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Prinz Eugenius, der deutsche Volksheld, hat seine Laufbahn fern unsrer Heimaterde begonnen: im Herzogtum Savoyen stand die Wiege seines Geschlechts. Das Land ist arm, und es gibt nur wenige Städte dort. Die tiefgrünen Matten werden von himmelan strebenden Felsen beschattet, und in den engen Tälern wohnt ein anspruchsloses Alpenvolk. Diese welschen Bergbewohner fristen nur notdürftig ihr Dasein, und so ziehen die kleinen Savoyardenknaben frühzeitig schon, mit einem gezähmten Äffchen und einer Drehorgel ausgestattet, in die Fremde. Draußen suchen sie das Glück, weil in ihrer Hütte daheim das Brot rar ist. Wie das gewöhnliche Volk zu Savoyen, den Wandervögeln gleich, in die Ferne schwärmte, so pflegten es auch die Söhne des Fürstenhauses zu halten. Das glänzende Paris galt damals als die Hauptstadt der Welt; wer von Ehrgeiz beseelt war, wer etwas Besonderes werden wollte, wen der Traum von Ruhm und Reichtum nicht rasten ließ, der zog in die Residenz des Sonnenkönigs.
Dorthin hatte auch das Schicksal den Herzog Moritz von Savoyen-Carignan verschlagen, der einer Nebenlinie des oberitalienischen Fürstengeschlechts entstammte und am französischen Hofe eine hohe Offiziersstelle bekleidete. Er nannte sich auch Graf von Soissons nach den Gütern, die ihm durch eine Erbschaft zugefallen waren, und er ist der Vater unsers Prinzen Eugen.
Ein trefflicher Soldat, ein tapferer Kavalier war dieser Graf von Soissons; seine hinreißende Liebenswürdigkeit bezauberte alle, sein heiterer Sinn nahm jedermann gefangen. Nur einen Fehler hatte der italienische Herzogssohn: er wollte als Vollblutfranzose gelten, und darum nannte er sich auch nach den vom Hause Bourbon ererbten Besitzungen zu Frankreich. Am Hofe Ludwigs XIV., dessen schier orientalische Prachtliebe keine Grenzen kannte, war solch eine ritterliche Erscheinung gern gesehen; der Graf stieg schnell zu hohen militärischen Ehren und wurde schließlich Oberkommandant sämtlicher Schweizer Regimenter.
Die »allerchristlichste Majestät« – so hörte sich Ludwig gern nennen – traute nämlich den eignen Söldnern nicht allzusehr und hatte die biederen, aber armen Söhne aus der deutschen Schweiz durch glänzende Uniformen und hohe Löhne verlockt, in fremden Herrendienst zu treten. Das waren nun die Leibgardisten des Sonnenkönigs, und sie waren berufen, ihn vor seinen eignen Untertanen zu schützen. Unverbrüchlich hielten die Älpler ihren Soldateneid und haben später, als ein Enkel des Tyrannen durch die Revolution um Krone und Leben kam, bis zum letzten Blutstropfen das vom Pöbel gestürmte Herrscherschloß verteidigt. Diese Schweizer Truppen befehligte der Vater Eugens.
Hatte der Prinz vom Vater die ritterlichen Eigenschaften geerbt, die Freude an den Waffen und den kühnen Wagemut, so dankt er seiner Mutter, der schönen Olympia Mancini, den beweglichen Geist und die Liebe zu den Künsten. Eine wahrhaft fürstliche Frau verdient sie genannt zu werden, diese zweitgeborene der fünf Schwestern Mancini, und sie war auch der Liebling ihres Oheims, des großen Kardinals Mazarin. Der allmächtige Staatsmann Mazarin, der in Wahrheit über Frankreich das Szepter führte, ließ die fünf geistvollen und liebreizenden Schwestern nach Paris kommen; hier sollte ihre Erziehung vollendet werden, und am Hofe von dem einflußreichsten Mann des Staates eingeführt, wurden sie schnell der gefeierte Mittelpunkt der Gesellschaft.
Stürmisch bewarb sich der Oberkommandant der Schweizergarde um Olympia, und im Februar 1657 führte der Graf von Soissons die Nichte des allgewaltigen Ministers zum Traualtar. So hatte sich der gebürtige Italiener einer Landsmännin fürs Leben verbunden. Aber sie fühlten sich nicht fremd an den Ufern der Seine, Mazarin hielt seine schirmende Hand über das neuvermählte Paar, und Ludwig XIV. war den beiden mit besonderer Vorliebe zugeneigt. Den parkumhegten, weitläufigen Palast der gräflichen Familie bezogen sie, und der junge König war dort ein gern gesehener häufiger Gast.
