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16.

Ein Doppelduell

Am andern Morgen, als es noch dunkel war, klopfte es an Nasewitzens Schlafstubentür.

Der lange Offizier wachte auf, legte sich auf die andere Seite und schloß dann wieder die Augen zum Weiterschlafen.

Es klopfte noch einmal.

»Donnerwetter!« fluchte Nasewitz in Gedanken; »was fällt denn dem Esel, dem Pittelko, ein... weshalb klopft er denn... mein Gott, bin ich noch müde.«

Es pochte zum drittenmal.

»Herein... ins Dreiteufelsnamen!« schrie der Offizier, ohne die Augen zu offnen.

Die Tür ging auf, der alte Graf trat ein und suchte sich in dem dunklen Räume zu orientieren.

»Weshalb klopfst du denn an, dummer Esel...was willst du überhaupt so früh?« fragte Nasewitz unwirsch.

»Nanu... weshalb bist du denn gleich so grob?« entgegnete, etwas beleidigt, Graf Schwülenberg.

Der andere richtete sich verwundert im Bett empor.

»Du bist es, Alter?« sagt er; »wie kommst du denn so früh hierher?«

»Ja; das ist 'ne tolle Geschichte«, machte Schwülenberg ihm die Sache klar; »da kam nämlich heute morgen um sechs... ich hatte gerade ein nasses Handtuch um die Waden gewickelt gegen meine verdammte Gicht...und da kam also, wie ich im besten Dampfe liege...«

»Der Doktor?« half ihm Nasewitz, weil jener eine lange Pause eintreten ließ.

»Ja, richtig... den Doktor soll ich auch noch bestellen...« kratzte sich der alte Graf den Kopf... »den kleinen Klaubert... weil der Mosse eigentlich ein boshafter Kerl ist...«

»Du stehst aus deinem besten Dampfen auf, um dir selbst den Doktor zu holen?« fragte Nasewitz.

Schwülenberg schien die Sache ein bißchen zu überlegen.

»Na, wer soll es denn sonst... das ist ja meine Pflicht...« meinte er dann; »wohnt er nicht beim Kaufmann Brodfresser... na, adieu ... dann will ich nur wieder gehen, es ist die höchste Zeit...«

»Sage 'mal, Alter«, hielt ihn Nasewitz zurück.

»Was willst du denn noch?«

»Weshalb kommst du denn eigentlich bei nachtschlafender Zeit zu mir, um mir zu erzählen, daß du dir den Doktor holen willst?«

»Für mich will ich ihn doch nicht holen«, sagte Schwülenberg verwundert.

»Na, für wen denn sonst?«

»Für dich...«

»Sage 'mal, Alter, nachtwandelst du auch nicht?« schüttelte Nasewitz den Kopf.

»Für mich?«

»Oder für Padderow... oder für Euch alle beide... es kommt d'rauf an, wer verwundet wird.«

»Wieso?« – »Nun laß mich übrigens gehen und sei pünktlich auf dem Platz.«

Dem langen Leutnant kam erst jetzt die Erinnerung des gestrigen Abends zurück.

»Schwülenberg«, sagte er; »du hast noch nicht ganz ausgeschlafen; erlaube, daß ich dich ein bißchen examiniere, damit ich der Sache auf den Grund komme. – Wer hat dich zu mir geschickt?«

»Na, der Padderow.«

»Weshalb?«

»Um dich zu fordern.«

»Also wirklich?«

»Nun natürlich!«

Nasewitz schlug mit der Hand auf das Deckbett.

»Also doch!« murrte er inwendig; »der Kerl hat den lebendigen Satan im Leibe... jetzt, wo mir so schon die Wellen der Verwirrung über dem Kopf zusammenschlagen, kommt mir der Mensch auch noch mit seinem ritterlichen Blödsinn in die Quere... aber, wenn er sich das einmal in den Kopf gesetzt hat, ist nichts zu machen ... da kenne ich ihn... also den Kelch bis auf den letzten Tropfen geleert... aber, wenn ich je noch einem Menschen gefällig bin, dann soll mich...«

»Na, adieu!« sagte der alte Graf.

»Schwülenberg!« hielt ihn Nasewitz abermals zurück; »welche Waffen?«

»Ja; das sollst du ja eben bestimmen... du bist ja der Geforderte.«

»Ach so... dann also unseren gewöhnlichen Säbel. – Wo?«

»In der alten, verfallenen Ziegelei vor dem Plettiner Tor.«

»Schön! – Wann?«

»Punkt neun Uhr...hast du schon deinen Sekundanten?«

»Wo soll ich denn den herbekommen... glaubst du vielleicht, daß ich mir immer einen vorrätig halte?«

»Nein... weshalb soll ich denn das glauben?... na, adieu... komme nicht zu spät; es ist schon dreiviertel auf acht.«

Damit fühlte sich der alte Graf aus dem dunklen Zimmer wieder hinaus und polterte die enge Treppe hinunter, um den kleinen Doktor Klaubert aufzusuchen.

