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XVII.

Es war eine wilde stürmische Nacht, die Wolken jagten, wie riesige, graue Nebelgestalten am dunkeln Himmel hin, der Wind kam vom Ocean hergezogen, und trieb heulend die, dort zu Gebirgen aufgethürmten Wogen vor sich her der Küste Amerika's zu, so daß sie sich donnernd und brausend in tobender Brandung an deren Felsen brachen. Tiefe Finsternis lag auf dem Meere, nur die weißen Schaumkronen der dahinjagenden Wasserberge glänzten durch die Nacht und stürzten sich, im Sturm versprühend, in die schwarzen, gähnenden Abgründe, die sich zwischen den Wogen aufthaten. Unter schmalem Sturmsegel kämpfte jetzt ein Schiff gegen die zornigen Elemente und strebte von der Küste Carolina's ab, nach welcher es der Wind und die Wellen hintrieben. Mit dem Fernglas vor dem Auge, stand der Kapitain an den hintern Mast angelehnt und spähete landwärts, um das Licht von Cape Hatteras zu finden. Wie Kanonendonner schlugen die Wellen gegen die Wände des Fahrzeuges, der Wind pfiff und rasselte in dem Tauwerk, und das Geheul und Gebrüll wilder Thiere vereinigte sich mit den Schreckenslauten des Meeres zu schauerlichen Sturmaccorden. Das Schiff trug auf seinem Verdeck und in seinen untern Räumen die Menagerie des Herrn Riply. Der eiserne Käfig des Löwen stand an dem Hauptmast und war mit getheerter Leinwand überdeckt, um die fliegenden Schaummassen, welche von dem Burgspriet her über das Verdeck sprühten, von dem Königsthier abzuhalten. Der Löwe schien die Gefahr, die ihn umgab, zu erkennen, er ergriff mit seinen Riesentatzen die eisernen Stangen seines Gefängnisses, schüttelte den Käfig, daß er in seinen Fugen krachte, und stieß sein betäubendes Wuthgebrüll aus, welches von den Tigern, Leoparden und Bären heulend beantwortet wurde. Buardo, der seit seiner Einschiffung den Löwen gewartet und gepflegt hatte, stand an dessen Käfig angelehnt, und blickte in die wilde Nacht hinaus, die wie ein Echo des Sturmes wiederhallte, der in seiner Brust tobte. Nur dann und wann, wenn der Löwe seinen Behälter zu heftig schüttelte, schlug Buardo mit dem stählernen Stab, den er in der Hand hielt, gegen die Eisenstangen und gebot mit drohender Stimme dem König der Wüste Ruhe. Dabei hob sich das Schiff, in seinen Wänden knarrend auf die Gipfel der heranrollenden, schwarzen Wogen und jagte schwankend unter dem Stöhnen und Aechzen seiner Masten in die finstern Wasserschlünde hinab, als wolle es sich unter der nächsten Welle begraben, während von Zeit zu Zeit eine See an seinen Wänden aufstieg und sich über das Verdeck stürzte. Es blieb aber von der gefahrvollen Küste fern, das Leuchthaus von Cape Hatteras deutete ihm die Sicherheit seines Weges nach Süden an, und her anbrechende Tag zeigte ihm im Osten die aus dem Meere emporragenden schwarzen Felsens vor deren Nähe es sich zu bewahren hatte.

Der Sturm ließ nach, das Gewölk theilte sich und zwischen den eilenden Wolken sah das Blau des Himmels hervor. Auch die See wurde ruhiger, die Wogen dehnten sich weiter aus, und die Bewegungen des Schiffes nahmen an Heftigkeit ab. Der Herr der Menagerie ließ die Leinwand von den Käfigen nehmen, damit die Sonne die Thiere berühren und wärmen könne. Die Stunde kam, in welcher sie gewohnt waren, Nahrung zu erhalten, und sie verkündeten ihr Verlangen danach, durch ungeduldiges Hin- und Herbewegen, durch Schütteln der Eisenstangen und durch wiederholtes Stoßgeheul. Es wurde ein Fleischvorrath auf das Verdeck gebracht, welchen die Diener Riply's unter die Hungrigen vertheilten, der Löwe aber wurde von Buardo gefüttert. Dieser reichte ihm die Nahrung nach und nach in kleinen Stücken, sprach mit ihm während der Zeit und streckte seinen Arm durch das Eisengitter, um ihm die lockige Mähne zu streichen und zu klopfen. Riply saß dem Käfig gegenüber und beobachtete Buardo, wie derselbe den Löwen fütterte und rief ihm wiederholt zu, keine Besorgniß zu zeigen, das Thier sei ja vollkommen zahm. Er ließ demselben heute doppelte Portion reichen. Nachdem der Löwe gesättigt war und auf den Boden des Käfigs hingestreckt sich die blutigen Tatzen leckte, sagte Riply zu Buardo:

»Es wird Zeit, daß Du nähere Bekanntschaft mit Monarch machst, denn wenn wir nach Neworleans kommen, mußt Du so weit mit ihm sein, daß Du Deinen Kopf ohne Zagen in seinen Rachen stecken kannst; es ist die Lieblingsvorstellung des Publikums und nur zu diesem Zwecke habe ich Dich theuer gekauft. Geh jetzt einmal zu dem Löwen hinein, er ist satt und wird Dir nichts thun. Er kennt Dich ja auch schon.«

Buardo zog die Brauen finster zusammen, sein Geist sträubte sich gegen die Unmenschlichkeit, mit der sein Leben auf's Spiel gesetzt werden sollte, er warf dem Herrn einen grimmen Blick zu und sagte zu ihm:

»Willst Du mir kein Messer geben, damit ich im Nothfall das Kapital gegen den Löwen vertheidigen kann, welches Du in mir angelegt hast, Herr?«

»In solchem Falle würden zwei Kapitale auf, dem Spiele stehen, und das größte steckt in dem Löwen; er ist mehr werth, wie Du. Du mußt ohne Messer hineingehen,« entgegnete Riply, schlug das Bein über sein Knie und lehnte sich zurück auf seinen Arm, indem er die Cigarre zwischen seine Lippen schob, »Du hast ja den eisernen Stock, den fürchtet der Löwe mehr, wie ein Messer,« setzte er noch hinzu, und winkte Buardo, seinem Befehl Folge zu leisten.

Mit verbissener Wuth trat dieser nun zu der Thür des Käfigs, die in den kleinen Raum hinter der eigentlichen Wohnung des Löwen führte, und aus welchem eine zweite Thür sich in diese öffnete. Monarch erkannte den Ton des knarrenden Schlosses und der eisernen Riegel, und wandte seinen aufmerksamen Blick nach dem Eingang seines Behälters, der seit jenem Tage, an welchem er das warme Blut seines Wärters getrunken hatte, nicht wieder geöffnet worden war. Der Riegel knarrte abermals, die Thür ging auf, und Buardo stand neben dem Löwen hinter dem Eisengitter. Monarch sprang auf seine Vordertatzen, stieß ein kurzes, zorniges Gebrüll aus, und zeigte dem verwegenen Gaste sein furchtbares Gebiß. Buardo aber schlug den Löwen mit der Eisenstange über den Kopf, daß er taumelnd zurückfuhr, und mit einem dumpfen Gebrüll seinen Rachen noch weiter öffnete.

»Nieder mit Dir, Monarch!« schrie Buardo mit wüthender Stimme, heftete seinen Blick durchbohrend auf die funkelnden Augen des Riesenthiers und zuckte abermals den Eisenstab über sich.

» Der Löwe sank knurrend vor ihm nieder und erkannte seine Herrschaft an.

»Bravo, Buardo! Bei Gott, Du bist ein ganzer Kerl, ich hätte Tausend gegen Eins gewettet, daß Monarch Fetzen aus Dir gemacht haben würde. Jetzt bist Du sein Meister – schnell, nun reiße ihm den Rachen auf und stecke Deinen Kopf hinein. Laß ihn aufstehen!« schrie Riply freudig über den gelungenen Versuch und erhob sich, gespannt auf den weitern Erfolg, den sein Sclave über den Löwen erringen sollte.

»Es ist verruchte Verwegenheit, Herr, was Du mir zu thun befiehlst,« entgegnete Buardo zögernd mit einem Blick auf die glühenden Augen des riesigen Thieres.