Die adligen Wohnstätten pflegt man in Paris als »Hotel« zu bezeichnen im Gegensatz zu der Bedeutung, die wir diesem Worte geben; da herrscht meist ein vornehmer Geist, der geadelt ist durch geschichtliche Erinnerungen und ein ehrwürdiges Alter. Das Hôtel de Soissons war solch ein merkwürdiges Haus. Die grauen Mauern hatten schon den Böhmenkönig Johann von Luxemburg beherbergt, und seit dem vierzehnten Jahrhundert wechselten die Besitzer und mit ihnen das Aussehen des berühmten Palastes.
Als Johann von Böhmen, der trotz seiner Blindheit bis an sein Lebensende ein gar kriegerischer Herr blieb, in einer blutigen Schlacht zugrunde ging, bezogen das Gebäude fromme Frauen. Zu einem Nonnenkloster wurde es, und wo einst das Klirren der Waffen erklang und die Lieder trinkfester Kumpane, rief nun ein hellstimmiges Glöcklein die Beterinnen zur Andacht. Nachher erwarb Katharina von Medici den mächtigen Bau, und die Mutter des blutdürstigen Karl IX. gestaltete den Besitz zu einem Märchenpalaste um. Die Säle prunkten im Schmuck edler Malereien, und nirgend wurde mit Marmor und Gold gespart. Großartige Gärten umschlossen den Palast der Mediceerin, Springbrunnen warfen silberne Wasserstrahlen in Alabasterbecken, und aus den grünen Laubgängen leuchteten weiße Göttergestalten. Solch einen Anblick gewährte das Haus, das die Geburtsstätte unsers Helden wurde.
Sonderbar fügen sich die Zufälle. Der Ort, wo die Wiege des Prinzen von Savoyen gestanden, wo ein edler Mensch seine glückliche Kindheit verlebt hatte, wird ein Jahrhundert später zum Schauplatz eines verbrecherischen Volksverführers. Tausende von leichtgläubigen Menschen werden hier von dem Betrüger um ihre Ersparnisse gebracht und damit auch um ihr sorgenloses Alter; sie sind wie Fliegen, die einer tückischen Spinne ins Netz geraten. Der berüchtigte Law, ein Schotte von Geburt, hatte den Palast Soissons in eine Geldbank verwandelt, die ein schnelles und unrühmliches Ende nahm. Die Stätte, wo der Menschheit ein Stern aufging, wird so zum Ort des Verderbens, und die zu Bettlern Gewordenen rotten sich zusammen und drohen, den denkwürdigen Bau in den Grund zu stampfen. Da kaufte der Pariser Magistrat Haus und Park, machte die neue Erwerbung zur Kornkammer der Großstadt, und heute dehnen sich dort, wo einst Prinz Eugenius als Kind gespielt hat, die nüchternen Getreidemagazine von Paris.
Der 18. Oktober ist für das deutsche Volk ein bedeutungsvoller Tag; er sollte alljährlich gefeiert werden, wie man den Sedantag zu feiern pflegt. Denn am 18. Oktober 1813 wurde die große Völkerschlacht bei Leipzig geschlagen und damit die Gewaltherrschaft Napoleons für immer zerschmettert. Genau hundertfünfzig Jahre früher, am 18. Oktober 1663, wird Franz Eugen von Savoyen geboren. Er ist vom Schicksal berufen, als erster den Übermut des Erbfeindes zu brechen und der Habsucht des Reiches, in dessen Hauptstadt er zur Welt kommt, eherne Schranken zu setzen.
Die Kindertage des künftigen Helden fließen dahin in ungestörter Harmonie; sorglose Heiterkeit geleitet ihn die Stufen des Lebens empor. Was ein Knabenherz erfreut, bietet ihm der väterliche Reichtum, und bis in seine Träume klingt die Musik der rauschenden Festlichkeiten, die im Hause der Eltern zur täglichen Gewohnheit geworden sind.