Nasewitz stand schnell auf, zündete Licht an, rief nach seinem Burschen, daß er die Sachen bringe und Kaffee koche, und dann kleidete er sich an.

Drüben bei Padderow war auch Licht, und eine dunkle Gestalt schwebte in gewissen Zwischenräumen an den Fensterscheiben vorbei.

»Scheußlicher Kerl!« knurrte Nasewitz in Gedanken; »schwarze undankbare Seele... dafür, daß man ihm aus der Patsche hilft, fordert er einen jetzt vors Messer... das ist ein gräulicher Unsinn... wenn die Geschichte ruchbar wird, kommt man schließlich noch auf Festung... wo sitzt die Logik... na, was hilft's... da die Sache nicht einmal zu ändern ist, muß man sie humoristisch nehmen, wie man kann... ich werde ihm nichts tun, sondern mich bloß decken... er, freilich wird wie ein wütender Berserker auf mich einhauen...«

Drüben verlöschte das Licht in den Fenstern.

»Nun geht er«, sinnierte Nasewitz; »und ich habe noch nicht einmal einen Sekundanten... es ist kein Augenblick mehr zu verlieren...«

Damit schnallte er den Säbel um, nahm Mütze und Mantel und schickte sich zum Gehen an.

»Der Herr Leutnant haben ja gar keinen Dienst«, sagte Pittelko verwundert.

»Das weiß ich... ich will spazieren gehen...«

»Mit dem Säbel?«

»Ruhig... das geht dich gar nichts an... in einer Stunde bin ich wieder hier.«

Nasewitz ging und Pittelko schüttelte bedenklich den Kopf, als wenn ihm die Geschichte höchst wunderbar vorkäme.

Da der blasierte Sponeck am nächsten wohnte, so begab sich Nasewitz zu diesem, mit der Bitte, ihm zu sekundieren, was jener selbstverständlich annahm, aber mit einer so nervenangreifenden Langsamkeit seine Vorbereitungen traf, daß der andere beinahe außer sich geriet vor Ungeduld.

Endlich, endlich bekam er ihn aber doch auf die Beine.

Ungefähr zehn Minuten von dem Plettiner Tor, vielleicht zweihundert Schritte links von der Chaussee mit den schiefgewehten Bäumen, liegen die ausgebrannten Mauern einer kleinen Ziegelei, die im Spätherbst ein Raub der Flammen geworden und noch nicht wieder aufgebaut war.

Der Morgen begann eben erst zu grauen, und es war um so dunkler, als wieder schwere, gespenstische Wolken in unheimlicher Eile von Westen nach Osten jagten.

Und dazu strich der Wind über die beschneiten Felder, daß es beinahe klang wie das Wehklagen unsichtbarer Geister.

Im Innern der schwarzen, ausgebrannten Mauern, in die des Himmels Wolken hoch hineinschauten, standen auf der weißen Schneedecke drei dunkle Gestalten, in lange Mäntel gehüllt.

In der einen Ecke der Steinumhüllung schimmerte es weiß, als wenn der Schnee dort vom Winde in die Höhe getrieben worden sei.

Die drei Männer standen schweigend da, und ihre Blicke waren erwartungsvoll auf den Eingang des Gemäuers gerichtet.

Da klang von der Stadt her die morgenheisere, vor Kälte zitternde Stimme der Rathausglocke, welche die neunte Stunde verkündete, und gleich darauf sangen es ihr die beiden Kirchen nach, mit ihren sanfteren Demutsstimmen.

Die mittlere der dunklen Gestalten machte eine ungeduldige Bewegung; aber sie enthielt sich noch des Wortes.

Es mochten ungefähr noch fünf Minuten vergangen sein, als zwei andere, aber bedeutend längere, dunkle Gestalten mit sichtlicher Eile durch die Maueröffnung in den inneren Raum traten.

Hinterher kam noch etwas, wie das abgerissene Stück eines verblaßten Schattens, das jedoch gleich darauf von den dunkleren Tinten der Mauern aufgesogen zu sein schien.

Als die beiden langen Gestalten in der Mitte der schneebedeckten Fläche angelangt waren, faßten sie grüßend an die Kopfbedeckung, eine Höflichkeit, die von den drei anderen erwidert wurde.

