Auftrag, eine neue Serenate für die Familie Haffner zu komponieren. So ungelegen ihm diese Arbeit auch kommen mußte, war er doch offenbar froh, mit dieser Arbeit auch dem Vater eine Gefälligkeit erweisen zu können. »Nun habe ich keine geringe Arbeit, bis Sonntag acht Tage muß meine Oper auf die Harmonie gesetzt sein, sonst kommt mir einer bevor und hat anstatt meiner den Profit davon, und soll nun eine neue Sinfonie auch machen. Wie wird das möglich sein! Sie glauben nicht, wie schwer das ist, so etwas auf die Harmonie zu setzen, daß es den Blasinstrumenten eigen ist und doch dabei nichts von der Wirkung verloren geht. Je nun, ich muß die Nacht dazu nehmen, anders kann es nicht gehen, und Ihnen, mein liebster Vater, sei es aufgeopfert! Sie sollen alle Posttage sicher etwas bekommen, und ich werde, soviel möglich, geschwind arbeiten, und soviel es die Eile zuläßt, gut schreiben...« Er hielt nach Möglichkeit Wort, wenn es auch nicht ganz so schnell ging; aber am 7. August konnte er doch das letzte nach Hause schicken. Als er sich später diese Sinfonie schicken ließ, um sie in seiner Akademie aufzuführen, schrieb er dem Vater (15. Februar 1783): »Die neue Haffnersinfonie hat mich ganz surpreniert, denn ich wußte kein Wort mehr davon, sie muß gewiß guten Effekt machen.« Da hat man, wie Jahn richtig bemerkt, den echten Mozart »in seiner Gutmütigkeit und Dienstbeflissenheit gegen seinen Vater, wie in seiner Produktionskraft und Elastizität«, der sich entschuldigt, daß die Sinfonie neben anderen Arbeiten nicht in vierzehn Tagen fertig war – und das zu einer Zeit, wo ihm nicht nur seine Oper, sondern auch seine Hochzeit Kopf und Herz einnahm – und hinterher verwundert ist, daß er seine Sache so gut gemacht habe. Es war nämlich noch eine Nachtmusik für Blasinstrumente dazwischen gekommen (die Serenate in C-Moll). Mozarts Entführung ist die erste deutsche Oper, die durch die gesamten deutschen Lande ihren Weg machte. Er selber hatte wenig pekuniären Gewinn davon. Wie es scheint, hat er nur hundert Dukaten bekommen und mußte zusehen, wie das Wiener Theater in vierzehn Tagen bereits viermal soviel dadurch gewann. Auch von den Aufführungen an auswärtigen Bühnen wird er kaum irgendwelchen Vorteil gehabt haben. Um den Gewinn des Klavierauszuges wurde er durch einen fingerfertigen Handwerker, der ihm zuvorkam, gebracht. Aber seine musikalische Stellung in Wien war durch diesen Erfolg entschieden. Da das damalige Wien nichts weniger als eine Großstadt war, ist es erklärlich, daß sich dadurch eine verdoppelte Aufmerksamkeit auf seine Person lenkte und damit auch auf seine Liebesgeschichte. So mußte er daran denken, nun auch

die Entführung aus dem Auge Gottes

ins Werk zu setzen. So hat Mozart später im Scherz die Heimführung seiner Konstanze genannt, weil das Haus, in dem Frau Weber am Petersplatz wohnte »Zum Auge Gottes« hieß. Die Ereignisse selber hatten aber gar nichts von einem Lustspiel. Im gleichen Brief vom 27. Juli, mit dem Mozart dem Vater das erste Allegro der Haffnerserenate schickte, schreibt er ihm: »Liebster, bester Vater! Ich muß Sie bitten, um alles in der Welt bitten, geben Sie mir Ihre Einwilligung, daß ich meine liebe Konstanze heiraten kann. Glauben Sie nicht, daß es um des Heiraten wegen allein ist; wegen diesem wollte ich noch gerne warten. Allein ich sehe, daß es meiner Ehre, der Ehre meines Mädchens und meiner Gesundheit und Gemütszustands wegen unumgänglich notwendig ist. Mein Herz ist unruhig, mein Kopf verwirrt, wie kann man da etwas Gescheites denken und arbeiten? Wo kommt das her? Die meisten Leute glauben, wir sind schon verheiratet; die Mutter wird darüber aufgebracht, und das arme Mädchen wird samt mir zu Tode gequält. Diesem kann so leicht abgeholfen werden. Glauben Sie mir, daß man in dem teuren Wien so leicht leben kann als irgendwo; es kommt nur auf Wirtschaft und Ordnung an, die ist bei einem jungen, besonders verliebten Menschen nie. Wer eine Frau bekommt, wie ich eine bekomme, der kann gewiß glücklich sein. Wir werden ganz still und ruhig leben und doch vergnügt sein. Und sorgen Sie sich nicht, denn sollte ich, Gott bewahre, heute krank sein (besonders verheiratet), so wollte ich wetten, daß mir die Ersten der Noblesse einen großen Schutz geben würden. Das kann ich mit Zuversicht sagen. Ich weiß, was der Fürst Kaunitz zum Kaiser und Erzherzog Maximilian von mir gesprochen hat. Ich erwarte mit Sehnsucht Ihre Einwilligung, mein bester Vater, ich erwarte sie gewiß, meine Ehre und mein Ruhm liegt daran. Sparen Sie nicht zu weit das Vergnügen, Ihren Sohn mit seiner Frau bald zu umarmen.«