Wer zu Paris eine Adelskrone trägt, drängt sich in die Säle der Soissons. Da wird getanzt und Theater gespielt, über Dichtung und Kunst anregend geplaudert und der schönen Hausfrau gehuldigt. Hier gibt es ein vergnügtes Beisammensein, und selbst der König fehlt selten. Als Ludwig XIV. sich aus Spanien die Braut holt, wird Frau Olympia die Obersthofmeisterin der jungen Königin. So ist die Mutter Eugens die erste Dame des französischen Hofstaates. Die Livreen ihrer Bedienten, ihre Rosse und Equipagen gelten als Muster des gewähltesten Geschmacks. Sie ist die Beherrscherin der Mode, und der Schnitt ihrer Kleider wird von aller Welt sorgfältig nachgeahmt. Die Hofschranzen buhlen um das Wohlwollen der einflußreichen Frau, sie vergibt Stellen und hat die Macht, Minister zu stürzen, bis sich jählings die Huld des Königs in kühle Zurückhaltung verwandelt. Man hatte Olympia des Ränkespiels verdächtigt, und ihr Gemahl erkühnte sich, einen Herzog zum Zweikampf herauszufordern.
Ludwig ist erzürnt und verbannt den Kommandanten der Schweizergarde und Statthalter der Kampagne, wenn auch nur auf kurze Zeit, vom Hoflager. Zwar darf der Graf von Soissons bald wieder in die Nähe des launenhaften Monarchen, allein die Sonne der königlichen Gnade ist im Erkalten, und das merken die zahllosen Neider der Eltern Eugens. Die guten Freunde, die ehemals nicht laut genug ihre Anhänglichkeit beteuern konnten, verschwinden wie Spreu im Winde. Längst ist Kardinal Mazarin in die Grube gesunken und kann der Nichte keinen Schutz mehr gewähren. Die Gräfin kämpft leidenschaftlich, den einstigen Einfluß am Hofe zurückzuerobern. Aber sie ist unglücklich in der Wahl ihrer Mittel, und da der Gemahl treu zu ihr hält, müssen nun beide neuerlich das bittere Brot der Verbannung essen.
Ein geheimer Befehl zwingt das in Ungnade gefallene Paar, von Paris und seinen Freuden Abschied zu nehmen. Als Soldat gewohnt zu gehorchen, zieht sich der Graf ohne Murren auf ein Landgut zurück; doch Olympia, die lebhafte Südländerin, kann ihren Sturz nicht mit gleicher Ergebung tragen. Sie brütet Rache, und das Herz, das einst Liebe gefühlt für alles, was französisch ist, flammt jetzt im Feuer des Hasses auf. Dieser Haß gegen den ganzen Hof läßt sie nicht zum Frieden kommen. Ihren Kindern lehrt sie ihn, und namentlich ihre beiden jüngsten Söhne, Julius und Eugen, erben die Abneigung der Mutter; zu geschworenen Feinden des französischen Volkes werden sie erzogen.
Zehn Jahre zählte Prinz Eugen, als er dem Sarge seines Vaters folgen mußte. Mit dem Tode des Gatten, der plötzlich auf einer Reise starb, war der letzte Glücksschimmer aus dem Leben Olympias gewichen. Zwar kehrt sie nach Paris zurück und beugt sich scheinbar in Demut vor ihren Widersachern, trotzdem bleibt für sie der Weg zum früheren Ansehen verschüttet. So greift nun die verirrte Frau zu berüchtigten Zaubereien, glaubt den Wahrsagern und verschreibt sich der Sterndeuterei. Das bringt sie mit einem verrufenen Weib in Beziehungen, mit der Giftmischerin Voisin, die in einen bösen Prozeß verwickelt ist. Eugens Mutter wird als Mitschuldige verschrien und soll in den Kerkermauern der Bastille verschmachten. Doch rechtzeitig noch entzieht sie sich der Gefangennahme durch die Flucht und gelangt unbehelligt nach Flandern.
Zu Paris wird strenges Gericht gehalten über die Entflohene. Der König, einst der beste Freund der Unglücklichen, glaubt jetzt willig den Verleumdungen ihrer erbittertsten Widersacher. Namentlich der Kriegsminister Louvois war ein Todfeind der Gräfin. Dieser Mann, an dessen Händen deutsches Blut klebte, der auf Befehl Ludwigs XIV. erbarmungslos die Pfalz verwüstet hatte und dort vor keinem Verbrechen zurückgeschreckt war, haßte Olympia. Aus begreiflicher Abneigung gegen eine Verwandtschaft mit solch einem Raubgesellen hatte sie einst seinem Sohne ihre Tochter verweigert. Das konnte der Kriegsminister der Gräfin nicht vergessen, und darum verfolgte er sie.