»Spät kommt Ihr – doch Ihr kommt! – Der weite Weg
Graf Isolan, entschuldigt Euer Säumen.« klang eine Stimme, die man sofort als die des Herrn von Padderow erkannte.

»Der lange Weg würde mir kein Hindernis gewesen sein«, entgegnete Nasewitz mit Galgenhumor; »ich konnte nur meinen langen Sekundanten nicht früher auf die Beine bringen... überhaupt, wenn man die Forderung so spät erhält...«

»Sie folgt der Beleidigung auf dem Fuß«, sagte Padderow; »es drängte sich nur die untätige Nacht dazwischen.«

»Das ist hier ein verdammter Zug«, räusperte sich der blasierte Sponeck; »und nasse Füße bekommt man auch... wenn ich wenigstens meine Überschuhe mitgenommen hätte.«

»Ja...« ließ sich nun auch der alte Graf vernehmen... »das hilft nun doch 'mal nichts... nun müssen wir also namentlich in unserer Eigenschaft als Sekundanten... na... und wenn sie es denn nicht haben wollen, dann muß es losgehen.«

Durch diesen unklaren Anfang wurde aber Sponeck dennoch an die Funktionen erinnert, die er an dieser Stelle zu erfüllen habe.

»Es ist also zuvörderst unsere Aufgabe«, begann er, mit seiner langsamen, gelangweilten Stimme, »die beiden Herren zum Frieden und zur Versöhnung zu ermahnen... Herr von Padderow... wollen Sie die Ihnen zugefügte Beleidigung nicht vergessen und Ihrem langjährigen Freunde, Herrn von Nasewitz, verzeihen?«

»Nein!« entgegnete der dicke Offizier mit großer Entschiedenheit; »eben weil er mein langjähriger Freund ist, erscheint die Beleidigung mir um so tiefer und verletzender... ehe nicht rotes Blut diesen weißen Schnee gefärbt, kann von keiner Versöhnung zwischen mir und diesem verräterischen Ritter die Rede sein.

»Und Sie, Herr von Nasewitz«, erinnerte sich nun auch der alte Graf seiner Aufgabe; »würden Sie nicht geneigt sein... ich kriege schon wieder das Reißen in die linke Wade...«

»Nein, ich würde nicht geneigt sein, den Herrn von Padderow um Entschuldigung zu bitten«, half ihm der Angeredete; »ich sage, wie er, ehe nicht edles Blut diesen Schnee gefärbt hat, darf der Ehre nicht Genüge getan sein.«

»Na; dann können wir ja anfangen«, sagte Sponeck; »bitte die Mäntel abzulegen, meine Herren.«

Es geschah.

»Sind Sie bereit, Doktor?«

»Zu Befehl!«

»Ich bitte die Herren, Position zu nehmen, zu ziehen und sich auszulegen«, fuhr Sponeck fort.

Die beiden Duellanten stellten sich in die kunstgerechte Position, legten die linken Hände auf den Rücken, die rechten Arme in die Deckung und kreuzten auf diese Weise die sanftgebogenen Säbelklingen.

Die Sekundanten zogen ebenfalls blank und stellten sich neben ihre resp. Freunde, um die reglementswidrigen Hiebe aufzufangen.

Der Doktor stand etwas mehr zurück.

»Los!« kommandierte Sponeck.

»Los!« wiederholte der alte Graf.

Padderow holte sofort aus und führte einen so furchtbaren Hieb nach Nasewitzens Kopf, daß es dessen ganzer Kraft bedurfte, seine Parade nicht durchhauen zu lassen.

»Hol' dich der Teufel!« fluchte er inwendig, als seine eigene Klinge beinahe bis auf den Mützenschirm heruntergedrückt wurde.

Padderow ließ sich durch den ersten Mißerfolg nicht beirren, sondern holte noch weiter aus und führte einen noch mächtigeren Hieb nach seines Freundes Schädel.

»Puh!« machte er, als er den Streich getan.

Aber dieser hatte ihn abermals pariert und lag wieder ruhig in der Deckung.

»Von oben geht's nicht«, dachte Padderow; »wollen 'mal von unten versuchen.«

Und damit ging er, weil Nasewitz ihm nichts tat, ganz ungeniert aus der Parade, holte mit einem grimmigen Gesicht und aufgeblasenen Backen zum drittenmal aus und schlug mit einem unreglementsmäßigen Hieb nach Nasewitzens Unterleib.

Doch der sonst so zerstreute Sponeck hatte diesmal gut aufgepaßt und parierte den Streich, und als der Graf sah, daß der andere Sekundant etwas tat, schlug er ebenfalls mit seinem Säbel darauf.