Während der Vater, der so verstimmt war, daß er sich nicht einmal über den Erfolg der Entführung freuen mochte, die erbetene Einwilligung zurückhielt, wurden in Wien die Verhältnisse immer unerträglicher. Eine alte Gönnerin Mozarts, die treffliche Klavierspielerin Baronin von Wadtstädten, hatte, um Konstanze den steten Quälereien der Mutter zu entziehen, diese zeitweilig in ihr Haus aufgenommen. Freilich hatte nun auch die Baronin nicht gerade den besten Ruf; und wenn Mozart trotz seines Dankgefühls für die Helferin mit diesem Aufenthalt nicht ganz zufrieden sein konnte, so stieg die Aufregung aufs höchste, als die Mutter drohte, ihre Tochter mit Gewalt aus dem Hause der Baronin wegführen zu lassen. Am 31. Juli beschwört er schon wieder den Vater um die Einwilligung: »Sie können gar nichts dawider einzuwenden haben – und haben es auch wirklich nicht. Das zeigen Ihre Briefe. Denn sie ist ein ehrliches, braves Mädchen von guten Eltern, – ich bin imstande, ihr Brot zu verschaffen, – wir lieben uns und wollen uns. Alles, was Sie mir noch geschrieben haben und allenfalls noch schreiben könnten, wäre nichts als lauter gutmeinender Rat! – welcher, so schön und gut als er immer sein mag, doch für einen Menschen, der schon so weit mit einem Mädchen ist, nicht mehr paßt. Da ist also nichts aufzuschieben. Lieber sich seine Sachen recht in Ordnung gebracht und einen ehrlichen Kerl gemacht! – das wird Gott dann allzeit belohnen!«

Inzwischen gelang es der Baronin, alle äußeren kleinen Hemmungen zu beseitigen, und am 4. August 1782 fand die Trauung statt. Erst am Tage nach der Hochzeit traf die Einwilligung des Vaters ein. Mozart dankte ihm am 7. August: »Ich küsse Ihnen die Hände und danke Ihnen mit aller Zärtlichkeit, die immer ein Sohn für seinen Vater fühlte, für die mir gütigst zugeteilte Einwilligung und väterlichen Segen. – Ich konnte mich aber auch gänzlich darauf verlassen; denn Sie wissen, daß ich selbst alles – alles, was nur immer gegen solch einen Schritt einzuwenden ist, nur zu gut einsehen mußte – und aber auch, daß ich, ohne mein Gewissen und meine Ehre zu verletzen, nicht anders handeln konnte; – mithin konnte ich auch ganz gewiß darauf bauen! Daher geschah es auch, daß, da ich zwei Posttage umsonst auf eine Antwort wartete und die Kopulation schon auf den Tag, wo ich schon alles sicher wußte, festgesetzt war ich Ihrer Einwilligung schon ganz versichert und getröstet, mich in Gottes Namen mit meiner geliebten Konstanze trauen ließ. Den andern Tag bekam ich die zwei Briefe zugleich. – Nun ist es vorbei! – Ich bitte Sie nun, nur um mein zu voreiliges Vertrauen auf Ihre väterliche Liebe, um Verzeihung; durch dieses mein aufrichtiges Geständnis haben Sie einen neuen Beweis meiner Liebe zur Wahrheit und Abscheu vor Lüge. – Mein liebes Weib wird nächsten Posttag ihren liebsten, besten Schwiegerpapa um seinen väterlichen Segen, und ihre geliebte Schwägerin um die fernere Fortdauer ihrer wertesten Freundschaft bitten. Bei der Kopulation war kein Mensch als die Mutter und die jüngste Schwester, Herr v. Thorwarth als Vormund und Beistand von beiden, Herr v. Zetto (Landrat), Beistand der Braut, und der Gilofsky (ein Salzburger) als mein Beistand. Als wir zusammen verbunden wurden, fing sowohl meine Frau als ich an zu weinen; davon wurden alle, sogar der Priester gerührt, und alle weinten, da sie Zeuge unserer gerührten Herzen waren. Unser ganzes Hochzeitsfest bestand aus einem Souper, welches uns die Frau Baronin v. Waldstädten gab, welches in der Tat mehr fürstlich als baronisch war. Nun freuet sich meine liebe Konstanze hundertmal mehr, nach Salzburg zu reisen! – und ich wette – ich wette, Sie werden sich meines Glückes erfreuen, wenn Sie sie werden kennen gelernt haben. Wenn anders in Ihren Augen sowie in den meinigen ein gutdenkendes, rechtschaffenes, tugendhaftes und gefälliges Weib ein Glück für ihren Mann ist!«


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