»Besinne Dich nicht lange, Bursche, ich habe Dich allein nur zu dieser Vorstellung gekauft, und gehst Du dabei verloren, so habe ich und Niemand anders den Verlust zu tragen. Rasch, denn bei Gott, Du kommst nicht eher wieder aus dem Käfig, bis Du es vollbracht hast!«

»So nimm den Mord an mir auf Deine Seele!« sagte Buardo zu Riply und wandte sich nach dem Löwen hin.

»Mord an einem Neger!« rief Riply laut auflachend, »vorwärts Bursche!«

»Auf, Monarch!« schrie jetzt Buardo mit der Stimme verzweifelter Entschlossenheit, indem er die Eisenstange zuckte und den Fuß dröhnend auf Ken Boden stampfte.

Mit dumpfem Gebrüll folgte Monarch dem Befehl des Wärters, zeigte ihm wieder die Zähne und schlug seine Flanken mit dem mächtigen Schweif. Rasch erfaßte Buardo mit beiden Händen das Gebiß des ungeheuren Thieres, riß es mit Riesenkraft auseinander und steckte seinen Kopf einen Augenblick in den Löwenrachen hinein. Dann schmeichelte und liebkoste er das Königsthier, rief einem der Diener Riply's zu, ihm ein Stück Fleisch zu reichen, und gab dasselbe an Monarch als Belohnung.

»Jetzt hast Du gewonnenes Spiel, Buardo,« sagte dessen Herr zu ihm, als er aus dem Käfig hervortrat, »Du mußt es nun täglich und oftmals üben, damit während der Vorstellungen in Neworleans keine Störungen eintreten mögen.«

Nach wenigen Wochen berichteten die Zeitungen in allen Theilen der vereinigten Staaten die merkwürdige vollendete Zähmung und Abrichtung des Löwen Monarch durch den Mohrenkönig, der ihn bediente, und rühmten die glänzenden Vorstellungen, welche Herr Riply dem Publikum in Neworleans gab.

In dem Leben Semona's war während dieser Zeit keine Aenderung eingetreten, denn der größere Glanz, womit sie Pendel nach und nach umgeben hatte, übte keinen Einfluß auf ihr Gemüth, noch auf ihre Handlungsweise aus. Still und einsam verbrachte sie mit Handarbeit die Tage in ihrem Gemach, oder in dem jetzt öden Garten hinter dem Hause, denn dieses zu verlassen, hatte ihr Herr ihr auf's Strengste untersagt. Die Leidenschaft Pendel's für die schöne Negerin hatte sich zu einer solchen Höhe gesteigert, daß sein Gefühl fortwährend zwischen Wuth und Zerknirschung und verzehrender glühender Liebe schwankte. Bald drohte er ihr, sein Recht geltend zu machen, oder sie nach dem Süden auf eine Plantage zu verkaufen, bald bat und flehte er um Gegenliebe und beschwur sie auf seinen Knieen um Erhörung. Reichthum und Pracht stellte er zu ihrer Verfügung, er bot ihr ihre Freiheit an, und war bereit, mit ihr nach dem Norden zu ziehen, wo sie gleiche Rechte mit den Weißen habe; Semona gab seinen Bitten, seinen Versprechungen kein Gehör und wies seine Drohungen verächtlich zurück. Er bewachte sie mit einer rastlosen Eifersucht, sie durfte sich nie an einem Fenster sehen lassen, welches auf die Straße zeigte, und seinen übrigen Sclavinnen hatte er bei schwerster Strafe verboten, einen Mann, schwarz oder weiß, während seiner Abwesenheit in das Haus einzulassen. Dagegen zwang er Semona oftmals, mit ihm in einem verschlossenen Wagen auszufahren, oder er ging Abends in der Dunkelheit mit ihr spazieren, wobei sie seinen Arm nehmen mußte.