Nun wurde der Geflüchteten zu Paris der Prozeß gemacht. Keine Spur von einer Schuld vermochten die Richter zu entdecken, man hatte ihr gewiß Unrecht getan. Die Heimkehr war der vielgeprüften Frau für immer gründlich verleidet. In der Stadt Brüssel ließ sie sich dauernd nieder; ihr erlesener Geschmack, ihre Unterhaltungsgabe fanden dort bald warme Bewunderer, und ein Kreis von Schöngeistern sammelte sich um die Verbannte. So lebte sie recht behaglich im fernen Flandern, die erlittenen Mißhandlungen aber konnte sie ihr ganzes Leben lang nicht vergessen.
Seitdem die Mutter des kleinen Eugen aus Paris hatte fliehen müssen, lebte der Knabe in der Obhut seiner Großmutter, der Prinzessin von Carignan. Gern und viel lernte der Knabe und liebte es, mehr bei den Büchern zu sitzen als mit den Brüdern umherzutollen nach Jungenart. Ein zartes Pflänzlein, schmalschultrig und mager, bot er eben nicht das Bild eines schönen Kindes. Kränklich von Aussehen und für sein Alter von auffallender Kleinheit, ward er früh schon für einen Stubenhocker gehalten, und alle waren darüber einig, daß er nicht seines Vaters Soldatenherz geerbt habe. In jener Zeit gab es für die Söhne des Hochadels nur zwei Berufe: entweder sie ergriffen das Waffenhandwerk, oder sie traten in den geistlichen Stand. In beiden Berufen waren den erlauchten Herren Vorrechte gesichert, die sich ein einfacher Mann niemals erträumen durfte. Als blutjunge Offiziere stiegen sie schnell zu den höchsten Befehlshaberstellen, und einträgliche Pfründen warteten ihrer, legten sie das Gewand des Geistlichen an.
Nun hätte unser Eugen auch Soldat werden können, doch im Rate der Familie war über seine Zukunft schon entschieden. Bereits als Kind trug er den Talar des Priesters, und am Hofe nannte man das Prinzlein nur den »kleinen Abbé«. Von Königs Gnaden waren dem künftigen Bischof, trotzdem er erst sieben Jahre zählte, zwei sehr reiche Abteien zugewiesen, und die Großmutter freute sich, ihren Liebling so gut versorgt zu sehen. Diese Prinzessin von Carignan war eine gar fromme Dame; es tat ihrem Herzen wohl, daß Eugenius ein Gottesmann werden sollte und kein Soldat, wie ihre andern Enkelkinder. Drei seiner Brüder standen ja schon im französischen Heer, und einer, Julius, war sogar nach Wien gegangen, um sich unter den Fahnen des deutschen Kaisers ein Regiment zu verdienen.
Wie gern wäre damals schon der kleine Eugen mitgezogen; leuchteten ihm doch die Augen vor Begeisterung, sobald er die Hornsignale der Truppen hörte und das Rasseln der Trommeln. Ein wagemutiger Haudegen zu werden, war des Knaben höchste Sehnsucht, und der unwiderstehlichste Trieb drängte ihn zu diesem ritterlichen Beruf. Die Ruhmestaten eines Julius Cäsar und Hannibal rissen ihn zur Bewunderung hin, das Leben Alexanders des Großen von Mazedonien galt ihm als leuchtendes Vorbild. Bücher, die von Belagerungen und blutigen Schlachten erzählten, las er mit atemloser Spannung. Am liebsten vertiefte er sich in kriegsgeschichtliche Studien, und nur noch die Mathematik schätzte er ebenso hoch. Im Katechismus wußte der künftige Kardinal wenig Bescheid; um so trefflicher war er im Festungsbau bewandert, und Schanzen, Laufgräben, Wälle und Bastionen entwarf er mit verblüffender Gewandtheit.
