Sagen aus Schleswig-Holstein
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Das Minser Ollôg

Vor der nordöstlichen Spitze des Jeverlandes liegt in der Jade eine Sandbank, die zur Flutzeit oft von den Wogen überdeckt wird. Sie heißt das Minser Ollôg, weil dort das alte Kirchdorf (Lôg) Minsen gelegen habe. Einst hatten die Minser ein Seeweibchen gefangen, plagten es sehr und wollten von ihm Mittel gegen allerlei Gebrechen wissen, aber das Seeweibchen hatte nur einen unverständlichen Reim zur Antwort:

Kölln oder Dill,
Ick segg o nich, wo't got för is,
Un wenn ji mi ok fillt.
(Kölln oder Dill [Suppenkraut],
Ich sag' euch nicht, wo's gut für ist,
Und wenn ihr mich auch schindet.)

Endlich ersah es einen günstigen Augenblick, entwischte und stürzte sich schnell in die Fluten. Dann wandte es sich nochmals um, spritzte mit den Händen Salzwasser über den Deich, tauchte unter und verschwand. Am anderen Tage, als die Leute gerade in der Kirche waren, erhob sich ein großer Sturm, und eben als der Prediger den Segen sprach, durchbrachen die Wogen den Deich und verschlangen das Dorf mit allen Ländereien. Davon hat man noch bis auf diesen Tag das Sprichwort: »Dat geit ut as dat Bäen to Minsen.« Die wenigen Leute, die sich gerettet hatten, erbauten das jetzige Dorf; die kahle Sandbank im Meere aber, wo das alte Minsen gelegen, ist noch zu sehen.

 


 


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