So verstrich der Winter, der wolkenlose heitere Himmel stellte sich wieder beständiger ein, die bewaldeten Ufer der schönen Chesapeake-Bay bedeckten sich mit frischem, saftigen Grün und Blumen und Blüthen verkündeten den Frühling. Auch der Garten Pendel's wurde neu geschmückt, die Bäume und Büsche trieben ihre zarten Blätter hervor, und Pendel ließ die prächtigsten Blumenbeete anlegen und Lauben mit Schlinggewächsen bepflanzen. Er ließ die Grasplätze neu belegen, die Wege säubern und mit Sand bestreuen und im Schatten der Bäume Ruhesitze anbringen. Hierher mußte ihn Semona oft begleiten, sie mußte ihm hier den Kaffee oder den Thee reichen, und bei jeder solcher Gelegenheit bestürmte er sie mit seiner Liebe. Die Hoffnung auf Erfüllung seiner Wünsche verließ ihn nicht, die Zeit war sein Trost, sie sollte das Bild des Geliebten aus Semona's Seele verdrängen, und er wollte den Platz desselben durch seine rastlosen Bemühungen, durch Aufmerksamkeiten, durch reiche Geschenke für sich gewinnen. Während dieser Zeit meldeten die Blätter, daß Riply von Neworleans auf seiner Rückreise durch den Westen nach Norden begriffen sei und im Sommer wieder in Baltimore mit seiner Menagerie eintreffen werde. Mit Verlangen sah man der Ankunft des Helden Monarch entgegen, in der Hoffnung, ein zweites so herrliches Trauerspiel mit ansehen zu können, wie im vergangenen Winter, zumal da jetzt der Kopf eines Mohrenkönigs auf dem Spiele stand.

Endlich verkündeten die riesengroßen Anschlagszettel, daß das gefeierte Königsthier in Baltimore angelangt sei, und Alles strömte herzu, um der Lieblings-Vorstellung beizuwohnen, und den ersehnten Moment nicht zu verpassen, wenn Monarch dem Mohrenkönig den Kopf vom Rumpfe trennen würde. Die Erscheinung Buardo's aber nahm bald ebenso viel Interesse für sich unter dem Publikum in Anspruch, als man dem Löwen zollte, und namentlich gewann er viel Sympathie unter dem schönen Geschlecht. Er erschien bei seinen Vorstellungen mit dem Löwen in seinem Nationalcostüm: ein rothseidener, reich mit Gold gestickter Shawl war um seine Hüfte geschlungen und blitzender Schmuck funkelte an seinem schwarzen Nacken und an seinen herkulischen Armen. Dreimal des Tages wagte er den Kampf mit dem Wüstenkönig und immer war das Haus zum Erdrücken mit Zuschauern gefüllt. Die Platze derselben erhoben sich als Amphitheater in einem ersten, zweiten und dritten Range, von welchen der letztere für die farbige Bevölkerung Baltimore's bestimmt war. Es gehörte zum guten Ton, den Löwen und den Mohrenkönig gesehen zu haben, und zwar in allen Kreisen der Gesellschaft, von den Reichen und Großen der Stadt, bis zu den Sclaven hinab.

Pendel, der früher bei allen solchen Gelegenheiten, wo er sich öffentlich in gewählter Toilette zeigen konnte, eine nie fehlende Persönlichkeit war, hatte sich während der ersten Wochen der Vorstellungen nicht in der Menagerie sehen lassen. Die Zeitungsartikel, die täglich darüber erschienen, mahnten ihn aber immer mehr an seine frühere Gewohnheit, und er beschloß eines Morgens, heute der Abendvorstellung beizuwohnen. Dabei kam ihm der Gedanke, daß er Semona eine Freude dadurch bereiten könne, wenn er ihr Gelegenheit gäbe, das Schauspiel mitanzusehen und er entschloß sich, sie mit sich zu nehmen, da er sie von seinem Platze aus in dem erhöhten dritten Range ja fortwährend im Auge behalten könne. Er theilte sein Vorhaben der Negerin mit und ersuchte sie, sich für den Abend einfach zu kleiden und sich dann auch mit einem Schleier zu versehen. Die Dunkelheit brach herein und Pendel trat mit Semona den Weg nach der Menagerie zu Fuße an, um beim Aussteigen aus dem Wagen nicht mit der Negerin gesehen zu werden. Als sie sich dem Ziel ihrer Wanderung näherten, verkündete ihnen die stürmische Janitscharenmusik, daß die Vorstellung bereits begonnen habe. Pendel, so sauer es ihm auch wurde, verdoppelte seine Schritte und, an der Kasse angelangt, löste er schnell die Eintrittskarten für sich und für Semona, und zeigte dieser den Eingang zum dritten Range mit der Weisung, sich zu eilen, damit sie nicht zu der Hauptsache zu spät käme.