Es kränkte den kleinen Prinzen bitter, daß er so ein Däumling war; mit eiserner Ausdauer mühte er sich, durch Leibesübungen der dürftigen Gestalt Kraft zu verleihen. Das half freilich wenig, und noch als Jüngling blieb er zu seinem Gram unansehnlich. Der großmütterliche Trost, ein Geistlicher brauche nicht auszusehen wie ein Riese Goliath, machte ihn kaum froher. Endlich verriet er seine geheimen Pläne, sagte allen Freunden ins Gesicht: »Ich werde Soldat und kein schlechter obendrein!« Wie staunten da die Leute am Hofe des vierzehnten Ludwig! Der König hatte Eugen zum Priester bestimmt, hatte ihm sogar zwei stattliche Abteien verschrieben, und nun wagte der Prinz zu wiederholten Malen schon, den hochmütigen Mann auf Frankreichs Thron durch einflußreiche Gönner um ein Offizierspatent anzusprechen. Das war ein unerhörtes Beginnen; bis dahin hatte noch niemand gegen den Willen des tyrannischen Herrschers aufbegehrt. Trotzdem bewilligte der eitle Ludwig, den unselige Schmeichler der Sonne verglichen, unserm Prinzen eine Audienz.
Eugen war kaum achtzehnjährig, als er vor der Majestät erschien, den bunten Rock zu erbitten. Nicht, um einherzustolzieren in farbenprächtiger Uniform, erstrebte der Jüngling das Portepee. Die mit Silber verschwenderisch gestickten Waffenröcke der Garde lockten ihn kaum; er wollte ein tüchtiger Truppenoffizier werden, der vor dem Feinde besteht, und nicht bloß als Paradesoldat in königlichen Schlössern eine ungefährliche Wache halten. – Das wollte er dem König frank und frei ins Gesicht sagen, und daß er bereit sei, sein Blut für die beschworene Pflicht mit frohem Soldatenherzen hinzugeben.
Eugenius wurde kalt empfangen. Mit unbeweglicher Miene hörte der Monarch den Vortrag des Prinzen an, und seine harten Augen ruhten lange auf dem Bittsteller. Endlich sprach der König: »Sie würden einen schlechten Offizier abgeben; ein Soldat muß gehorchen, und Sie widersetzen sich meinem Gebot, Abbé.«
»Majestät,« entgegnete ehrerbietig, aber ohne jede Scheu der junge Mann, »ich besitze nicht die geringste Begabung für den geistlichen Stand, meine Liebe gehört den Waffen.«
Der König musterte ihn höhnisch: »Blicken Sie in den Spiegel, sind künftige Helden so gestaltet? Den Anstrengungen des Kriegsdienstes wären Sie nicht gewachsen. Ihnen taugt die Kutte.«
Eugen ließ sich nicht einschüchtern: »Meine Ahnen haben auch für das Vaterland gekämpft!« rief er leuchtenden Blickes.
»Ich habe nicht die Absicht, ein langes Gespräch mit Ihnen zu führen,« warf Ludwig nachlässig hin, »meinen Wunsch kennen Sie und haben sich danach zu richten. Treten Sie bald Ihr geistliches Amt an, Hochwürden.«
Allein unser Prinz war nicht so leicht aus der Fassung zu bringen. Mit einer Festigkeit, die man seinen jungen Jahren kaum zugetraut hätte, entgegnete er: »Das wird nie geschehen, Majestät; ich bin ein Prinz von Geblüt und beanspruche das Recht, über meine Zukunft selbst entscheiden zu dürfen. Ich werde Soldat.«
Der König machte eine abwehrende Handbewegung: »Aber nicht unter den Fahnen Frankreichs.«
»Dann zwingen mich Majestät, unter einem andern Kriegsherrn zu dienen.«
»Tun Sie das,« sagte der König und wandte dem Prinzen verächtlich den Rücken. Dieser war entlassen. Doch noch im Davonschreiten hörte er den König zum Kriegsminister sagen: »Das Gesicht ist mir widerlich.«
Der Kriegsminister, dieser alte Feind des Hauses Savoyen-Carignan, war Zeuge der Audienz gewesen und hatte die Demütigung Eugens mit großem Vergnügen mit angesehen. Die letzten Worte des Königs taten dem Prinzen weh, die schonungslose Behandlung empfand er als eine ungerechtfertigte Schmach. Der lang verhaltene Groll flammte in seiner Seele neu auf, das der Mutter zugefügte Leid, die Verbannung der Eltern wurden mit einemmal wieder lebendig in seiner Erinnerung, und der Zorn überwältigte ihn. Ein andres Vaterland zu suchen, beschloß Eugen, und er schwor, Frankreich zu verlassen und niemals dorthin zurückzukehren, es wäre denn mit den Waffen in der Hand.
Dies Versprechen hat er gehalten wie jedes andre, das er im Leben gab.