Ein eigentümliches Geräusch drang jetzt durch die Pause.

»Der Wind knurrt heute merkwürdig«, sagte der alte Graf.

»Oder sollten es die knirschenden Tritte der Häscher sein, die die Auskämpfung unserer Ehrensache verhindern wollen«, meinte Padderow; »schneller die Plempe geschwungen, verräterischer Nasewitz, damit wir fertig sind, wenn sie hier eindringen!«

Und mit diesen Worten begann der dicke Offizier auf den stets ruhig sich deckenden Nasewitz einzuhauen, als wenn er ihn in lauter Stücke zerhauen wollte.

»Daß dich die Pest!« schimpfte er fortwährend dabei.

»Hol' dich der Teufel!« brummte Nasewitz bei jeder Parade.

Plötzlich aber schwoll jenes knurrende und knirschende Geräusch, das man vorhin in der kurzen Pause gehört hatte, zu einem wütenden Kläffen an, und gleich daraufließen die beiden Kämpfer die Säbel sinken.

»Tod und Teufel!« fluchte Padderow, den rechten Fuß emporziehend, wie ein Storch auf der Wiese; »da kneift mich ja 'was in die Wade!«

»Hölle und Verderben!« setzte Nasewitz in demselben Moment darauf; »mir krabbelt auch 'was zwischen den Beinen herum.«

»Es ist dein infamer Joseph!« schlug Padderow mit dem Säbel um sich; »will Er gleich kuschen, Bestie!«

»Es ist dein nichtsnutziger Polko!« stieß Nasewitz mit dem Spornstiefel nach ihm; »zurück, du dicke Canaille!«

Aber die beiden Hunde, von dem edlen Eifer entflammt, ihren bedrohten Herren beizustehen, ließen nicht von ihrem Angriff ab, sondern rasten immer von neuem auf deren Feinde los, in der Absicht, mit dem scharfen Gebiß durch die Hose zu kommen.

Das konnten natürlich die beiden Sekundanten nicht dulden, weil es durchaus reglementswidrig war, deshalb faßte der alte Graf den struppigen Joseph bei seinem kurzen Schwanz, während Sponeck den dicken Polko an seinem Stummel zurückzuziehen suchte.

Als es mit der einen Hand nicht gehen wollte, nahmen sie beide, und da auch dies noch nicht zum gewünschten Resultat führte, schlugen sie mit den stachen Klingen auf die betreffenden Tiere los, um ihre Kampfeswut ein wenig abzukühlen.

Das hieß aber im Gegenteil Öl ins Feuer gießen.

Die an und für sich schon rasenden Tiere, durch die Tracht Prügel, die auf ihren Rücken regnete, noch rasender gemacht, wandten sich jetzt von ihren ursprünglichen Feinden ab und griffen mit gesträubtem Haar und unheimlich funkelnden Augen die neuen Widersacher an.

»Au!« schrie der alte Graf; »das Aas hat mich gebissen... ich blute... ich fühle ja, wie es mir warm in die Stiefeln läuft.«

»Polko... hol' dich der Teufel!« tanzte Sponeck auf dem einen, bald auf dem andern Bein, je nachdem er angegriffen wurde; »kennst du mich nicht, Bestie... will Er wohl... au... er hat meine Wade gefaßt... Donnerwetter, es kommt schon Blut...!«

Was sollten die beiden Duellanten machen; wenn sie weiterkämpfen wollten, mußten sie erst ihre Sekundanten befreien, und das taten sie denn auch.

Padderow prügelte seinen Polko, und Nasewitz prügelte seinen Joseph, bis beide, den Vernunftgründen ihrer resp. Autoritäten Gehör gebend, mit lautem Geheul in zwei entgegengesetzte Mauerecken flohen.

»Ist einer von den beiden Herren verwundet?« trat der kleine Doktor Klaubert zu den Duellanten.

»Ich nicht!« sagte Padderow mit stolzer Miene; »ich stehe unbesiegt da!«

»Ich auch nicht«, meinte Nasewitz; »aber es hätte leicht kommen können.«

»Kommen Sie 'mal, Doktor«, befühlte sich der alte Graf die Wade; »ich glaube, ich habe ein teufelmäßiges Loch im Bein... wahrhaftig, da ist schon ein großer Blutfleck im Schnee.«

»Hier auch«, sagte Sponeck von der anderen Seite; »verbinden Sie mich, Doktor, mir wird schon ganz schwach.«

»Stehe gleich zu Diensten«, nickte Klaubert freundlich; »es muß doch nach der Reihe gehen.«

Damit ließ er den Grafen Schwülenberg auf einen Stein niedersitzen, zog ihm den Stiefel aus, krempte ihm das Hosenbein auf und legte ihm einen kunstgerechten Verband an.

