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Obwohl sie doch der Hochbetrieb dieses Tages genügend in Atem gehalten hatte, wollte die abendliche Stille im Golfhaus der lebhaften Mrs. Hingley gar nicht behagen, und sie versicherte später, daß sie das nahende Unheil deutlich vorausgefühlt habe.
Mit Mr. Gwynne hatte sie ja nicht gerechnet, denn der große Künstler schien nun einmal kein geselliger Mensch zu sein, und daß er sich nach seiner Rückkehr vom Golfplatz sofort zurückgezogen hatte, war nichts Besonderes.
Aber daß auch Mr. Duncan seit der Teestunde unsichtbar blieb, bedeutete für die stattliche Witwe eine arge Enttäuschung. Sie hatte ja mit dem feinen, netten Gast infolge des Rummels tagsüber nur wenige Worte wechseln können, und alle ihre verschwiegenen Hoffnungen hatten dem Abend gegolten. Zu diesem Zweck hatte sie sogar, obwohl sie ehrlich müde war, die erste freie Stunde darauf verwandt, ihre Ondulation und die Fingernägel gründlich herzurichten und in ihr Staatskleid zu schlüpfen, das sie sich eben erst in diesem Sommer anläßlich der Weihe der neuen Feuerspritze von Blackfield eigens in einem Londoner Salon hatte machen lassen. Dazu wollte aber, wie Mrs. Hingley fand, die Kette mit ihren drei Verewigten nicht recht passen, und sie ließ sie daher mit einem pietätvollen Seufzer in der Kommode verschwinden, um einen Halsschmuck von erbsengroßen Perlen zu wählen, der ihr auch besser zu Gesicht stand.
So angetan wandelte Mrs. Hingley bereits eine halbe Stunde durch die Räume und Gänge des Golfhauses und hatte mit ihrer sonoren Stimme ununterbrochen etwas anzuordnen oder auszusetzen. Der schläfrige, unbeholfene William geriet dabei immer mehr in Verwirrung, aber so bemerkbar sich die Frau des Hauses auch machte, hinter den Türen der Gästezimmer blieb es still. Diese lagen alle im Oberstock. Der bevorzugte Mr. Duncan und Mr. Perkins waren nach vorn gegen die Chaussee und den Wald zu untergebracht, während Mr. Gwynne und Miss Reid sich mit der Aussicht auf die buschige Lehne begnügen mußten, die unmittelbar hinter dem Hause anstieg.
Als auch die sanften Töne, mit denen sie dicht vor Duncans Zimmer ihre Anwesenheit kundgab, erfolglos blieben, zog Mrs. Hingley endlich etwas verstimmt wieder ab, und der geplagte Geschäftsführer glitt wie ein eiliger Schatten umher, um den Anweisungen, die auf ihn niedergeprasselt waren, nachzukommen.
Miss Reid öffnete lautlos ihre Tür, verharrte einen Augenblick unschlüssig an der Schwelle und schlüpfte dann nach vorn. Die matten Deckenlampen gaben kein aufdringliches Licht, und der dicke Läufer verschlang die leichten, flüchtigen Schritte.
An der Treppe machte sie noch einmal kurz halt und lauschte in das Erdgeschoß. Dann eilte sie weiter und klopfte leise, aber dringlich bei Duncan an. Als seine Stimme sich meldete, tat sie es ein zweites Mal noch dringlicher und drückte sich dann dicht neben die Tür.
Duncan öffnete nun wirklich selbst, um nachzusehen, und im gleichen Augenblick sprudelte Miss Reid auch schon mit vorsichtig gedämpfter Stimme los.
»Warum melden Sie sich nicht? Sie haben doch meinen Zettel gefunden? Ich muß mit Ihnen sprechen. So bald wie möglich . . . Es handelt sich um eine sehr wichtige und dringende Sache.«
»Um die Amerikanerin?« forschte Duncan ebenso hastig und leise.
»Vielleicht – ich weiß es noch nicht. Vor allem suche ich Charles Barres. Sie kennen ihn wohl, und es hat keinen Zweck, daß wir weiter Komödie spielen. Er ist gestern wegen dieses Dan Kaye . . .«
»Vorsicht«, zischte Duncan, und es klang so scharf, daß sie erschreckt innehielt. »Wenn es irgendwie damit zusammenhängt, keinen Laut davon in diesem Haus. – Ich warte um zehn Uhr auf dem Weg, der längs des Hanges und dann nach links führt. Gleich bei den ersten Bäumen. Gehen Sie über die Hintertreppe – die Tür wird offen sein. Und wie gesagt – sehen Sie sich vor . . .«
Die Tür schloß sich eilig, aber der ernste Ton der Warnung hatte Miss Reid derart betroffen gemacht, daß sie lange Sekunden nicht wagte, sich vom Fleck zu rühren.