Semona war mit Widerwillen hierhergegangen, doch jetzt hörte sie die dröhnende Stimme des Löwen, und ein Bild aus der seligsten Zeit ihres Lebens schoß glühend und lebendig vor ihrem Geiste empor. Sie trat in den Eingang des blendend hell erleuchteten Hauses, sprang schnell die wenigen Stufen der Treppe hinan, erreichte die vordere Bank an der Brüstung des dritten Ranges, und sandte ihren Blick über die weißen Zuschauer vor sich nach dem großen, geräumigen, hell beleuchteten Käfig, aus welchem der König der Wüste seine Stimme erschallen ließ. Es war der Augenblick, in welchem Buardo dem Löwen den Rachen öffnete, um seinen Kopf in ihm zu vergraben. Die Widerspenstigkeit des Thieres nöthigte Buardo zu größerer Kraftanstrengung, wobei der Zufall es wollte, daß er dem Publikum den Rücken zukehrte.

Semona's Blick hing wie erstarrt an dem fremden Manne in Gold, Seide und blitzendem Geschmeide, der sie an ihr Vaterland, an Afrika – ja – der sie an ihr Glück, an ihr Leben, an ihr Alles in Allem, an ihren Buardo erinnerte. Jetzt hatte der schöne Mann den Rachen des Löwen geöffnet, einen Moment wandte er seine funkelnden Augen dem Publikum zu, Semona blickte hinein und »Buardo, mein Buardo!« tönte ihre Stimme mit einem Schrei höchster Seligkeit und höchsten Entsetzens durch das Haus.

Als aber die geliebte, angebetete Stimme das Ohr des Negerfürsten erreichte, war sein Kopf schon von dem furchtbaren Gebiß und dem glühenden Athem des Löwen umgeben und die rasche krampfhafte Bewegung Buardo's, sich dem Rachen wieder zu entziehen, veranlaßte Monarch, denselben zu schließen und den Kopf des verwegenen Mannes festzuhalten.

Ein lautes donnerndes Hurrah der Zuschauer machte das Haus erbeben, und der wilde Aufruhr steigerte sich zur Raserei, als Semona, wie ein schwarzer Rettungsengel in fliegendem Sprunge über die Bänke der Weißen hinschoß, vor dem Käfig einem der weißen Diener Riply's ein langes spitzes Messer aus dem Gürtel riß, und es zwischen den Eisenstangen hindurch dem Löwen tief in das Auge stieß.

Mit einem Donnergebrüll ließ das Thier in seinem Schmerz seine Beute fahren, warf beide Tatzen nach dem Arm Semona's und erfaßte, da dieser seinem Griff entwich, die Eisenstangen des Käfigs und schüttelte ihn, als wolle er ihn in Stücke zerbrechen.

Nur einige Augenblicke, Buardo stürzte hinter dem Käsig hervor, und Semona sank zitternd und freudebebend an seine Brust.

Wie ein Sturm rasten die Verwünschungen und Flüche gegen die Negerin, die das ersehnte Trauerspiel unterbrochen hatte, durch das Haus und:

»Down with the niggers!« (nieder mit den Negern) schrie es aus den Reihen der weißen Zuschauer, während das Blut, welches den Kopf des Löwen färbte, deren Wuth mit jedem Augenblicke steigerte.

Riply und seine Diener rissen Buardo von Semona weg und stießen diese unbarmherzig nach der Thür. Hier stand Pendel; mit vor Zorn und Wuth zitternden Lippen übergab er sie einem Constabel, und ersuchte ihn, die Negerin dem Sclavenhändler Newton zu überliefern, welchen er seine weitere Verfügung über sie zusenden werde.

Die Zeitungen berichteten am folgenden Morgen den tragischen Vorfall in der Menagerie und verkündeten zugleich zum großen Leidwesen des Publikums den Tod des gefeierten Löwen Monarch.

Noch am selbigen Tage ging Buardo für zweitausend Dollar in den Besitz eines Sclavenhändlers aus Virginien über, der sofort mit ihm dorthin abreiste.


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