»So!« sagte er; »gefährlich ist es nicht...Sie können damit ausgehen, damit die Geschichte kein Aufsehen macht.«

»Brennen tut's aber niederträchtig«, verzog der alte Graf schmerzlich das Gesicht.

Dann wurde Sponeck verbunden und ihm derselbe Bescheid gegeben.

»Wenn ich dem infamen Köter wieder begegne, schlage ich ihn tot!« zog der blasierte Leutnant den Stiefel wieder an.

Padderow und Nasewitz standen sich wie zwei Recken der Vorzeit von neuem einander gegenüber, als warteten sie nur des Winkes, um abermals ihre furchtbaren Klingen Funken sprühen zu lassen.

»Nun, meine Herren«, trat Sponeck hinkend und mißmutig näher; »ich dächte, der Ehre wäre auf beiden Seiten Genüge getan...«

Padderow machte ein finsteres Gesicht und schien noch zu zaudern.

»Die Herren haben beide gekämpft, wie die Helden«, gähnte der blasierte Sponeck vor Nervosität.

»Ich hätte gar nicht gedacht, daß so'n Köter so scharfe Zähne hat«, juckte sich der alte Graf.

»Edles Blut hat allerdings den Schnee gefärbt«, sah Padderow auf die beiden roten Flecke; »Ihr scheint aber den größeren Fleck zu haben.«

»Das ist allerdings nicht mein Verdienst«, zeigte Nasewitz lächelnd auf seinen Sekundanten.

»Meines auch nicht«, blickte dieser auf Polko, der in der Ecke saß und ganz abscheuliche Gesichter schnitt.

»Also reichen sich die Herren die Hand zur Versöhnung«, sagte Schwülenberg; »es wird hier teufelmäßig kalt... wir wollen nach Hause gehen.«

»Schlagt ein, Edler von Padderow«, hielt ihm Nasewitz die Rechte entgegen; »Ihr habt durch Eure Tapferkeit alle Ritter Kastiliens übertroffen.«

»Auch Ihr habt trefflich gefochten, Edler von Nasewitz«, drückte der dicke Leutnant die ihm gereichte Hand; »ich kann nicht umhin, Euch meine Bewunderung auszusprechen.«

»Also Freunde, wie zuvor!«

»Alles vergeben und vergessen.«

»Nun wollen wir aber auf verschiedenen Wegen in die Stadt zurückkehren«, meinte der Doktor; »wir müssen doch jedes Aufsehen vermeiden.«

Der Vorschlag wurde angenommen, und nachdem man Abschied voneinander genommen, ging Klaubert allein; als zweite Gruppe die beiden Sekundanten, und als dritte Padderow und Nasewitz, gefolgt von den beiden Hunden, die sich fortwährend anknurrten und sich die Zähne zeigten.

»Hört 'mal, alter Freund«, nahm Nasewitz Padderows Arm in den seinen; »nun unser Ehrenhandel also beigelegt und alles zwischen uns vergessen ist, laßt uns wieder einen gemeinsamen Strang ziehen, um dem herannahenden Unheil vorzubeugen.«

»Ihr findet mich zu allem bereit«, entgegnete der Dicke; »nur nicht die Alphonsine heiraten.«

»Hm!« machte Nasewitz; »was nicht ist, das ist nicht... dann müssen wir auf andere Weise versuchen, diesem Unheil zu begegnen ... die Alphonsine wird Euch vielleicht vergessen... und den Rittmeister muß man beruhigen... zu entschädigen suchen... wenn man nur wüßte, wodurch... oder womit... und wenn erst das Mißverständnis aufgeklärt wäre... na... kommt Zeit, kommt Rat!«

»Das denke ich auch ... nun wollen wir aber bei Schlichter einen kleinen Kümmel trinken.«

»Wie Ihr wollt, grimmiger Krieger... also überlaßt Ihr mir aufs neue die strategischen Operationen?«

»Vollkommen... nun wollen wir aber wirklich 'nen kleinen Kümmel trinken.«

»Sollten zwei nicht noch besser sein, gewaltiger Kämpe?«

»Ihr habt manchmal gar nicht üble Gedanken, Lehnsherr von Knelling.«

Dann betraten sie das Lokal des Konditor Schlichter.

»Guten Morgen, göttliche Hebe!« trat Padderow mit königlicher Würde ein; »kredenze uns mit deinen Rosenlippen zwei Becher feurigen Doppelkümmels!«


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